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Analyse: "Eine gute Mutter schafft alles". Frauen zwischen Beruf und Erziehung in der Ukraine | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: "Eine gute Mutter schafft alles". Frauen zwischen Beruf und Erziehung in der Ukraine

Olena Strelnyk Kiew) Nationale Taras-Schewtschenko-Universität Poltawa und Fakultät für Soziologie Olena Strelnyk (Büro für Gender-Strategien und Finanzierung

/ 11 Minuten zu lesen

Was bedeutet es in der Ukraine Mutter zu sein? Die Analyse zeigt auf, mit welchen Stereotypen das Bild der Mutter aufgeladen ist und wie die Familienpolitik strukturelle Bedingungen schafft, die wenig wirtschaftliche Möglichkeiten und Nachteile auf dem Arbeitsmarkt erzeugen. Was ist eine "gute Mutter"?

Eine Mutter in Kiew, die im Krieg ein Bein verloren hat, spielt mit ihrem Sohn. (© picture alliance/ZUMA Press)

Zusammenfassung

In der Ukraine sehen sich Mütter heutzutage konfrontiert mit den stereotypen Anforderungen der Gesellschaft an ihre Rolle in der Familie, den widersprüchlichen Einflüssen der Familienpolitik auf ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten und den Besonderheiten des oft mütterfeindlichen Arbeitsmarktes. Die Autorin analysiert die strukturellen Bedingungen der Mutterschaft: die Elternzeit, die Verfügbarkeit öffentlicher Kindergärten, die Chancen von Müttern auf dem Arbeitsmarkt, die verbreiteten Stereotype in Bezug auf die Frauenrolle in der Familie sowie die Wahrnehmung der Frau als "gute Mutter". Diese strukturellen Bedingungen bilden den Rahmen, der die aktuellen Formen der Mutterschaft in der Ukraine definiert.

Elternzeit: de jure für jedes Familienmitglied, de facto für die Mutter

Der voll bezahlte Mutterschutz wird berufstätigen Müttern in der Ukraine für 126 Kalendertage gewährt, davon 70 Tage vor der Geburt und 56 Tage nach der Geburt. Im Fall einer komplizierten Geburt oder der Geburt von zwei oder mehr Kindern erfolgt eine Verlängerung auf 70 Tage nach der Geburt. Nach dem Mutterschutz wird eine unbezahlte Elternzeit ("Erziehungsurlaub") von bis zu drei Jahren gewährt, in einigen Fällen bis zu sechs Jahren, wenn das Kind aufgrund seines Gesundheitszustands eine häusliche Pflege benötigt. Diese langen Zeiträume wurden 1981 eingeführt. Davor lag die Dauer der Elternzeit bei vier Monaten ab den 1920er Jahren und bis zu anderthalb Jahren ab den 1970er Jahren.

Das aktuelle System des Erziehungsurlaubs ermöglicht zwar, dass Mutter oder Vater noch lange nach der Geburt beim Kind bleiben, trägt jedoch nicht dazu bei, Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung miteinander zu verbinden. Nach einer Umfrage der Online-Jobvermittlung "HeadHunter" aus dem Jahr 2016 nahm nur ein Drittel der befragten Mütter den Erziehungsurlaub vollständig in Anspruch: 7 Prozent kehrten schon innerhalb von drei Monaten nach der Geburt zur Arbeit zurück, weitere 29 Prozent innerhalb des ersten Jahres und 30 Prozent im zweiten Jahr nach der Geburt. (Externer Link: https://hh.ua/article/19712?utm_campaign=misc&utm_medium=email&utm_source=email&utm_content=rab_15_12_2016)

40 Prozent der Befragten nannten die finanzielle Lage in der Familie als Grund für die Verkürzung des Erziehungsurlaubs, 26 Prozent – Angst vor dem Verlust ihrer Qualifikationen, 19 Prozent – fehlende Lust auf Hausarbeit und häusliche Routinen sowie 16 Prozent – Interesse an Selbstverwirklichung und Weiterentwicklung im Beruf.

Formal ist der Erziehungsurlaub geschlechtsneutral, da er von der Mutter oder dem Vater des Kindes, der Großmutter, dem Großvater oder anderen Angehörigen, die sich tatsächlich um das Kind kümmern, ganz oder teilweise genutzt werden kann. In der Praxis wird er jedoch fast ausschließlich von Frauen beantragt. Schätzungen zufolge nehmen nur 2 bis 3 Prozent der Väter in der Ukraine einen Erziehungsurlaub in Anspruch.

