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Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? 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Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Ukraine-Analyse Nr. 280

Ilona Sologoub Yelizaveta Dorontseva

/ 10 Minuten zu lesen

Ein ukrainischer Panzer in der Nähe von Bachmut. Die Reform des Verteidigungssektors ist für viele Ukrainer:innen angesichts des russischen Angriffskrieges besonders wichtig. (© picture-alliance/AP, Evgeniy Maloletka)

Zusammenfassung

Seit dem 24. Februar 2022 hat die vollumfängliche russische Invasion die Aufmerksamkeit der Ukrainer:innen auf sich gezogen und andere Themen an den Rand der Aufmerksamkeit gedrängt. Da die Nachrichten von der Front am wichtigsten sind, stehen die Reformen oft nicht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, obwohl es keinen Zweifel daran gibt, dass Reformen trotz des ausgerufenen Kriegsrechts fortgesetzt werden sollten. Die Fortsetzung der Reformen ist nicht nur wichtig, um den westlichen Verbündeten zu zeigen, dass sich die Ukraine der EU-Integration verschrieben hat, sondern vor allem, um den ukrainischen Staat zu modernisieren und widerstandsfähiger zu machen. Damit sie nachhaltig sind, sollten Reformen von den Menschen getragen werden. Deshalb haben wir Ukrainer:innen nach ihrer Einstellung zu Reformen gefragt.

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Umfrage, die vom 12. bis 30. Oktober 2022 vom Meinungsforschungsinstitut Info Sapiens durchgeführt wurde. An der Online-Befragung nahmen 2.113 Befragte über 18 Jahren teil, die am 23. Februar 2022 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten lebten, einschließlich derjenigen, die nach dem 24. Februar ins Ausland gezogen sind. Die Stichprobe ist repräsentativ für die ukrainische Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Wohnort und Region gemäß den Ukrstat-Daten vom 01. Januar 2022. Der Stichprobenfehler beträgt nicht mehr als 2,2 Prozent. Die Umfragedaten sind frei auf Externer Link: Discuss Data zugänglich.

Die Erhebung umfasste drei Gruppen von Fragen: zu Reformen (Bedeutung der Reformen, erwartete Ergebnisse und Hindernisse für Reformen), zu Korruption und zu gesellschaftlichem Engagement. Außerdem wurde eine Reihe persönlicher Variablen erfasst: Geschlecht und Alter, Haushaltsgröße, Bildung, Beschäftigung (sowohl ob eine Person beschäftigt, arbeitslos oder nicht erwerbstätig ist, als auch eine detailliertere Reihe von Fragen zur wirtschaftlichen Haupttätigkeit einer Person); die selbst eingeschätzte materielle Lage (von "wir haben nicht einmal Geld für Lebensmittel" bis "wir können uns alles kaufen, was wir wollen"), Region und Art des Wohnortes (städtisch/ländlich), in der die Befragten vor der russischen Invasion lebten. Der Anteil der Geflüchteten in der Stichprobe beträgt 5 Prozent. Die Mehrheit der Befragten beantwortete keine Fragen zu ihrem aktuellen Wohnort, so dass wir diese Informationen nicht in unsere Analyse einbezogen haben.

Zentrale Ergebnisse der Untersuchung

Die Ukrainer:innen bringen eine hohe Unterstützung für Reformen zum Ausdruck, wobei die Unterstützung für Reformen, deren Ergebnisse sie "am eigenen Leib" spüren (z. B. im Gesundheits- und Bildungswesen oder bei der Digitalisierung), relativ hoch ist. Verständlicherweise nennen die Ukrainer:innen die Armeereform als eine der wichtigsten Reformen (auch wenn es vielleicht nicht vernünftig ist, die Armee mitten in einem vollumfänglichen Krieg radikal zu reformieren). Die Justizreform, die Reform des öffentlichen Auftragswesens und die Privatisierung werden als weniger bedeutend eingeschätzt, obwohl diese Reformen für die Modernisierung des Landes entscheidend sind. Die Bedeutung und die Auswirkungen von Reformen in solchen Bereichen, mit denen die Bürger:innen im Alltag nur selten konfrontiert sind, müssen daher intensiver vermittelt werden. Die größte Erwartung an die Reformen ist, dass die Korruption dadurch verringert wird, erst an zweiter Stelle steht die Erhöhung des Wohlstands. Mit Korruption assoziieren die Ukrainer:innen vor allem Bestechungsgelder, die Abzweigung öffentlicher Gelder und Machtmissbrauch durch Beamte.

