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Dokumentation: Ansprache des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, im Deutschen Bundestag | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Dokumentation: Ansprache des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, im Deutschen Bundestag Ukraine-Analyse Nr. 265

/ 7 Minuten zu lesen

Am 17. März 2022 forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Live-Übertragung im Deutschen Bundestag die Bundesregierung dazu auf, die Ukraine stärker zu unterstützen.

Mitglieder des Deutschen Bundestages applaudieren dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach seiner live übertragenen Rede am 17.03.2022. (© picture-alliance, Markus Schreiber)

Hinweis

Abschrift der Rede des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, am 17.03.2022 im Deutschen Bundestag.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende Göring-Eckardt,

sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

liebe Gäste, Anwesende, Journalistinnen und Journalisten,

sehr geehrtes deutsches Volk!

Ich wende mich an Sie nach drei Wochen der groß angelegten Invasion der russischen Truppen in die Ukraine. Nach acht Jahren des Krieges im Osten meines Landes, im Donbass.

Ich wende mich an Sie, während Russland unsere Städte bombardiert und dabei alles zerstört, was in der Ukraine existiert. Alles. Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen. Alles. Mit Raketen, Fliegerbomben, Raketenartillerie.

In diesen drei Wochen sind sehr viele Ukrainer gestorben, Tausende. Die Besatzer haben 108 Kinder getötet. Mitten in Europa, bei uns, im Jahre 2022.

Ich wende mich an Sie nach zahlreichen Treffen, Verhandlungen, Erklärungen und Bitten, nach Schritten zur Unterstützung, welche… [Pause] zum Teil verspätet kamen. Nach Sanktionen, die offensichtlich nicht ausreichen, um diesen Krieg zu stoppen. Und nachdem wir gesehen haben, wie viele Verbindungen Ihre Unternehmen weiterhin mit Russland unterhalten – mit einem Staat, welcher Sie und noch manche anderen Staaten einfach benutzt, um den Krieg zu finanzieren.

In den drei Wochen des Krieges um unser Leben, um unsere Freiheit, konnten wir uns von dem überzeugen, was wir bereits früher spürten und was Sie sicherlich bislang noch nicht alle bemerken.

Aber Sie scheinen sich wieder hinter einer Mauer zu befinden. Ja, es ist nicht die Berliner Mauer, aber eine Mauer mitten in Europa, zwischen Freiheit und Unfreiheit. Und diese Mauer wird immer stärker, mit jeder Bombe, die auf unseren Boden, auf die Ukraine, fällt. Mit jeder Entscheidung, die nicht getroffen wird für den Frieden. Die nicht getroffen wird, obwohl sie helfen könnte.

Wann ist dies geschehen?

Sehr geehrte Politikerinnen und Politiker,

sehr geehrtes deutsches Volk!

Wie ist das möglich? Als wir Ihnen sagten, dass die Nord Stream-Leitungen Waffen sind und der Vorbereitung auf einen großen Krieg dienen, hörten wir die Antwort: "Es geht hier aber um die Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft". Doch das war der Zement für eine neue Mauer.

Als wir Sie fragten, was die Ukraine tun muss, um NATO-Mitglied zu werden, in Sicherheit zu sein, Sicherheitsgarantien zu erhalten, hörten wir die Antwort: "Eine derartige Entscheidung liegt bislang nicht auf dem Tisch und es wird sie in nächster Zeit auch nicht geben." Und es gibt auch keinen Platz für uns an diesem Tisch.

Genauso zögern Sie nun bei der Frage nach dem Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union. Offen gesagt: Für manche ist es Politik. Doch in Wahrheit sind es Steine. Steine für eine neue Mauer.

Als wir um präventive Sanktionen baten, wandten wir uns an Europa, wandten wir uns an viele Staaten, wandten wir uns an Sie. Sanktionen, die so ausgestaltet sind, dass der Aggressor spürt, dass Sie eine Kraft darstellen. Und wir sahen ein Hinauszögern. Wir verspürten einen Widerstand. Wir haben verstanden, dass Sie die "Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft" fortführen wollen.

