Zusammenfassung
Dieser Artikel untersucht das Misstrauen in den Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) und beschreibt Gründe für das geringe öffentliche Vertrauen in ihn. Er macht deutlich, dass der Eindruck, der SBU sei korrupt und käme formal oder informell als Instrument zur Durchsetzung der Interessen der politischen und wirtschaftlichen Elite in der Ukraine zum Einsatz, auf das Erbe dieser Organisation zurückgeht, die zu Sowjetzeiten Teil des KGB war. Es wird gezeigt, wie sich das Ausmaß des Vertrauens in den SBU mit dessen Rolle im Rahmen wichtiger politischer Ereignisse und Skandale verändert und dass der Vertrauensmangel in höherem Maße systemischer Natur ist, als es auf den ersten Blick scheint.
Einleitung
Seit dem Euromaidan hat der Sicherheitsdienst der Ukraine sich um die Umsetzung zahlreicher Reformen bemüht. Diese Reformen waren sowohl auf westliche Ideale und Demokratisierungsbestrebungen der Ukraine als auch auf interne organisatorische Mängel bei der Bekämpfung der Separatisten im Donbas seit den Aufständen 2014 ausgerichtet. Außerdem ist der SBU selbst mit dem Erbe interner Kämpfe um systemische Korruption und Machtmissbrauch in Regierungssystem und Sicherheitsapparat (SA) der Ukraine beschäftigt. Zwischen diesen internen Auseinandersetzungen und den angestrebten Reformen besteht ein Konflikt, der verantwortlich ist für die fehlgeschlagenen Versuche, nach den Ereignissen des Maidans den Machtmissbrauch innerhalb des SBU zu beenden. Dabei gilt es allerdings festzuhalten, dass zahlreiche aktuelle und ehemalige SBU-Mitarbeiter sich mit diesem Zustand nicht zufriedengeben und die Benennung dieser organisatorischer Mängel befürworten. Allein das ist ein hoffnungsvolles Zeichen für eine Lösung des Problems von Korruption und Machtmissbrauch innerhalb des SBU.
Dieser Aufsatz analysiert mehrere Umfragen zu Vertrauen in Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen in der Ukraine während der Zeit um die Orange Revolution (2004) und um den Euromaidan (2014). Zur Untersuchung des SBU interviewte der Autor 25 Experten, darunter aktuelle und ehemalige Mitarbeiter des SBU, Wissenschaftler, die sich mit dem SBU beschäftigen, ukrainische Journalisten und Politiker. Durch ergänzende Daten, die für ein anderes Projekt zur Erforschung der institutionellen Entwicklung des SBU erhoben wurden, lässt sich erklären, warum der SBU sein Ansehen in der ukrainischen Bevölkerung trotz zahlreicher Reformen seit den 2000er Jahren nicht verbessern konnte. Dazu zählen qualitative und quantitative Analysen aus Archivrecherchen sowie eine Inhaltsanalyse von über 4.000 Medienberichten aus den Jahren 1991 bis 2018. Abschließend werden einige Vorschläge für systemische Reformen diskutiert, die den SBU befähigen könnten, seine zentralen Aufgaben besser auszuführen – und Vertrauen zu gewinnen.
Ursprünge des Misstrauens gegenüber dem SBU
In den turbulenten 1990er Jahren etablierten sich informelle Strukturen in der Organisationskultur des SBU (wie in den meisten politischen Organisationen der Ukraine). Diese Praktiken erwiesen sich als widerständig gegenüber formalen Reformen – rechtliche Schlupflöcher wurden ausgenutzt und Wege gefunden, um politischen Veränderungen ausweichen und Praktiken zur Bekämpfung der Korruption in der Ukraine umgehen zu können. Dazu zählte die Praxis des reiderstwo (Überfälle, bei denen Unternehmer mithilfe schwerer Waffen ihrer Eigentümer beraubt werden) sowie informelle Praktiken von einfacher Bestechung bis hin zu aufwendigen Verschleierungen illegaler Aktivitäten und Mord. Diese Praxis fiel zusammen mit der Entstehung der kryscha: "Dächer" informeller Organisationen von Kriminellen und Oligarchen, die Schutzgeld erpressten und illegale Dienste anboten, wie die Entsendung von Schlägertrupps, die mit Gewalt Lösungen erzwangen. Trotz der Entstehung dieser lukrativen informellen Praktiken schwankte die Zahl der SBU-Mitarbeiter in der Mitte der 1990er Jahre stark (siehe Grafik 1 auf S. 18) und konnte sich erst nach einer Reihe von Skandalen in den frühen 2000er Jahren erholen und stabilisieren.
