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Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Ukraine-Analysen Nr. 301

Tadeusz Iwański

/ 13 Minuten zu lesen

Polen zählt zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine. Die guten bilateralen Beziehungen werden aktuell von Fragen der Sicherheit dominiert.

Der polnische Premierminister Donald Tusk und sein ukrainischer Kollege Denys Schmyhal symbolisieren die guten politischen Beziehungen zwischen Warschau und Kyjiw. (© picture-alliance, NurPhoto | Dominika Zarzycka)

Zusammenfassung

Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Polen werden vor allem von Fragen der Sicherheit definiert. Im gemeinsamen und vorrangigen Interesse beider Länder liegen der Sieg über Russland, das seit dem 22. Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, und der Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union und zur NATO. Wirtschaftliche Konflikte haben die Beziehungen in jüngerer Zeit zwar belastet, jedoch werden sie von einem dichten Netzwerk beiderseitiger und zwischenmenschlicher Kontakte stabilisiert. In das dritte Kriegsjahr gehen beide Länder mit dem gemeinsamen Ziel, der russischen Aggression Widerstand entgegenzusetzen.

In den drei Jahrzehnten seit dem Zusammenbruch der UdSSR machten die Beziehungen zwischen der unabhängigen Ukraine und dem unabhängigen Polen verschiedene Höhen und Tiefen durch. Zwar verweigerte Kyjiw seine Zustimmung, die ethnischen Säuberungen an den Polen durch ukrainische Nationalisten in Wolhynien und Ostgalizien 1943–1944 anzuerkennen, was Spannungen nach sich zog. Dennoch bezeichneten beide Seiten ihre gegenseitigen Beziehungen stets als strategisch, gründeten sie doch vor allem auf der Anerkennung der gemeinsamen Gefahr vonseiten Russlands und der Notwendigkeit, die Ukraine in die transatlantischen Institutionen zu integrieren.

Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 22. Februar 2022 erreichten die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine zunächst ein außerordentlich hohes Niveau beiderseitiger Freundschaft, Solidarität und Unterstützung, um sich anschließend – nach knapp einem Jahr – vor allem unter dem Einfluss wirtschaftlicher Faktoren zu verschlechtern. Diese Kurskorrektur kam für beide Seiten plötzlich und war überraschend und schmerzhaft. Allerdings verdecken die Konflikte, die zwischen Polen und der Ukraine 2023 entstanden sind und sich ins erste Quartal 2024 hineinzogen, häufig die Bereiche, in denen die Zusammenarbeit fruchtbar und effektiv ist, aber ein geringeres Medienecho hervorruft. Zudem hatten die Streitthemen nicht zur Folge, dass sich die Regierungen oder die Gesellschaften der beiden Staaten voneinander abwandten, und sie signalisierten auch keine wesentliche Veränderung, was das lebhafte Interesse beider Staaten an den gemeinsamen Beziehungen betrifft. Im Interesse Polens liegt es, dass die Ukraine ein unabhängiges, demokratisches und reformiertes Mitglied der transatlantischen Gemeinschaft wird, und ohne Polen oder im Konflikt mit ihm wird die Ukraine diese Ziele – die vor allem die Ziele der ukrainischen Gesellschaft sind – nicht erreichen.

Polens rasche Militärhilfe war für die Ukraine überlebenswichtig

Auch wenn seit Beginn der russischen Aggression bald 30 Monate vergangen sein werden, gilt es daran zu erinnern, dass Polen als Erster und bedingungslos der überfallenen Ukraine Hilfe geleistet hat. Während andere Staaten über Hilfe in Form von nichttödlichen Waffen debattierten und sich auf eine rasche Niederlage der Ukraine einstellten, war das erste militärische Hilfspaket aus Polen bereits am Tag der Vollinvasion auf dem Weg in die Ukraine. Polnische T-72 Kampfpanzer kamen im März 2022 und Schützenpanzer im April in die Ukraine, was ermöglichte, die aus einberufenen Männern gebildeten neuen Einheiten der ukrainischen Armee zu bewaffnen. Die Lieferungen des polnischen selbstfahrenden gepanzerten Artilleriegeschützes Krab im Juni des Jahres, der ersten Exemplare dieses Typs NATO-Kaliber mit einer 155 mm-Haubitze, welche die Ukraine erhielt, und die der Ukraine gewährte Vorrangstellung beim Kauf neuer Exemplare dieses Geschützes erleichterten es ihr, die ersten Monate zu überstehen und im weiteren Jahresverlauf Erfolge zu erzielen.

