Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Analyse: Relevant und resilient? Die ukrainische Zivilgesellschaft in der Krise | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Verhältnis zur belarusischen Opposition (28.11.2024) Analyse: Kyjiws strategische Distanz zur belarusischen Opposition dekoder: "Die Belarussen müssen verstehen, dass unsere Zukunft von uns selbst abhängt" Umfragen: Meinung in der Ukraine zu Belarus’ Kriegsbeteiligung Umfragen: Unterstützung in Belarus von Russlands Krieg gegen die Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Energieversorgung / Grüne Transformation (09.10.2024) Analyse: (Wie) Lässt sich die Energiekrise in der Ukraine abwenden? Analyse: Eine stärkere Integration des Stromnetzes in die EU kann der Ukraine helfen, die nächsten Winter zu überstehen Statistik: Stromimporte aus EU-Staaten Analyse: Resilienz wieder aufbauen: Die Rolle des ukrainischen Klimabüros bei der grünen Transformation Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik EU-Beitrittsprozess (29.07.2024) Analyse: Die Ukraine und die EU: Erweiterungspolitik ohne Alternative? Analyse: Wie schnell bewegt sich die Ukraine auf die EU zu, in welchen Bereichen gibt es große Fortschritte und in welchen nicht? Statistik: Stand der Ukraine im EU-Beitrittsprozess Umfragen: Öffentliche Meinung in der Ukraine und in ausgewählten EU-Ländern zum EU-Beitritt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Relevant und resilient? Die ukrainische Zivilgesellschaft in der Krise

Susann Worschech

/ 12 Minuten zu lesen

Betroffene kulturelle Sektoren und Einschränkungen im öffentlichen Leben sind alles Herausforderungen für die Zivilgesellschaft in der Ukraine, die durch die Covid-19-Pandemie hervorgerufen wurden.

Auswirkungen der Covid-19-Pandemie: Menschenleere Eingangshalle im Hauptbahnhof in Kiew. (© picture alliance / Pacific Press | Aleksandr Gusev)

Zusammenfassung

Die ukrainische Zivilgesellschaft ist nach dem Maidan vernetzter, pluralistischer und dezentralisierter geworden. Da sie auf öffentliche Sichtbarkeit und gesellschaftliche Interaktion angewiesen ist, aber das öffentliche Leben im Zuge der Coronavirus-Pandemie in der Ukraine stark eingeschränkt wurde, stellt die aktuelle Situation eine besondere Herausforderung für die Zivilgesellschaft des Landes dar. Besonders betroffen sind der kulturelle Sektor sowie soziale und kleinere, lokale Initiativen, deren Arbeit und Engagement durch die Restriktion stark eingeschränkt sind und die vor wirtschaftlichen Problemen stehen. Die folgende Analyse wirft einen Blick darauf, wie die Coronavirus-Pandemie sich auf die aktive Zivilgesellschaft in der Ukraine auswirkt – und wie diese mit den Folgen der Pandemiebekämpfung umgeht.

Einleitung

Seit dem 12. März gilt in der Ukraine eine weitreichende Quarantäneregelung. Wie in zahlreichen anderen Ländern Europas sind Bildungseinrichtungen geschlossen und es bestehen strenge Kontaktsperren, welche auch den Aufenthalt auf öffentlichen Plätzen auf ein Minimum reduzierten. Seit dem 12. Mai wurden einige Lockerungen der Einschränkungen eingeführt. So dürfen mittlerweile öffentliche Parks und Grünanlagen, Museen und Bibliotheken wieder betreten werden, und Kioske sowie Gartenrestaurants öffneten. Doch weiterhin sind Treffen von mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit verboten, und Menschen, die über 60 Jahre alt sind, müssen in häuslicher Selbstisolation bleiben. Was für das gesellschaftliche Leben allgemein belastend ist, stellt sich für die Zivilgesellschaft als besondere Herausforderung dar. Zivilgesellschaft ist auf öffentliche Sichtbarkeit, gesellschaftliche Resonanz und vielfältige Interaktionen angewiesen – insbesondere in jenen postsozialistischen Gesellschaften, in denen sich ein aktives Bürgertum erst seit gut drei Jahrzehnten entfalten konnte. Es stellt sich daher die Frage, welche Bedeutung der Corona-Krise für die ukrainische Zivilgesellschaft zukommt. Wo und wie sind deren Akteure besonders betroffen? Kann es gelingen, das vielfältige zivilgesellschaftliche Handeln, das sich insbesondere seit dem Euromaidan herausgebildet hat, aufrecht zu erhalten? Wie kann die ukrainische Zivilgesellschaft die Krise überstehen? Um die Auswirkungen der Pandemie auf die ukrainische Zivilgesellschaft zu verstehen, ist es notwendig, zu fragen, worin ihre spezifischen Schwächen bzw. Verletzlichkeiten bestehen, die von den Maßnahmen betroffen sein könnten. Auf der Basis einer solchen Vulnerabilitäts-Analyse kann dann eine Betrachtung aus der Perspektive der Resilienz erfolgen: Was braucht es, um die (potenziell gefährdeten) Kernelemente zivilgesellschaftlichen Handeln aufrecht zu erhalten? Worin begründet sich zivilgesellschaftliche Resilienz in der Ukraine angesichts der Pandemie?