Dies hat mehrere Gründe. Erstens gibt es in der Ukraine ein erhebliches geschlechtsspezifisches Lohngefälle von 23 Prozent zwischen Frauen und Männern. Wenn die Frau Erziehungsurlaub nimmt, ist so der Lohnausfall geringer. Zweitens gibt es in der Ukraine nach wie vor traditionelle Vorstellungen über die Rolle von Mutter und Vater, wobei die Betreuung eines Kindes als Aufgabe der Frau gesehen wird.

In diesem Jahr wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, der den Vätern einen bezahlten Urlaub von zehn Tagen nach der Geburt eines Kindes gewährt. Der Gesetzentwurf sieht für diese Maßnahme jedoch keine Ausgaben aus dem Staatshaushalt vor. Wie nicht anders zu erwarten, führte dies zu Empörung bei Arbeitgebervertretern, die offensichtlich die entsprechenden Kosten übernehmen müssten. Ich vermute, dass die überwiegende Mehrheit der Väter diesen Urlaub nicht nehmen würde – nicht nur, da die Arbeitgeber dagegen sein werden, sondern vor allem, weil ein großer Teil der Beschäftigung schwarz erfolgt und gesetzliche Vorschriften der sozialen Sicherung ignoriert.

Die Mütter auf dem Arbeitsmarkt: Chancen und Grenzen

Die ukrainische Gesetzgebung enthält viele Regeln zum Schutz der Arbeitsrechte der Mütter, die aus der sowjetischen Familienpolitik übernommen wurden. Beispielsweise dürfen schwangere Frauen und Frauen mit Kindern unter drei Jahren nachts nicht arbeiten, keine Überstunden leisten, nicht am Wochenende arbeiten und dürfen nicht auf Dienstreisen geschickt werden. Schwangere und Frauen, die Kinder unter drei Jahren haben, sowie alleinerziehende Mütter mit einem Kind unter 14 Jahren oder einem behinderten Kind unterliegen einem Kündigungsschutz. Eine berufstätige Frau, die zwei oder mehr Kinder unter 15 Jahren oder ein behindertes Kind hat, oder die ein Kind adoptiert hat, sowie alleinerziehende Mütter erhalten jährlich einen zusätzlichen bezahlten Urlaub von zehn Kalendertagen. Einige dieser Vorteile werden ausschließlich Müttern gewährt. Väter können von diesen Vorteilen auch profitieren – jedoch nur wenn sie alleinerziehend sind, während Mütter diese unabhängig von ihrem Familienstand erhalten.

Einige Bestimmungen zum Schutz von Müttern können in der Praxis allerdings kaum durchgesetzt werden. Zum Beispiel gibt es eine Rechtsnorm, die die Ablehnung von Bewerbungen um eine Stelle oder Gehaltskürzungen wegen Schwangerschaft oder Kinderbetreuung – parallel zum oben angeführten Kündigungsschutz – verbietet. Wenn in einem solchen Fall eine Absage erteilt wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Verweigerung schriftlich zu begründen, und diese kann vor Gericht angefochten werden. Selbstverständlich wird kein Arbeitgeber offen Schwangerschaft oder Kinder als Grund nennen.

Insgesamt wirkt sich der Schutz von Müttern unter den Bedingungen umfangreicher Schwarzarbeit ambivalent auf die wirtschaftlichen Chancen von Frauen aus. Diskriminierungspraktiken gegen Frauen und Mütter bleiben auch deshalb bestehen, weil viele Arbeitgeber die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von arbeitenden Müttern als Belastung empfinden, diese nur widerstrebend umsetzen und Frauen oft ungern einstellen.

Ein Beispiel ist die 2013 gesetzlich eingeführte Anerkennung der Zeit des Mutterschutzes als Anrechnungszeit für die Rentenversicherung. Diese Neuregelung sollte die Situation der Mütter verbessern. In der Praxis zeigt sich bei in der Privatwirtschaft beschäftigten Müttern jedoch ein gegenteiliger Effekt. Damit der Mutterschutz bei der Rentenversicherung angerechnet werden kann, muss der Arbeitgeber die Sozialabgaben in Höhe von 33 Prozent des Lohnes und die Arbeitnehmerin weitere 2 Prozent leisten. Um die entsprechenden Zahlungen zu verringern, wird ein Großteil des Gehalts schwarz gezahlt. Eine Expertenschätzung geht so davon aus, dass das neue Gesetz zu einer Zunahme der Schwarzarbeit von 10 Prozent geführt hat (Externer Link: https://www.radiosvoboda.org/a/25048302.html). Die neue Regelung hat auch dazu geführt, dass Arbeitgeber schwangere Frauen zur Kündigung gezwungen haben (https://www.unian.ua/society/817662-zmi-noviy-podatok-na-vagitnist-uskladniv-stanovische-jinok- on-robots-video.html).

