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Analyse: Staatliche Parteienfinanzierung: Gelingt ein Meilenstein in der Bekämpfung der politischen Korruption? | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Staatliche Parteienfinanzierung: Gelingt ein Meilenstein in der Bekämpfung der politischen Korruption?

Oksana Huss Essen Von Oksana Huss

/ 11 Minuten zu lesen

Am 8. Oktober 2015 hat das ukrainische Parlament im Rahmen der Anti-Korruptionsinitiative ein Gesetz zur Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung verabschiedet. Es beinhaltet gesetzliche Änderungen in Bezug auf Quellen und Transparenz der Parteienfinanzierung. Dies soll einen Meilenstein im Zuge der Deoligarchisierung setzen.

Der ukrainische Premiermenister Jazenjuk spricht vor dem ukrainischen Parlament. (© dpa)

Einleitung

Die politischen Parteien sind Ausgangspunkt für die Einflussnahme der Oligarchen auf die ukrainische Politik. Sie gelten als Geburtsstätte der politischen Korruption in der Ukraine. Der Korruptionsskandal um den Abgeordneten der Radikalen Partei, Ihor Mosijtschuk, bestätigte erneut diese Annahme. Kurz vor den Lokalwahlen im Herbst 2015 wurde ein Video veröffentlicht, das zeigte, wie Mosijtschuk Bestechungsgelder annimmt. Im Gegenzug verspricht er, alles so zu "organisieren", dass sein Kunde eine Lizenz für einen Steinbruch erhält und keine "Probleme" mit der Polizei und der Umweltschutzbehörde bekommt. Auf die Frage, wie der Kunde mit lokalen Machthabern den Dialog führen soll, erwidert Mosijtschuk "Der Dialog ist einfach: Die Partei geht in den Wahlkampf, die Partei braucht Geld. Helfen Sie der Partei, und die Partei wird Ihnen helfen."

Übersicht



Politische Parteien spielen eine zentrale Rolle in der Demokratie, da sie eine Plattform für die Aggregation und Artikulation der sozioökonomischen Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen sind. In der Ukraine entspricht dies leider nicht der Realität. Anstatt die Interessen der Bevölkerung zu vertreten (siehe Grafik 1), dienen politische Parteien in erster Linie als Businessplattformen für einzelne wohlhabende Personen (Oligarchen) oder bestimmte Finanzindustrie-Gruppen (FIG). Die Mehrheit der politischen Parteien entwickeln sich bereits von Beginn an unter korrupten Bedingungen. Sie gelten als technische Projekte mit Aussicht auf einen späteren Verkauf an die Politiker, die keine eigene Partei haben, diese jedoch als Plattform für den Wahlkampf brauchen. Dies erklärt die extreme Fragmentierung der Parteienlandschaft: Ende 2015 wurden in der Ukraine 297 Parteien registriert. Die meisten Parteien und politischen Blöcke sind personenzentriert, und ihr Programm richtet sich nach dem Image der Parteispitze. Aus diesem Grund spielt politische Ideologie für die Parteien eine marginale Rolle. Die Anzahl an Parteimitgliedschaften ist sehr gering (siehe Grafik 2) und interne Parteidemokratie kaum existent. Als Ergebnis herrscht eine große Distanz zwischen politischen Parteien und der Bevölkerung. In Umfragen führt dies zu sehr geringem Vertrauen in die politischen Parteien (siehe Grafik 3).



Dieser Artikel konzentriert sich ausschließlich auf das Finanzierungsmodell für Parteien als eines der korruptionsbegünstigenden bzw. -hemmenden Variablen, zumal in diesem Bereich aktuell eine gesetzliche Änderung herbeigeführt worden ist. Daneben gibt es noch weitere institutionelle Faktoren, wie zum Beispiel die Verfassungsregulierung in Bezug auf die Rolle der politischen Parteien im politischen Prozess, die Machtverteilung zwischen dem Parlament und dem Präsidenten oder das Mehrheits- oder Verhältniswahlsystem. Diese Faktoren haben einen direkten Einfluss auf Parteiensystem und somit auf das Ausmaß von Korruptionsrisiken, denen Parteien ausgesetzt sind.

