Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Analyse: Donbass: Sind die "Volksrepubliken" Marionettenstaaten? | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Herausforderungen für die ukrainische Landwirtschaft (13.12.2024) Editorial: Über 1.000 Tage Angriffskrieg. Wohin geht es für die ukrainische Landwirtschaft? Analyse: Die ukrainische Landwirtschaft und die EU: Passt das? Analyse: Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf den landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Verhältnis zur belarusischen Opposition (28.11.2024) Analyse: Kyjiws strategische Distanz zur belarusischen Opposition dekoder: "Die Belarussen müssen verstehen, dass unsere Zukunft von uns selbst abhängt" Umfragen: Meinung in der Ukraine zu Belarus’ Kriegsbeteiligung Umfragen: Unterstützung in Belarus von Russlands Krieg gegen die Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Energieversorgung / Grüne Transformation (09.10.2024) Analyse: (Wie) Lässt sich die Energiekrise in der Ukraine abwenden? Analyse: Eine stärkere Integration des Stromnetzes in die EU kann der Ukraine helfen, die nächsten Winter zu überstehen Statistik: Stromimporte aus EU-Staaten Analyse: Resilienz wieder aufbauen: Die Rolle des ukrainischen Klimabüros bei der grünen Transformation Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik EU-Beitrittsprozess (29.07.2024) Analyse: Die Ukraine und die EU: Erweiterungspolitik ohne Alternative? Analyse: Wie schnell bewegt sich die Ukraine auf die EU zu, in welchen Bereichen gibt es große Fortschritte und in welchen nicht? Statistik: Stand der Ukraine im EU-Beitrittsprozess Umfragen: Öffentliche Meinung in der Ukraine und in ausgewählten EU-Ländern zum EU-Beitritt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Donbass: Sind die "Volksrepubliken" Marionettenstaaten?

Nikolaus von Twickel

/ 8 Minuten zu lesen

Die Separatistengebiete Donezk und Luhansk pochen auf ihre Unabhängig- und Eigenstaatlichkeit. Mit Blick auf Russland zeigt sich, dass eine tatsächliche Autonomie der Staaten jedoch nicht gegeben ist. Wie manifestiert sich das Abhängigkeitsverhältnis zu Moskau in dem Konflikt?

Am 7. April 2018 feiern Anhänger in Donezk das vierjährige Bestehen der "Volksrepublik" Donezk. (© picture alliance / Valentin Sprinchak/TASS/dpa)

Zusammenfassung

Die beiden "Volksrepubliken" in der Ostukraine, Donezk und Luhansk, sind nach eigenem Bekunden selbständige Staaten und streben langfristig einen Zusammenschluss mit Russland an. Bei genauerem Hinsehen besitzen sie aber bereits jetzt nur wenig echte Eigenständigkeit. Vor allem wirtschaftlich und militärisch, aber auch politisch hängen die Separatisten von Moskau ab – und zwar deutlich stärker als die anderen separatistischen Gebiete im postsowjetischen Raum. Das macht sie zu klassischen Marionettenstaaten, in denen eine ausländische Macht die Geschicke des Landes bestimmt.

Geschichte: Moskau war mehr als nur Geburtshelfer

Die ostukrainischen "Volksrepubliken" wurden am 7. April 2014 in Donezk bzw. am 27. April 2014 in Luhansk von örtlichen Aktivisten ausgerufen. In den Wochen zuvor hatten tausende prorussische Demonstranten in beiden Städten gegen die neue Regierung in Kiew und für einen Anschluss ihrer jeweiligen Gebiete (oblasti) an Russland demonstriert. Die Kundgebungen im Donbass hatten Anfang März begonnen (am 1. März in Donezk und am 2. März in Luhansk), zwei Tage nachdem die bewaffneten "grünen Männchen" auf der Krim die russische Annexion eingeläutet hatten.

Ukrainische Politiker und Journalisten werfen Russland vor, diese Kundgebungen initiiert und gesteuert zu haben. In Medienberichten hieß es, viele der Demonstranten seien aus Russland gekommen. Bereits am 3. März 2014 forderte der damalige Gouverneur von Donezk Serhij Taruta die Schließung der Grenze zu Russland, um "subversive Aktivitäten" ausländischer Bürger zu unterbinden (Taruta 2014).