Darüber hinaus bleiben die Arbeitsplätze weitgehend familienunfreundlich. Es mangelt an flexiblen Arbeitszeiten und Fernarbeit. Insbesondere in der Privatwirtschaft sind Überstunden und Wochenendarbeit weit verbreitet, was es Müttern mit kleinen Kindern schwierig macht, berufliche und familiäre Pflichten miteinander zu vereinbaren.

Kindergärten: Platzmangel als großes Problem

Generell ist die Abdeckung des Bedarfs an Kindergärten in der Ukraine recht hoch. Probleme gibt es jedoch vor allem für Mütter von Kindern unter drei Jahren, Mütter von Kindern mit Behinderungen und im ländlichen Raum.

In den 1990er Jahren, als die Geburtenrate infolge der tiefen Wirtschaftskrise stark zurückging, wurden viele Kindergärten entweder in Privatbesitz übergeben oder geschlossen. Nach 2002 stiegen die Geburtenraten langsam an, was zu einem Mangel an Plätzen in Kindergärten führte. Im Jahr 2017 kamen auf 100 Plätze in staatlichen städtischen Kindergärten 123 Kinder. In einigen Regionen hat der Mangel an Kindergartenplätzen aufgrund der großen Anzahl an Binnenflüchtlingen infolge der Kämpfe in der Ostukraine seit 2014 stark zugenommen.

In Reaktion auf den Mangel an Plätzen verweigern viele Kindergärten die Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Im Ergebnis besuchten 2017 laut offizieller Statistik 14,8 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Kindergarten.

Trotz erheblicher Fortschritte in der Entwicklung der integrativen Bildung bleibt das Problem der Verfügbarkeit von Kindergärten für Kinder mit Behinderungen akut. Im Jahr 2017 gab es in der Ukraine fast 15.000 Kindergärten, davon nur 97 mit integrativen Gruppen. Die Gesamtzahl der Kinder in Kindergärten in der Ukraine im Jahr 2017 betrug über 1 Million, davon 9.447 mit Behinderungen.

Die Entwicklung privater Kinderbetreuungseinrichtungen kann nicht als Lösung betrachtet werden, da Babysitting und private Kindergärten teuer sind. Die jüngste Regierungsinitiative "städtisches Kindermädchen" zielt darauf ab, Familien bei der Einstellung von Kindermädchen durch Übernahme eines Kostenanteils zu unterstützen. Dieses Programm ist jedoch unwirksam, da die Unterstützung derzeit nur 1.600 Hrywnja pro Monat beträgt, während die monatlichen Kosten für einen Babysitter in der Ukraine von 5.000 Hrywnja in Kleinstädten bis zu 20.000 Hrywnja in der Hauptstadt reichen. Hinzu kommt, dass die Familie für den Erhalt dieser Unterstützung einen Vertrag mit dem Kindermädchen abschließen muss und dieses dafür offiziell als Unternehmerin registriert sein und Steuern zahlen muss.

Daher bleibt die Kombination von Mutterschaft und Beruf für viele Frauen in der Ukraine eine Herausforderung. Aufgrund eines längeren unbezahlten Erziehungsurlaubs, des Mangels an verfügbaren Kindergartenplätzen, unflexiblen Beschäftigungsbedingungen und der Benachteiligung von Arbeitnehmerinnen mit Familienpflichten fallen Mütter für lange Zeit am Arbeitsmarkt aus. Dies führt zu negativen Konsequenzen wie einer Abnahme der wirtschaftlichen Aktivität von Müttern, der Verarmung von Familien mit Kindern und insbesondere alleinerziehenden Müttern oder dem Verlust der Berufsqualifikation während eines langen Erziehungsurlaubs.

Die Balance zwischen Beruf und Mutterschaft wird auch durch das neue soziokulturelle Image der "guten" Mutter erschwert. In einer Marktwirtschaft sind ukrainische Mütter zwischen den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Vorstellungen einer "intensiven" und kindbezogenen Mutterschaft gefangen.

