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Analyse: Die Zukunft des ukrainischen Gastransmissionssystems | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die Zukunft des ukrainischen Gastransmissionssystems

Roland Götz

/ 11 Minuten zu lesen

Die Ukraine ist traditionell ein wichtiges Transitland für Gasexporte aus Russland. Durch den Bau neuer Umgehungspipelines scheint diese Stellung jedoch schon seit längerer Zeit bedroht zu sein. Über die wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen wird intensiv diskutiert – auch auf europäischer Ebene.

Eine Gaspipeline im ukrainischen Ort Nezhukhiv. (© picture alliance/Sputnik/dpa)

Zusammenfassung

Der Gasexport der Sowjetunion erfolgte fast ausschließlich durch die Leitungen des ukrainischen Gastransmissionssystems (UGTS). Durch den Bau der durch Belarus führenden "Jamal-Europa"-Gasleitung sowie die Offshore-Pipelinesysteme "Blue Stream" und "Nord Stream" hat das UGTS seine Monopolstellung bereits eingebüßt. Wenn zusätzlich noch "Nord Stream-2" (NS2) sowie "Turkish Stream" (TS) in Betrieb gehen, verbleibt dem UGTS die Rolle eines Ergänzungssystems für Gazproms Gasexport. Integriert in den europäischen Gasmarkt kann es jedoch neue Aufgaben übernehmen.

Das ukrainische Gastransmissionssystem

Die Sowjetunion benutzte für ihre Erdgasexporte (außer nach Finnland und Polen) auf ukrainischem Territorium nur die für diesen Zweck in den 1970er und 1980er Jahren gebauten Leitungen, Verdichterstationen und Gasspeicher des ukrainischen Gastransmissionssystems. Dieses ging nach der Auflösung der Sowjetunion in das Eigentum des ukrainischen Staats über. Der Gastransit obliegt "Ukrtransgaz", einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der erdgasfördernden, -importierenden und im Inland verteilenden Staatsgesellschaft "Naftogaz Ukrainy".

Die Hauptleitungen des westlichen Korridors des UGTS führen von der Nord- und der Ostgrenze der Ukraine zu ihrer Westgrenze. Von dort fließt das Gas nach Österreich und Tschechien sowie nach Ungarn und Rumänien. Über den südlichen Korridor und die ihn fortsetzende "Trans-Balkan-Pipeline" werden Moldawien, ebenfalls Rumänien, Bulgarien und die Türkei beliefert. Keine der Leitungen des UGTS berührt die Separatistengebiete in der Ostukraine, mit Ausnahme eines Leitungsabschnitts, der von Russland über die östliche Ukraine wieder nach Russland führt.

Dem Ausgleich von jahreszeitlichen Schwankungen der Gasnachfrage in den Abnehmerländern dienen 13 große Untergrundspeicher, aus denen auch der ukrainische Inlandsverbrauch bedient wird. Die auf der Krim befindliche Verdichterstation und der dortige Gasspeicher werden seit 2014 nicht mehr genutzt. Das UGTS ist für eine Ausgangskapazität von über 180 Mrd. Kubikmeter pro Jahr ausgelegt gewesen. Heute dürfte seine Exportkapazität auf Grund von Verschleiß von Leitungen und Verdichterstationen noch bei rund 140 Mrd. Kubikmeter liegen. Für die Reparatur und Modernisierung von drei Hauptleitungen des UGTS waren 2008 drei Mrd. US-Dollar veranschlagt worden, wovon bislang jedoch nur ein Teil investiert wurde.

Die jährlichen Gaslieferungen über das UGTS waren von ehemals bis zu 120 Mrd. Kubikmeter 2014 auf 59 Mrd. Kubikmeter zurückgegangen. Seither steigen sie wieder an: 2016 wurden 79 Mrd. Kubikmeter transportiert und für 2017 werden 90 Mrd. Kubikmeter prognostiziert (s. Tabelle 1 und Grafik 1). Mit der größten Gasmenge (2012: 20 Mrd. Kubikmeter) wird Italien über den westlichen Korridor des UGTS beliefert. Darauf folgen mit Gastransporten über den südlichen Korridor die Türkei (2012: zwölf Mrd. Kubikmeter) sowie wiederum über den westlichen Korridor Frankreich, Ungarn, Deutschland und Österreich mit Mengen zwischen fünf und acht Mrd. Kubikmeter (s. Grafik 2). Auch die Ukraine importiert seit 2016 per Gasrückfluss (reverse flow) Gas, das zuvor über das UGTS in die Slowakei gelangt ist.

