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Analyse: Die ukrainische Zusammenarbeit mit Russland im Bereich der Atomenergie. Ende einer Epoche der Kooperation | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die ukrainische Zusammenarbeit mit Russland im Bereich der Atomenergie. Ende einer Epoche der Kooperation

Olga Koscharnaja

/ 10 Minuten zu lesen

Die angespannte Lage zwischen Russland und der Ukraine macht sich auch im Bereich der Atomindustrie bemerkbar. Vor der Krim-Krise arbeitete man noch bei der Lagerung von Atommüll, sowie der Modernisierung und dem Neubau von Kraftwerken Hand in Hand. Heute distanzieren die Länder sich immer mehr voneinander.

Bisher wurden viele ukrainische Ingenieure für Atomenergie in Russland ausgebildet. Nun will man sich mehr und mehr von der russischen Expertise distanzieren. (© picture-alliance/dpa)

Die Annexion der Krim und der militärische Konflikt in der Ostukraine haben die internationale Diversifizierung der ukrainischen Atomwirtschaft entscheidend beschleunigt. Die Ukraine ist dabei ihre Zusammenarbeit mit Russland im Bereich der Atomenergie schnellstmöglich zu verringern. Neubauprojekte mit russischer Technik sind nicht mehr vorgesehen. Die Laufzeitverlängerung von Reaktoren mit sowjetischer Technik kann mittlerweile durch die Ukraine ohne russische Beteiligung realisiert werden. Die Entsorgung von Atommüll wird nach Fertigstellung der neuen ukrainischen Endlagerstätte ebenfalls ohne russische Beteiligung erfolgen. Bei der Versorgung mit Atombrennstoff wird die Kooperation mit Russland jedoch noch länger fortgesetzt werden.

Einleitung

Die Zusammenarbeit zwischen der russischen und der ukrainischen Atomindustrie war traditionell sehr eng, da viele ukrainische Ingenieure für Atomenergie in Russland studiert haben, ihre Karriere in russischen Atomkraftwerken oder in Unternehmen und Forschungsinstituten des sowjetischen Atomenergiekomplexes begonnen haben. Umgekehrt haben auch russische Experten in ukrainischen Atomkraftwerken oder im ehemaligen Staatskomitee für Atomenergie der Ukraine und im Ministerium für Energie der Ukraine gearbeitet.

Die Situation hat sich im Frühjahr 2014 nach der Annexion der Krim durch Russland und der russischen Unterstützung für die Separatisten in der Ostukraine geändert. Die ukrainischen Ministerien und der Betreiber der ukrainischen Atomkraftwerke, das Staatsunternehmen Energoatom, haben unmittelbar nach der Annexion der Krim begonnen, die Zusammenarbeit mit Russland zu überdenken und auf ein Minimum zu beschränken.

Versorgung mit Atombrennstoff

Die Ukrainekrise hat auch in der EU die Debatte über die Energiesicherheit intensiviert. Die European Energy Security Strategy wurde 2014 veröffentlicht. Im Abschnitt 7.2. "Uran und Brennelemente" wird hier festgestellt, dass die Russische Föderation ein wichtiger Konkurrent für europäische Unternehmen ist. Dies gilt sowohl für die Herstellung von Brennelementen als auch für die Bereitstellung integrierter Pakete für Investitionen in die gesamte Produktionskette der Atomwirtschaft. Besondere Beachtung erhalten in diesem Zusammenhang Projekte zum Bau von neuen Atomkraftwerken in der EU auf Basis sowjetischer Technologien. Hier soll gewährleistet werden, dass keine Abhängigkeit von russischen Atombrennstofflieferungen entsteht. Die Diversifizierung der Lieferungen von Atombrennstoff wird für alle Betreiber von Atomkraftwerken gefordert. Das ist ein Novum in der europäischen Energiepolitik.

Die Ukraine benötigt im Durchschnitt Atombrennstoff im Wert von rund 600 Mio. US-Dollar pro Jahr. Im Rahmen eines 2010 unterschriebenen Zehnjahresvertrags zwischen dem ukrainischen Atomkraftwerkbetreiber Energoatom und der russischen staatlichen Firma TVEL erfolgt die Lieferung von Brennstoffelementen für die ukrainischen Atomkraftwerke nach einem Zeitplan und in Mengen, die am Ende eines jeden Jahres für das nächste Jahr in einer Ergänzung zum Vertrag vereinbart werden. Im Vertrag wurde festgeschrieben, dass Isotopenanreicherung von Uran für die gesamte von TVEL gelieferte Brennstoffmenge durch Russland erfolgt.

