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Kommentar: Die Lokalwahlen 2020 und ihre Bedeutung für Dezentralisierung und Konfliktlösung in der Ukraine | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. 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Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Kommentar: Die Lokalwahlen 2020 und ihre Bedeutung für Dezentralisierung und Konfliktlösung in der Ukraine

Maryna Rabinovych Oleksandra Deineko

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Die Lokalwahlen von 2020 - die ersten seit der Dezentralisierung - galten als Lackmustest für die Regierung und Präsident Selenskyj. Wie wirkten sich die Lokalwahlen auf die Dezentralisierung und die Lösung des Donbass-Konflikts aus?

Kiew am 25. Oktober 2020: Ein Mann füllt im Rahmen der von Präsident Selenskyj gestarteten Umfrage einen Fragebogen aus. In der Umfrage geht es unter anderem um die Zukunft der Region Donbas. (© picture-alliance, Photoshot )

Die Lokalwahlen von 2020, die am 25. Oktober in der Ukraine stattfanden, galten als Zerreißprobe für die Regierung und vor allem das Team um Präsident Selenskyj. Neben dem Umstand, dass die Regierung zeigen musste, dass sie inmitten der Pandemie sichere Wahlen organisieren konnte, hat dies zwei Gründe. Zum einen waren die Wahlen die ersten Lokalwahlen, nachdem eine ambitionierte Dezentralisierung fast vollständig umgesetzt worden war, die den Transfer zahlreicher neuer Kompetenzen und finanzieller Ressourcen an die Amalgamierten Territorialgemeinden (ATGs) mit sich gebracht hatte. Zum anderen bestand bis einen Monat vor den Wahlen noch die Hoffnung, diese auch in den derzeit nicht unter ukrainischer Kontrolle stehenden Territorien der Ostukraine abhalten zu können. Wegen des Stillstands bei den internationalen Friedensgesprächen im Rahmen des Minsker Prozesses erfüllte sich diese Hoffnung nicht.

Wie wirkten sich die Lokalwahlen auf die Dezentralisierung und die Lösung des Donbass-Konflikts aus? Die große öffentliche Aufmerksamkeit, die ihnen zuteil wurde, und die Größenordnungen der Wahlkampagnen zeigen, dass die Dezentralisierung unumkehrbar ist; der Fokus verschiebt sich vom Zentrum auf die Lokalpolitik. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass erweiterte Kompetenzen lokaler Behörden die Lokalpolitik stärken und zur Konfliktlösung beitragen. In der Ukraine könnten einige Besonderheiten bewirken, dass hier eine gegenläufige Tendenz stattfindet.

Idealerweise bewirkt Dezentralisierung eher eine Machtumverteilung als eine Schwächung der Zentralmacht. Eine solche Schwächung findet in der Ukraine derzeit allerdings offensichtlich statt. Laut den Ergebnissen von Befragungen am Wahltag wurde keiner der von der Pro-Präsidenten-Partei Diener des Volkes vorgeschlagenen Kandidaten zum Bürgermeister gewählt. Stattdessen behalten die amtierenden Bürgermeister der großen Städte Kyjiw, Odessa, Dnipro, Charkiw und Lwiw ihre Ämter wohl, während diese Großstädte in den Medien immer öfter als "Königreiche" oder "Pfründe" der Bürgermeister bezeichnet werden. Besonders deutlich wurde die wachsende Bereitschaft der Bürgermeister zur Opposition gegen die Zentralregierung bisher an deren Umgang mit der Corona-Pandemie: Viele Bürgermeister – auch kleinerer Städte wie Tscherkasy oder Poltawa – widersetzten sich mit Zustimmung ihrer Wählerschaft geltenden Quarantäne-Vorschriften, wobei keiner dieser Fälle vor Gericht kam. In vielen Oblasten bekamen die Parteien der amtierenden Bürgermeister – etwa die Ukrainische Demokratische Allianz für Reformen UDAR , angeführt von Kyjiws Bürgermeister Witalij Klitschko, oder der Kernes-Block Erfolgreiches Charkiw , angeführt von Charkiws Bürgermeister Hennadiy Kernes  – außerdem auf Oblast- und lokaler Ebene mehr Stimmen als landesweit vertretene Parteien. Diese regionale Polarisierung von politischen Präferenzen verstärkt das Konfliktpotential zwischen Zentrum und Peripherie. Bedrohlich ist dabei der starke Zulauf, den prorussische Parteien erhalten, denn er könnte zu einer Wiederbelebung separatistischer und revanchistischer Bewegungen in der Südostukraine führen. So erhielt beispielsweise die Partei Oppositionsplattform Für das Leben in Mariupol 30,69 Prozent, in Odesa 22,38 Prozent und in Charkiw 16,99 Prozent der Wählerstimmen. Die ebenfalls im Aufstieg begriffene Partei von Anatoliy Schariy bekam in Odesa, Charkiw und Mykolajiw jeweils sechs bis sieben Prozent der Stimmen. Solche Bewegungen lassen sich nicht ausschließlich mit der vielfach geäußerten Desillusionierung in Bezug auf die Pro-Maidan-Bewegung und mit prorussischen Gefühlen begründen.

