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Kommentar: Das Vertrauen und die Hoffnung auf einen Aufbruch schwinden | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Das Vertrauen und die Hoffnung auf einen Aufbruch schwinden

Dr. Eduard Klein Von Eduard Klein

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Nach dem Amtsantritt von Selenskyj war die Hälfte der Bevölkerung hoffnungsvoll, dass die Ukraine sich in eine gute Richtung entwickeln werde. Nach zwei Jahren hat sich die Stimmung gedreht - was ist passiert?

Das Reformtempo im Land hat deutlich nachgelassen, der Einfluss der Oligarchie ist immer noch ungebrochen: alles Gründe für die Unzufriedenheit der Ukrainer und Ukrainerinnen (© picture-alliance, Sergii Kharchenko)

52 Prozent – und damit so viele Menschen wie nie zuvor – meinten nach dem Amtsantritt von Wolodymyr Selenskyj im Sommer 2019, dass ihr Land sich nach dem spektakulären Wahlsieg des politischen Quereinsteigers endlich in die richtige Richtung entwickele. Hingegen befanden historisch niedrige 22 Prozent der Ukrainer:innen, das Land bewege sich in die falsche Richtung.

Heute, keine zwei Jahre später, hat sich das Verhältnis praktisch umgekehrt: Im April waren nur noch 22 Prozent überzeugt, dass die Ukraine sich auf dem richtigen Weg befinde. 68 Prozent hingegen waren der Auffassung, es gehe erneut in die falsche Richtung. Was ist passiert, dass die Ukrainer:innen das Vertrauen in Selenskyjs Kurs so dramatisch verloren haben?

Klar ist: Daran hat nicht nur Selenskyj Schuld, denn die übersteigerten Erwartungen, dass Selenskyj allein, weil er ein politischer Newcomer war – ohne politische Erfahrungen und Netzwerke im komplexen, intransparenten Politikbetrieb der Ukraine – es besser machen würde als seine Vorgänger, muss sich die Bevölkerung selbst ankreiden. Nur weil es dem Schauspieler Selenskyj in der populären TV-Serie "Diener des Volkes" gelang, als sympathischer und unerschrockener Lehrer, der zufällig zum Präsidenten wird, die Oligarchen mit seiner Chuzpe zu zähmen, bedeutete das noch nicht, dass dies auch dem "echten" Präsidenten Selenskyj gelingen würde. Die diffusen und viel zu hohen Erwartungen waren naiv.

Aber es gibt durchaus triftige Gründe für Vertrauensverlust, die Selenskyj zu verschulden hat. So hat das Reformtempo deutlich nachgelassen: Premierminister Andrij Bohdan peitschte in der Anfangszeit Selenskyjs mit seinem nicht unumstrittenen, aber ambitionierten "Turbomodus"-Regime zahlreiche Reformen voran. Das lässt sich z. B. gut ablesen am Index of Monitoring Reforms, der das Reformtempo erfasst: Nach Selenskyjs Amtsantritt und den vorgezogenen Parlamentswahlen erreichte der Index im vierten Quartal 2019 den Höchststand seit Anfang 2016 – auch Selenskyjs Popularität war damals noch auf dem Höhepunkt. Seit im März 2020 Denys Schmyhal als Premier übernahm, nimmt das Reformtempo kontinuierlich ab; der Wert des Reform-Indikators hat sich bis zum ersten Quartal 2021 nahezu halbiert. Sicher, die Coronavirus-Pandemie verlangt große Anstrengungen, viel Zeit und Ressourcen. Aber viele Rückschritte, wie z. B. der Angriff des Verfassungsgerichts auf die mühsam aufgebaute Antikorruptionsinfrastruktur, lassen sich damit nicht erklären – und tragen ihren Teil zum Vertrauensverlust in der Bevölkerung bei.

Ein weiterer Punkt ist der ungebrochene Einfluss der Oligarchie: Auch wenn Selenskyj jüngst ankündigte, dass die Entmachtung des pro-russischen Oligarchen Medwedtschuks nur der Anfang gewesen sei und jüngst eine Gesetz zur De-Oligarchisierung vorlegte: Selenskyj hat es nicht vermocht, deren Einfluss signifikant zu reduzieren. Die Oligarchen spielen weiterhin eine zentrale Rolle in Medien und Politik und blockieren Reformen. Zudem lässt das bisherige Vorgehen, das sich vor allem gegen Poroschenko und Medwedtschuk richtet, darauf schließen, dass unter dem Deckmantel der De-Oligarchisierung vor allem politische Gegner ausgeschaltet werden sollen – während andere Oligarchen nicht behelligt werden.

Hinzu kommt, dass Selenskyj seit Amtsantritt bei seinen beiden zentralen Wahlkampfthemen – dem Krieg im Donas und dem Kampf gegen die Korruption – trotz kleinerer Fortschritte kaum nennenswerte Erfolge vorweisen kann.

Selenskyj ist angesichts der immensen innenpolitischen Herausforderungen und des zunehmenden internationalen Drucks (jüngst die russischen Militärübungen nahe der ukrainischen Grenze, Unzufriedenheit mit dem stockenden Reformprozess bei den internationalen Partnern und Geldgebern der Ukraine) mehr denn je auf Erfolge angewiesen. Die angekündigte Entmachtung der Oligarchen wäre vermutlich solch ein Erfolg, der das Ruder herumreißen könnte.

Nach zwei Jahren im Amt schwindet Selenskyjs Rückhalt jedoch, was seine Position schwächt und es zunehmend schwieriger macht, seine proklamierten Ziele zu erreichen. Das Vertrauen der Gesellschaft in die Politik wird das "Experiment" Selenskyj, mit dem große Hoffnungen auf einen Neustart der ukrainischen Politik verbunden waren, so nicht gerade stärken.

Fussnoten

Dr. Eduard Klein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen und Redakteur der Ukraine-Analysen.