Strukturen der ukrainischen Zivilgesellschaft

Die ukrainische Zivilgesellschaft gilt als eine der aktivsten, am stärksten dynamischen Zivilgesellschaften im postsowjetischen Raum. Sie blickt auf eine lange Geschichte des zivilen Aktivismus zurück, denn schon zu Sowjetzeiten gab es in der Ukraine eine starke Dissident*innen-Szene, vergleichsweise hohen zivilen Ungehorsam und auch Proteste – man denke an die Streiks der Bergarbeiter im Donbas Ende der 1980er Jahre. Überproportional viele politische Häftlinge in der SU stammten aus der Ukrainischen SSR. Damit zeigt sich eine besondere Stärke der ukrainischen Zivilgesellschaft im Protest – was zugleich ihre größte Schwäche offenbart, denn der starken Protest-Zivilgesellschaft steht eine eher schwache Beteiligungs-Zivilgesellschaft gegenüber. Den vielen Initiativen, NGOs und sonstigen Vereinigungen ist es bisher kaum gelungen, sich nachhaltig und systematisch in politische Entscheidungsstrukturen einzubringen. Den Charakter der ukrainischen Zivilgesellschaft kann man mit der Formel "Strong moments, weak movements" beschreiben: Aus allen bisherigen ausdauernden, mutigen und breiten Protestwellen ist keine langfristige Bewegung entstanden, gründete sich keine demokratische und in der protestierenden Bevölkerung verankerte Partei wie in anderen postsozialistischen Ländern nach 1989. Die Stärke der Straße und dank der vielen Think Tanks auch kritischen Analyse hat sich nicht hinreichend ins Politische übersetzt. Der politische Raum war und ist von der Zivilgesellschaft mehr oder weniger entkoppelt. Dies änderten auch die unzähligen Programme externer Förderer zur Stärkung der Zivilgesellschaft nicht grundlegend – wenngleich es vor allem dieser Förderung zu verdanken ist, dass Organisationen und Initiativen mit einer gewissen Kontinuität arbeiten können und zivilgesellschaftliche Akteure selbst untereinander ausgesprochen gut vernetzt sind.

Durch die Revolution der Würde 2013/14 sind zudem zahlreiche lokale Initiativen und informelle Bündnisse von aktiven Bürger*innen entstanden, die der ukrainischen Zivilgesellschaft eine neue Qualität verliehen. Dass zivilgesellschaftliche Akteure in der Ukraine heute als relevante gemeinschaftsbildende Netzwerke und auch als treibende Kraft der Modernisierung und Europäisierung der Ukraine betrachtet werden können, geht in großem Maße auf die Organisation und den Zusammenhalt auf dem Maidan zurück.

Zugleich haben sich zahlreiche Initiativen gebildet, welche die desolate Armee und Freiwilligenverbände, die im Osten der Ukraine in Kämpfe gegen die von Russland unterstützten Paramilitärs eingesetzt waren, mit medizinischem Material, Schutzkleidung, Lebensmitteln und Ausrüstung sowie Spendengeldern unterstützten. Auch in diesen Gruppen entwickelte sich ein in dieser Stärke bislang unbekanntes Muster der Selbstorganisation und Verantwortungsübernahme. Die meisten dieser Initiativen lösten sich im Jahr 2016 wieder auf, als der ukrainische Staat die Verteidigungsaufgaben nach und nach wieder selbst übernehmen konnte. Über die Nachhaltigkeit dieser Gruppen gibt es bislang nur Hypothesen, die von lokalem Empowerment bis hin zur Militarisierung und gestiegenem Patriotismus reichen. Verlässliche Studien hierzu wären dringend nötig.