Entscheidend ist dabei auch der Entwurf für den Staatshaushalt 2021 vom 14. September. Durch das Zusammentreffen von Corona-Krise und wirtschaftlichem Abschwung unter wesentlich erschwerten Bedingungen zustande gekommen, enthält er keine Subventionen zur Unterstützung der sozioökonomischen Entwicklung in den ATGs (nach den coronabedingten Veränderungen waren dafür 1,7 Milliarden UAH für 2020 eingeplant). Auch für die Infrastruktur in den ATGs sind keine Subventionen eingeplant (ursprünglich waren für 2020 rund 2,1 Milliarden UAH vorgesehen, wegen der Corona-Maßnahmen wurden sie komplett gestrichen). Der Haushaltsentwurf für 2021 sieht zwar andere Subventionen vor (etwa für Bildung, Maßnahmen gegen Covid-19 und kommunale Gesundheitseinrichtungen), die für die sozioökonomische und infrastrukturelle Entwicklung fehlenden Subventionen werden in den ATGs allerdings als Schwächung der Dezentralisierungsgrundlage wahrgenommen. In Bezug auf die zur Verfügung stehenden Subventionen haben die ATGs auf unklare Mechanismen für deren Verteilung hingewiesen – und damit ein weiteres Mal ein Konfliktpotential zwischen ATGs untereinander sowie zwischen verschiedenen Regierungsebenen aufgezeigt (ATGs, Oblasten und Zentrum).

Diese Punkte könnten den Eindruck erwecken, die Lokalwahlen 2020 hätten sich ausschließlich negativ auf die Konfliktlösung ausgewirkt. Zumindest drei Faktoren geben jedoch auch für vorsichtigen Optimismus Anlass. Erstens: Politische Polarisierung gilt gemeinhin als Auslöser für politische Konflikte. Im Fall der Lokalwahlen 2020 zeigen die Führungspositionen, die unterschiedliche politische Parteien in verschiedenen Teilen der Ukraine einnehmen, jedoch eher, dass die Wahlen tatsächlich frei sind und dass sich das Zentrum nicht in die Lokalpolitik einmischt. Dies ist zweifellos ein wichtiges Signal an die Bevölkerung der nicht unter ukrainischer Kontrolle stehenden Gebiete, das ihr Vertrauen in die Zentralregierung stärken und ihre Haltung in Bezug auf eine Wiedereingliederung in die Ukraine verändern könnte. Zweitens zeigt ein Blick auf die von Selenskyj initiierte Volksbefragung mit zwei direkt auf den Donbas bezogene Fragen, dass die Lösung des Konflikts in der Ostukraine von entscheidender Bedeutung für den Präsidentendiskurs ist. Außerdem zeigen die Ergebnisse der Befragung, dass die Schaffung einer Sonderwirtschaftszone im Donbass – wie auch immer deren territoriale Ausmaße und rechtliche Konstruktion aussähen – bei der Bevölkerung in den von der Ukraine kontrollierten Landesteilen höchst umstritten ist. Wirtschaftliche (Wieder-)Eingliederung wird langfristig jedoch mehr bringen als die regelmäßig vor dem Stillstand stehenden und hochgradig politisierten Friedensgespräche. Und letzten Endes könnte der Ukraine das Budapester Memorandum über Sicherheitsgarantien von 1994, auf das die Selenskyj-Befragung hinweist, als vergessene Sicherheitsgarantie der Ukraine in politischen und Sicherheitsfragen zum Vorteil gereichen.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Lokalwahlen 2020 zur Konsolidierung der neuen Realität der Dezentralisierung beigetragen haben und in Bezug auf den Konflikt zwei Trends verdeutlichen: Polarisierung und Konfliktpotential wachsen angesichts der Corona-Herausforderung stark an, die Regierung sucht in dieser Lage allerdings auch nach neuen Wegen, um den Stillstand bei den Minsker Gesprächen zu überwinden und den Donbas wieder zu integrieren.

Übersetzung aus dem Englischen von Sophie Hellgardt

Dieser Text entstand mit Unterstützung des Norwegischen Forschungsrats im Rahmen des Projekts Accommodating Regional Diversity in Ukraine (ARDU) der Oslo Metropolitan University. Weitere Informationen über das Projekt finden sich hier:Externer Link: https://uni.oslomet.no/ardu/ .

Lesetipps / Bibliographie

Fussnoten

Dr. Maryna Rabinovych ist Lehrbeauftragte im Bereich Public Policy and Governance der Kyiv School of Economics (KSE). Sie hat einen PhD in Legal Studies und einen Master of Laws in European and European Legal Studies der Universität Hamburg. Zu ihren Forschungsinteressen gehören die EU-Außenbeziehungen und ihre rechtliche Regulierung, die Nachbarschaftspolitik der EU, die EU-Ukraine-Beziehungen sowie die aktuellen politischen und rechtlichen Entwicklungen in der Ukraine (mit Fokus auf Dezentralisierung und regionaler Diversität).

Oleksandra Deineko ist Lehrbeauftragte für Soziologie an der Nationalen W.-N.-Karasin-Universität Charkiw. Sie promovierte in Soziologie (kandidat nauk ) an der Nationalen W.-N.-Karasin-Universität Charkiw und hat einen Master of Laws von der Nationalen Jaroslaw-Mudryi-Universität. Außerdem ist sie Vorstandsmitglied und Co-Vorsitzende der Nachwuchsabteilung der Soziologischen Gesellschaft der Ukraine. Zu ihren Forschungsinteressen zählen postsozialistische Transformationen, soziokulturelle Erfahrungen im Zusammenhang der Reformen, Dezentralisierung, Grenzstudien, soziale Kohäsion, der Komplex Risiko, Jugend und Werte und die Rechtssoziologie.