Die Erneuerung der Personalsituation beim SBU in der zweiten Amtszeit von Präsident Kutschma lag begründet in der Sorge der Präsidialadministration um die Loyalität des SBU-Personals nach dem Gongadze-Mord und der Veröffentlichung der Melnytschenko-Tonbandaufnahmen (Externer Link: http://documents.worldbank.org/curated/en/982501468760201780/Investigating-corruption-in-Ukraine-a-case-study-of-Internetjournalist-Georgy-Gongadze). Die Einstellung neuer Mitarbeiter verringerte den Einfluss jener SBU-Offiziere, die als illoyal gegenüber Kutschma und seinen politischen Verbündeten galten – Andersdenkende in der Organisation wurden übertönt und neue konforme Mitarbeiter eingestellt. Die Administration reagierte auf solche Skandale also, indem sie hochrangige Offiziere austauschte, anstatt sich mit relevanten systemischen Faktoren zu befassen, etwa dem Fehlen einer internen Aufsichtsstelle zur Selbstkontrolle von SBU und Innenministerium (MWS).
Dass der Gongadze-Skandal nie komplett aufgearbeitet und abgeschlossen wurde, schadete dem Ansehen des SBU in der Kutschma-Ära, obwohl SBU-Chef Derkatsch und Innenminister Krawtschenko entlassen wurden. Die Skandale selbst stärkten die Opposition gegen Kutschma in der Rada, an anderen Stellen im Land kam es erneut zu Protesten und Kampfansagen gegen die Administration. Eine Reihe von Protesten von Oppositionsparteien – insbesondere der Ukrainischen Nationalversammlung – Ukrainische Nationale Selbstverteidigung (UNA-UNSO) und der Sozialistischen Partei der Ukraine – führte zur Entstehung der politischen Bewegung Ukraine ohne Kutschma . Es kam zu Zusammenstößen der Bewegung mit dem Innenministerium, bei denen der SBU Demonstranten festnahm. Anschließend zögerten die (von der Generalstaatsanwaltschaft beauftragten) Staatsanwälte die für die Klageerhebung nötigen Beweisaufnahmen hinaus, während die SBU-Abteilung zum Schutz von Beteiligten an Strafverfahren von ihrem Recht Gebrauch machte, Beschuldigte oder Zeugen "zu deren eigenem Schutz" zu verhaften und in Gewahrsam zu halten. Der über Formalitäten begründete Verzicht auf die Durchführung eines ordentlichen Prozesses wirkt bis heute nach und haftet etwa Versuchen zur Konfliktlösung mit den Separatisten im Donbas an, indem er zeigt, dass die ukrainischen Behörden durchaus geneigt sind, ihre Macht zu missbrauchen, um falsche Geständnisse zu erpressen oder Personen zu bestrafen, die nicht bereit sind, mit ihnen zu kooperieren.
Belege für das Misstrauen gegenüber dem SBU
2002 begannen die Stiftung Demokratische Initiativen und das Zentrum für Soziale und Politische Studien, Umfragen zu veröffentlichen, bei denen mehr als 1.200 repräsentativ ausgewählte Personen in sämtlichen Regionen der Ukraine befragt worden waren. Der Vergleich dieser Daten zeigt das veränderte Maß des Vertrauens der Öffentlichkeit zwischen 2002 und 2004 und ab 2005. Grafik 1 und 2 auf S. 16 zeigen das Vertrauen in jede einzelne Institution. In den Grafiken 3 und 4 auf S. 17 wurden Gesamtwerte für verschiedene Arten von Institutionen generiert, unter denen die einzelnen Organisationen zusammengefasst sind. Diese Werte weisen das allgemeine Vertrauen in Nichtregierungsorganisationen, in Regierungsorganisationen (ohne die Organisationen des Sicherheitsapparats), in die für die Sicherheit der Ukraine zuständigen Institutionen und in die Medien aus. Die Kirche und die Gewerkschaften zählen als Nichtregierungsorganisationen. Zu den Regierungsorganisationen gehören Gerichte, lokale Verwaltungen, die Werchowna Rada, der Präsident und das Ministerkabinett. Die Sicherheitsbehörden sind Generalstaatsanwaltschaft, Armee, SBU, Polizei und in den späteren Jahren auch das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU).