Polen spielte auch eine Schlüsselrolle in der Diskussion über die Lieferung von MiG-29-Kampfjets an die Ukraine und übergab sie als Erster zusammen mit der Slowakei im März 2023. Außerdem mobilisierte Polen die ukrainischen Partner eine Koalition zu bilden, um der Ukraine Leopard 2A4-Kampfpanzer zu liefern. Vielfach in sozialen Medien geteilte Videos über die Effektivität der polnischen Ausrüstung – z. B. des Sturmgewehrs Grot, von Mehrfachraketenwerfern oder der Panzerhaubitze Goździk – riefen in der Ukraine kein geringeres Echo hervor als die Erfolge der gefeierten türkischen Kampfdrohne Bayraktar. Polen hat der Ukraine Know-how zur Verfügung gestellt, wie sowjetische Ausrüstung mit westlicher kombiniert werden kann, indem z. B. die amerikanische Luft–Boden-Rakete HARM auf MiG-29-Kampfjets installiert wird, und wurde Hauptlieferant für Kraftstoff, dessen Bedeutung sowohl für den militärischen als auch den zivilen Bedarf in Kriegszeiten kaum zu überschätzen ist. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges hat Polen 44 militärische Hilfspakete für Kyjiw beschlossen. Nach offiziellen Informationen des polnischen Außenministeriums betrug der Gesamtwert der Unterstützung durch die polnische Regierung in den ersten beiden Kriegsjahren ca. 4,5 Milliarden US-Dollar – ohne die Ausgaben für die Flüchtlingshilfe, die mehrere Milliarden US-Dollar umfasste.

Warschaus Unterstützung stärkt positives Image Polens in der Ukraine

Die beispiellose Unterstützung für die Ukraine zeigte sich auch in der Öffnung der Grenze und Aufnahme von Millionen Flüchtlingen, von denen bis heute ca. eine Million offiziell in Polen registriert sind. Es geht aber nicht nur um Zahlen – die Offenheit, Solidarität und Gastfreundlichkeit der Pol:innen gegenüber den ukrainischen Gästen wird langfristig in Erinnerung bleiben und auch die Konflikte auf hoher politischer Ebene werden dies nicht schmälern. Hier wurde ein moralisches Musterbeispiel aufgestellt, das auch für andere Länder Europas in Bezug auf die Opfer der russischen Aggression gelten sollte. Das polnische Sondergesetz vom März 2022, das die Bürger:innen der Ukrainede iure mit den polnischen Staatsbürger:innen gleichstellt, war eine reale Hilfe für die Millionen Flüchtlinge, darunter auch Kinder, die kostenfreien Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem erhielten. In den letzten zwei Jahren wurde Polen der wichtigste Geber im Bereich humanitärer Hilfe für die Ukraine. Insgesamt gaben die polnischen Ministerien 16 Milliarden Euro für umfassende Hilfsleistungen für die Ukraine und die ukrainischen Kriegsflüchtlinge aus.

Polen spielte bereits vor dem 22. Februar 2022 eine Schlüsselrolle, als es Frankreich und Deutschland überzeugte, dass ein Kompromiss mit Russland über die Ukraine hinweg nicht nur unmöglich, sondern schlichtweg schädlich wäre. Außerdem leistete es logistische Hilfe bei den ersten Gesprächen der ukrainischen Delegation mit Russland in Belarus und in der Türkei (März 2022) über eine Beendigung des Krieges. Diese blieben nicht deshalb erfolglos, weil die Ukraine sie abgebrochen hat, sondern weil Putin (bis heute) nicht bereit ist, einen realistischen und ehrlichen Kompromiss einzugehen und die Kapitulation der Ukraine anstrebt.

In der Folge erreichte das positive Image Polens in der Ukraine seinen Höhepunkt. Dieser Zustand hielt viele Monate an. Noch im Mai 2023 gaben in einer Umfrage fast 95 Prozent der Befragten eine positive oder sehr positive Einstellung gegenüber Polen an. Im Dezember 2022 hatte der polnische Präsident Andrzej Duda in der Ukraine den höchsten Vertrauenswert im Vergleich zu anderen Staatsführer:innen erhalten. Dies bestätigten auch die beiderseitigen Beziehungen auf höchster politischer Ebene, der freundschaftliche, persönliche Kontakt zwischen den Präsidenten Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj sowie die direkten Kontakte – Pol:innen wurden in der Ukraine geradezu bevorzugt, wollten sich die Ukrainer:innen doch, wo es nur möglich war, für die geleistete Hilfe bedanken. Es entstand die Idee, einen umfassenden bilateralen Vertrag nach dem Muster des Elysée-Vertrags zwischen Deutschland und Frankreich zu unterzeichnen, der den außerordentlichen Charakter der Beziehungen zwischen Warschau und Kyjiw rechtlich festhalten sollte. Dazu kam es allerdings nicht.

