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Kommentar: Das Fehlen einer Strategie wird sich rächen | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Wie schnell bewegt sich die Ukraine auf die EU zu, in welchen Bereichen gibt es große Fortschritte und in welchen nicht? Statistik: Stand der Ukraine im EU-Beitrittsprozess Umfragen: Öffentliche Meinung in der Ukraine und in ausgewählten EU-Ländern zum EU-Beitritt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? 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Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. 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Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. 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Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? 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Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. 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Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Kommentar: Das Fehlen einer Strategie wird sich rächen

Susan Stewart

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Selenskyj übernahm zu einem Zeitpunkt, an dem sein Land in großen Schwierigkeiten steckte. Zahlreiche Reformprozesse waren ins Stocken geraten, der Minsker Prozess war zum Stillstand gekommen. Bald zeigte sich, dass Selenskyj stärker auf Personen als auf Institutionen setzt. Als Folge dessen herrscht im Regierungsapparat ein hoher Grad an politischer Unerfahrenheit.

Der damalige ukrainische Premierminister Oleksiy Honcharuk bei einer Pressekonferenz im März 2020. Honcharuk musste sein Amt recht schnell auf Bestreben des Präsidentenbüros wieder verlassen. (© picture-alliance, Photoshot)

Sicherlich hat Wolodymyr Selenskyj das Ruder zu einem Zeitpunkt übernommen, zu dem sein Land in großen Schwierigkeiten steckte. Zahlreiche der seit 2014 angelaufenen Reformprozesse waren ins Stocken geraten, und der Minsker Prozess, der die territoriale Integrität der Ukraine zumindest im Donbas wiederherstellen sollte, war zum Stillstand gekommen.

Bald zeigte sich, dass Selenskyj stärker auf Personen als auf Institutionen setzt, um diese Probleme anzugehen. Wie in seiner TV-Serie "Diener des Volkes" hievte er zahlreiche Personen in hohe Ämter, die er aus seinem früheren Leben kennt. Deswegen herrscht im Regierungsapparat ein hoher Grad an politischer Unerfahrenheit und dominieren persönliche Netzwerke über institutionelle Strukturen. Dies stellt zwar keine grundlegend neue Situation für die Ukraine dar. Dennoch hatten viele die Hoffnung mit Selenskyj verknüpft, dass er alte Gegebenheiten beseitigen und die Rolle existierender Seilschaften erheblich reduzieren würde.

Ein weiteres Phänomen, das in der ukrainischen Politik mehr als bekannt ist: Der Präsident verlangt schnelle Ergebnisse, statt auf eine langfristige Strategie zu setzen. Bei Selenskyj führt das unter anderem zu problematischen personellen Entscheidungen, zum Beispiel im Fall von Premierminister Olexij Hontscharuk, der auf Bestreben des Präsidentenbüros gehen musste, was den Rücktritt einiger reformorientierter Minister/innen nach sich zog. Es war zwar zu früh, um endgültige Schlussfolgerungen über die Leistungen seiner Regierung zu ziehen, aber viele seriöse Beobachter/innen im In- und Ausland attestierten ihr einen sinnvollen Ansatz, was die meisten Reformprozesse betrifft. Die Auswahl der neuen Minister/innen erfolgte hektisch und mündete zum Teil in eklatante Fehlbesetzungen, die nach einem Monat wieder aufgekündigt wurden. Der (gescheiterte) anschließende Versuch Selenskyjs, den in Politik und Bevölkerung umstrittenen ehemaligen georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili in die Regierung zu katapultieren, zeugt von einem chaotischen, unüberlegten Verhalten bei der Auswahl von Schlüsselfiguren.

In Bezug auf den Donbas gab es einige Anfangserfolge, wie den mehrfachen Austausch von Gefangenen, den Bau einer neuen Brücke beim Übergang in Stanyzja Luhanska oder die (kontroverse) Truppenentflechtung in drei Ortschaften. Es gab auch mehrere bilaterale Gespräche zwischen Selenskyj und Putin sowie ein Gipfeltreffen im Normandie-Format im Dezember 2019. Selenskyj und sein Team scheinen davon ausgegangen zu sein, dass diese Schritte sich steigern ließen. Ohne Änderung der russischen Haltung wird es allerdings unmöglich sein, substanziellere Fortschritte zu erreichen. Auch in Pandemie-Zeiten gibt es keine Anzeichen für eine Aufweichung der russischen Position. Und innerhalb der Ukraine werden weitere als Konzessionen wahrgenommene Handlungen auf erheblichen politischen und gesellschaftlichen Widerstand stoßen.