Grafik 1 enthält Daten über das Vertrauen der Öffentlichkeit im Jahr 2002. Diese zeigen, dass 44 Prozent der Bevölkerung Kutschma im Großen und Ganzen vertrauten. Polizei und Ministerkabinett sprachen jeweils etwa 38 Prozent der Befragten ihr Vertrauen aus. Dem SBU wurde deutlich weniger vertraut – nur etwas unter 20 Prozent gaben an, dieser Organisation zumindest in gewissem Maße zu vertrauen. Grafik 2 zeigt anhand von Daten aus dem Jahr 2004, dass durch die Ereignisse nach den Skandalen um Gongadze und Krawtschenko sehr viel Vertrauen verloren gegangen ist. Der SBU gewann bei der Öffentlichkeit an Vertrauen und erreichte einen Wert von 23 Prozent, während Kutschma viel öffentliches Vertrauen verlor – seine Werte sanken von 44 auf nur noch etwas über zehn Prozent im Juli 2004. Das Vertrauen in Ministerkabinett und Polizei sank ebenfalls stark, von je 38 auf 9,5 bzw. 13,7 Prozent. Der SBU handhabte die genannten Skandale gut – sein Vorgehen und seine Äußerungen in der Kontroverse bewirkten eine leichte Steigerung des Vertrauens in die gesamte Behörde. Den Sicherheitsapparat als Ganzes beschädigten die Skandale dagegen, wie der Vergleich ihrer in Grafik 3 ausgewiesenen Vertrauenswerte zeigt. Diese Vertrauenswerte bilden den Beginn der Veränderung des Verhältnisses des SBU zur Gesellschaft im Allgemeinen ab. Er agiert zwar nach wie vor als politisierter Sicherheitsdienst, seine politische Ausrichtung scheint jedoch stärker auf konkurrierende Elitenverbände, Oligarchen und die Organisierte Kriminalität ausgerichtet als auf den Erhalt der Kontrolle über die Öffentlichkeit. Diese Aufgabe übernehmen zunehmend das Innenministerium und lokale Polizei.
Die Sonderstellung des SBU, der als einzige Organisation des ukrainischen Sicherheitsapparates direkt dem Büro des Präsidenten unterstellt ist und vom Parlament nur in sehr geringem Maße kontrolliert werden kann, macht ihn zu einem unverzichtbaren Instrument der politischen Kontrolle. Direkt nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2004 kritisierte Juschtschenko die SBU-Praxis der verdeckten Beobachtung des politischen und wirtschaftlichen Umfelds noch scharf. Erst als er Schwierigkeiten hatte, mit den von ihm erwünschten Methoden zum Erfolg zu kommen, erachtete Juschtschenko diese Methode als sinnvoll für die Überwachung der politischen Landschaft der Ukraine. Bis heute ist es deshalb unter politischen Persönlichkeiten, Aktivisten und Geschäftsleuten nicht unüblich, sich zur Besprechung potenziell sensibler Informationen nicht in den eigenen Büros zu treffen, sondern stattdessen alternative Orte aufzusuchen.
Petro Poroschenko griff bei seinen Bemühungen, eine Antikorruptionsreform innerhalb des Sicherheitsapparats durchzuführen, zunächst auf Methoden aus der Juschtschenko-Ära zurück: Der Apparat wurde durch eine Aussortierung des mit der vorangegangenen Administration loyalen Personals gesäubert. Das 2015 gegründete unabhängige Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) sollte die Korruption in den hohen Rängen ins Visier nehmen und schien dabei anfänglich einige Erfolge zu erzielen. Die Eingliederung des verhältnismäßig kleinen NABU in die Struktur des ukrainischen Sicherheitsapparats war jedoch nicht ideal – das NABU verfügt über insgesamt knapp 700 Mitarbeiter, im SBU arbeiten dagegen 31.000 und im Innenministerium 151.000 Mitarbeiter.