Parteienfinanzierungsmodelle



Politische Parteien sind auf eine stabile Finanzierung und ausreichende Ressourcen angewiesen, um ihre repräsentative Rolle im politischen System zu erfüllen. Die Finanzierungsmodelle der Parteien im politischen System lassen sich in zwei große Strömungen einordnen: egalitär und libertär. Das egalitäre Modell basiert auf der Annahme, dass materielle Unterschiede, vor allem Vermögen und finanzielle Ressourcen, im Kontext des politischen Wettbewerbs möglichst ausgeglichen sein sollen. Dieser Ausgleich geschieht durch zwei wichtige Instrumente: Das erste ist die öffentliche Finanzierung der Parteien, um die den wichtigsten politischen Akteuren zur Verfügung stehenden Ressourcen einander anzugleichen. Das zweite ist die streng kontrollierte Einschränkung der Ausgaben im Wahlprozess sowie der Spenden seitens privater und juristischer Personen. Dies geschieht, um den Einfluss wohlhabender Geber, wie z. B. Oligarchen, zu reduzieren. Die Parteien werden als quasi-staatliche Institutionen behandelt und zur transparenten Darlegung ihrer Einnahmen und Ausgaben aufgefordert.



Das libertäre Modell basiert auf der Annahme, dass der Status quo im politischen Wettbewerb beibehalten werden und dass der Staat sich in die Ressourcenverteilung nicht einmischen soll. Folgerichtig werden die Parteien im libertären Modell nicht als Teil des Staates, sondern als Teil der Zivilgesellschaft betrachtet. Somit wird ihr Recht auf eine eigenständige Ressourcenverwaltung, ohne jegliche Einschränkung und Kontrolle seitens des Staates, respektiert. Die libertäre Herangehensweise ist beispielsweise in der US-amerikanischen Verfassung verankert. Das libertäre Modell kann für pluralistische Gesellschaften mit regem wirtschaftlichem Wettbewerb, starker Zivilgesellschaft und unabhängiger Justiz gerechtfertigt werden. Wenn diese Voraussetzungen aber fehlen, führt das libertäre Finanzierungsmodell zu einer hohen Anfälligkeit der Parteien für politische Korruption.

Aktuelle parteienfinanzierungsbezogenen Korruptionsrisiken

Nach dem politischen Umbruch Anfang der 90er Jahre folgten fast alle Staaten Zentralosteuropas einem egalitären Finanzierungsmodell für Parteien, indem sie die öffentliche Parteienfinanzierung in unterschiedlicher Form einführten. Die Ukraine stellt in diesem Kontext eine Ausnahme dar, weil die öffentliche Parteienfinanzierung von Anfang an nicht vorgesehen war. Die wichtigste Finanzierungsquelle der Parteien sind bis heute private Unternehmen. Gesetzliche Einschränkungen für Parteispenden durch eine private oder juristische Person waren bis vor kurzem kaum vorhanden. Die Beiträge der regulären Parteimitglieder sind aus zwei Gründen keine nennenswerte Quelle für die Parteienfinanzierung: Zum einen haben die Parteien zu wenige Mitglieder. Zum anderen ist das Durchschnittseinkommen der Bürger zu niedrig, was sich auch auf ihre Beiträge auswirkt. Im Verhältnis zu den Ausgaben der Parteien für ihre Wahlkampagnen sind diese zu gering. Gleichzeitig sind die Wahlen in der Ukraine proportional zum BIP mit die teuersten auf der Welt. All dies schafft Bedingungen für eine völlige Abhängigkeit der Parteien von Oligarchen oder FIG. Vor diesem Hintergrund kann ein Oligarch durch die Finanzierung einer oder mehrerer Parteien direkten und uneingeschränkten Einfluss auf die Politik nehmen und so dafür sorgen, dass sein Interessen im politischen Prozess durchgesetzt werden.

Die wenigen gesetzlichen Kontrollmechanismen beschränken sich auf die Jahresberichte der Parteien über ihr Vermögen, ihre Einnahmen und ihre Ausgaben. Es gibt allerdings keine konkreten, inhaltlichen Anforderungen an diese Berichte. Die Parteien müssen lediglich ihr Gesamteinkommen und ihre Gesamtausgaben angeben, ohne die Namen der Geldgeber und die gespendeten Beträge offenzulegen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die veröffentlichten Finanzen nur die Spitze des Eisbergs sind. Politische Parteien verfügen über schwarze Kassen, aus denen die Wahlen finanziert werden und über die der Handel mit politischen Posten abgewickelt wird. Im Falle der Verschleierung oder Nicht-Offenlegung der finanziellen Situation besteht keine verwaltungsrechtliche oder strafrechtliche Haftung.