Was bedeutet es in der Ukraine, eine "gute Mutter" zu sein?

Die kinderfixierte Erziehung in der Ukraine ist Teil eines globalen Wandels der Mutterschaftskultur in europäischen Ländern. Diese neue Kultur basiert auf der Liebe zum Kind und der aufmerksamen Wahrnehmung seiner emotionalen Welt. Gleichzeitig gibt es eine gewisse Besonderheit dieses Trends in der Ukraine: Die neuen Standards stehen teilweise im Widerspruch zum sowjetischen Bildungsstil, der auf der frühen Fremdbetreuung und der Rückkehr der Mütter zur Arbeit beruhte und damit die Bildung einer emotionalen Nähe zwischen Mutter und Kind behinderte.

Das Bild einer "verantwortungsbewussten Mutter" in der modernen Ukraine stellt viele Anforderungen an ihre Kenntnisse und Kompetenzen: Kinderpsychologie, frühkindliche intellektuelle Entwicklungstechniken, medizinisches Wissen, die Fähigkeit, den emotionalen Zustand eines Kindes zu erkennen und psychischen Traumata vorzubeugen, Kenntnisse des schulischen Lehrplans (um dem Kind bei den Hausaufgaben zu helfen) und mehr. Von Müttern wird aufgrund des geringen Lebensstandards aber auch erwartet, dass sie arbeiten, um zum materiellen Wohl der Familie beizutragen.

Um dies zu illustrieren, folgen hier einige Zitate von berufstätigen Müttern, die ich fragte, wen sie als "gute Mutter" und "guten Vater" bezeichnen würden.

Laut Tetjana (31 Jahre) verbindet eine "gute Mutter" erfolgreich die Rolle der Erzieherin, Lehrerin, beruflich erfolgreichen Frau und "Managerin" des Familienlebens: "Dies ist eine Mutter, die alles schafft. Eine Mutter, die dem Kind Selbständigkeit und Ordentlichkeit beibringt, aber auch Mathematik erklärt… Eine gute Mutter kann das alles, ohne genervt zu sein – Lesen, Schreiben und auch Englisch. Nach der Schule beschäftigt sie sich mit dem Kind… Natürlich kann eine gute Mutter ihre Karriere aufbauen, damit das Kind sich in zwei bis drei Jahren nicht schämt, vom Beruf seiner Mutter zu erzählen. Nun, eine gute Mutter kann sich auch Zeit für sich nehmen, und gleichzeitig eine Atmosphäre in der Familie schaffen, in der Papa und die Kinder wissen, was zu tun ist, und auch die Initiative ergreifen können".

Die erfolgreiche Kombination mehrerer Rollen und die Fähigkeit, als "gute Mutter" Zeit für alles zu finden, beschreibt Natalia (34 Jahre) folgendermaßen: "Eine Mutter, die Zeit für ihr Baby, den Vater und für sich selbst finden kann. Das heißt, sie ist eine harmonische und vielseitig entwickelte Person. Eine ruhige und ausgeglichene Person. Das ist eine Mutter – eine professionelle Person, die sich auch in ihrem Beruf verwirklicht hat".

Gleichzeitig konzentriert sich das Bild eines "guten Vaters" in der Ukraine häufig vor allem auf seine Rolle als "Ernährer": "Ein guter Vater verdient ein gutes Gehalt. Wenn der Vater gut verdient, kann ihm einiges vergeben werden… Zum Beispiel, dass er abends auf der Couch liegt" (Tetjana). "Papa muss Geld verdienen. Und Papa sollte ein Vorbild sein. Natürlich ist es heutzutage schwierig, gleichzeitig Geld zu verdienen und Zeit mit der Familie zu verbringen. Aber wenigstens einen Tag… Ich denke, auf Papa sollte man sich immer verlassen können, egal was kommt. Und die Mutter ist immer da und kümmert sich um alle" (Irina, 37 Jahre). "Ein guter Vater ist in erster Linie ein guter Verdiener. Dieses Einkommen sollte dann für Lebensmittel, Kleidung und außerschulische Aktivitäten ausreichen. Ein Ehemann und Vater ist der Versorger. Und Mama leistet die Unterstützung dazu. An erster Stelle Verdienst, an zweiter Stelle – Sorge für die eigene Familie" (Natalia, 34 Jahre).