Der staatliche ukrainische Konzern "Jadernoje topliwo" (Atombrennstoff) besitzt 10 % der Anteile am "Internationalem Zentrum für Urananreicherung" in Angarsk, Russland, die im Oktober 2010 erworben wurden. Diese Beteiligung ermöglicht Urananreicherung zu Vorzugspreisen, kann aber nur 4 % der erforderlichen Mengen von Urankonzentrat (Uran-235) zur Herstellung von Brennelementen für die ukrainischen Atomkraftwerke beitragen. Dabei liefert Energoatom ca. 30–40 % des Urankonzentrats aus ukrainischer Herkunft. Die Nutzung des Internationalen Zentrums für Urananreicherung begann im Jahr 2012 und wird weiterhin fortgesetzt.

Ein Projekt zur gemeinsamen Produktion von Atombrennstoffen in der Ukraine auf Grundlage russischer Technologien wurde hingegen im Zuge der Ukrainekrise auf Eis gelegt. 2010 war zur Umsetzung dieses Projekts ein ukrainisch-russisches Joint Venture gegründet worden, an dem der ukrainische Staatskonzern "Jadernoje topliwo" 50 % + 1 Aktie und der russische Staatskonzern TVEL 50 % - 1 Aktie erhielt.

Nach ukrainischem Recht kann mit dem Bau einer Produktionsanlage für Atombrennstoff, wie mit allen mit Atomenergie verbundenen Anlagen, nur dann begonnen werden, wenn das Unternehmen eine Lizenz für "Errichtung und Inbetriebnahme einer Atomanlage" von der zuständigen staatlichen Regulierungsbehörde erhalten hat. Die beiden wichtigsten Voraussetzungen für die Lizenzvergabe sind die Zustimmung der staatlichen Atomaufsicht auf Grundlage des vorläufigen Berichts zur Sicherheitsanalyse und die Genehmigung durch die ukrainische Regierung.

Die Machbarkeitsstudie des Projekts und der Standort für die Anlage wurden von der ukrainischen Regierung im Juni 2012 angenommen. Der Bericht zur Sicherheitsanalyse wurde von der Atomaufsicht im Dezember 2013 akzeptiert. Die abschließende Genehmigung durch die Regierung erfolgte jedoch nicht. Die neue Führung des ukrainischen Ministeriums für Energie und Kohlebergbau folgerte nach Prüfung der Vertragsbedingungen und im Kontext des eskalierenden Konflikts mit Russland, dass das Projekt für die Ukraine keine Vorteile bringt, da die Ukraine gemäß der Vertragsbestimmungen nicht der Eigentümer der verwendeten Technologie wird, sondern nur Nutzungsrechte erhält, welche sie im Falle höherer Gewalt verlieren kann. Außerdem würde die geplante Kapazität der Anlage den Bedarf der Ukraine übersteigen. Pläne für eine Verwendung der überschüssigen Produktion fehlten aber. Im November 2015 lehnte die zuständige staatliche Regulierungsbehörde die Genehmigung zum Bau einer Atombrennstoffproduktionsanlage dann mit der Begründung ab, dass die Frist für die Einreichung der Bewerbungsunterlagen abgelaufen sei.

Bereits Mitte der 1990er Jahre begann die Ukraine, Pläne zur Diversifizierung der Versorgung mit Atombrennstoff zu entwickeln. Die ersten konkreten Schritte wurden im Jahr 2000 gemacht, als ein Projekt zur Verwendung von Atombrennstoff der Firma Westinghouse in die Wege geleitet wurde. 2008 wurde ein kommerzieller Vertrag zwischen Energoatom und Westinghouse geschlossen, der Lieferungen von austauschbaren Brennelementen für drei Reaktorblöcke pro Jahr vorsah. Der Vertrag wurde im Frühjahr 2014 verlängert. Am 30. Dezember 2014 wurde eine Ergänzung zu diesem Vertrag unterschrieben, die zusätzliche Lieferungen in Fällen höheren Gewalt vorsieht, wie zum Beispiel bei einem russischen Lieferstopp, der aufgrund der politischen Lage nicht mehr ausgeschlossen werden kann.