Von ersten Rissen…

Die Liste der Gesten und Aktivitäten auf polnischer Seite und der Zeichen der Dankbarkeit auf ukrainischer Seite ließe sich lang fortschreiben. Allerdings ebbt jede Mobilisierung irgendwann ab, und je größer die Opferbereitschaft ist, desto kürzer lässt sie sich aufrechterhalten. Die polnischen Streitkräfte wurden, was ihre an die Ukraine abgegebene Ausrüstung betrifft, in großem Maße ausgetrocknet und die in den USA und Südkorea neu bestellten Rüstungsgüter sind noch nicht in Polen eingetroffen. Der öffentliche Haushalt begann die an die Ukraine vergebenen bzw. für die ukrainischen Geflüchteten eingesetzten Mittel zu spüren, und hinzu kam die rasch voranschreitende Inflation. Negative wirtschaftliche Folgen ergaben sich auch aus wichtigen Entscheidungen der Europäischen Union vom Juni 2022, als alle Handelsbeschränkungen mit der Ukraine aufgehoben wurden und angesichts der russischen Blockade ukrainischer Seehäfen am Schwarzen Meer der beiderseitige Güterverkehr auf der Straße liberalisiert wurde. Entscheidungen, für die man in Friedenszeiten den mühsamen Verhandlungsweg eingeschlagen und sicherlich mehrere Jahre gebraucht hätte, was den Marktteilnehmer:innen die notwendige Zeit zur Anpassung gegeben hätte, wurden nun sehr schnell getroffen und von Warschau mit Blick auf die Notwendigkeit des Augenblicks unterstützt. In den folgenden Monaten kehrten sie allerdings als Bumerang zurück. Hinzu kamen in Polen richtungsweisende Wahlen: die Parlamentswahlen im Oktober 2023 und die Kommunalwahlen im April 2024.

Bereits Ende 2022 begannen sich erste ernstzunehmende Risse in den ukrainisch-polnischen Beziehungen zu zeigen. Im November ging im ostpolnischen Przewodów eine Rakete nieder, die zwei polnische Staatsbürger tötete. Kyjiw versuchte Warschau zu überzeugen, dass es sich um eine russische Rakete handele und Polen diesen Angriff nicht unbeantwortet lassen solle. Obwohl die Daten mehrheitlich zeigten, dass es eine ukrainische Rakete war, reagierte Kyjiw abweisend und versuchte, Warschau, und somit die NATO, stärker in den Krieg einzubinden. Es fielen keine Worte des Bedauerns angesichts des Todes der beiden Polen, was einen bitteren Nachgeschmack hinterließ. Im April 2023 kam Präsident Selenskyj schließlich zu einem offiziellen Besuch nach Polen, nachdem er bisher nur auf der Durchreise in Polen gewesen war, wenn er den Flughafen im grenznahen polnischen Rzeszów zum Umsteigen genutzt hatte.