Geschlechterrollen in der ukrainischen Familie

Die Wahrnehmung der Familienrollen von Frauen und Männern ist in der Ukraine weitgehend traditionell (siehe Grafik 1 auf S. 10). Die Einstellungen von Frauen sind egalitärer als die der Männer, aber auch bei ihnen sind diese stereotypen Wahrnehmungen weit verbreitet (siehe Grafik 2 auf S. 10). Die Zuordnung der Kinderbetreuung zu den Aufgaben der Frau findet im Familienalltag statt. 88 Prozent der Männer gaben an, dass meistens oder ausschließlich ihre Frau bei einem kranken Baby zu Hause geblieben ist (oder bleibt). Auch für das Windeln Wechseln und Anziehen des Babys (69 %) und die tägliche Pflege (62 %) ist ihrer Meinung nach eher die Frau zuständig.

Eine gleichberechtigte Aufgabenteilung zwischen den Eltern ist charakteristisch für Erziehungspraktiken. 76 Prozent der Männer gaben an, dass sie gleichermaßen wie ihre Ehefrau an der Erziehung beteiligt waren sowie für die Freizeitgestaltung mit dem Kind (65 %) und die Kommunikation mit ihm (60 %) (Externer Link: https://ukraine.unfpa.org/en/publications/masculinity-today-mens-attitudes-gender-stereotypes-and-violence-against-women).

Fazit

In der Ukraine liegt die Verantwortung für die Kinderbetreuung vor allem bei Frauen. In der staatlichen Politik wird dieses System durch Gesetzesvorschriften zum Schutz berufstätiger Mütter unterstützt. Diese wirken sich aber ambivalent auf Arbeitnehmerinnen aus und verringern deren wirtschaftliche Chancen vor allem in der Privatwirtschaft. In der Praxis sind berufstätige Mütter in einer Marktwirtschaft, insbesondere im Kontext einer weit verbreiteten Schattenwirtschaft, anfällig für Diskriminierung.

Der Arbeitsmarkt und die Familie führen so zur Reproduktion der existierenden Geschlechterordnung: Die Verantwortung von Frauen für reproduktive Arbeit schränkt ihre Chancen auf dem bezahlten Arbeitsmarkt ein (durch Diskriminierung und Beschäftigung in Niedriglohnsektoren). Die begrenzten Chancen auf dem Arbeitsmarkt tragen zur Festlegung der Verantwortung von Frauen für den privaten Bereich bei.

Die staatliche Politik trägt dabei zur Reproduktion dieser Geschlechterordnung bei: Das System der langen unbezahlten Erziehungsurlaube (de facto Mutterurlaube) und die ungleichen Zugangsmöglichkeiten zu staatlichen Hilfemaßnahmen bei der Kinderbetreuung verfestigen dieses System. Klischeevorstellungen über Kinderbetreuung als weibliche Pflicht rechtfertigen diese Lage.

Die traditionellen Geschlechterrollen werden in der Ukraine jedoch zunehmend in Frage gestellt. So wird das Bild der "aufopfernden" Mutterschaft als Beeinträchtigung der Selbstverwirklichung von Frauen zunehmend diskutiert. In der Öffentlichkeit wird den Geschichten von Männern, die sich um kleine Kinder kümmern, viel Aufmerksamkeit geschenkt. Wenn auch bisher nur in Einzelfällen beginnen Unternehmen, familienfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Umfragen zeigen, dass die geschlechtsspezifischen Stereotype bei der jüngeren Generation weniger verbreitet sind.

Übersetzung aus dem Ukrainischen: Lina Pleines

Fussnoten

Dr. Olena Strelnyk ist Soziologin mit den Schwerpunkten Gender-Forschung, Familiensoziologie, Antidiskriminierung im Bildungswesen, Feminismus und Gender Budgeting. Sie arbeitet als wissenschaftliche Beraterin des Vereins "Büro für Gender-Strategien und Finanzierung" in Poltawa und als Dozentin an der Fakultät für Soziologie der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität in Kiew. Sie war Stipendiatin des Andrew Carnegie-Programms (USA) und des Prager Zentrums der Bürgergesellschaft (Tschechische Republik).

Publikationen: Olena Strelnyk ist Autorin des Buches "Turbota jak Robota: Mutterschaft im Brennpunkt der Soziologie" (2017). Sie schreibt regelmäßig für die Online-Portale genderindetail.org.ua, povaha.org.ua, life.pravda.com.ua, opendemocracy.net.