Schließlich hat sich die kulturorientierte Zivilgesellschaft in der Ukraine seither stark gewandelt. Zahlreiche Künstler*innen, Kurator*innengruppen, Initiativen und Organisationen aus dem Bereich Kunst und Kultur waren in den Maidan-Protesten aktiv und haben sich hier oder durch den Krieg im Donbas und die Annexion der Krim weiterhin politisiert. Seither sind Kunst und Kultur politischer, offener und kritischer geworden. Die freie Kunstszene hat im Gegensatz zum offiziellen, staatlichen Kultursektor an Bedeutung gewonnen und gilt als progressiver Schrittmacher der Gesellschaft. Insbesondere Kunst und Kultur aus und in der Ostukraine erlangten stärkere Aufmerksamkeit als je zuvor; zudem ist das Themenspektrum in der Kunst breiter geworden.

Strukturell ist die ukrainische Zivilgesellschaft also in den letzten Jahren vernetzter, pluralistischer und dezentralisierter geworden. Die neu entstandenen Netzwerke von Aktivist*innen sind wichtig in der Krise, aber zugleich fragil. Die Gefahr, dass insbesondere informelle Bündnisse auseinanderfallen und sich erneut eine Hierarchie der etablierten NGOs einstellt, wie dies vor 2014 der Fall war, ist hoch. Auch Initiativen und Organisationen jenseits der urbanen Zentren könnten gefährdet sein, wenn hier der Austausch schwieriger wird und zugleich Zeit- und materielle Ressourcen durch die Krise knapper werden und somit bürgerschaftliches Engagement erschweren. Ein weiteres Problem ist es, Resonanz herzustellen, wenn politische Strukturen keine systematische Integration der Zivilgesellschaft vorsehen, öffentliche Aktivitäten aber zumindest in gewohnten Formen unmöglich sind.

Wandel des Aktivitätenprofils in der Krise?

Grundsätzlich bedeutet die Kontaktsperre für alle zivilgesellschaftlichen Aktivitäten einen großen Einschnitt. Zwar könnte es für NGOs, die in größeren Städten angesiedelt sind und die bereits stark digitalisiert und gut vernetzt arbeiten, vergleichsweise leichter sein, Treffen von Aktivist*innen oder das Erarbeiten von Positionen kontaktlos abzuhalten. Für soziale Organisationen, Wohlfahrts-NGOs und kleinere, lokale Initiativen könnte die Arbeit aufgrund der Kontaktbeschränkungen hingegen deutlich schwieriger werden. Und ähnlich wie in Deutschland sind jene Teile der kulturorientierten Zivilgesellschaft – Kulturorganisationen, Galerien, Künstler*innen – mit fehlenden Resonanzräumen sowie wirtschaftlichen Problemen konfrontiert.

Diese potenziellen Hürden für zivilgesellschaftliches Handeln in der Corona-Krise lassen sich derzeit empirisch noch nicht valide beschreiben. In einer Umfrage der Ilko Kucheriv Democratic Initiatives Foundation (DIF) , eines sozialwissenschaftlichen Think Tanks aus Kiew, gaben nur etwa 50 Prozent der befragten NGO-Vertreter*innen an, dass die Corona-Krise einen Einfluss auf zivilgesellschaftliches Handeln hätte. Das Niveau zivilgesellschaftlicher Aktivitäten sei durchschnittlich, und auch die Effektivität und Relevanz der Zivilgesellschaft in der Krise erschien aus Sicht der Befragten noch unklar (siehe Grafik 1–3 auf S. 6–8).

In einer weniger empirisch basierten, sondern systematischen Betrachtung, stellt sich daher die Frage, welche konkreten Aktivitäten und Strukturen der Zivilgesellschaft durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auf welche Weise betroffen sind. Die Aktivitäten zivilgesellschaftlicher Akteure lassen sich anhand theoretischer Überlegungen zu den Funktionen der Zivilgesellschaft in der Demokratie betrachten. Hier gilt, dass Zivilgesellschaft erstens als Korrektiv formal-politischen und institutionellen Handelns relevant ist, weil Entscheidungen hinterfragt und kritisiert, bürgerliche Freiheitsrechte und Interessen geschützt und Machtstrukturen transparenter gemacht werden. Hierfür ist vor allem Öffentlichkeit im Sinne breit zugänglicher Diskurse sowie das Sichtbarwerden im öffentlichen Raum relevant – Proteste, Straßenkunst, Präsenz in der Öffentlichkeit und in Medien sind Orte dieses zivilgesellschaftlichen Handelns. Aber auch Netzwerke der Aktivist*innen und Organisationen untereinander sowie zu politischen Akteuren und Institutionen sind zentral, um Forderungen und Expert*innenwissen einbringen zu können und politische wie gesellschaftliche Resonanz zu erzeugen.