Ende 2022 war Polen sowohl im Import als auch im Export der größte Handelspartner der Ukraine, ein Logistikknotenpunkt mit Schlüsselbedeutung sowie der größte Kraftstofflieferant. Jedoch führten die Hauptakteure schon zu dieser Zeit schwierige Gespräche über Themen, die bald darauf die Atmosphäre zu zerstören begannen. Das schwierigste war der wachsende Zufluss des preislich konkurrierenden ukrainischen Getreides nach Polen, nachdem Russland die sog. Schwarzmeer-Getreide-Initiative blockierte. Bei dem "Getreideabkommen" handelte es sich um einen sicheren Seekorridor im Schwarzen Meer zwischen den Häfen im Raum Odesa und dem Bosporus, der dank einer von der Türkei und den UN ausgehandelten Vereinbarung zustande kam. Auf diesem Wege konnte die Ukraine von August 2022 bis Juli 2023 Lebensmittel und Getreide exportieren. Der Seekorridor hatte absolute Schlüsselbedeutung, zumal die Ukraine noch vor der russischen Invasion fast 90 Prozent ihrer Ernährungs- und Agrarproduktion auf dem Seeweg exportiert hatte. Die preisgünstigen ukrainischen Produkte, die seit Beginn der Vollinvasion zunehmend den Landweg per Schiene und Straße nahmen, überschwemmten den polnischen Markt sowie auch die Märkte in Rumänien, Ungarn, der Slowakei und Bulgarien. Von 29,5 Millionen Tonnen ukrainischen Mais, Weizens, Raps und Sonnenblumenöls, welche die Ukraine zwischen Februar 2022 und Mai 2023 in die Europäische Union exportierte, gelangten 38,2 Prozent (11,3 Millionen Tonnen) in die genannten Länder und davon 13,3 Prozent nach Polen (3,9 Mio. Tonnen). Da der Transport auf dem Landweg (Schiene und Straße) deutlich teurer ist als auf dem Seeweg, war es für die ukrainischen Exporteur:innen am rentabelsten, ihre Produkte auf dem nächstgelegenen Markt zu verkaufen.

… bis zu Grenzblockaden

Das verursachte Verzerrungen und Verluste vor allem bei den lokalen Produzenten in den grenznahen Regionen. Im Ergebnis verhängte die Europäische Kommission im Mai 2023 ein Embargo über den Import (aber nicht den Transit!) der vier Produkte in die Europäische Union, das Polen und die anderen vier Länder im September einseitig verlängerten. Der Zeitpunkt war nicht optimal – Russland hatte sich im Juli aus der Getreide-Initiative zurückgezogen und im Oktober standen Parlamentswahlen in Polen an –, aber die Probleme der polnischen Bauernschaft waren nun einmal real. Sie stießen jedoch in Kyjiw auf Unverständnis und trafen auf Reaktionen, die den polnischen Enthusiasmus der Ukraine gegenüber deutlich abkühlten. Ministerpräsident Denys Schmyhal und Präsident Selenskyj schienen nicht zu wissen, dass Polen der Ukraine weiterhin den Transit der mit Embargo belegten Produkte ermöglicht. Selenskyjs Rede vor den Vereinten Nationen im September 2023, in der er im Zusammenhang mit dem Embargo suggerierte, dass Polen Russland gegen die Ukraine unterstützen würde – ein Vorwurf so absurd wie schlicht ungerecht und realitätsfremd –, rief in Polen große Bitterkeit und im Westen mindestens Unverständnis hervor.

Obwohl infolge des Embargos kein Getreide aus der Ukraine mehr nach Polen kam, es sei denn auf dem Transitweg in die Häfen und weiter nach Westen, begannen polnische LKW-Fahrer:innen im November 2023, ukrainisch-polnische Grenzübergänge zu blockieren. Der Protest wurde am 16. Januar 2024 ausgesetzt, rief aber ein großes Echo in der Ukraine hervor, wo die Medien Polen beschuldigten, einen Handelskrieg gegen die Ukraine zu führen, den ukrainischen Logistikmarkt zerstören zu wollen und sogar den EU-Beitrittsprozess der Ukraine zu blockieren. Die polnischen Protestierenden wiederum beklagten sich über die ungleiche Konkurrenz vonseiten der ukrainischen Transporteur:innen, die infolge der Liberalisierung des Transports entstanden war – dieser unterlag nicht den strengen Anforderungen des EU-Mobilitätspakets und nahm den polnischen Kolleg:innen sowohl in der Ukraine als auch in Polen die Arbeit weg. Bald schlossen sich den LKW-Fahrer:innen die Bauern und Bäuerinnen an, die gegen den europäischen Green Deal und den Import aus der Ukraine protestierten. Die Blockade der Zufahrtstraßen zu den Grenzübergängen in die Ukraine hatte zum Ziel, der polnischen Regierung einen deutlichen Schlag zu versetzen und sie mit einem möglichen Imageverlust sowohl in der Ukraine als auch in der EU zu erpressen. Die Bauern und Bäuerinnen sind eine zahlenstarke und deutlich vernehmbare Interessengruppe in Polen (aus Bauernprotesten sind in Polen bereits mehrere politische Parteien hervorgegangen). Die Blockade der Grenzübergänge war politisch stark aufgeladen und wurde teilweise sehr wahrscheinlich auch von Russland unterstützt. Der Höhepunkt der negativen Emotionen waren einzelne Vorfälle, dass ukrainisches Getreide, das auf verminten und unter Beschuss stehenden Feldern geerntet worden war, von den Lastwagen am Grenzübergang im polnischen Dorohusk auf die Abstellgleise gekippt wurde.