In der frühen Reformperiode nach dem Maidan leitete Poroschenko Maßnahmen ein, um SBU und Sicherheitsapparat von korrupten Beamten der vorherigen Administration zu säubern. Anders als unter den vorangegangenen Administrationen gab es zu dieser Zeit allerdings einen eskalierenden Konflikt im Donbas und die Autonome Republik Krim stand nun unter russischer Kontrolle. Das beschränkte die "Optionen zur personellen Veränderung des SBU, denn wir mussten die Separatisten bekämpfen … Er [Poroschenko] arbeitete mit dem Westen zusammen und gründete das NABU, aber er konnte nicht alle korrupten SBUler entlassen" (Interview mit einem Beamten). Zu dieser Zeit stagnierte die Entwicklung des SBU. Die Eingliederung des NABU hinderte das SBU-Direktorium an der Ausführung seiner Hauptaufgabe – der Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Korruption –, indem etliche Direktoriumsmitglieder 2014/2015 ins NABU versetzt wurden (Interview mit einem politischen Amtsträger). Die fehlende Glaubwürdigkeit von Poroschenkos Reformen bei der Öffentlichkeit wurde in dieser Zeit immer wieder deutlich und der SBU "konzentrierte sich in erster Linie auf Terrorismus und terroristische Bedrohungen durch kriminelle Gruppen und oppositionelle Oligarchen" (Interview mit einer Person aus der Politik). So wird die andauernde Politisierung des SBU durch die Administration möglich, die diesen funktionalisiert, um ihre Ziele durch die selektive Anwendung ihrer Befugnisse zu erreichen.
Grafik 4 (S. 17) zeigt das öffentliche Vertrauen in verschiedene Arten von Regierungsorganisationen im Jahr 2014, bevor Poroschenko ins Präsidentenamt gewählt wurde. Das Vertrauen in Regierungs- und Sicherheitsapparat liegt zu diesem Zeitpunkt bei jeweils etwa 50 Prozent. Im Dezember 2018, nach vier Jahren Amtszeit Poroschenkos, belegt eine andere Umfrage einen drastischen Verlust an öffentlichem Vertrauen: Das Vertrauen in Regierungsinstitutionen in Poroschenkos Amtszeit ist auf neun Prozent gefallen; das Vertrauen in die Sicherheitsinstitutionen auf 37 Prozent. Dies lag vor allem an den informellen Praktiken der Korruption, denn, so erklärte ein Beamter in einem Interview:
"das Volk weiß, dass viele Amtsträger in SBU und beim Innenministerium den Interessen von Oligarchen zuarbeiten, und der Präsident ist selbst ein Oligarch". Der Widerstand gegen Reformen ist nicht der einzige Grund für die fest verankerten korrupten Strukturen im SBU, denn "solche Reformen brauchen Zeit, um umgesetzt zu werden … und bis zu dem Moment, an dem diese Reformen offiziell in Kraft treten, haben die korrupten Beamten schon Wege gefunden, um sie zu umgehen und ihre Geschäfte weiterzuführen" (Interview mit einem Politikexperten). Im Zuge der Gründung des NABU hat das SBU nicht nur viele seiner Aufgaben im Bereich Korruptionsbekämpfung verloren, sondern auch viel öffentliches Vertrauen. Grafik 5 (S. 18) zeigt das Maß an Vertrauen, das 2018 in die jeweiligen Sicherheitsorgane gesetzt wurde: Dem NABU wird mit 72 Prozent am meisten Vertrauen entgegengebracht, der Armee mit 53 Prozent zwar deutlich weniger, aber wesentlich mehr als dem SBU und der Polizei, denen rund 25 Prozent vertrauten. In der Gründung des NABU zeigt sich das Bedürfnis der ukrainischen Öffentlichkeit nach einem Ende der Korruption. SBU und Innenministerium wird dagegen nicht zugetraut, ihre Aufgaben ohne Skandale ausführen zu können, so dass das Vertrauen in diese Institutionen niedrig ist.
Fazit
Für die Entwicklung der Demokratie ist die Entstehung öffentlichen Vertrauens in die Sicherheitsdienste von zentraler Bedeutung. Im Fall der Ukraine verhinderten das Erbe des KGB sowie das Chaos und die Korruption, die in den 1990er Jahren um sich griffen, dass ein derartiges Vertrauen entstehen konnte. Das SBU und die anderen ukrainischen Sicherheitsorganisationen galten vielmehr als Instrumente zur Kontrolle der Macht von mächtigen Eliten wie Oligarchen und politischen Akteuren mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität. Ein großer Teil der SBU-Aktivitäten in den 1990er und 2000er Jahren rechtfertigte dieses Bild und führte zu einem andauernden Misstrauen gegenüber dem SBU. Gleichzeitig äußerten die meisten Interviewpartner die Beobachtung, dass es innerhalb des SBU viele Einzelpersonen gebe, die die Lebensqualität und die Sicherheit der ukrainischen Bürger verbessern wollen. Angesichts der hierarchischen Top-down-Struktur des SBU sei es für diese Personen jedoch schwer, darauf hinzuwirken. Hier wird ein systemisches Problem innerhalb der SBU-Struktur sichtbar, das verhindert, dass einzelne Personen aktiv werden, wenn sie Zeugen von Machtmissbrauch und Korruption werden. Außerdem gibt es Befürchtungen, dass Teile des SBU Verbindungen zu ausländischen – namentlich russischen – Geheimdiensten unterhalten, was mit Blick auf den Konflikt im Donbas und die Annexion der Krim das Misstrauen gegenüber dem SBU zusätzlich verstärkt.