Derzeit sind die Handelsbeziehungen zwischen Ihnen und dem Staat, welcher erneut einen brutalen Krieg nach Europa brachte, der Stacheldraht über der Mauer. Über der neuen Mauer, die Europa spaltet.

Und Sie sehen nicht, was sich hinter dieser Mauer befindet. Doch sie steht zwischen uns, zwischen den Menschen in Europa. Und dadurch verspüren nicht alle in vollem Maße, was gerade wir heute durchleben.

Ich wende mich an Sie im Namen aller Ukrainer. Sie sprachen gerade von Mariupol. Also wende ich mich an Sie im Namen der Bewohner von Mariupol, im Namen der friedlichen Bewohner der Stadt, welche die russischen Truppen eingekesselt haben und einfach dem Erdboden gleich machen. Einfach alles vernichten, was sich dort befindet. Alles und alle, die sich dort befinden. Hunderttausende Menschen befinden sich rund um die Uhr unter Beschuss. Ohne Nahrung, den ganzen Tag ohne Wasser, den ganzen Tag ohne Strom, den ganzen Tag ohne Telekommunikation. Wochenlang.

Die russischen Truppen unterscheiden nicht, wo Zivilpersonen sind und wo Soldaten sind, wo zivile Objekte sind. Sie halten alles für eine Zielscheibe.

Das Theater, in dem Hunderte Menschen Zuflucht fanden und das gestern zerstört wurde, eine Geburtsklinik, ein Kinderkrankenhaus, Wohnviertel ohne jegliche militärische Objekte – sie zerstören alles. Rund um die Uhr. Und sie lassen keine einzige humanitäre Lieferung in unsere blockierte Stadt durch. Seit fünf Tagen stellen die russischen Truppen den Beschuss nicht ein, absichtlich, um die Rettung unserer Menschen nicht zuzulassen.

Sie könnten all das sehen, wenn Sie sich über diese Mauer erheben würden.

Wenn Sie sich daran erinnern, was für Sie die Berliner Luftbrücke bedeutete, die umgesetzt werden konnte, weil der Himmel sicher war. Sie wurden nicht vom Himmel aus getötet, so wie es jetzt in unserem Land geschieht, wo wir nicht einmal eine Luftbrücke umsetzen können! Wenn vom Himmel nur russische Raketen und Fliegerbomben kommen.

Ich wende mich an Sie im Namen der älteren Ukrainer, der vielen, die den Zweiten Weltkrieg überlebt haben, die sich während der Besatzung vor 80 Jahren retten konnten. Derjenigen, die Babyn Jar überlebt haben.

Babyn Jar, wohin Präsident Steinmeier im vergangenen Jahr reiste. Ich war ihm sehr dankbar. Er kam zum 80. Jahrestag der Tragödie. Dort schlugen nun russische Raketen ein. Gerade an diesem Ort. Sie töteten eine Familie, die auf dem Weg nach Babyn Jar war, um das Denkmal zu besuchen. Sie töteten erneut – nach 80 Jahren.

Ich wende mich an Sie im Namen aller, die hörten, wie Politiker jedes Jahr beteuern: "Nie wieder!" Und die gesehen haben, dass diese Worte nichts wert sind. Denn erneut versucht man in Europa, ein ganzes Volk zu vernichten. Alles zu vernichten, dank dem wir leben. Und wofür wir leben.

Ich wende mich an Sie im Namen unserer Soldaten, derjenigen, die unser Land verteidigen, und dementsprechend auch die Werte, von denen häufig gesprochen wird – überall in Europa, auch bei Ihnen.

