Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Kommentar: Die Stimmen der Displaced Persons in der Ukraine und Russland | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Verhältnis zur belarusischen Opposition (28.11.2024) Analyse: Kyjiws strategische Distanz zur belarusischen Opposition dekoder: "Die Belarussen müssen verstehen, dass unsere Zukunft von uns selbst abhängt" Umfragen: Meinung in der Ukraine zu Belarus’ Kriegsbeteiligung Umfragen: Unterstützung in Belarus von Russlands Krieg gegen die Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Energieversorgung / Grüne Transformation (09.10.2024) Analyse: (Wie) Lässt sich die Energiekrise in der Ukraine abwenden? Analyse: Eine stärkere Integration des Stromnetzes in die EU kann der Ukraine helfen, die nächsten Winter zu überstehen Statistik: Stromimporte aus EU-Staaten Analyse: Resilienz wieder aufbauen: Die Rolle des ukrainischen Klimabüros bei der grünen Transformation Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik EU-Beitrittsprozess (29.07.2024) Analyse: Die Ukraine und die EU: Erweiterungspolitik ohne Alternative? Analyse: Wie schnell bewegt sich die Ukraine auf die EU zu, in welchen Bereichen gibt es große Fortschritte und in welchen nicht? Statistik: Stand der Ukraine im EU-Beitrittsprozess Umfragen: Öffentliche Meinung in der Ukraine und in ausgewählten EU-Ländern zum EU-Beitritt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Kommentar: Die Stimmen der Displaced Persons in der Ukraine und Russland

Prof. Dr. Gwendolyn Sasse

/ 4 Minuten zu lesen

Bis Sommer 2016 registrierte das ukrainische Sozialministerium fast 1,8 Millionen Binnenflüchtlinge in der Ukraine. Die Meinungen der Displaced Persons innerhalb und außerhalb der Ukraine werden jedoch, so Prof. Dr. Gwendolyn Sasse in seinem Kommentar, nicht ausreichend in den Blick genommen.

(© picture-alliance/dpa)

Nach einer ruhigeren Phase verschärfte sich der Krieg in der Donbass-Region im Osten der Ukraine Anfang 2017 wieder und war zwischenzeitlich auch in den Medien wieder präsent. Die Meinungen der Displaced Persons innerhalb und außerhalb der Ukraine wurden jedoch nicht in den Blick genommen. Bis Sommer 2016 registrierte das ukrainische Sozialministerium fast 1,8 Millionen Binnenflüchtlinge in der Ukraine. Seit 2015 gehört die Ukraine zu den zehn Ländern mit den meisten Binnenflüchtlingen weltweit. Außerdem sind mehr als eine Million Menschen aus der Konfliktzone nach Russland geflohen.

Ukrainische und russische Lokal- und Landesregierungen – und auch der Westen – müssen diese Gruppe der Displaced Persons aufgrund ihrer Anzahl, ihrer räumlichen Verbreitung und ihrer extremen Erfahrungen berücksichtigen. Die Displaced Persons stellen zwar keine geschlossene politische oder soziale Kraft dar, sind jedoch stark politisiert. Viele von ihnen bleiben abhängig von familiärer oder staatlicher Unterstützung und stehen in engem Kontakt mit den Regionen und Menschen, die sie zurückgelassen haben. Außerdem stellen sie einen Extremfall dar, an dem die durch den Krieg verursachte Bildung von Identitäten untersucht werden kann.

Das neu gegründete Zentrum für Osteuropa und internationale Studien (ZOiS) in Berlin hat eine außergewöhnliche zweigeteilte Befragung von Binnenflüchtlingen in der Ukraine und nach Russland geflüchteten Menschen durchgeführt. Die Befragung der Binnenflüchtlinge deckte die Oblaste Donezk, Luhansk, Dnipropetrowsk, Kiew, Lwiw und Kiew Stadt ab. Die Bestimmung der Quoten für in die Auswahl einbezogene Gruppen basierte auf offiziellen Angaben zu den Aufenthaltsorten und dem soziodemographischem Profil der Binnenflüchtlinge: Die meisten von ihnen sind mittleren Alters, zwei Drittel sind Frauen. Das Verhältnis von registrierten und nicht registrierten Binnenflüchtlingen war neun zu eins.

Die Befragung der Displaced Persons in Russland umfasste elf westliche und zentrale Bezirke, in denen sich besonders viele Displaced Persons aufhalten. In dieser Gruppe betrug das Verhältnis von registrierten und nicht registrierten Flüchtlingen 56 zu 44 – hierin kommen die zahlreichen Lagerschließungen zum Ausdruck. Weil es keine Angaben zu den Displaced Persons in Russland gibt, wurden deren Quoten nach dem Sample der Binnenflüchtlinge ausgerichtet.

Das angegebene mittlere Einkommen der Displaced Persons in Russland war (mit 470 Euro beziehungsweise 500 US-Dollar monatlich) höher als das der Binnenflüchtlinge (163 Euro beziehungsweise 173 US-Dollar monatlich). Das kann zumindest teilweise darauf zurückgeführt werden, dass über 70 Prozent der Displaced Persons in Russland angaben, in Vollzeit zu arbeiten, was nur 46 Prozent der Binnenflüchtlinge in der Ukraine angaben.