Zweitens ist die Funktion der Gemeinschaftsbildung zentral für zivilgesellschaftliches Handeln. Die Formierung politischen Willens und kollektiver Interessen, deren (demokratische) Verhandlung und gemeinwohlorientierte Umsetzung sind grundlegende Pfeiler für den Aufbau von generalisiertem Vertrauen und Sozialkapital. In dieser Perspektive wird Zivilgesellschaft auch als ‚Schule der Demokratie‘ bezeichnet.

Wie stark zivilgesellschaftliche Organisationen von den Corona-Maßnahmen betroffen und in ihren Aktivitäten eingeschränkt werden, hängt also durchaus davon ab, ob sie sich eher als Korrektiv der Politik oder als gemeinschaftsbildende Organisationen verstehen. Erste Beobachtungen aus der oben zitierten Umfrage deuten darauf hin, dass viele NGOs derzeit ihren Fokus verschoben haben und verstärkt in der Information und Aufklärung bezüglich der Pandemie aktiv sind. Die Befragten betonten aber, dass ukrainische NGOs vor allem in der Verteidigung von Bürgerrechten, in der Bereitstellung von Analysen und Reformvorschlägen aktiv werden sollten. Zugleich sprach sich nur eine Minderheit von ca. 20 Prozent der Befragten dafür aus, dass die Zivilgesellschaft aktiv konstruktive Kritik üben solle – in der Krise käme es darauf an, dass zivilgesellschaftliche Akteure und staatliche Institutionen gemeinsam und nicht ‚gegeneinander‘ handelten. In dieser widersprüchlichen Aussage, dass zivilgesellschaftliche Akteure zwar ihre Korrektiv-Funktion wahrnehmen, aber zugleich gemeinsam mit staatlichen Strukturen agieren sollten, zeigt sich die derzeitige Unsicherheit in der ukrainischen Zivilgesellschaft, wie sie sich angesichts der Krise positionieren sollte.

Sowohl die Korrektiv- als auch die Gemeinschaftsfunktion sind auf Öffentlichkeit und Interaktion angewiesen, um ihre Wirkung zu entfalten. Sofern sich diese Öffentlichkeit auf kontaktlose Formate übertragen lässt, können beide Funktionen aufrechterhalten oder sogar intensiviert werden: kritische Diskussionen in Videokonferenzen und Beiträge in Print-, Online- und anderen Medien würden die Korrektiv-Funktion erhalten; Gemeinschaftsaktionen wie Nachbarschaftshilfe und soziale Unterstützung könnten das Sozialkapital fördern. Wenn sich jedoch solche Resonanzräume für zivilgesellschaftliches Handeln nicht herstellen lassen, könnte dies zu einer deutlichen Schwächung der Zivilgesellschaft führen. Dies gilt insbesondere für die nach wie vor relativ entkoppelten Sphären von Politik und Zivilgesellschaft und betrifft damit vor allem die Korrektiv-Funktion.

Resilienz der Zivilgesellschaft?

Um nun die Resilienz der Zivilgesellschaft zu analysieren, sind zwei Schritte nötig. Der erste bezieht sich auf das Gegenstück zur Resilienz, nämlich die Frage nach der spezifischen Vulnerabilität. Wie ich in den vorangegangenen Abschnitten zeigen konnte, beziehen sich die vulnerablen Punkte auf die fragilen informellen Netzwerke, eine schwache Ressourcenbasis und fragliche gesellschaftliche wie politische Resonanz entsprechend der funktionalen Ausrichtung als Korrektiv oder Gemeinschaft.