Die Alternativen zum UGTS

Um vom Transitmonopol der Ukraine unabhängig zu werden, begann Gazprom in den 1990er Jahren den Bau von Umgehungspipelines. Erstmals entstand 1997 mit der durch Belarus führenden "Jamal-Europa" eine Exportroute, die ukrainisches Territorium umging. Der Anteil des Gastransits durch die Ukraine nahm weiter ab, als 2003 "Blue Stream" durch das Schwarze Meer sowie 2011 "Nord Stream" durch die Ostsee in Betrieb gingen. Nachdem Gazprom 2014 den Plan eines an die Küste Bulgariens führenden Unterwasserpipelinesystems ("South Stream") aufgeben musste, weil dessen über EU-Länder führende Anbindungsleitungen mit den EU-Gasmarktregeln ("unbundling", "third party access") kollidierten, beschlossen die Präsidenten Wladimir Putin und Recep Erdoğan 2016 stattdessen den Bau der durch das Schwarze Meer in den Westteil der Türkei führenden "Turkish Stream". Außerdem aktivierte Gazprom 2012 seine langgehegten Pläne zur Verdoppelung der Kapazität der Ostseeleitungen durch die "Nord Stream-2" (s. Tabelle 2). Die neuen Pipelinesysteme sollen den Gastransit durch die Ukraine weitgehend überflüssig machen. Während NS2 den westlichen Korridor des UTGS ersetzen soll, soll der erste Strang von TS die Belieferung der Türkei, der zweite Strang die Südosteuropas übernehmen, wozu auch die "Trans-Balkan-Pipeline" im umgekehrten Betrieb dienen kann.

Interessen und Diskurse

Die 2009 zwischen Russland und der Ukraine abgeschlossenen Verträge über Gazproms Gaslieferungen an die Ukraine, den Gastransit und die Gasspeicherung laufen Ende 2019 aus. Die Ukraine wünscht die Fortführung des Gastransits über ihr Territorium im bisherigen Umfang schon deswegen, weil dieser dem Land erhebliche Transitgebühren (rund zwei Milliarden US-Dollar pro Jahr) einbringt. Gazprom ist umgekehrt an der größtmöglichen Verlagerung des Gastransits auf NS2 und TS interessiert, weil so das Risiko von Unterbrechungen des Gastransits durch die Ukraine – etwa in Reaktion auf Auseinandersetzungen über die Höhe der Transitgebühren – entfällt. Dieses ist dadurch gestiegen, dass die Ukraine Ende 2015 ihren Gasimport aus Russland eingestellt hat und daher in künftigen Konflikten einen Lieferstopp durch Gazprom nicht mehr befürchten muss. Zudem kann über NS2 das Gas von der nordsibirischen Jamal-Halbinsel und zukünftig möglicherweise auch das vom Stokman-Gasfeld in der Barentssee auf einem um ein Drittel kürzeren Weg als über die Ukraine und daher mit entsprechend geringeren Transportkosten exportiert werden.