Statt konsequent auf eine Besserung der humanitären Lage zumindest in den von der Ukraine kontrollierten Territorien zu setzen, investieren Selenskyj und sein Team (vor allem sein Bürochef Andrij Jermak) viel Zeit und Energie in Verhandlungen und neue Vorschläge, obwohl kaum zu erwarten ist, dass die russische Seite ihnen entgegenkommt. Eine Strategie scheint es hier nicht zu geben, höchstens eine Kette von Ad-hoc-Schritten, die zwar die Avancen der ukrainischen Seite deutlich machen, aber das Ziel, Frieden herzustellen, höchstwahrscheinlich verfehlen werden, da dieser nicht im russischen Interesse liegt.

Was die Außenpolitik angeht, muss man leider feststellen, dass die innenpolitischen Probleme dazu führen könnten, dass der Westen sich mittel- bis langfristig von der Ukraine abwendet. Dies könnte eher die EU als die USA betreffen, weil für letztere Sicherheitsfragen dominieren. Im Fall der EU (und auch des IWF) schaut man wesentlich genauer auf die Reformlage, die sich angesichts der oben geschilderten Personalpolitik und des personenbezogenen Ansatzes eher verschlechtern wird. Derzeit ist durchaus noch ein Interesse seitens Berlin, Paris sowie Brüssel auszumachen, sowohl im Rahmen des Normandie-Formats als auch im Hinblick auf die Umsetzung des umfangreichen Assoziierungsabkommens. Der neue Hohe Vertreter für die EU-Außenpolitik Josep Borrell hat die Absicht geäußert, einen Schwerpunkt auf die Ukraine zu legen. Dies könnte sich allerdings ändern, wenn die Leistungen der Ukraine in etlichen Reformbereichen weiterhin nachlassen.

Gleichzeitig scheint das Interesse auf ukrainischer Seite eher zu schwinden. Zwar hält man im Prinzip an der bisherigen Linie fest, die die Integration in die EU und NATO priorisiert. Aber der Wunsch in Kyjiw nach schnellen Ergebnissen passt nicht zum EU-Ansatz, der langfristig angelegt ist. Hinzu kommt, dass das ukrainische Außenministerium nun eine Art pivot to Asia angekündigt hat. Es ist unklar, inwiefern dies aufgehen wird, da hierfür eine langfristige Strategie entwickelt werden müsste. Potenziell könnte dies aber ein zurückgehendes Interesse an der EU bedeuten, da die außenpolitischen Ressourcen der Ukraine begrenzt sind und man aufgrund des existentiellen Sicherheitsinteresses kaum weniger in die Beziehungen zu den USA investieren wird.

Dass Selenskyj auf vertraute, aber unerfahrene Personen sowie auf schnelle Ergebnisse setzt, weist auf das Fehlen eines strategischen Ansatzes hin. Trotz eigener Ankündigungen, dass er nur eine Amtszeit anstrebe, scheint er jetzt doch auf seine Popularität in der Bevölkerung zu achten. Sein bisheriges Vorgehen reduziert allerdings die Wahrscheinlichkeit einer Wiederwahl. Ohne eine systematische Vorgehensweise wird er am Ende dieser Amtszeit höchstens mit punktuellen Erfolgen dastehen, ohne sein Land in essenziellen Bereichen nach vorne gebracht zu haben. Sein wenig durchdachtes Vorgehen schafft zudem ein fluktuierendes Umfeld mit weiterhin schwachen Institutionen, in dem etablierte Akteure (vor allem Oligarchen und ihre Netzwerke) zusätzliche Chancen erhalten, ihr durch die Reformen der letzten Jahre verlorenes Terrain zurückzugewinnen.

Fussnoten

Dr. Susan Stewart ist Leiterin der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Sie arbeitet zur Innen- und Außenpolitik der Ukraine und Russlands und zur Östlichen Partnerschaft der EU.