Institutionell wurde die Kontrolle der Parteifinanzen zwischen Steuerbehörden und zentralen Wahlkommission aufgeteilt. In der Zwischenwahlperiode melden politische Parteien, wie alle anderen Non-Profit Organisationen, ihre Finanzen an die Steuerbehörden. Allerdings gibt es in der Ukraine keine politisch unabhängige Steueraufsicht. Die Kontrolle der Parteien ist dadurch mit einem Interessenskonflikt belastet, vor allem wenn die Regierungspartei die Steuerverwaltung kontrolliert.

Die zentrale Wahlkommission kontrolliert die Ausgaben der Parteien für die Wahlen. Theoretisch ist es juristischen Personen gesetzlich verboten, Einzahlungen in die Wahlkassen zu tätigen. Es gibt ebenfalls eine strikte Regulierung über die mögliche Höhe der Spende durch private Personen. Beide Einschränkungen sind aufgrund der beträchtlichen Diskrepanz zwischen dem Gesetz über die politischen Parteien und dem Gesetz über die Wahlen in der Ukraine relativ einfach zu umgehen. Eine Partei kann Geld aus dem Parteibudget problemlos ins Wahlbudget übertragen. Sollte ein Unternehmen daran interessiert sein, die Wahlkampagne zu finanzieren, wird der Betrag als Spende in die Parteikasse eingezahlt und von der Partei in die Wahlkasse transferiert. Eigentlich ist das Wahlbudget für die Parteien auf 90.000 Mindestlöhne (ca. 4,5 Mio. Euro) limitiert. Allerdings sieht die Gesetzgebung keine klare Definition von Spende oder Beitrag vor. Diese Lücke ermöglicht es, nicht-materielle Spenden an Parteien für ihre Wahlkampagnen, wie z. B. Dienstleistungen in Form von Werbung oder Raumnutzung, jeglicher Kontrolle zu entziehen.

Gesetz zur staatlichen Parteienfinanzierung



Eine Gesetzesinitiative Ende 2003 machte Hoffnung auf mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung. Durch die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung sollte der direkte Einfluss von Oligarchen auf die Parteien minimiert werden. Allerdings fand die staatliche Finanzierung der Parteien im Haushalt der Ukraine in den Jahren 2006 und 2007 (jeweils unter der Regierung Janukowitsch bzw. Timoschenko verabschiedet) keine Berücksichtigung und wurde trotz der Unterstützung durch das Verfassungsgericht nicht implementiert.

Am 8. Oktober 2015 verabschiedete das Parlament in zweiter Lesung das Gesetz "Über Gesetzesänderungen in Bezug auf Prävention und Bekämpfung der politischen Korruption". Es zielt vor allem darauf ab, den direkten Einfluss der Oligarchen auf die Parteien zu minimieren und damit gegen die politische Korruption vorzugehen. Mit dem geplanten Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2016 wird sich das Parteienfinanzierungsmodell von einem libertären zu einem egalitären wandeln. Über die im Gesetz festgelegte staatliche Parteienfinanzierung sowie die Kontrollmechanismen über Einnahmen und Ausgaben der Parteien, soll die Chancengleichheit aller Parteien im politischen Wettbewerb gesichert werden. Dies schützt vor allem neue Parteien, die aus der Zivilgesellschaft entstehen.

Die Höhe der staatlichen Finanzierung wird anhand einer Formel abhängig vom Wahlergebnis bestimmt. Das Geld kann sowohl für die Parteiarbeit zwischen den Wahlen als auch teilweise für den Wahlkampf verwendet werden. Für die Finanzierung muss jede Partei ein offenes Konto führen, das strikt von der Wahlkasse der Partei getrennt ist. Diese Regelung soll die Parteien dazu bewegen, sich nicht nur auf die Wahlen zu fokussieren, sondern auch zwischen den Wahlen aktiv zu sein und ihrem Grundsatzprogramm zu folgen.