Resilienz bezieht sich im sozialwissenschaftlichen Sinne auf drei Fähigkeiten sozialer Einheiten, unter Beibehaltung zentraler bzw. relevanter Funktionen auf Krisen zu reagieren. Erstens besteht Resilienz in der Fähigkeit, unmittelbar mit Schocks und disruptiven Ereignissen so umgehen zu können, dass die Kernfunktionen der sozialen Einheit nicht beeinträchtigt werden. Zweitens gilt es, sich vorausschauend auf das potenzielle Eintreten von Krisen und disruptiven Ereignissen einzustellen und Strukturen entsprechend anzupassen, sodass die Krise die jeweilige soziale Einheit nicht wirklich beeinträchtigen kann. Drittens geht es um das Transformationspotenzial von gesellschaftlichen Einheiten, welches auf bisherige Krisenerfahrungen aufbaut und in einem langfristigen sozialen Wandel nicht nur den Erhalt, sondern auch die Verbesserung sozialer Gegebenheiten zu erreichen versucht.

Die ukrainische Zivilgesellschaft hat in bisherigen Krisen eine erhebliche Resilienz der ersten Kategorie – des kurzfristigen Umgangs mit Krisen – gezeigt, indem weder langanhaltende Repression noch die aktive Bedrohung von Protesten zivilgesellschaftlichen Aktivismus vermindert hat. Aktuell scheinen die informellen und formellen Netzwerke vor allem unter den Organisationen selbst das zivilgesellschaftliche Engagement zu tragen. Die Kooperation mit politischen Akteuren und die Vernetzung in die Gesellschaft hinein ist aber weiterhin fragil und lückenhaft – und die bereits genannte Umfrage der DIF zeigt, dass NGO-Repräsentant*innen die Verantwortung hierfür vor allem in mangelndem Interesse und Transparenz auf staatlicher Seite sowie in der indifferenten bis desinteressierten Haltung der Bevölkerung sehen. Dies stellt ein problematisches Hindernis für den Aufbau neuer Netzwerke und Resonanzstrukturen dar. Zugleich wird aber unter den befragten Expert*innen die Notwendigkeit gesehen, jetzt zügig neue – digitale – Formate zu etablieren und zugleich die eigenen Aktivitäten den neuen Anfordernissen anzupassen. Dies ist zum Teil bereits geschehen, indem NGOs sich stärker für den Schutz vulnerabler sozialer Gruppen einsetzen, Informationen zur Pandemie bereitstellen und damit auch Falschinformationen bekämpfen.

Auch in der zweiten Perspektive, der Anpassung und Antizipation, war die ukrainische Gesellschaft bisher vergleichsweise erfolgreich, da einerseits Netzwerke die Akteure und Organisationen miteinander verbinden, und andererseits die bestehenden Modelle vor allem extern basierter Förderung eine wichtige Basis darstellen. Damit zeigt sich allerdings auch die schwächste Stelle, denn die Abhängigkeit von externer Finanzierung dürfte mittelfristig eher zu- als abnehmen. Wenn dann aufgrund der pandemiebedingten Wirtschaftskrise Fördermittel entfallen, fehlen der ukrainischen Zivilgesellschaft zentrale materielle Ressourcen, die durch individuelle Ressourcen – beispielsweise ehrenamtliche Mitarbeit – kaum kompensiert werden können. Die Ressourcenfrage ist also der kritischste Punkt in einer mittelfristigen Resilienz-Perspektive.

In der dritten, langfristig-transformatorischen Perspektive, müsste es der Zivilgesellschaft besser als bisher gelingen, die eigenen Ressourcen, Wissensbestände und Handlungsrepertoires systematisch an politische und gesellschaftliche Strukturen zu koppeln, um in beiden Bereichen stabile Resonanzräume zu etablieren. Dazu gehören Netzwerke, die unterschiedliche (digitale und präsenzbasierte) Formate einschließen und die zugleich materielle und Zeitressourcen bereitstellen können, indem beispielsweise ehrenamtliche Arbeit stärker integriert wird.