Die Führung der Ukraine sowie Politiker aus EU-Ländern und den USA lehnen NS2 und TS nicht nur mit dem zutreffenden Hinweis darauf ab, dass die Verlagerung des Gastransits auf die neuen Pipelinesysteme der Ukraine den Verlust von Transiteinnahmen bedeuten würde, sondern auch mit dem Argument, dass der Kreml mit ihnen Europa (noch leichter als bisher) politisch unter Druck setzen könnte – Präsident Petro Poroschenko bezeichnet die NS2 geradezu als "Instrument der Energieaggression" gegenüber der Ukraine und der EU. Jedoch ist unverständlich, wozu es zum behaupteten Einsatz von "Gas als Waffe" neuer und milliardenteurer Leitungen bedarf, wo doch von Gazprom der "Gashahn" auch bei einer Fortsetzung des Transits durch die Ukraine abgedreht werden könnte. Das vielfach vorgebrachte Argument einer weiter gesteigerten und daher noch gefährlicheren quantitativen Abhängigkeit Europas von russischem Gas kann ebenfalls nicht überzeugen, denn Gazproms Exportkapazität Richtung Europa erhöht sich durch die neuen Pipelinesysteme nicht (s. Tabelle 2). Georg Zachmann befürchtet, dass bei einer Einstellung des Transits durch die Ukraine Gazprom in Ost- und Südosteuropa eine dominante Marktposition erhält, weil dann die Belieferung dieser Region aus dem Westen mit Transitgas per reverse flow nicht mehr möglich ist. Doch dieses Problem kann gelöst werden, wenn die Ukraine – neben Polen der größte Gasimporteur Osteuropas – ihren Gasimport aus Russland wieder aufnimmt und dadurch Leitungskapazitäten in West–Ost-Richtung freimacht. Für einen solchen Schritt spricht, dass das von Naftogaz Ukrainy angerufene Stockholmer Schiedsgerichtsinstitut entschieden hat, dass der von Gazprom berechnete Gaspreis sich an Preisen orientieren muss, die an europäischen Handelsplätzen (hubs) gelten.

Weitere Motive für die Ablehnung von NS2 und TS sind bei "Grünen" der Wunsch nach generellem Verzicht auf den fossilen Energieträger Erdgas, bei westlichen Sicherheitsexperten die Verhinderung von Erdgasimporten nur aus Russland. Letzteren geht es darum, wie Joachim Krause in der Externer Link: Ausgabe 3/2017 von Sirius behauptet, "… die strategische Konkurrenz unter Kontrolle zu halten. Dazu gehört auch, dass man alles unterlässt, was dazu führt, dass die kleptokratische Machtvertikale und das russische Militär gestärkt werden. Jeder Kubikmeter russischen Erdgases, den wir von Gazprom beziehen und bezahlen, füttert diese Machtvertikale weiter an und erweitert den Spielraum für russische Investitionen ins Militär". Wenn aber das Putin-Regime durch Verdrängung Gazproms vom europäischen Gasmarkt ökonomisch geschwächt werden soll, müsste nicht nur der weitere Ausbau von Umgehungspipelines um die Ukraine, sondern auch der Transport von Gas aus Russland durch die bestehenden Leitungen einschließlich des Transits durch die Ukraine zum Erliegen gebracht werden. Das Leitungsgas aus Russland würde gemäß dieser Konzeption, die nur auf dem Wege eines Sanktionsregimes durchgesetzt werden könnte, durch teureres Flüssiggas aus dem Nahen Osten, den USA und anderen Ländern ersetzt werden. In diesem Zusammenhang spielen ukrainische und westeuropäische Wirtschaftsinteressen keine Rolle, vielmehr geht es um das sicherheitspolitische Ziel der Eindämmung Russlands. Freilich sucht man sich hierbei mit dem Gas- statt mit dem Ölsektor den falschen Angriffspunkt aus, denn während 2016 die Besteuerung der Förderung und des Exports von Rohöl und Ölprodukten der Höhe der Rüstungsausgaben gleichkam, betrugen die Erdgassteuern nur ein Zehntel dieser Summe.