Die Blockade war der stärkste Schlag für die Reputation Polens in der Ukraine. Kyjiw warf Warschau vor, dass es nicht entschlossen handele und Angst habe, vor den bevorstehenden Kommunalwahlen im April 2024 schwach zu wirken. Die Blockade zerstörte das positive Image Polens, das es sich nach der russischen Invasion in die Ukraine aufgebaut hatte. Im März gaben nur noch 58,4 Prozent der Ukrainer:innen an, eine positive oder sehr positive Einstellung Polen gegenüber zu haben – weniger als beispielsweise gegenüber Deutschland, Rumänien, der Slowakei oder der Türkei. Die Blockade ukrainischer Grenzübergänge wurde als wichtigeres Ereignis wahrgenommen als das Zurückhalten finanzieller Hilfe in den USA oder die ungarische Blockade des Integrationsprozesses der Ukraine in die EU. Dabei muss allerdings unterstrichen werden, dass die polnischen Protestierenden humanitäre und militärische Transporte in die Ukraine nicht in großem Stil aufgehalten haben, es handelte sich um Einzelfälle und nicht um einen systematischen Plan der polnischen Bauernschaft. Diese weiß sehr gut, dass ihre Sicherheit und ihr Wohlstand vom effektiven Widerstand der Ukraine gegen Russland abhängen. Russland wiederum wurde in diesem Themenbereich aktiv, indem es Desinformation verbreitete, um Polen und die Ukraine weiter zu spalten, denn Moskau weiß, dass ein polnisch-ukrainischer Konflikt ein wichtiger Schlüssel zum eigenen Erfolg ist.

Sind die Wogen wieder geglättet?

Nach den polnischen Kommunalwahlen und der Unterzeichnung eines neuen Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine, das einen Teil der polnischen Forderungen berücksichtigt, wurden die Blockaden Anfang Mai 2024 schließlich beendet. Der Wahlkampf war vorbei (die Wahlen zum Europäischen Parlament Anfang Juni fanden keinen so großen Widerhall in der Gesellschaft) und auch der Druck der Regierung auf die Protestierenden sowie die ausgehandelten Änderungen in der Verordnung zur Liberalisierung des Handels zwischen der EU und der Ukraine ab Juni 2024 erwiesen sich als wirksam. Dies schuf eine Grundlage für die Normalisierung der ukrainisch-polnischen Beziehungen.

Gleichzeitig ist es wichtig, die Bedeutung der Konflikte um das Getreide und die LKW-Fahrer:innen sowie die Bedeutung der Grenzblockaden für die ukrainisch-polnischen Beziehungen nicht zu überschätzen. Handelskonflikte gehören, so wie auch Konflikte im Bereich der Erinnerung und des Gedenkens, zu den Beziehungen unter Nachbarländern, ähnlich wie ökonomischer Wettbewerbper definitionem zum freien Markt und internationalen Handel gehört. Es lässt sich nicht leugnen, dass der Krieg einen zusätzlichen Kontext bietet und die ums Überleben kämpfende und Europa vor einer Ausweitung des Krieges verteidigende Ukraine einer besonderen Behandlung und außerordentlicher Unterstützung bedarf. Allerdings sollten sich Engagement und Verzicht gleichmäßig auf die westlichen Partner der Ukraine verteilen und die Last nicht hauptsächlich von den Nachbarstaaten der Ukraine getragen werden. Es ist leicht, Warschau eine angebliche Abkehr von der Ukraine vorzuwerfen, denn es sind nicht die Regierungen in Berlin und anderen Hauptstädten, die unter dem Druck wirtschaftlicher Verluste für konkrete Interessengruppen und sich verschlechternder gesellschaftlicher Einstellungen gegenüber der Ukraine und den Ukrainer:innen stehen.

