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Analyse: Die ukrainische Dezentralisierungsreform nach der Euromajdan-Revolution 2014–2017 | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die ukrainische Dezentralisierungsreform nach der Euromajdan-Revolution 2014–2017

Jurij Hanuschtschak Oleksij Sydortschuk Andreas Umland Kiew Oleksij Sydortschuk und Andreas Umland Von Jurij Hanuschtschak

/ 11 Minuten zu lesen

Die im Jahr 2014 beschlossene Dezentralisierungsreform soll eine administrative und territoriale Neuordnung in der Ukraine schaffen. Während in vielen Regionen die Veränderungen auf der Verwaltungsebene spürbar werden, bringt der Sonderstatus der ost-ukrainischen Regionen die Reform ins Stocken.

Die den Territorialgemeinden zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel werden vor allem für Infrastrukturprojekte, wie Straßensanierungen, genutzt. (© picture-alliance/dpa)

Die Dezentralisierung seit 2014 ist eine im Ausland bislang nur wenig wahrgenommene relativ erfolgreiche Reform der Ukraine nach dem Euromajdan. So findet derzeit eine umfassende Neuverteilung staatlicher Finanzen und Kompetenzen an örtliche Selbstverwaltungsorgane sowie eine dynamische Neuordnung des ukrainischen administrativen Systems durch den fortschreitenden Zusammenschluss früherer Kleinkommunen in größere, lebensfähigere Territorialgemeinden statt. Aufgehalten werden wichtige Teile der Dezentralisierung bislang vor allem durch die Nichtvollendung einer für die Reformumsetzung relevanten Verfassungsänderung. Diese wird vom ukrainischen Parlament aufgrund einer umstrittenen Auflage aus den Minsker Vereinbarungen abgelehnt, nämlich der Zubilligung eines Sonderstatus für die derzeit von moskaugesteuerten Separatisten kontrollierten Gebiete des östlichen Donezbeckens (siehe Interner Link: Ukraine-Analysen 155). Die trotzdem zügig voranschreitende Dezentralisierung wird von westlichen Geberorganisationen, vor allem von solchen der EU und USA, durch mehrere speziell aufgelegte Sonderprogramme wie U-LEAD und DOBRE unterstützt.

Einleitung

Die Dezentralisierung der Ukraine war eine der ersten, am zügigsten begonnenen und umfassendsten Reformen, die im März 2014 von der ersten Post-Euromajdan-Regierung unter dem damaligen Vizepremier und heutigen Regierungschef Wolodymyr Hrojsman eingeleitet wurden. Obwohl dieser Transformationsprozess die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft bereits heute tiefgreifend verändert, werden die dahinterstehenden Ideen, genauen Inhalte und ersten Erfolge dieser umfassenden Reorganisation des ukrainischen Verwaltungssystems vom Westen bisher wenig wahrgenommen. Entgegen einer im Ausland verbreiteten Ansicht haben weder die Konzipierung noch die Einleitung der Dezentralisierung etwas mit dem im Juli 2014 von der Ukraine und der EU unterzeichneten Assoziierungsabkommen oder mit den im September 2014 und Februar 2015 signierten Minsker Vereinbarungen zu tun. Vielmehr ist die nun schon drei Jahre währende Umgestaltung der lokalen öffentlichen Verwaltung bereits Jahre vor der Revolution der Würde von 2013/14 in der ukrainischen Gesellschaft heftig diskutiert, akribisch geplant und wiederholt versucht worden.

Vorgeschichte und Motive der Dezentralisierungsreform

So kam es nach der Orangen Revolution 2005 zur Ausarbeitung eines Gesetzes zur administrativen und territorialen Neuordnung der Ukraine. 2009 verabschiedete die ukrainische Regierung ein sogenanntes "Konzept zur Reform der örtlichen Selbstverwaltung". Als jedoch ein Jahr später Wiktor Janukowytsch Präsident wurde, stockte die anstehende Reorganisation des lokalen Verwaltungssystems der Ukraine. Diese und andere frühere Entwicklungen haben die ukrainische Gesellschaft und Politik darauf vorbereitet, die unterbrochene Restrukturierung der Beziehungen zwischen Zentrum und Peripherie nach der Auswechslung Janukowytschs zügig wieder aufzunehmen.