Freiheit und Gleichheit. Die Möglichkeit, frei zu leben. Ohne sich einem fremden Staat zu unterwerfen, welcher fremden Boden für seinen eigenen "Lebensraum" hält. Warum verteidigen sie all das ohne Ihre Führungsstärke? Ohne Ihre Kraft? Warum stellte sich heraus, dass Staaten in Übersee uns näher sind als Sie?

Weil es eine Mauer gibt. Eine Mauer, die manche nicht bemerken. Doch es ist eine Mauer, gegen die wir rennen. Während wir kämpfen, um unser Volk zu erhalten.

Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrtes deutsches Volk!

Mein Dank gilt allen, die uns unterstützen. Ich danke Ihnen. Den einfachen Deutschen, die von ganzem Herzen Ukrainern in Ihrem Land helfen. Journalistinnen und Journalisten, die ehrlich ihre Arbeit verrichten und all das Böse zeigen, das Russland über uns gebracht hat. Ich danke denjenigen deutschen Unternehmen, die Moral und Menschlichkeit über die Buchhaltung stellten. Über die "Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft".

Und ich danke den Politikern, die sich dennoch bemühen. Die sich bemühen, diese Mauer zu durchbrechen. Die sich zwischen russischem Geld und dem Tod ukrainischer Kinder für das Leben entscheiden. Die eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland unterstützen. Eine Verschärfung, die uns Frieden garantierten könnte. Frieden für die Ukraine. Frieden für Europa. Die nicht zögern bei der Frage, ob Russland aus SWIFT ausgeschlossen werden soll.

Die wissen, dass ein Handelsembargo gegen Russland nötig ist. Gegen die Einfuhr von dort von allem, was diesen Krieg finanziert. Die wissen, dass die Ukraine Teil der EU sein wird. Denn die Ukraine ist bereits europäischer als viele andere.

Ich danke allen, die sich über jegliche Mauern erheben. Und denjenigen, die wissen, dass auf den Stärkeren auch mehr Verantwortung lastet, wenn es um die Rettung von Menschen geht.

Es ist schwer für uns, ohne die Hilfe der Welt zu bestehen. Ohne Ihre Hilfe. Es ist schwer, die Ukraine zu verteidigen, Europa zu verteidigen. Ohne das, was Sie tun können. Was Sie tun können, um nicht auch nach diesem Krieg beschämt zurückzublicken … Nachdem Charkiw zerstört wurde. Zum zweiten Mal, nach 80 Jahren. Nachdem Tschernihiw, Sumy und der Donbass zerbombt wurden. Zum zweiten Mal, nach 80 Jahren. Nachdem Tausende von Menschen gefoltert und getötet wurden. Zum zweiten Mal, nach 80 Jahren. Denn was bedeutet sonst die historische Verantwortung für das, was vor 80 Jahren geschah, was bis heute gegenüber dem ukrainischen Volk nicht gesühnt wurde?

Und jetzt, damit keine neue entsteht – hinter einer neuen Mauer – und die wieder gesühnt werden müsste.

Ich wende mich an Sie und erinnere daran, was nötig ist und ohne was Europa nicht überleben und seine Werte nicht bewahren kann.

Der ehemalige Schauspieler und Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Ronald Reagan, sagte einmal in Berlin: "Tear down this wall!" ["Reißen Sie diese Mauer nieder!"]

Nun möchte ich Ihnen sagen:

Herr Bundeskanzler Scholz! Reißen Sie diese Mauer nieder!

Geben Sie Deutschland die Führung, die es verdient, und auf die Ihre Nachfahren nur stolz sein können.

Unterstützen Sie uns.

Unterstützen Sie den Frieden.

Unterstützen Sie jeden Ukrainer.

Stoppen Sie den Krieg!

Helfen Sie uns, ihn zu stoppen!

Slawa Ukrajini! [Es lebe die Ukraine!]

Quelle: Website des Deutschen Bundestags, 17.03.2022, Externer Link: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw11-de-selenskyj-rede-deutsch-884872.

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