Rechtsfragen um "Nord Stream 2"

Während TS Gegenstand eines Staatsvertrags zwischen Russland und der Türkei ist, sind für NS2 nur die auf sie anwendbaren Rechtsvorschriften der von ihrer Trassenführung betroffenen Ostsee-Anrainerstaaten maßgebend. In Deutschland sind für den Leitungsbau innerhalb des deutschen Küstenmeers (12-Meilen-Zone) das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie und das Bergamt Stralsund zuständig. Die NS2 unterliegt außerhalb der von ihr berührten Territorialgewässer Russlands, Deutschlands und Dänemarks den Regelungen des internationalen Seerechts, darunter denen der UN-Seerechtskonvention UNCLOS. Diese erfordern eine Genehmigung des Pipelinebaus durch die Küstenstaaten, durch deren 200 Seemeilen breite "Ausschließliche Wirtschaftszonen" (AWZ) und auf deren Festlandsockeln er erfolgen soll. Dabei dürfen aber nur ökologische und eng begrenzte weitere seerechtliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Die NS2 ist (anders als ihre in Deutschland verlaufende Anbindungsleitung EUGAL) kein Teil des Gastransmissionssystems der EU-Länder und damit auch kein Teil des EU-Gasmarkts. Daher gilt für sie das EU-Energierecht und insbesondere die dritte EU-Gasmarktdirektive (2009/73/EC) nicht. Auch Dänemark, durch dessen territoriale Gewässer um die Insel Bornholm die NS2 führen soll, hat keine auf EU-Recht basierenden Einspruchsrechte, da die Pipeline nicht mit dem Gastransmissionssystem des Landes verknüpft ist, sondern kann nur ökologische Gesichtspunkte gelten machen. Um NS2 zu behindern, will Dänemarks Parlament jedoch im November 2017 durch eine Gesetzesänderung die von seinem Energieministerium vorzunehmende Umweltverträglichkeitsprüfung um außen- und sicherheitspolitische Gesichtspunkte ergänzen. Sollte dieses Vorhaben Erfolg haben, müsste die NS2-Route außerhalb der dänischen Territorialgewässer um Bornholm verlegt werden, was zu einer Verzögerung des Projekts führen könnte.

Die EU-Kommission will die Unterwerfung des Betriebs von NS2 unter die Regelungen der dritten EU-Gasmarktdirektive (insbesondere "unbundling" und "third party access") im Wege von Verhandlungen mit dem NS2-Konsortium erreichen. Dafür wollten ihr allerdings im Juni 2017 nur ein Teil der EU-Staaten ein Mandat erteilen. Wie der Juristische Dienst der EU-Kommission in seiner von der deutschen Bundesregierung angeforderten Analyse feststellte, erlaubt das EU-Recht der EU-Kommission nicht, über den Bau, die Inbetriebnahme oder die Betriebsart einer einzelnen Leitung, die dem Gasimport aus einem Nicht-EU-Land dient, zu befinden. Die Kommission kann allerdings – im Konsens der Mitgliedsstaaten der EU – einen Prozess der Entwicklung von allgemeinen Regeln für derartige Leitungen in Gang setzen. Einen derartigen Versuch will sie im November 2017 unternehmen.

Zusammen mit Sanktionen gegen den Iran und Nordkorea hat der Kongress der USA im Juli 2017 weitere Sanktionen gegen Russland ermöglicht, die auch NS2 betreffen können: Allen Personen und Unternehmen, die am Ausbau von unter russländischer Kontrolle stehenden Öl- und Gaspipelines mitwirken, werden die Einfrierung ihrer Guthaben in den USA, Visaverweigerungen und andere Strafen angedroht. Diese kann der Präsident "in Abstimmung mit den Verbündeten der USA" verhängen (siehe die Abschnitte 232, 235 und 257 des Sanktionsgesetzes). Wie und wann er von dieser Vollmacht Gebrauch machen wird, ist nicht absehbar. Aber bereits die Möglichkeit von Sanktionen kann die an der Finanzierung von NS2 beteiligten europäischen Firmen veranlassen, sich aus dem Projekt zurückzuziehen und Gazprom zwingen, andere Finanzierungsquellen in Anspruch zu nehmen.