Nur wenige Wochen nach dem Sieg der Revolution der Würde am 21. Februar 2014 bestätigte die neue Regierung unter Arsenij Jazenjuk am 1. April 2014 ein modifiziertes "Konzept zur Reform der örtlichen Selbstverwaltung und territorialen Organisation [staatlicher] Macht in der Ukraine", welches den Dezentralisierungsprozess in Gang setzte. Motiv der jahrelangen Reformdiskussionen und nun laufenden Umgestaltung ist vor allem die bis heute existente übermäßige Ballung von Macht und Ressourcen in der Hauptstadt sowie einigen regionalen Zentren. Die fortgesetzte Konzentration von Prärogativen bei der Zentralregierung und teilweise bei den Oblasthauptstädten nach der Unabhängigkeit der Ukraine war ein Erbe des zaristischen und sowjetischen Herrschaftssystems. Bis heute finden sich Merkmale des hyperzentralisierten und semikolonialen Regierungssystems in vielen nominell sozialistischen und postsozialistischen Staaten weltweit. Dezentralisierung ist deshalb für postsowjetische Staaten zur Überwindung ihrer zaristischen, leninistischen und stalinistischen Hinterlassenschaften von ebenso großer Bedeutung wie die Liberalisierung, Entkolonialisierung, Demokratisierung, Entkriminalisierung, Privatisierung und Europäisierung (das heißt die Übernahme des EU-Acquis).

Die Überkonzentration von Kompetenzen in den nationalen und regionalen Hauptstädten führt zu einer Reihe von politischen, administrativen, wirtschaftlichen, juristischen, kulturellen und sozialpsychologischen Pathologien in der postsowjetischen Welt. Sie ist Hauptursache der geringen Qualität der öffentlichen Dienstleistungen in weiten Teilen der Ukraine, etwa in der Grund- und Hauptschulbildung, im Gesundheitswesen, im Straßenbau oder bei der sozialen Betreuung. Sie ist auch eine der Ursachen für die langsame wirtschaftliche Entwicklung vieler Regionen der Ukraine während der letzten 25 Jahre. Den Kommunalbehörden der Ukraine fehlte und fehlt es oftmals an ausreichenden Mitteln und Kompetenzen, um selbst auf grundlegende infrastrukturelle Bedürfnisse ihrer Gemeinden einzugehen. Einfache Bürger hatten und haben häufig immer noch nur geringe Möglichkeiten, Entscheidungen hinsichtlich ihrer vordringlichsten lokalen Angelegenheiten zu beeinflussen.

Erste Ergebnisse der beginnenden Dezentralisierung

Deshalb hat die Regierung ab 2014 ein ganzes Paket paralleler Maßnahmen zur Veränderung der alten Beziehungen zwischen Zentrale und Peripherie in Angriff genommen. Insgesamt bilden die verschiedenen Umgestaltungsmaßnahmen, Gesetzesnovellen und Neuregulierungen eine umfassende Dezentralisierungsreform. Zum Beispiel bedeutet eine Umverteilung von Steuereinnahmen aus dem zentralen Staatshaushalt an Städte und Gemeinden höhere Einnahmen für örtliche Behörden. Im Jahre 2015 zum Beispiel erhöhte sich der Finanzumfang der ukrainischen kommunalen Haushalte im Vergleich zu 2014 um 42 Prozent – von 70,2 Milliarden Hrywnja auf 99,8 Milliarden. Im Jahre 2016 stiegen die Einnahmen der örtlichen Gemeinden um weitere 49 Prozent auf 146,6 Milliarden Hrywnja. Das waren 16 Prozent mehr, als ursprünglich für das Jahr geplant war. Dieser unerwartete, hauptsächlich dem erhöhten Aufkommen an Einkommenssteuer geschuldete Anstieg der kommunalen Einnahmen war nicht nur ein Ergebnis von Inflation, sondern auch einer neuen Steuerformel, welche die Unternehmen motivierte, ihre Steuern ordnungsgemäß zu zahlen und teilweise auf Lohnzahlung "per Kuvert" zu verzichten. Zusätzlich soll ein neues Modell wettbewerblicher Aufteilung interbudgetärer Transfers die Unterstützung für schwächere Regionen und den ökonomischen Wettbewerb örtlicher Gemeinden befördern.