In den Jahren 2008–2012 war das russische Unternehmen "Technosnabexport" für die Lieferung von isotopenangereichertem Uran an die Fabrik in Schweden zuständig, welches für die Herstellung von Atombrennstoff nach der Westinghouse-Technologie verwendet wurde. Im Rahmen des Vertrages zwischen Energoatom und Westinghouse übernahm anschließend die französische Firma Areva die Versorgung mit Uran-Konzentrat und die Isotopenanreicherung von Uran-235. Ab 2017 werden diese Aufgaben von der britischen Firma Urenco übernommen.

Lagerung von Atommüll

Die Ukraine kooperiert mit Russland auch auf dem Gebiet der Entsorgung von Atomabfällen. Der Atommüll von zwei Blöcken des AKW Riwne wird zur Wiederaufbereitung in die Region Tscheljabinsk gebracht und die Atomabfälle von drei Blöcken des AKW Süd-Ukraine, von zwei Blöcken des AKW Chmelnyzkyj und zwei Blöcken des AKW Riwne werden zur langfristigen Lagerung nach Zheleznogorsk in der russischen Region Krasnojarsk transportiert. Die Kosten dieser Entsorgungsleistungen belaufen sich auf 150 bis 200 Mio. US-Dollar pro Jahr.

Die Ukraine verfügt bereits über eigene Erfahrung im Bau und Betrieb einer Endlagerstätte für Atomabfälle auf dem Gebiet des AKW Zaporischschja, die 2001 in Betrieb genommen wurde. Am 3. November 2016 wurden der staatlichen Atomaufsicht der Ukraine die positiven Ergebnisse einer staatlichen Überprüfung der Pläne für den Bau einer zentralen Lagerstätte für abgebrannte Brennelemente vorgelegt, die auf Grundlage einer Technologie der Firma Holtek International (USA) in der Sperrzone von Tschernobyl gebaut werden soll. Nach Abschluss aller internen Verfahren wird die Atomaufsicht Energoatom eine Lizenz für den Bau und die Inbetriebnahme der Endlagerstätte erteilen. Der Baubeginn ist für das Frühjahr 2017 und der Abschluss der ersten Bauphase zum Jahresende 2018 geplant. Nach Fertigstellung des ukrainischen Endlagers soll die Ausfuhr von Atomabfällen zur Endlagerung in Russland eingestellt werden.

Modernisierung bestehender AKWs

Die ukrainische Gesetzgebung zur Regulierung der Nutzung von Atomenergie für friedliche Zwecke sieht die Stellen des leitenden Konstrukteurs der Reaktoranlage und des leitenden betreuenden Wissenschaftlers, die zu Sowjetzeiten existierten und die es noch bis heute in Russland gibt, nicht vor. Die volle Verantwortung für den sicheren Betrieb der Atomanlagen in der Ukraine liegt beim Betreiber. Der Betreiber ist für die Auswahl und Kontrolle der Zulieferer zuständig. Dennoch glauben die russischen Ingenieure auf der Grundlage ihrer aktuellen und sowjetischen Erfahrung, dass alle Betreiber von WWER-Reaktoren, einschließlich der ukrainischen, verpflichtet sind, mit den obengenannten "Leitern" technische Lösungen zur Modernisierung von Reaktorblöcken und zur Verlängerung der Laufzeit der ukrainischen AKWs über die vorgesehene 30 Jahren hinaus zu besprechen.

Um die Abhängigkeit von russischen Experten und Ersatzteilen zu verringern, bemühen sich ukrainische Unternehmen die entsprechende Expertise zu entwickeln. Zum Beispiel hat die ukrainische Firma "Turboatom" die Produktion von Rotorblättern für Hochgeschwindigkeitsturbinen eines russischen Unternehmens aufgenommen. Hauptsächlich ist die Firma "Turboatom" auf die Herstellung von Low-Speed-Dampfturbinen für Atomkraftwerke spezialisiert. Ebenso bemühen sich ukrainische Firmen die Produktion von Ersatzteilen zum Beispiel für russische Dieselgeneratoren zu übernehmen. Außerdem werden Hardware- und Softwarekomponenten der automatischen Prozesssteuerungssysteme sowie der Überwachungs- und Kontrollsysteme für Atomkraftwerke mit WWER-Reaktoren in ukrainischen Betrieben entwickelt und produziert.

