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Kommentar: "Heute wird über die Zukunft Europas entschieden" | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Kommentar: "Heute wird über die Zukunft Europas entschieden" Ukraine-Analyse Nr. 271

Olha Stefanischyna Von Olha Stefanischyna (Kyjiw)

/ 9 Minuten zu lesen

Die Vizepremierministerin für europäische und transatlantische Integration, Olha Stefanishyna, sieht die Ukraine bereit für den EU-Beitrittsprozess.

Die Vizepremierministerin für europäische und transatlantische Integration, Olha Stefanishyna, während einer Pressekonferenz am 9. Juni 2022 bei der EU-Kommission in Brüssel. (© picture-alliance, AA | Dursun Aydemir)

Dieser Moment ist ein his­to­ri­scher Wen­de­punkt, sowohl für die Ukraine als auch für die EU. Die Ver­lei­hung des EU-Kan­di­da­ten­sta­tus an die Ukraine wird stra­te­gi­sche Klar­heit in die Region bringen. Außer­dem wird der Kan­di­da­ten­sta­tus der Ukraine bewei­sen, dass Russ­land mit seinen impe­ria­lis­ti­schen Träumen geschei­tert ist und Europa nicht in Ein­fluss­sphä­ren auf­tei­len konnte. Das könnte zu einer Soll­bruch­stelle in diesem Krieg werden. In der Ver­gan­gen­heit hat die Zwei­deu­tig­keit der EU und der NATO in Bezug auf die Ukraine nur zu wei­te­ren Aggres­sio­nen seitens Russ­lands geführt.

Der Kan­di­da­ten­sta­tus wird zeigen, dass die EU eine stra­te­gi­sche Vision und das Enga­ge­ment hat, den Frieden und die demo­kra­ti­sche Ent­wick­lung Ost­eu­ro­pas zu sichern. Außer­dem wird der Kan­di­da­ten­sta­tus unsere Posi­tion in den Frie­dens­ver­hand­lun­gen mit Russ­land stärken. Er wird das Ver­trauen der EU in die Ukraine und unsere gemein­same Zukunft demonstrieren.

Russ­land hat lange mit den Wider­sprü­chen in Europa gespielt und ver­sucht, die euro­päi­sche Soli­da­ri­tät und die euro­päi­schen Werte zu zer­stö­ren. Seine Instru­mente sind Abhän­gig­keit von Gas, Spio­na­ge­netze, Ein­schüch­te­rung und Pro­pa­ganda, die darauf abzie­len, Europa zu zer­stö­ren, wie es ist. Jetzt hat Putin einen bru­ta­len Krieg gegen die Ukraine begon­nen – und seine Ziele gehen über die Ukraine hinaus. Heute wird über die Zukunft Europas ent­schie­den, und wir sind der festen Über­zeu­gung, dass die EU mit der Ukraine stärker sein wird.

Einige Länder kri­ti­sie­ren den "Fast-Track"-Ansatz. Gibt es einen solchen?

Wir fordern die EU nicht auf, ein spe­zi­el­les Schnell­ver­fah­ren für die Ukraine zu schaf­fen. Regeln machen die Euro­päi­sche Union stark und wir respek­tie­ren diesen Ansatz. Deshalb bitten wir um eine ehr­li­che Bewer­tung unseres Antrags, wie es das all­ge­meine Ver­fah­ren vor­sieht und um eine Ent­schei­dung auf der Grund­lage des Gut­ach­tens der Euro­päi­schen Kom­mis­sion im Juni. Wir sind zuver­sicht­lich, dass unser Reform­kurs der letzten acht Jahre sowie unser nach­weis­lich starkes Enga­ge­ment für demo­kra­ti­sche Werte ein guter Aus­gangs­punkt auf unserem Weg zur EU-Mit­glied­schaft sind. Uns ist klar, dass dies nicht von heute auf morgen gesche­hen wird. Es wird Zeit brau­chen und wir sind dafür bereit.

Wie lange dieser Prozess dauern wird, hängt von der ukrai­ni­schen Seite und unseren Mög­lich­kei­ten zur Durch­füh­rung von Refor­men ab. Aber im Moment ist es wichtig, eine klare recht­li­che Ver­pflich­tung für die euro­päi­sche Zukunft der Ukraine durch den Kan­di­da­ten­sta­tus ein­zu­ge­hen. Die Ukraine hat zu viele Ver­spre­chen gehört. Jetzt fordern wir eine klare Entscheidung.

Was sagen Sie den­je­ni­gen, die behaup­ten, die Ukraine sei nicht bereit?