Weiterhin initiierte die Regierung zur Erhöhung der institutionellen, personellen und finanziellen Leistungsfähigkeit lokaler Behörden einen Prozess der freiwilligen Vereinigung, vor allem von Kommunen, zu größeren und administrativ leistungsstärkeren politischen Einheiten, sogenannten "amalgamierten Territorialgemeinden" (ATG; Ukrainisch: objednani terytorialni hromady). Dies war ein notwendiger Schritt, um die hohe Zahl von über 11.000 ukrainischen lokalen Gemeinden auf unterster Ebene zu überwinden. Vor der Reform hatten zum Beispiel 6.000 Ortsgemeinden weniger als 3.000 Einwohner. In 5.413 Haushalten örtlicher Selbstverwaltungen überstiegen die Subventionen aus der Zentrale einen Anteil von 70 Prozent. 483 Kommunen wurden zu 90 Prozent und mehr durch Zuwendungen aus Mitteln des zentralen Staatshaushalts unterhalten.

Wirkung und Vertiefung der Dezentralisierung

Unmittelbar nachdem der Zusammenschluss von Gemeinden gesetzlich möglich gemacht wurde, kam die praktische Umsetzung dieses Teils der Dezentralisierungsreform schnell in Gang. Bereits zum Jahresende 2016 lieferte der bislang freiwillige Vereinigungsprozess beeindruckende Ergebnisse: 15 Prozent der ehemals existierenden Kleinkommunen hatten sich auf eigene Initiative und ohne Druck von oben, wenngleich auch durch gewisse finanzielle Anreize, zu 367 größeren Territorialgemeinden zusammengeschlossen. Neben neuen Kompetenzen erhielten die neuen ATGs zusätzliche Steuereinnahmen und direkte staatliche Zuschüsse zur Entwicklung ihrer Infrastruktur und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie der Realisierung von Bildungsprojekten. Aufgrund ihrer neuen Einnahmen haben die 159 im Verlaufe des Jahres 2015 neugeschaffenen ATGs während der ersten neun Monate des Jahres 2016 im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres ihre Budgets mehr als versechsfacht, wie das Ministerium für Regionalentwicklung der Ukraine stolz berichtete. Den neuen behördlichen Instanzen erschlossen sich neue Einnahmequellen, vor allem aus der Einkommenssteuer, und sie erhielten neue Kompetenzen zur Lenkung und Tätigung ihrer Ausgaben.

Einige der in den ersten vereinigten Territorialgemeinden schnell realisierten Bauprojekte repräsentieren die bislang sichtbarsten Resultate der Dezentralisierung. Die Beamten der neuen ATGs nutzten die meisten der ihnen zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel für Infrastrukturprojekte, um den Einwohnern ihrer Gemeinden den Nutzen ihrer neuen politischen Ämter und administrativen Kompetenzen zu demonstrieren. Im Jahre 2016 wurde zum Beispiel mehr als doppelt soviel Straßenbelag in der Ukraine verlegt wie in den beiden Jahren zuvor (wobei das auch ein Resultat des generellen wirtschaftlichen Neuaufschwungs war, der Mitte 2016 einsetzte). Die Zentralregierung leistet den zusammengeschlossenen Kommunen finanzielle Unterstützung in Form staatlicher Zuschüsse, welche sich im Jahre 2016 auf annähernd eine Milliarde Hrywnja beliefen und 2017 rund 1,5 Milliarden Hrywnja betragen werden. Die ATGs nutzten die zusätzlichen Mittel vorrangig für die Rekonstruktion und Reparatur von Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie für öffentliche Bauprojekte. Ein weiteres Ziel der Dezentralisierung und der Bündelung von Entscheidungskompetenz besteht darin, die ATGs in die Lage zu versetzen, mehr Direktinvestitionen anzuziehen. Indes sind solche Projekte bislang rar, was im Trend des generell geringen Volumens ausländischer Einlagen in der Ukraine liegt. Dieser Nachteil hat weniger mit der ukrainischen Regierungsstruktur als vielmehr mit dem ramponierten internationalen Image der Ukraine als einem (angeblich) vom Krieg zerrissenen und hyperkorrupten Land zu tun.

Eine kürzlich verabschiedete Gesetzesnovelle betreffs der Vereinigung von Gemeinden erlaubt nun auch bislang nicht zusammengeschlossenen Kleinkommunen den Beitritt zu existierenden ATGs mittels eines vereinfachten Anschlussverfahrens. Es wird daher erwartet, dass Mitte 2017 die Anzahl der ATGs auf mehr als 60 Prozent der für die Ukraine insgesamt geplanten Vereinigungen anwachsen wird. Falls diese Prognose eintrifft, könnte man diesen entscheidenden Teilprozess der Dezentralisierungsreform als unumkehrbar betrachten. In den nächsten zwei Jahren strebt die Regierung ebenfalls eine Vergrößerung der als Rayons bezeichneten subregionalen Territorialeinheiten an, welche die Ukraine vom sowjetischen Verwaltungssystem geerbt hat. Gemeinsam mit dem weiteren Prozess der Gemeindezusammenschlüsse würde die Reorganisation der Rayons die Territorialreform als Schlüsselkomponente der Dezentralisierung bis Ende 2018 weitgehend vollenden.