Von 2007 bis 2012 wurden bei der Planung zur Verlängerung der Laufzeit der AKWs Riwne (Blöcke 1 und 2) und Südukraine (Block 1) russische Experten herangezogen. Derzeit stützt sich der ukrainische Atomkraftwerkbetreiber Energoatom bei Forschung und Sicherheitseinschätzungen auf ukrainische Organisationen und Unternehmen, darunter bereits in der Sowjetunion etablierte namhafte Forschungsinstitute sowie Neugründungen in Kiew und Charkiw. Darüber hinaus arbeitet Energoatom verstärkt mit europäischen Unternehmen zusammen, etwa mit dem Institut für Kernphysik in Řež, den Firmen Skoda und UNIX (Tschechien), IBERDROLA Ingenieria Construccion (Spanien), TÜV (Deutschland), Areva (Frankreich) oder Scandpower (Schweden). Natürlich sind auch US-Unternehmen auf dem ukrainischen Markt für Ingenieur-Dienstleistungen vertreten.

Im Ergebnis hat Russland seine dominante Position auf dem ukrainischen Markt für technische Dienstleistungen für Atomkraftwerke und andere Atomanlagen verloren. Die wissenschaftliche und technische Unterstützung für den sicheren Betrieb von Atomreaktoren wird ohne Beteiligung russischer Unternehmen vom ukrainischen Betreiber organisiert. Die Ergebnisse zahlreicher internationaler Missionen solcher Organisationen wie der IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation) und WANO (World Association of Nuclear Operators ) bestätigen den Erfolg dieser Strategie.

Kein Neubau von Reaktorblöcken

Bereits 2005 hatte die ukrainische Regierung die Fertigstellung der neuen Reaktoren 3 und 4 des Atomkraftwerkes Chmelnyzkyj beschlossen. Hierzu wurde 2010 ein Regierungsabkommen mit Russland geschlossen. Das russische Unternehmen "Atomstroiexport" wurde beauftragt zwei Reaktorblöcke des Typus WWER-1000-Projekt 392B zur Inbetriebnahme im Zeitraum 2015–2016 zu bauen.

In Übereinstimmung mit der Machbarkeitsstudie wurde der Wert des Projekts auf etwa 5 Mrd.US-Dollar veranschlagt. Mit dem Bau wurde aber nicht begonnen, weil die ukrainische Seite mit den Bedingungen des Darlehens zur Finanzierung des Projektes nicht zufrieden war. Das Abkommen sah vor, dass die russische Seite entsprechend ihrer üblichen Praxis einen staatlich garantierten Kredit in Höhe von 85 % der Kosten zu Vorzugszinsen zur Verfügung stellt. Nach der Unterzeichnung des Abkommens forderte die russische Seite für den Kredit aber den viel höheren bei kommerziellen Krediten üblichen Zinssatz. Ein weiterer Streitpunkt war die Auswahl der Zulieferer für Ausrüstungen und Dienstleistungen während der Bauphase. Die vorläufige Einigung auf eine maximale Nutzung ukrainischer Zulieferer wurde von der russischen Seite ignoriert.

Nach dem Unfall im japanischen Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi trat die Ukraine, obwohl sie kein EU-Mitglied ist, der EU-Initiative zur außerplanmäßigen Sicherheitsüberprüfung aller ihrer Atomblöcke ("Stresstest") bei. In Reaktion auf die Ergebnisse der Stresstests von 2012 hat die ukrainische Atomaufsicht basierend auf den Empfehlungen der WENRA (Western European Nuclear Regulators' Association) verschärfte Anforderungen an Neubauprojekte für Atomkraftwerke erlassen. Das entsprechende Dokument "Projekt zur Sicherheit neuer Kernkraftwerke" wurde im November 2012 veröffentlicht. Die zusätzlichen Anforderungen beziehen sich auf die Überarbeitung der Regulierung bei schweren Unfällen und die Festlegung verschärfter Sicherheitskriterien. Konkret heißt das, dass bei der Planung einer neuen Atomanlage nachgewiesen werden muss, dass bei einem schweren Unfall mit Kernschmelze keine Folgen radioaktiver Strahlung außerhalb der Schutzzone entstehen, die eine Evakuierung der Bevölkerung erfordern würden. Außerdem wurden die Sicherheitsanforderungen bezüglich natürlicher und von Menschen verursachter Katastrophen verschärft indem z. B. die Anforderung an Toleranz gegenüber Erdbeben verdoppelt wurde. Darüber hinaus wird auch die Gewährleistung der stabilen Arbeit des Reaktors für mindestens 72 Stunden bei einem absoluten Stromausfall und von mindestens 14 Tagen im Falle eines externen Stromausfalls verlangt.