Etwa ein Drittel der Ukrainer:innen (vor allem aus einkommensschwachen Haushalten) ist nicht bereit, vorübergehende Härten während der Umsetzung der Reformen zu ertragen, und 30–40 Prozent können dies nur einige Monate lang tun. Menschen, die sich an zivilgesellschaftlichen Aktivitäten beteiligen, sind eher bereit, Reformen zu unterstützen, und sind geduldiger, was deren Ergebnisse angeht. Als Haupthindernisse für Reformen werden in den Augen der Ukrainer:innen die Gegenmaßnahmen von Interessengruppen und sowie die mangelnde Bereitschaft der Regierung gesehen, die Reformen umzusetzen, seltener finanzielle Gründe oder fehlendes Wissen.

Seit dem Beginn der Invasion haben sich die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten auf Freiwilligenarbeit und karitative Aufgaben verlagert. Nach dem Ende des Krieges wird die zivilgesellschaftliche Tätigkeit, insbesondere die Wohltätigkeit, zurückgehen, und es wird zu einer Fluktuation kommen – einige Menschen werden den NGO-Sektor verlassen, andere werden hinzukommen. In Anbetracht der zentralen Rolle der Zivilgesellschaft beim Wiederaufbau nach dem Krieg wird der NGO-Sektor Unterstützung benötigen. Unsere politische Empfehlung an die Regierung lautet, die Bürger:innen in den Wiederaufbau- und Reformprozess einzubeziehen. Dies wird das Verständnis der Bürger:innen für die Reformen erhöhen und somit die Unterstützung der Bevölkerung und die Nachhaltigkeit der Reformen verbessern. Dies wird auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung stärken.

"Persönliche" Reformen wichtiger als "allgemeine"

Die Priorisierung der Reformen unterscheidet sich je nach Frageformulierung. In Grafik 1 wird die relative Bedeutung der Reformen verglichen, wenn die Befragten gebeten wurden, ihre Bedeutung zu bewerten (Feld A), und wenn sie gebeten wurden, die Reformen in eine Rangfolge zu bringen. Die Sterne kennzeichnen "allgemeine" Reformen, d. h. solche, deren Auswirkungen eine Person in der Regel nicht direkt spürt, während Reformen ohne Sterne eher "greifbar" sind, d. h. solche, die eine Person in ihrem Alltag eher betreffen. In beiden Rankings haben "allgemeine" Reformen etwas niedrigere Punktzahlen als "persönliche" Reformen, was darauf hindeutet, dass die Menschen Reformen, die sich direkt auf ihr Leben auswirken, als wichtiger empfinden.

Beide Teile von Grafik 1 zeigen, dass für die Ukrainer:innen Reformen in den Bereichen Armee, Gesundheitswesen und Korruptionsbekämpfung am wichtigsten sind. Dies spiegelt sich in den erwarteten Ergebnissen der Reformen wider (siehe Grafik 3A), wobei eine niedrigere Korruption am meisten erwartet wird. Interessanterweise wird der Justizreform und der Privatisierung, die Schlüsselelemente zur Verringerung der Korruption sind, keine Priorität eingeräumt. Hier besteht ein Kommunikationsbedarf, um den Menschen zu erklären, warum diese Reformen zu weniger Korruption führen und wie sie sich auf das Leben der Menschen auswirken.

Die Bedeutung der Armeereform stieg 2022 nach der großangelegten russischen Invasion. Laut einer Externer Link: Umfrage der Stiftung für Demokratische Initiativen (DIF) von 2020 waren die wichtigsten Reformfelder für die Ukrainer:innen die Korruptionsbekämpfung, das Gesundheitswesen und die Renten. Die Armeereform lag im Mittelfeld, und die Bereiche Bildung, Landreform und Energie wurden als am wenigsten wichtig angesehen.