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Zivilgesellschaft in der Ukraine gegenüber politischen Schocks und Umbrüchen resilient ist, da sie den (durchaus disruptiven) sozialen Wandel in ihre Handlungserwartungen und -optionen integriert hat und aufgrund der engen Vernetzung der Aktivist*innen untereinander vielfältige Kommunikations- und Handlungsoptionen aufgebaut hat. Zugleich ist sie aber weniger resilient gegenüber dem potenziellen Wegfall externer Förderung, da es keine eigene Förderinfrastruktur gibt und die Zivilgesellschaft zu großen Teilen aus professionalisierten Organisationen, weniger aus ehrenamtlichem Engagement, besteht. Ebenfalls kritisch zu betrachten ist die Frage der Resonanz und damit der gesellschaftspolitischen Relevanz: Vor allem in der Korrektiv-Funktion droht ein Bedeutungsverlust der Zivilgesellschaft, wenn sie nicht auch in Krisenzeiten eine kritische Stimme gegenüber politischen Strukturen bleiben kann. Wie jedoch die DIF-Umfrage zeigt, sind zivilgesellschaftliche Akteure hier selbst unsicher und sehen sich eher in der Verantwortung, gemeinsam mit staatlichen Strukturen zu agieren.

Folgen für die ukrainische Zivilgesellschaft

Schätzungen zufolge könnte die Hälfte der ukrainischen Bevölkerung durch die Corona-Krise unter die Armutsgrenze rutschen. Was das bedeutet für ein Land, dessen Gesellschaft und auch Wirtschaft noch immer von einem andauernden Krieg geprägt sind, kann man sich kaum ausmalen. Die ukrainische Wirtschaft hat es nach Jahren der Rezession – bedingt durch die Krim-Annexion und den seit 2014 Krieg – gerade wieder geschafft, in den Wachstumsbereich zu kommen. Diese Erfolge sind nun zunichte gemacht, und es gibt kaum Reserven, um Übergangslösungen zu finanzieren und entstehende soziale Notlagen abzufedern.

Für die Zivilgesellschaft ist dies ein großes Problem. Ehrenamtliches Engagement benötigt zeitliche Ressourcen, die geringer werden, je stärker sich Menschen auf ihre Erwerbsarbeit fokussieren müssen. Insofern ist vor allem ein Einbruch zivilgesellschaftlicher Aktivitäten dort zu erwarten, wo gerade erst ehrenamtliche Arbeit zunahm – in lokalen Initiativen und Bündnissen, in ehrenamtlicher sozialer Arbeit etc.

Inwiefern sich die Strukturen auch in der professionalisierten Zivilgesellschaft ändern, hängt davon ab, ob sich externe Förderer aus Kostengründen zurückziehen oder aber ihre Förderung gleichbleibend aufrechterhalten können. Dennoch könnte eine Auswirkung auf den professionellen NGO-Sektor sein, dass die dort Beschäftigten sich entweder (auch angesichts inflationsbedingt höherer Preise) besser bezahlte Tätigkeiten suchen oder gleich auf ausländische Arbeitsmärkte abwandern.

Als eines der am deutlichsten pro-europäischen Länder in Europa muss die Ukraine weiterhin im Fokus europäischer Bemühungen der Förderung einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft stehen. Konkret bedeutet das, die künftige Förderung stärker an der Herstellung von Resilienz bezüglich der besonders gefährdeten Aspekte der Zivilgesellschaft auszurichten: Netzwerke, Resonanz und Ressourcen. Die Förderung sollte in ihrer quantitativen Dimension mindestens aufrechterhalten, in qualitativer Hinsicht aber angepasst werden: Zivilgesellschaftlichen Organisationen könnte mehr Eigenverantwortung zugestanden werden, wenn Mittel weniger projektspezifisch zugewiesen würden. Vernetzung und Austausch sowohl auf nationaler und internationaler Ebene könnten weiter gefördert werden, indem in alle Kooperationsprogramme eine starke Digitalisierungskomponente eingebaut wird. Und schließlich sollte der Aspekt lokalen Engagements stärker fokussiert werden, da Kommunen und lokale Netzwerke als Schlüssel gesellschaftlicher Resilienz gelten. Konkret bedeutet das, Kommunen auch hinsichtlich ihrer Außenbeziehungen und Städtepartnerschaften so zu unterstützen, dass der Austausch (auch digital) aufrechterhalten wird und transnationale Netzwerke resilienter Städte und Kommunen in Europa aufgebaut werden können.

Mitarbeit: Karoline Gil

Fussnoten

Dr. Susann Worschech ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Ihr Forschungsgebiet ist die Politische Soziologie Europas mit einem besonderen Fokus auf Zivilgesellschaft und sozialem Wandel in Mittel- und Osteuropa.. Zuletzt erschien von ihr "Deutsch-ukrainische Kulturbeziehungen: Veränderungen nach dem Euromaidan".