Für eine gezielte Steuerung aus Russland spricht auch, dass es eine separatistische Bewegung solchen Ausmaßes in der Ostukraine bis dato nicht gegeben hatte. Die Anführer der Proteste waren bis dahin weitgehend unbekannt – einige von ihnen waren allerdings Jahre zuvor in Sommerlagern der Kremljugend am Seligersee in Russland gesehen worden (Bessonova 2015).

Verdächtig ist auch, dass die Proteste im Donbass nicht spontan mit dem Erfolg der Euromaidan-Revolution in Kiew begannen (Präsident Wiktor Januko­wytsch war am 22. Februar geflohen), sondern erst eine Woche später, fast zeitgleich mit der militärischen Aktion auf der Krim. Am 28. Februar hatte Alexander Saldostanow (Spitzname "Chirurg"), Anführer der Motorradgang "Nachtwölfe" und Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin, den Beginn einer prorussischen Rallye durch die Ostukraine und die Krim angekündigt, die er "Russkaja vesna" (russischer Frühling) nannte.

"Russkaja vesna" wurde zum Markennamen der prorussischen Bewegung, die sich im Laufe des März um die "Volksgouverneure" Pawel Gubarew in Donezk und Waleri Bolotow in Luhansk formierte. Die Proteste blieben zunächst weitgehend friedlich, allerdings stürmten einige Teilnehmer mehrmals die Gebietsverwaltungen. Große Massenproteste wie auf dem Kiewer Maidan blieben aus; in der Millionenstadt Donezk wurden die Teilnehmer an der größten Demonstration am 2. März auf 4.000 geschätzt.

Am 6. April wurden die Proteste gewalttätig. Demonstranten in Luhansk nahmen das Gebäude des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU ein, womit ihnen ein kleines Waffenarsenal in die Hände fiel. Am darauffolgenden Tag kündigte die neue Regierung in Kiew an, die Aufstände niederzuschlagen. Eine Woche später brachte ein offenbar aus Russland eingereistes Kommando unter dem russischen Geheimdienstagenten Igor Girkin (Deckname "Strelkow") gewaltsam strategische Gebäude in den Städten Slowjansk und Kramatorsk unter seine Kontrolle.

Dieser Wandel resultierte möglicherweise aus dem mangelnden Erfolg der Proteste, die nicht, wie von manchen im Kreml erhofft, die nötige Legitimität für eine Annexion schufen: "Der folgende "Bürgerkrieg" […] war wohl Moskaus Plan B. […] Ein improvisiertes Szenario, das sich spontan aus den zunächst unbewaffneten, aber gescheiterten Umsturzversuchen durch von Russland gesteuerte Aktivisten entwickelte", schreibt etwa Ukraineexperte Andreas Umland (Umland 2016).

Hinweise auf Fremdbestimmtheit

Ihre Legitimität führen die "Volksrepubliken" auf sogenannte "Referenden" zurück, die am 11. Mai 2014 in Donezk und Luhansk zeitgleich abgehalten wurden – obwohl es zwischen den Separatisten beider Gebiete zuvor wenig bis gar keine Koordinierung gegeben hatte.

Die Abstimmungen, die wie zuvor das "Referendum" auf der Krim am 16. März ohne Zustimmung, geschweige denn Beteiligung der Kiewer Zentralregierung erfolgten, ergaben knapp 90 Prozent (Donezk) beziehungsweise 96 Prozent (Luhansk) Zustimmung für die "Volksrepubliken" und wurden vom Westen scharf kritisiert.

Ähnlich gut abgestimmte Wahlen wurden zeitgleich im November 2014 abgehalten, als die Anführer sowie Parlamente beider "Volksrepubliken" (mit großer Mehrheit) gewählt wurden, sowie im Oktober 2016, als sowohl Donezk als auch Luhansk "primaries" genannte Vorwahlen durchführten. In keiner der Abstimmungen waren Kritiker oder gar Gegner der Separatisten zugelassen.