Grafik 2 zeigt die Antworten auf die offene Frage "Welche Reformen sind im Jahr 2023 besonders wichtig?". Die Antworten sollten eher als diejenigen Bereiche interpretiert werden, die den Menschen aktuell am wichtigsten sind, denn es gibt eine ganze Reihe von Antworten wie "Erhöhung der Gehälter und Renten" oder "Senkung der Preise", die keine Reformen im eigentlichen Sinne sind, aber als Maßnahmen von der Regierung erwartet werden. In dieser Prioritätenliste steht die Justizreform ziemlich weit oben – gleich nach Verteidigung, Gesundheitswesen und Bildung.

Weniger Korruption ist die wichtigste Erwartung an die Reformen

Da die Korruption seit mehr als einem Jahrzehnt ganz oben auf der Agenda der ukrainischen Gesellschaft steht, ist es nur natürlich, dass die Ukrainer:innen von Reformen in erster Linie eine Verringerung der Korruption erwarten (fast 3/4 der Stichprobe). Mehr als 60 Prozent erwarten einen höheren Wohlstand, während andere Antworten weniger häufig sind (Grafik 3A). Männer nennen häufiger einen Anstieg des BIP als erwartetes Reformergebnis und seltener Wohlstand, was mit ihrer etwas höheren Wahrscheinlichkeit übereinstimmt, "allgemeine" Reformen für wichtig zu halten. Gesellschaftlich aktive Personen erwarten ebenfalls eher eine Erhöhung des BIP und seltener eine Erhöhung des Wohlstands und der Lebenserwartung. Menschen mit höherer Bildung erwarten häufiger eine geringere Korruption, eine höhere Wohlfahrt und eine höhere Lebenserwartung und seltener einen größeren Einfluss auf die Bürger:innen als Folge von Reformen.

Es überrascht nicht, dass wohlhabendere Menschen eher bereit sind, gewisse Härten durch die Umsetzung von Reformen in Kauf zu nehmen, ebenso wie gesellschaftlich aktive Personen. Die erste Kategorie hat möglicherweise einen längeren Planungshorizont, während sich die zweite Kategorie eher bewusst ist, dass Reformen keine sofortige Wirkung haben (Grafik 3B).

Interessengruppen und mangelnder politischer Wille sind Hindernisse für Reformen

Was sehen die Bürger:innen als größte Hindernisse für Reformen an? Diese ergeben sich vor allem aus der Wahrnehmung von Korruption als einem der Hauptprobleme der Ukraine. So sind die beiden wesentlichen Hindernisse für Reformen aus Sicht der Ukrainer die Gegenmaßnahmen von bestimmten Interessengruppen und der fehlende politische Wille (Grafik 4).

Korruption wird meist mit Bestechungsgeldern und der Veruntreuung öffentlicher Gelder assoziiert

Der nächste Fragenblock betrifft die Korruption. Hier wurden die Befragten gebeten, Korruption zu definieren (offene Frage) und festzulegen, ob bestimmte Situationen aus ihrer Sicht Korruption darstellen oder nicht. Auf der Grundlage der Antworten wurde für alle Befragten ein Korruptionswert berechnet (je höher der Wert, desto mehr positive Antworten gab der Befragte). Erwartungsgemäß hielten die Befragten mit höheren Korruptionswerten die Korruptionsbekämpfung und damit zusammenhängende Reformen (Justiz, Privatisierung, Steuern, öffentliches Auftragswesen) eher für wichtig. Sie erwarteten auch eher weniger Korruption und ein höheres BIP als Ergebnis von Reformen und machten häufiger Interessengruppen und mangelnden politischen Willen für schleppende Reformen verantwortlich.

Die von den Befragten angegebene Definition von Korruption ist recht interessant. Wir haben die Antworten in mehrere Kategorien eingeteilt (Grafik 5). Mit diesen Kategorien assoziieren die Befragten Korruption. Erwartungsgemäß waren Bestechung, Missbrauch öffentlicher Mittel und Machtmissbrauch die häufigsten Antworten.