Die Methode der verdeckten Überwachung, die beim SBU weiterhin Anwendung findet, ist in den systemischen Strukturen des ukrainischen Sicherheitsapparats, im politischen System und in den formalen und informellen Wirtschaftsstrukturen derzeit fest verankert. Dass verdeckte Überwachung stattfinden kann, schmälert das Vertrauen in der ukrainischen Gesellschaft. Viele Menschen begleitet, während sie ihrem Alltag nachgehen, bewusst oder unbewusst die Vorstellung, ihre Handlungen würden durch den SBU beobachtet. Außerdem besteht der Eindruck, der SBU diene den Interessen der Politik, und der SBU komme vor allem zum Einsatz, um die Sicherheit der Eliten zu schützen – und nicht die Bevölkerung. Deshalb liegen die Vertrauenswerte des SBU in der Bevölkerung lediglich bei 25 Prozent.
effizienteste Schritt, um das öffentliche Vertrauen in den SBU zu steigern, wäre die Errichtung von Abteilungen zur Selbstkontrolle innerhalb der eigenen SBU-Struktur. Eine solche "Abteilung für innere Angelegenheiten" sollte die Tätigkeiten des SBU-Personals sämtlicher Bereiche überwachen und damit – zumindest vordergründig – eine Atmosphäre schaffen, in der illegale Aktivitäten ans Licht kommen und geahndet werden. Diese Lösung stößt an ihre Grenzen, da sie das Potenzial für interne Korruption in sich trägt. Nötig sind also auch Alternativen, um die Entstehung von öffentlichem Vertrauen zu ermöglichen. Die einzige wirkliche Lösung für das gesunkene Vertrauen in den SBU wäre es, Oligarchen und Politiker, die in Korruption verwickelt sind, effektiv zu verfolgen – und nicht nur diejenigen, die gegen die derzeitige politische Führung opponieren. Ob der SBU jemals versuchen wird, mehr Vertrauen bei der ukrainischen Gesellschaft zu gewinnen, bleibt abzuwarten. Beginnt er mit der Untersuchung und Bestrafung illegaler Aktivitäten nicht bei seinem eigenen Personal, wird das in ihn gesetzte öffentliche Vertrauen wohl gering bleiben.
Übersetzung aus dem Englischen von Sophie Hellgardt
Hinweis
Für diese Untersuchung wurden sechs aktuelle Angehörige des ukrainischen Sicherheitsdiensts interviewt (drei arbeiteten für den SBU, zwei für das Innenministerium, einer bei den Ukrainischen Streitkräften), drei ehemalige Angehörige des SBU, sieben politische Amtsträger (drei von ihnen gewählt, vier ernannt), sieben auf den ukrainischen Sicherheitsapparat spezialisierte Wissenschaftler und drei Journalisten, die sich regelmäßig mit dem SBU befassen. Die Interviews dauerten zwischen 45 Minuten und zwei Stunden und fanden als persönliche Treffen statt. Zu ihrer eigenen Sicherheit bleiben alle Interviewpartner anonym. Thematisiert wurden die SBU-Reformen, die Politisierung des SBU unter verschiedenen Präsidenten und Verbindungen des SBU zu informellen Praxen. Das Thema Korruption kam in allen Interviews zur Sprache, bis auf einen Interviewten betrachteten sämtliche Gesprächspartner Korruption als große Schwachstelle des SBU wie auch des gesamten politischen Systems der Ukraine.
Lesetipps
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Marten, Kimberly. 2015. "The Security Costs and Benefits of Non-State Militias: The Example of Eastern Ukraine.” PonarsEuarasia – Policy Memos. Externer Link: http://www.ponarseurasia.org/memo/security-costs-andbenefits-non-state-militias-example-eastern-ukraine (June 3, 2017).
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Shabunin, V., Shcherban, O. 2020. "The reform of the SBU: neither here nor there”. Externer Link: https://antac.org.ua/en/news/the-reform-of-the-sbu-neither-here-nor-there/.