Verbindungen zu Familie und Freunden waren ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Niederlassungsort. Rund 70 Prozent der Displaced Persons in Russland und 60 Prozent derjenigen in der Ukraine hatten an ihren gegenwärtigen Wohnorten bereits vorher Familie oder Freunde. Möglicherweise überraschend für die russischen und ukrainischen Behörden ist, dass die Mehrheit der Displaced Persons dort verbleiben will, wo sie sich zurzeit aufhält – vor allem ist das in Russland der Fall (80 Prozent), aber auch in der Ukraine (etwa 65 Prozent).

Die interessantesten Ergebnisse erbrachte die Umfrage in Bezug auf die Angaben zur eigenen Identität der Befragten. Auf die Frage, ob sich ihre Identität im Zuge der Ereignisse von 2013 bis 2016 verändert habe, konstatierten die Displaced Persons in Russland die größten Veränderungen. Etwas mehr als 50 Prozent gaben an, sich nun "russischer" zu fühlen. Interessanter ist aber noch, dass fast 30 Prozent angaben, nun stärker wahrzunehmen, "sowohl russisch als auch ukrainisch" zu sein. Von den befragten Binnenflüchtlingen gaben 50 Prozent an, dass sich ihre Identität verändert habe: Gut 30 Prozent fühlen sich nun "ukrainischer", 14 Prozent nahmen stärker wahr, sowohl russisch als auch ukrainisch zu sein.

Gemischte Identitäten bleiben also wichtig beziehungsweise sind unter den am direktesten vom Krieg Betroffenen sogar wichtiger geworden. Diese Auffälligkeit steht in deutlichem Kontrast zu den Polarisierungen, die die Analyse der Ukraine zu weiten Teilen kennzeichnet.

Die Umfrage zeigt die zahlreichen und starken Verbindungen, die die Displaced Persons in Russland wie in der Ukraine zu Familienmitgliedern und Freunden in den besetzten Gebieten und im restlichen Donbass aufrechterhalten. Zwei Drittel der russischen Displaced Persons haben Verwandte oder Freunde in den von Kiew kontrollierten Gebieten. Von den Binnenflüchtlingen in der Ukraine haben zwei Drittel Freunde oder Verwandte in den besetzten Gebieten. Etwa die Hälfte der Displaced Persons in Russland und der Ukraine sind in täglichem oder wöchentlichem Kontakt mit Verwandten oder Freunden in den besetzten Gebieten. Und eine weitere Art von persönlichen Verbindungen bedeuten einen Schutz vor weiteren Trennlinien: Etwa 40 Prozent der Binnenflüchtlinge in der Ukraine haben Freunde oder Verwandte, die in Russland leben oder arbeiten.

Beim Vertrauen in die politische Führung gibt es deutliche Unterschiede. Eine überwältigende Mehrheit von über 90 Prozent der Befragten in Russland vertraut dem russischen Präsidenten "eher" oder "sehr" – ein scharfer Kontrast zur Ukraine, wo nur etwa ein Drittel der Binnenflüchtlinge dem ukrainischen Präsidenten vertraut. Entscheidend sind hier nicht die unterschiedlichen Vertrauensgrade, sondern dass die Displaced Persons die sie umgebende allgemeine Stimmung annehmen und wiedergeben. Die von der Ukraine nach Russland Geflohenen haben sich ziemlich schnell dem russischen Mainstream angeglichen.

Der kleine Teil der Displaced Persons in Russland, der eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine befürwortet – 17 Prozent – entspricht einem ähnlichen Schema. Dass jedoch 45 Prozent der Binnenflüchtlinge in der Ukraine eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine ablehnen, überrascht wohl stärker. Eine momentan starke Enttäuschung über das Unvermögen der EU, die Situation in der Ukraine zu verändern, der angenommene Zusammenhang zwischen ihrer Situation als Displaced Persons und den Euromaidan-Antiregierungsdemonstrationen sowie die Assoziation der EU mit engeren Verbindungen zur Nato könnten zusammengenommen dieses Ergebnis erklären.

Eine Lösung des Konflikts im Donbass scheint in weiter Ferne zu liegen und die Displaced Persons werden wohl dort bleiben, wo sie sind. Ihre politische und sozioökonomische Integration wird von Relevanz sein – und das noch stärker in der Ukraine als in Russland, wie die Ergebnisse dieser Umfrage nahelegen.

Übersetzung aus dem Englischen: Sophie Hellgardt

Fussnoten

Weitere Inhalte

Länder-Analysen

Politische Eliten in Polen – 1989 bis 2020

Was sind Kennzeichen einer gelungenen Transformation? Welches Personal gilt als unbelastet für politische Ämter im neuen Staat? Wo steht Polen im Vergleich zu anderen Ländern Ostmitteleuropas?

Prof. Dr. Gwendolyn Sasse ist die wissenschaftliche Direktorin des neu gegründeten Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin sowie non-resident senior fellow von Carnegie Europe. Die englische Originalfassung dieses Beitrags wurde im Februar 2017 im »Carnegie Europe’s Strategic Europe Blog« veröffentlicht: Externer Link: http://carnegieeurope.eu/strategiceurope/67979