Aktuell konzentriert sich das gesellschaftliche Engagement auf Freiwilligenarbeit und Spenden, nach Kriegsende wird es eine neue Welle des Aktivismus geben

Abschließend befragten wir die Respondent:innen zu ihrem gesellschaftlichen Engagement. Tabelle 1 zeigt den Anteil der Personen, die vor und nach dem 24. Februar 2022 gesellschaftlich aktiv waren. Es zeigt sich, dass viele Menschen Petitionen schrieben oder unterzeichneten oder Geld spendeten, während die Teilnahme am Verfassen von Rechtsakten oder an Regierungssitzungen seltener vorkommen – wahrscheinlich, weil dies zeitaufwendiger ist. Wir sehen auch einen verständlichen Rückgang der Protestaktivitäten (seit der Ausrufung des Kriegsrechts sind Proteste untersagt, Anm. d. Red.) bei einem gleichzeitigen Anstieg der Freiwilligenarbeit und Spenden nach dem 24. Februar. Nach dem Krieg planen viele Menschen, ihr bürgerschaftliches Engagement wieder zu reduzieren.

Tabelle 2 zeigt, dass ein beträchtlicher Anteil der Menschen gleichzeitig in mehrere ähnliche Aktivitäten involviert ist, z. B. Petitionen schreiben und an Regierungssitzungen teilnehmen oder in NGOs und bei der Entwicklung von Gesetzen mitwirken usw. Diejenigen, die sich derzeit ehrenamtlich engagieren, sind mit größerer Wahrscheinlichkeit auch Mitglieder von NGOs und leisten wohltätige Beiträge. Derzeit ist eine stärkere Konzentration der Aktivitäten zu beobachten als in der Zeit vor der Invasion: Heute nehmen nur knapp Prozent 7 Prozent der Befragten an 5 oder mehr Aktivitäten teil, während dieser Anteil früher bei mehr als 19 Prozent lag.

Wir haben keine persönlichen Merkmale ermittelt, die das gesellschaftliche Engagement einer Person zweifelsfrei erhöhen (jüngere Frauen haben möglicherweise eine höhere Wahrscheinlichkeit, sich zu engagieren, aber die Zahlen sind nicht belastbar). Möglicherweise ist die Beteiligung einer Person an einer gesellschaftlichen Aktivität auf einige nicht beobachtete Faktoren zurückzuführen.

Wir haben auch untersucht, wie beständig das Engagement ist und wie viele Menschen von Aktivität zu Inaktivität wechseln und umgekehrt. Wir haben drei Arten von gesellschaftlichem Engagement untersucht: Mitgliedschaft in einer NGO, ehrenamtliche Tätigkeit und Spenden für wohltätige Zwecke. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass es erhebliche Zu- und Abwanderungen zu und von gesellschaftlichen Aktivitäten gibt und geben wird. So planen nur 2,7 Prozent der Menschen, die bereits vor der Invasion in einer NGO aktiv waren und es aktuell noch sind, auch nach dem Sieg der Ukraine weiterhin in einer NGO zu sein. 68 Prozent derjenigen, die vor dem 24. Februar Mitglied einer NGO waren (15 Prozent der Befragten), scheinen sich hingegen aus dem NGO-Sektor zurückgezogen zu haben (obwohl sich ihre Pläne in Zukunft ändern könnten). Auf der anderen Seite planen 19 Prozent derjenigen, die noch nie Mitglied einer NGO waren (insgesamt 12 Prozent der Befragten), nach dem Krieg einer NGO beizutreten.