Hinweise auf eine Koordinierung von außen, nämlich aus Russland, verdichteten sich nach dem Referendum im Mai, als plötzlich eine Reihe russischer Staatsbürger Führungsposten in den "Volksrepubliken" übernahmen: In Donezk wurde Alexander Borodai, ein Moskauer Politberater, "Premierminister", der bereits erwähnte Girkin alias Strelkow wurde Verteidigungsminister. Im Juli kam noch der aus Transnistrien stammende Wladimir Antjufejew als Stellvertreter Borodais dazu.

In Luhansk wurde der russische Politologe Marat Baschirow "Premierminister" und Nikolai Kosizyn, ein einflussreicher Kosakenführer aus der russischen Region Rostow, wurde Feldkommandeur in der Stadt Antrazyt.

Doch bis Herbst 2014, als die ersten Friedensverhandlungen in Minsk stattfanden, wurden die "russischen Separatisten" einer nach dem anderen abgelöst. In Donezk mussten Borodai und der kompromisslose Girkin abtreten, in Luhansk traf es den einheimischen und äußerst selbstbewussten Bolotow. Noch im August wurden Alexander Sachartschenko in Donezk sowie Igor Plotnizki in Luhansk als Republikführer installiert.

Seitdem hat offenbar das von Moskau mitunterzeichnete Minsker Abkommen dafür gesorgt, dass es keinerlei offene Beziehungen zwischen Russland und den Volksrepubliken gibt. Mit dem Abkommen verpflichtete sich der Kreml, die territoriale Integrität der Ukraine zu respektieren und am Ziel einer friedlichen Reintegration der "bestimmten Gebiete der Regionen Donezk und Luhansk" genannten Separatistengebiete mitzuarbeiten.

Hoher Grad der Abhängigkeit

Dennoch gibt es nach wie vor wenige bis gar keine Anzeichen dafür, dass die "Volksrepubliken" eine von außen unabhängige eigenständige Politik machen. Das Leitmotiv aller politischen Handlungen, die aus Donezk und Luhansk nach außen dringen, ist stärkere Integration mit Russland. Meinungsverschiedenheiten sind zwar vorstellbar, da Moskau wegen seiner Minsker Verpflichtungen darauf nur bedingt eingeht (siehe oben), sind aber nicht vernehmbar.

Die Entwicklungen von 2017 haben dafür gesorgt, dass der Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit der "Volksrepubliken" von Russland weiter gestiegen ist. Als Folge der von der Ukraine verhängten Handelsblockade mussten die Betriebe innerhalb der Separatistengebiete Rohstofflieferanten und Absatzmärkte komplett neu beim östlichen Nachbarn suchen. Solange aber Russland die "Volksrepubliken" nicht anerkennt, können diese offiziell keine Industrieprodukte in das Land exportieren, weil Zertifizierungen fehlen.

Als Antwort auf die Blockade zwangen die Separatisten allen verbleibenden Betrieben eine "externe Verwaltung" mit von ihnen ernannten Personen auf. Diese faktische Enteignung hatte zum Ziel, die Steuerzahlungen der Unternehmen von der Ukraine an die "Volksrepubliken" umzuleiten. Ob dadurch deren Abhängigkeit von russischen Subventionszahlungen verringert werden konnte, ist aber unklar. Berichten zufolge stehen viele Betriebe seitdem still.

Anfang 2017 gingen die ukrainischen Behörden davon aus, dass knapp 82 Prozent der Haushaltsmittel der "Volksrepublik Luhansk" (9 von 11 Milliarden Rubel) aus Russland stammen. Insgesamt werden die laufenden russischen Subventionen zum Erhalt der "Volksrepubliken" auf mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr geschätzt – sie kommen aus dem als geheim eingestuften Teil des russischen Staatshaushalts (von Twickel 2018).