Das im russisch-ukrainischen Vertrag vorgesehene Projekt für die zwei Blöcke des AKW Chmelnyzkyj entsprach nicht den neuen Sicherheitsanforderungen. Russland schlug daraufhin den Bau einer Reaktoranlage des Typs AKW-2006 vor. Dieser Vorschlag stellte die ukrainische Seite aber aus mehreren Gründen nicht zufrieden. So hatte die ursprüngliche Ausschreibung die Nutzung bereits vorhandener Baustrukturen für die beiden Reaktorblöcke vorgesehen. Da diese nun nicht mehr genutzt werden konnten, verdoppelten sich die geplanten Kosten. Die veränderten Rahmenbedingungen legten außerdem eine Neuausschreibung des Projektes nahe, bei der auch Unternehmen aus anderen Ländern teilnehmen konnten, da die Nutzung sowjetischer Reaktortechnik keinen Preisvorteil mehr bot. Das russisch-ukrainische Abkommen wurde dann vom ukrainischen Parlament im September 2015 annulliert.

Ausblick

In Reaktion auf den mit der Annexion der Krim und dem Krieg in der Ostukraine eskalierten Konflikt ist die Ukraine dabei ihre Zusammenarbeit mit Russland im Bereich der Atomenergie schnellstmöglich zu verringern. Neubauprojekte mit russischer Technik sind nicht mehr vorgesehen. Die Pläne für neue Reaktoren und eine Produktionsanlage für Atombrennstoff wurden abgelehnt. Die Laufzeitverlängerung von Reaktoren mit sowjetischer Technik kann mittlerweile durch die Ukraine ohne russische Beteiligung realisiert werden. Die Entsorgung von Atommüll wird nach Fertigstellung der neuen ukrainischen Endlagerstätte ebenfalls ohne russische Beteiligung organisiert werden.

Bei der Versorgung mit Atombrennstoff wird die Kooperation mit Russland jedoch noch länger fortgesetzt werden, weil mit TVEL und Westinghouse weltweit nur zwei Unternehmen Brennelemente für die in ukrainischen AKWs genutzten WWER-Reaktoren anbieten können. Der aktuelle Liefervertrag mit dem russischen Staatsunternehmen TVEL läuft noch bis 2020. Es ist zu erwarten, dass sich ein neuer Liefervertrag für die Zeit nach 2020 wesentlich vom aktuellen Vertrag unterscheiden wird. Uran-Konzentrat und Isotopenanreicherung werden wahrscheinlich auf dem Weltmarkt gekauft werden und TVEL wird nur als Produzent beteiligt werden. Zusätzlich wird die Ukraine versuchen Westinghouse als zweiten Lieferanten zu behalten, um über Wettbewerb günstige Vertragsbedingungen und technologischen Fortschritt zu erreichen. Offen bleibt nur die Frage nach den Marktanteilen der beiden Produzenten auf dem ukrainischen Markt für Atombrennstoffe.

Übersetzung aus dem Russischen: Lina Pleines

Fussnoten

Dr. Olga Koscharnaja arbeitet seit fünf Jahren als Direktorin für Öffentlichkeitsarbeit bei der Vereinigung "Ukrainian Nuclear Forum". Sie hat am Moskauer Mendelejew-Institut für Chemietechnik studiert und promoviert. Vor ihrer derzeitigen Tätigkeit arbeitete sie als Abteilungsleiterin in der nationalen Regulierungsbehörde für Nuklear- und Strahlensicherheit der Ukraine sowie als leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin am Nationalen Institut für Strategische Studien.