Ebenso waren 3,3 Prozent der Befragten, die aktuell ehrenamtlich aktiv sind, schon vor dem 24. Februar ehrenamtlich tätig und planen, ihre Tätigkeit auch in Zukunft fortzusetzen. 26 Prozent der Befragten (und 70 Prozent derjenigen, die derzeit ehrenamtlich tätig sind) wurden hingegen erst nach dem 24. Februar ehrenamtlich tätig und planen nicht, ihre Tätigkeit nach dem Krieg fortzusetzen. Im Allgemeinen wird die Freiwilligentätigkeit nach dem Krieg ungefähr auf das Vorkriegsniveau zurückkehren, auch wenn andere Personen daran beteiligt sein werden. Im Gegensatz dazu wird die Spendenbereitschaft, obwohl sie nach dem 24. Februar erheblich zugenommen hat (von 39 Prozent auf 63 Prozent), nach dem Krieg weitgehend zurückgehen – nur 11 Prozent planen, nach dem Krieg weiter zu spenden. Mehr als die Hälfte davon sind Personen, die bereits vor dem Krieg für wohltätige Zwecke gespendet haben und dies auch jetzt noch tun (6,1 Prozent der Gesamtbevölkerung). Etwa ein Drittel derjenigen, die vor dem 24. Februar gespendet haben, haben nach der Invasion aufgehört zu spenden, während 61 Prozent derjenigen, die nicht gespendet haben, nach dem 24. Februar zu spenden begonnen haben. Nach dem Krieg werden die Menschen Geld brauchen, um ihre Gesundheit, ihre Häuser usw. wiederherzustellen. Dies kann den erwartbaren Rückgang der Wohltätigkeitsaktivitäten erklären.

Fazit

Die Umfrage zeigte, dass nicht alle Ukrainer:innen klar definieren können, was eine Reform ist, aber die Mehrheit von ihnen glaubt, dass Reformen wichtig sind. Die größere Bedeutung von Reformen, die für die Menschen direkt spürbar sind, deutet darauf hin, dass "allgemeine" Reformen besser kommuniziert werden müssen. Konkret: Die wichtigste Reform ist gegenwärtig der "Neustart" der Justiz.

Das gesellschaftliche Engagement – d. h. der Anteil der Menschen, die sich freiwillig engagieren oder spenden – ist stark gestiegen, aber nach dem Krieg wird es wieder zurückgehen. Außerdem wird es zu einer gewissen Fluktuation kommen – einige Aktivist:innen werden in andere Sektoren abwandern, während neue hinzukommen.

Wir empfehlen der Regierung, die Zivilgesellschaft in alle Phasen des Wiederaufbauprozesses einzubeziehen: Projektentwicklung, Prioritätensetzung, Umsetzung und Evaluierung. Dadurch wird das Vertrauen in die Regierung und die Unterstützung der Bevölkerung für die Reformen gestärkt, was für deren Nachhaltigkeit notwendig ist.

Übersetzung: Dr. Eduard Klein

Diese Publikation wurde im Rahmen des Projekts "Unterstützung von Think Tanks" erstellt, das von der International Renaissance Foundation mit finanzieller Unterstützung der Botschaft von Schweden in der Ukraine durchgeführt wird. Der Inhalt liegt in der alleinigen Verantwortung der Autoren und spiegelt nicht unbedingt die Ansichten der Botschaft von Schweden in der Ukraine und der International Renaissance Foundation wider.

Der Text erschien am 27. Dezember 2022 auf der Website Vox:Ukraine und ist frei zugänglich unter Externer Link: https://voxukraine.org/en/reforms-corruption-and-civic-activism-opinion-of-ukrainians-in-october-2022/. Die Umfragedaten sind frei zugänglich auf Discuss Data: Externer Link: https://discuss-data.net/dataset/460dda05-8ad2-45b0-9d57-7c820931a0f8/.

Wir danken den Autorinnen und Vox:Ukraine für die Erlaubnis zum Nachdruck in deutscher Übersetzung.

Fussnoten

Weitere Inhalte

leitet die Online-Analyseplattform Vox:Ukraine. Zuvor war sie Direktorin für Economic Policy Studies an der Kyiv School of Economics und war im Bankensektor tätig. Ihre Arbeitssschwerpunkte sind globale Wirtschaft, Sozialpolitik und Medien.

ist Analystin bei der Online-Analyseplattform Vox:Ukraine und beschäftigt sich mit dem ukrainischen Reformprozess.