Weiternutzung des UGTS

Wenn wie geplant TS ab 2018 und NS2 Ende 2019 ihren Betrieb aufnehmen sollten, wird der Gastransit über das UGTS, wenn auch mit reduzierter Menge, übergangsweise zunächst beibehalten werden müssen, weil die neuen Pipelines und ihre Anbindungsleitungen aus technischen und regulatorischen Gründen nicht sofort mit voller Kapazität betrieben werden können. Aber auch später werden NS2 und TS, deren Gesamtkapazität rund 90 Mrd. Kubikmeter pro Jahr beträgt, die rund 140 Mrd. Kubikmeter des UGTS nicht voll ersetzen können. Um über Ausweichmöglichkeiten bei Reparaturen und Störfällen zu verfügen und einer eventuell steigenden Gasnachfrage gewachsen zu sein, werden, wenn nicht weitere Pipelines gebaut werden, Leitungskapazitäten des UGTS in Höhe von einigen Dutzend Mrd. Kubikmeter weiter benötigt, worüber sich Gazprom und die Ukraine einigen müssten.

Die Leitungen und Gasspeicher des UGTS können bei teilweisem oder gänzlichem Wegfall der bisherigen Transitaufgaben stärker mit dem west- und südosteuropäischen Gasmarkt vernetzt und unter anderem für die Einlagerung von Erdgas im Sommer und dessen Auslagerung im Winter genutzt werden. Wenn Gazprom eines Tages sein Exportmonopol verlieren sollte, könnten sie dem Handel mit Gas, das von anderen russländischen Gasgesellschaften oder Gas fördernden Ölunternehmen angeboten wird, dienen. Der südliche Gaskorridor könnte aus der Türkei kommendes Gas, das aus Aserbaidschan, Turkmenistan und dem Iran stammt, Richtung Europa befördern.

Voraussetzung für die neuen Aufgaben ist eine Neuorganisation der Verwaltung des Gastransportsystems der Ukraine gemäß den Regeln der die südosteuropäischen Nicht-EU-Länder umfassenden Energiegemeinschaft (Energy Community), der die Ukraine seit 2011 angehört. Dazu gehört die Trennung von Förderung, Transport, Speicherung und Verteilung. Dies soll durch Übernahme der Aufgaben von Ukrtransgaz durch den von Naftogaz Ukrainy unabhängigen Gasleitungsnetzbetreiber "Mahistralni gasoprowody Ukrainy" (Hauptgasleitungen der Ukraine) geschehen. Das neue Unternehmen würde die Funktion eines Gasverteilungszentrums (gas hub) ausüben, ausländischen Investoren offenstehen, mit Gazprom über die Fortführung des Gastransits verhandeln und die weitere Modernisierung des ukrainischen Gastransportnetzes betreiben.

Die politische Dimension

NS2 und TS sind, wie es bereits "Blue Stream", "Jamal-Europa" und "Nord Stream" waren, Elemente der von Gazprom seit zwei Jahrzehnten verfolgten Pipelinestrategie, die auf die Brechung des Transitmonopols der Ukraine zielt. Als außenpolitische Instrumente des Kremls eignen sich NS2 und TS ebenso wenig wie die zuvor installierten Umgehungsleitungen. Deutschlands Regierung wird dennoch vorgeworfen, durch die Billigung der Ostseepipelines die Sicherheitsinteressen seiner ost- und südosteuropäischen Nachbarstaaten zu ignorieren. Sie und die EU werden deswegen von vielen politischen Kräften zum Einschreiten gegen NS2 gedrängt. Aber weder die deutsche Regierung noch die EU-Kommission sind nach geltender Rechtslage befugt, über den Bau oder die Inbetriebnahme von NS2 zu entscheiden. Um einer wachsenden politischen Entfremdung zwischen Deutschland und einigen seiner osteuropäischen Nachbarstaaten vorzubeugen, müsste die deutsche Seite diesen verdeutlichen, dass NS2 nicht Instrument einer deutsch-russischen Annäherungspolitik auf Kosten seiner östlichen Nachbarn, sondern ein kommerzielles Vorhaben ist, in das sich in der Marktwirtschaft der Staat ohne Rechtsgrundlage nicht einzumischen hat. Die EU sollte, statt in der Ukraine Hoffnung auf die Möglichkeit einer Blockade von NS2 zu nähren, das Land zu Verhandlungen mit Gazprom über die Zukunft des Gastransits und die Wiederaufnahme des Gasimports aus Russland drängen.

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