Auch militärisch müssen Donezk und Luhansk als mehr oder weniger vollständig von Russland abhängig gelten – auch wenn Putin die separatistischen Truppen 2015 berühmterweise als "ehemalige Traktoristen und Bergleute" bezeichnete. Während es 2014 und 2015 zahlreiche Berichte über die Teilnahme regulärer russischer Truppen an den Kämpfen in Ilowajsk und Debalzewe gab, gehen Experten davon aus, dass die Mehrzahl der militärischen Verbände derzeit aus Einheimischen besteht und dass russische Truppen dauerhaft vor allem als Ausbilder und Kommandeure auf ukrainischem Gebiet sind. Sehr wichtig sind wohl Nachschub und Logistik aus Russland – allein die seit 2014 verschossene Munition kann unmöglich aus dem Donbass stammen.

Keine Kontrolle ist perfekt

Während der Grad der Abhängigkeit der "Volksrepubliken" von Russland also deutlich über "gute Beziehungen zu einer Hegemonialmacht" hinausgeht, ist Moskaus Kontrolle alles andere als perfekt. Das wurde vor allem vor und während des "Putsches" in der "Volksrepublik Luhansk" im November 2017 sichtbar, als es dort zum offenen Machtkampf zwischen den Separatisten kam.

Hier musste Moskau Republikchef Plotnizki fallen lassen und Geheimdienstchef Leonid Passetschnik an die Macht lassen, nachdem klar wurde, dass niemand bereit war, für den langjährigen Kreml-Protegé auf die Straße zu gehen. Plotnizki ist seither verschwunden und befindet sich unbestätigten Berichten zufolge in Russland. Eine Rolle könnte auch gespielt haben, dass der neue starke Mann Passetschnik mächtige Fürsprecher im russischen Inlandsgeheimdienst FSB hat.

Dennoch spricht nicht viel dafür, dass Donezk und Luhansk bald wirkliche Eigenstaatlichkeit besitzen werden. Die Separatisten können sich kaum auf historische Wurzeln beziehen: Die Sowjetrepublik Donezk-Kriwoi Rog von 1918 hatte nur wenige Wochen Bestand und gilt manchen heute ebenfalls als Marionettenstaat. Dazu kommt, dass die jetzt herrschenden Eliten in den "Volksrepubliken" keine wirklichen Separatisten sind, sondern von einer Einheit mit Russland träumen.

Für Moskau ist die Situation von Nutzen, weil es weiter die Geschicke der "Volksrepubliken" bestimmen und die Konflikte in der Ukraine schüren kann, ohne dafür offiziell Verantwortung zu übernehmen – es tut weiter so, als sei es nur Mittelsmann in einem innerukrainischen Konflikt. Für die Akteure in Donezk und Luhansk ist die Situation von Nutzen, weil sie in einem praktisch rechtsfreien Raum ihren Ruf als "Banditenrepubliken" pflegen können.

Ausblick

Doch die Risiken liegen auf der Hand. Mit mindestens 2,5 Millionen Einwohnern sind die "Volksrepubliken" größer als alle anderen postsowjetischen Separatistengebiete zusammen. Anders als die von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien oder Abchasien genießen Donezk und Luhansk keine Unabhängigkeit, während sie 20 Jahre lang am Tropf des großen Bruders hängen. Die Subventionskosten sind in der russischen Regierung bereits jetzt umstritten. Sie drohen weiter zu wachsen, wenn es nicht gelingt, die Volksrepubliken wirtschaftlich mit Russland zu vereinen. Doch eine Anerkennung oder Annexion würde den brüchigen Friedensprozess vollends zerstören. Diese Zwickmühle ist womöglich der Schlüssel, um Russland zum Einlenken zu bewegen.

Im Text zitierte Literatur:

Fussnoten

Nikolaus von Twickel ist freier Journalist in Berlin mit Schwerpunkt Ukraine und Russland. 2015/16 war er Medienverbindungsoffizier für die OSZE-Beobachtungsmission in Donezk. Für den Deutsch-Russischen Austausch e. V. schreibt er regelmäßig einen Newsletter über die Situation in den "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk – nachzulesen auf http://www.civicmonitoring.org/. Den aktuellen Newsletter drucken die Ukraine-Analysen in dieser Ausgabe nach (siehe Seite 11–13).