Der Konflikt mit Russland als Hinderungsfaktor

Andere Teile des Reformpakets indes bleiben unvollkommen, da die Regierung bislang daran scheiterte, eine entscheidende Verfassungsänderung im Parlament durchzusetzen. Eine Anpassung der Verfassung der Ukraine ist notwendig, um die bereits geltenden Veränderungen in der ordentlichen Gesetzgebung sowie im Alltag der örtlichen Gemeinden rechtlich abzusichern. Obwohl sie keinen direkten Bezug zur Lösung des bewaffneten Konflikts im Donezbecken (Donbas) haben, wurden die für die Dezentralisierung nötigen Verfassungsänderungen im Jahre 2015 an eine der politischen Verpflichtungen der Ukraine im Rahmen des Minsker Prozesses gekoppelt. Gemeint ist die Gewährung eines umstrittenen "Sonderstatus" für die gegenwärtig von Russland und dessen Stellvertretergruppen kontrollierten Donbas-Gebiete in der Ost-Ukraine. Vor dem Hintergrund der demonstrativen und andauernden Verletzung der Minsker Vereinbarungen seit 2014 durch Moskau lehnt eine Mehrheit der Abgeordneten des Parlaments der Ukraine, der Werchowna Rada (Oberster Rat), es ab, das Gesamtpaket der anstehenden Verfassungsreformen zu verabschieden. Das ist insofern bedauerlich, als dieses Gesetzespaket auch verschiedene Dezentralisierungsbestimmungen enthält, die in keinem Zusammenhang mit dem Minsker Prozess stehen.

Angesichts des wachsenden Missmuts vieler Ukrainer gegenüber Russlands weiterhin aggressivem Verhalten während der letzten drei Jahre wird es immer unwahrscheinlicher, dass eine Schlussabstimmung über dieses Verfassungsänderungspaket je stattfindet. Das Zulassen der in den Änderungsentwürfen beschriebenen unklaren "Besonderheiten der Durchführung örtlicher Selbstverwaltung in verschiedenen Regionen der Gebiete Luhansk und Donezk" wird von vielen als Möglichkeit interpretiert, mehr Macht an die Lokalregierungen der derzeit besetzten Donbas-Region zu übertragen als an die Kommunen im restlichen Teil der Ukraine. Die Bestimmungen der Minsker Vereinbarungen, den derzeit besetzten Gebieten etwa zu erlauben, eigene lokale bewaffnete Milizen, Gemeindestaatsanwälte und andere nicht der Zentralregierung unterstellte Organe dieser Art zu installieren, werden immer heftiger von ausschlaggebenden ukrainischen politischen Akteuren abgelehnt, darunter politische Parteien, führende Intellektuelle und Wirtschaftsverbände.

Die neuen Präfekten

Die Verfassungsreform stieß bei einigen Parlamentariern auch auf Widerstand aufgrund der Schaffung eines neuen Organs im administrativen System der Ukraine – so genannter Präfekten. Dies sind vom Präsidenten berufene regionale Regierungsbeamte, welche über die Legalität der Entscheidungen lokaler Selbstverwaltungsorgane wachen sowie diese gegebenenfalls aussetzen und an Gerichte weiterleiten sollen. Die Autoren des Änderungsentwurfs machen geltend, dass der Einsatz solcher Präfekte notwendig sei, um eine zentralstaatliche Grundkontrolle über die neu ermächtigten lokalen Verwaltungsorgane aufrechtzuerhalten, da diese ihre neuen Kompetenzen missbrauchen könnten. Kritiker dagegen befürchten, dass der Präsident über die Präfekten politischen Einfluss auf die Kommunen ausüben und so die lokale Selbstverwaltung untergraben könnte.

Solchen bislang hypothetischen Befürchtungen könnten in der Zukunft durch flankierende Gesetze zerstreut werden. Dazu müsste der Gesetzgeber ein transparentes Auswahlsystem durch öffentlichen Wettbewerb sicherstellen, welches die Unabhängigkeit der Präfekte vom jeweils amtierenden Präsidenten garantiert. Da die genauen Kompetenzen von Exekutiv- und Legislativorganen der verschiedenen Ebenen im Entwurf der Verfassungsnovelle bereits heute klarer umrissen sind als im gegenwärtigen Grundgesetz, wird Machtmissbrauch insgesamt eher ab- als zunehmen.