Es sei auch daran erinnert, dass Polen trotz Handelsstreitigkeiten seine Unterstützung für die vollständige Mitgliedschaft der Ukraine in der EU (und der NATO) nicht zurückzieht, denn es erkennt an, dass nur dieser Weg zu einem nachhaltigen Frieden nach Beendigung des Krieges führen kann. Die zutage tretende Konkurrenz und zukünftige Konflikte in diesem Bereich werden als Angelegenheit, die angesprochen werden muss, betrachtet angesichts der offenkundigen Vorteile, die eine reformierte, demokratische und vor allem souveräne Ukraine nach Beendigung des Beitrittsprozesses bietet. Der Beitrittsprozess wird lang sein und unvermeidliche Konflikte mit sich bringen, aber letztendlich haben Polen und die Ukraine ein gemeinsames Ziel.

Ein wichtiger Punkt, der aber in den laufenden Konflikten schnell übergangen wird, ist, dass Polen Kyjiw in der wichtigsten Angelegenheit, der Verteidigung der Ukraine gegen Russland, konsequent unterstützt. In diesem Bereich hat sich nichts geändert. Kyjiw weiß das gut, und hält es allzu oft für selbstverständlich, denn es meint, dass Polen auf die Ukraine angewiesen ist. Die Parole "es gibt kein freies Polen ohne eine freie Ukraine" ist eine Beschwörungsformel, die es erlaubt, sich nicht um die Beziehungen zu Warschau zu kümmern. Das Schlagwort ist aber nicht die ganze Wahrheit – schließlich ist Polen in der NATO und unterhält strategische Beziehungen zu den USA, was in der Welt von heute die allergrößte Sicherheitsgarantie ist.

Fazit

Die Hauptgemeinsamkeiten von Polen und der Ukraine gründen also vor allem auf den gleichen Sicherheitsinteressen. Das wichtigste Interesse ist der Sieg über Russland, damit es in Zukunft keine Gefahr mehr darstellt. Allerdings erklärt Kyjiw, dass Polen, indem es seinem Nachbarn hilft, vor allem für seine eigene Sicherheit sorge. Das ist ein Faktor, der die Offenheit für die Umsetzung der Forderungen Warschaus in anderen Bereichen der bilateralen Beziehungen einschränkt, beispielsweise bei historischen Fragen. Die Ukraine ist immer noch nicht bereit, ihre Zustimmung zu polnischen Suchaktionen und Exhumierungen der polnischen Opfer aus der Zeit des polnisch-sowjetischen Krieges von 1920 sowie der ethnischen Säuberungen an Polen durch ukrainische Nationalist:innen in Wolhynien und Ostgalizien in den Jahren 1943 und 1944 zu geben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in den letzten, vom Krieg gekennzeichneten, Jahren die Unstimmigkeiten in den ukrainisch-polnischen Beziehungen auf unterschiedliche Bewertungen wirtschaftlicher Fragen zurückzuführen sind. In Kyjiw werden sie als Konflikte vor einem politischen, nicht einem wirtschaftlichen Hintergrund behandelt. Für die gegen Russland kämpfende Ukraine werden die Aktivitäten vonseiten Polens, die sich negativ auf die ukrainische Wirtschaft auswirken können, als Schwächung ihres Verteidigungspotenzials betrachtet – sie gelten also als unberechtigt und unmoralisch und seien letztendlich von Vorteil für den Kreml. Die Regierung in Kyjiw sowie die ukrainischen Medien berücksichtigen in diesem Zusammenhang nicht die negativen Auswirkungen der ukrainischen Konkurrenz auf die wirtschaftliche Situation in Polen und suggerieren, dass die wirtschaftliche Lage keine Bedeutung haben sollte angesichts der Tatsache, dass die Ukraine auch für die Sicherheit Polens kämpft.

Einer Veränderung oder Abmilderung der kritischen oder sogar kühlen Haltung gegenüber Warschau steht auch entgegen, dass Polen zurzeit nicht über mit den USA oder Deutschland vergleichbare militärische oder finanzielle Hilfe verfügt bzw. sie nicht anbietet. Insofern zahlt Polen gewissermaßen für seine Opferbereitschaft im ersten Kriegsjahr. Deutschland aber gewinnt, obgleich es damals keine Waffen liefern wollte und nur unter dem Einfluss der öffentlichen Meinung seine Politik geändert hat.

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

Fussnoten

Weitere Inhalte

Tadeusz Iwański ist Leiter der Abteilung Belarus, Ukraine und Moldawien am Institut für Oststudien, Warschau (Ośrodek Studiów Wschodnich (OSW), Warszawa). Seine Forschungsschwerpunkte sind die Innen- und Außenpolitik der Ukraine und Belarus’.