2014 unter­zeich­ne­ten die Ukraine und die EU das Asso­zi­ie­rungs­ab­kom­men – eines der ehr­gei­zigs­ten Abkom­men, das die EU jemals mit Dritt­län­dern geschlos­sen hat. Es umfasst rund 90 Prozent des wirt­schafts- und han­dels­be­zo­ge­nen Besitz­stands. Heute hat die Ukraine etwa 63 Prozent dieses Abkom­mens umge­setzt, das alle Lebens­be­rei­che des Landes abdeckt. Darüber hinaus hat die EU im Jahr 2021 nach einer umfas­sen­den Über­prü­fung der Ver­wirk­li­chung der Ziele des Asso­zi­ie­rungs­ab­kom­mens eine ins­ge­samt posi­tive Bewer­tung abge­ge­ben. Das bedeu­tet, dass ein großer Teil der ukrai­ni­schen Gesetz­ge­bung an die der EU ange­gli­chen ist.

Als Ergeb­nis unserer Refor­men erhiel­ten wir 2017 eine Visa­li­be­ra­li­sie­rung mit der EU. 2021 wurde ein Abkom­men über einen gemein­sa­men Luft­ver­kehrs­raum unter­zeich­net und 2022 wurde das ukrai­ni­sche Strom­netz voll­stän­dig mit dem kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Netz syn­chro­ni­siert. Dies ist nur ein Teil der Erfolgs­ge­schich­ten unserer Zusam­men­ar­beit. Es wurden eine Reihe von Struk­tur­re­for­men durch­ge­führt, vom Finanz­sek­tor bis zum Aufbau starker lokaler Gemein­schaf­ten (Dezen­tra­li­sie­rungs­pro­zess), eine selbst für Europa bei­spiel­lose digi­tale Trans­for­ma­tion und staat­li­che Trans­pa­renz. Die Ukraine hat sich ver­än­dert, wir haben starke und wider­stands­fä­hige Insti­tu­tio­nen. Das hat sich nach der rus­si­schen Inva­sion in vollem Umfang gezeigt.

Natür­lich gibt es noch viel zu tun, um ein voll­wer­ti­ges Mit­glied der EU zu werden. Der Kan­di­da­ten­sta­tus wird uns Klar­heit ver­schaf­fen und helfen, den Reform­pro­zess zu strukturieren.

Kri­ti­ker bemän­geln unzu­rei­chende Fort­schritte bei der Reform des Jus­tiz­we­sens und der Kor­rup­ti­ons­be­kämp­fung. Haben sie Recht?

Der Mythos, die Ukraine sei das kor­rup­teste Land, ist höchst irre­füh­rend. Seit 2014 wurde in der Ukraine viel für die Prä­ven­tion und den Abbau von Kor­rup­tion getan. Wir sind uns bewusst, dass dies eine Her­aus­for­de­rung für unser Land wie auch für alle anderen Länder ist. Das Wich­tigste ist, dass die ukrai­ni­schen Bürger und die aktive Zivil­ge­sell­schaft in dieser Frage wei­ter­hin Druck auf die Regie­rung ausüben werden. Daran kann es keinen Zweifel geben. Übri­gens hat die Ukraine laut dem Kor­rup­ti­ons­wahr­neh­mungs­in­dex von Trans­pa­rency Inter­na­tio­nal in etwa die gleiche Punkt­zahl wie andere Kandidatenländer.

Heut­zu­tage ist die Ukraine ein Vor­rei­ter bei der digi­ta­len Trans­for­ma­tion. Die breite Ein­füh­rung digi­ta­ler Lösun­gen hat dazu bei­getra­gen, die Kon­takte zwi­schen Bürgern und Beamten zu redu­zie­ren und damit auch die Mög­lich­kei­ten für Kor­rup­tion zu besei­ti­gen. Wir haben auch eine Reform des öffent­li­chen Auf­trags­we­sens durch­ge­führt, die es absolut trans­pa­rent gemacht hat.

Mit Unter­stüt­zung der EU hat die Ukraine eine Anti­kor­rup­ti­ons­ar­chi­tek­tur auf­ge­baut und spe­zi­elle Anti­kor­rup­ti­ons­be­hör­den ein­ge­rich­tet, wie die Natio­nale Agentur für Kor­rup­ti­ons­prä­ven­tion, das Natio­nale Anti­kor­rup­ti­ons­büro der Ukraine und das Hohe Anti­kor­rup­ti­ons­ge­richt, die sich auf große Kor­rup­ti­ons­fälle im Land konzentrieren.

Wichtig ist auch, dass die Ukraine im Jahr 2021 die not­wen­di­gen Geset­zes­ent­würfe ver­ab­schie­det hat, um das gesamte Jus­tiz­sys­tem neu zu gestal­ten, was auch von der EU unter­stützt wurde.

Gibt es genü­gend Unter­stüt­zung inner­halb der EU?

Was mich am meisten freut, ist, dass der ukrai­ni­sche Bei­tritts­an­trag von den meisten Euro­pä­ern unter­stützt wird, ins­be­son­dere von 61 Prozent der Deut­schen. Da die EU auf einer demo­kra­ti­schen Grund­lage auf­ge­baut ist, muss sicher­ge­stellt werden, dass die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen nicht hinter den For­de­run­gen der Bürger zurückbleiben.