Die öffentliche Meinung zur Dezentralisierung

Trotz der nur teilweisen und bislang vor allem freiwilligen Umsetzung des Reformpakets spüren viele Ukrainer bereits heute praktische Auswirkungen der Dezentralisierung. Laut einer Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie vom November 2016 zum Beispiel registrierten 46 Prozent der Befragten positive Veränderungen bei der Verwendung neuer Mittel, die den Kommunen zur Verfügung standen, während 43 Prozent keine Veränderungen und fünf Prozent negative Folgen ausmachten (siehe Interner Link: Grafiken 1–4). 25 Prozent verwiesen auf eine Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen in ihren Kommunen im Vergleich zu 58 Prozent, die keinerlei Veränderungen wahrnahmen und acht Prozent, die eine Verschlechterung verspürten. Eine klare Mehrheit der Ukrainer von 64 Prozent unterstützt die Dezentralisierung und die Stärkung von lokaler Selbstverwaltung. 61 Prozent sind mit dem langsamen Voranschreiten der Reformen unzufrieden.

Fazit

Seit Beginn des Jahres 2017 ist die Dezentralisierungsreform in der Ukraine in eine neue Phase eingetreten, die von der kürzlich erfolgten Annahme verschiedener auf die Förderung des Zusammenschlusses von Kommunen gerichteter Gesetze gekennzeichnet ist. Dieser ermutigende legislative Erfolg lässt hoffen, dass der bereits heute eindrucksvolle lokale Neuordnungsprozess weiter an Fahrt gewinnt. Zum jetzigen Zeitpunkt hat die Dezentralisierung bereits die finanzielle Ausstattung etlicher Kommunen in unterschiedlichen Regionen der Ukraine verbessert und den Grundstein für eine höhere Lebensqualität jener Ukrainer gelegt, die außerhalb der relativ wohlhabenden Metropolen wie Kiew, Odessa oder Charkiw leben.

Obschon die Idee einer zügigen Dezentralisierung nicht die Unterstützung aller politischen Kräfte der Ukraine genießt, verheißt die weitgehende Unterstützung der laufenden Reform durch entscheidende Regierungsbeamte sowie viele neugewählte Bürgermeister und Gemeinderäte, aber auch durch breite Bevölkerungsteile Gutes für die Zukunft der ukrainischen Reform der lokalen Selbstverwaltung. Zusätzlich unterstützen verschiedene westliche Staaten und internationale Organisationen mit Spezialprogrammen wie U-LEAD (Ukraine – Local Empowerment, Accountability and Development), finanziert durch die EU (verwaltet durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und die schwedische Firma SKL International), DOBRE (Decentralization Offering Better Results And Efficiency), finanziert durch die USA, und DESPRO (Decentralization Support in Ukraine) aus der Schweiz die ukrainische Reform lokaler Selbstverwaltung durch eine Vielfalt von Instrumenten und Zuwendungen in Höhe von insgesamt etwa 200 Millionen Euro. Wenn die derzeitigen Veränderungen auf örtlicher Ebene Fuß fassen, wird die nach dem Sieg des Euromajdans begonnene Dezentralisierung dazu beitragen, die postsowjetischen Beziehungen zwischen dem Staat und der Gesellschaft der Ukraine von Grund auf zu verändern.

Die Autoren danken Dominik Papenheim (EU-Delegation in Kiew) für dessen nützliche Hinweise zu einem früheren Entwurf dieses Artikels. Der Artikel erschien zuvor auf den Webseiten "Nowoje wremja" (Ukrainisch), Polit.ru (Russisch) und "New Eastern Europe" (Englisch). Aus dem Englischen ins Deutsche übertragen von Thomas Meyer und Andreas Umland.

Weiterführende englisch- und deutschsprachige Sekundärliteratur:

Fussnoten

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Jurij Hanuschtschak ist Direktor des Instituts für Territorialentwicklung in Kiew und Experte beim ukrainischen NRO-Dachverband "Paket zur Reanimierung der Reformen".

Oleksij Sydortschuk ist politischer Analyst bei der Ilko-Kutscheriw-Stiftung für Demokratische Initiativen, einer nichtstaatlichen ukrainischen Denkfabrik in Kiew.

Dr. Andreas Umland ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Euro-Atlantische Kooperation Kiew und Herausgeberder Buchreihe »Soviet and Post-Soviet Politics and Society« des ibidem-Verlags, Stuttgart.