Wir sehen die poli­ti­sche Unter­stüt­zung vieler EU-Länder und wir wissen dies zu schät­zen. Es gibt nur einige Länder, die zögern. Wir spre­chen mit ihnen und ich hoffe sehr, dass unsere Freunde die rich­tige Ent­schei­dung treffen werden. Für uns ist es wichtig, dass unser Dialog mit der EU auf einem leis­tungs­ori­en­tier­ten Ansatz beruht und nicht auf irgend­wel­chen Mythen oder Beden­ken. Bei meinen zahl­rei­chen Gesprä­chen mit füh­ren­den Ver­tre­tern der EU oder mit Exper­ten habe ich keine ein­deu­ti­gen Argu­mente gegen die Zuer­ken­nung des Kan­di­da­ten­sta­tus für die Ukraine gehört.

91 Prozent der Ukrai­ner unter­stüt­zen den EU-Bei­tritt. Und die man­gelnde Bereit­schaft der EU, "Ja" zur Ukraine zu sagen (trotz der Opfer, Ver­pflich­tun­gen und Reform­erfolge der ukrai­ni­schen Nation), wird von den Ukrai­nern als "Nein" emp­fun­den werden. Das wird ver­hee­rende Aus­wir­kun­gen auf eine Nation haben, die derzeit um ihre euro­päi­sche Zukunft kämpft.

Wie sehen die nächs­ten Schritte nach der Ver­lei­hung des Kan­di­da­ten­sta­tus aus?

Vor­ran­gig geht es für uns darum, den Krieg zu gewin­nen und das Land wieder auf­zu­bauen. Derzeit arbei­tet die Ukraine gemein­sam mit der Euro­päi­schen Union an Plänen für den künf­ti­gen Wie­der­auf­bau des Landes. Die Idee ist, dass die inter­na­tio­na­len Inves­ti­tio­nen dazu genutzt werden, die Ukraine auf eine künf­tige Mit­glied­schaft vor­zu­be­rei­ten. Daher wird dieser Prozess sowohl Infra­struk­tur­pro­jekte als auch Refor­men umfas­sen. Ein wich­ti­ges Thema für die Ukraine ist heute bei­spiels­weise die Ver­bin­dung der ukrai­ni­schen und euro­päi­schen Eisen­bah­nen. Die Ukraine plant den schritt­wei­sen Bau einer euro­päi­schen Eisenbahnstrecke.

Der ganze Prozess wird von unserer schritt­wei­sen Inte­gra­tion in den Bin­nen­markt der Euro­päi­schen Union beglei­tet. Weiter ist geplant, dem Abkom­men über das gemein­same Ver­sand­ver­fah­ren bei­zu­tre­ten, das zur Beschleu­ni­gung des Waren­ver­kehrs bei­tra­gen wird, dem EU-Roaming-Raum bei­zu­tre­ten, den ein­heit­li­chen Zah­lungs­ver­kehrs­raum in der euro­päi­schen Währung SEPA zu nutzen und weitere, inte­grie­rende Schritte zu gehen.

Der EU-Erwei­te­rungs­pro­zess ist ins Stocken geraten. Sie haben sich mit einigen füh­ren­den Ver­tre­tern der west­li­chen Bal­kan­staa­ten getrof­fen. Was sagen die zu ihnen?

Vor einer Woche war ich zu Besuch in der Slo­wa­kei, wo ich mit dem Pre­mier­mi­nis­ter von Nord­ma­ze­do­nien, Dimitar Kovačev­ski, zusam­men­ge­trof­fen bin. Skopje ver­steht und unter­stützt uns, ins­be­son­dere unseren Wunsch, den Prozess der Inte­gra­tion in die EU ein­zu­lei­ten. Es stimmt, dass der Erwei­te­rungs­pro­zess, der eines der stärks­ten Soft-Power-Instru­mente der EU ist, ins Stocken geraten ist. Aber ich bin über­zeugt, dass der Bei­tritt der Ukraine diesem Prozess neuen Schwung ver­lei­hen wird. Wir betrach­ten die west­li­chen Bal­kan­staa­ten als unsere Partner und Ver­bün­de­ten auf dem Weg zum EU-Beitritt.

Der Gastbeitrag erschien am 14.06.2022 auf der Website von Ukraine Verstehen, Externer Link: https://ukraineverstehen.de/stefanishyna-heute-wird-ueber-die-zukunft-europas-entschieden/. Wir danken der Redaktion von Ukraine Verstehen für die Erlaubnis zum Nachdruck.

Fussnoten

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Olha Stefanischyna ist seit 2020 stellvertretende Premierministerin für europäische und euro-atlantische Integration der Ukraine. Zuvor hat sie sowohl in der Abteilung für internationales Recht als auch für die Abteilung für europäische Integration im ukrainischen Justizministerium gearbeitet. Von 2017 bis 2019 war sie Direktorin, bzw. Generaldirektorin, des Regierungsbüros für die Koordinierung der europäischen und euro-atlantischen Integration im Sekretariat des Ministerkabinetts der Ukraine.