Alle Parteien, die ab 2017 gewählt werden und die in den Wahlen die 2%-Hürde erreichen, erhalten eine staatliche Finanzierung für die Umsetzung ihres Grundsatzprogramms. Diese Regelung greift aber erst bei den Wahlen nach Inkrafttreten des Gesetzes Mitte 2016. Interessant ist aber eine Zusatzregelung für die bereits in 2014 gewählten Parteien. Diese können vom neuen Gesetz ab Mitte 2016 auch profitieren. Ursprünglich war im Gesetzesentwurf 2123a geplant, die staatliche Finanzierung für alle Parteien zu sichern, die mindestens 3 % in den seit 2014 stattgefundenen Wahlen erreicht haben. Davon würden neben den im Parlament vertretenen Parteien auch Parteien, die nur knapp an der 5%-Hürde gescheitert sind, profitieren. In der endgültigen Version des Gesetzes wurde aber die Hürde für die staatliche Finanzierung von bereits im Jahr 2014 gewählten Parteien auf 5 % festgesetzt. Damit ist die Finanzierung exklusiv nur den im Parlament vertretenen Parteien vorbehalten. Diese Änderung schwächt das ursprüngliche Vorhaben, neue Parteien zu stärken, wesentlich ab. Es beeinträchtigt die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb, da die ins Parlament gewählten Parteien ohnehin einen Vorteil durch den Zugang zu staatlichen Ressourcen genießen. Möglicherweise war es ein notwendiger Kompromiss, damit solch ein Gesetz trotz des mangelnden politischen Willens zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet werden konnte. Die im Parlament vertretenen Parteien haben sich durch ihre Zustimmung die staatliche Finanzierung schon ab Mitte 2016, und damit vor den Wahlen, gesichert.

Um den Einfluss der FIG und der Oligarchen zu minimieren, ist im Gesetz eine klare jährliche Grenze für die Höhe privater Parteispenden gesetzt. Allerdings wurde im Gegensatz zum ursprünglichen Gesetzentwurf die Obergrenze für juristische Personen von 400 auf 800 Mindestlöhne (ca. 40.000 Euro) und für Privatpersonen von 100 auf 400 Mindestlöhne (ca. 20.000 Euro) angehoben. Zudem beinhaltet das Gesetz eine klare Definition von "Spende" und "Unterstützung", inklusive nicht-materieller Ressourcen. Die Finanzierungsquellen sind ebenfalls strikter geregelt. Zum Beispiel dürfen Unternehmen mit einem staatlichen Anteil von 25 % oder Unternehmen, die an staatlichen Großprojekten beteiligt sind, keine Parteibeiträge leisten.

Zusätzlich beinhaltet das Gesetz komplexe Regelungen in Bezug auf die Transparenz der Parteienfinanzierung. Eine entsprechende Kontrolle und die verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Haftung im Falle einer vorsätzlichen Täuschung in Finanzberichten ist vorgesehen. Außerdem schreibt das Gesetz in Übereinstimmung mit Empfehlungen internationaler Organisationen, unter anderem der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO), Kontroll- und Sanktionsmechanismen vor. Zum Beispiel werden Parteien einem strengen internen und externen Audit unterzogen, um staatliche Finanzierung zu erhalten. Der Inhalt ihrer Jahresberichte ist detailliert festgelegt. Die Finanzberichte sollen in vollem Umfang veröffentlicht werden und auf der Internetseite der Nationalen Agentur für die Prävention von Korruption (NAZK) sowie auf der Seite der Zentralen Wahlkommission für alle zugänglich sein. Neben der Rechnungskammer soll die NAZK eine führende Rolle in der Kontrolle der Parteienfinanzierung übernehmen. Sie soll alle Finanz- und Vermögensberichte sowie Wahlkassen der Parteien quartalsweise auf ihre Vollständigkeit und Gesetzmäßigkeit überprüfen. Damit die NAZK ihrer Aufgabe gerecht werden kann, soll sie politisch unabhängig sein und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden. Problematisch aus heutiger Sicht ist jedoch, dass sich die Behörde noch im Aufbau befindet und es keine Garantie dafür gibt, dass die hohen Anforderungen erreicht werden können. Es ist auch nicht absehbar, ob die Behörde ihre Arbeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Parteienfinanzierung aufnehmen kann. Der Mangel an kompetenter und unabhängiger Kontrolle würde ein komplettes Scheitern der Gesetzesinitiative bedeuten.

Fazit

Zusammenfassend bietet das neue Gesetz eine solide rechtliche Grundlage für den Übergang vom libertären zum egalitären Finanzierungsmodell für politische Parteien. Dieser Übergang ist für die Ukraine aus zwei Gründen dringend notwendig: Erstens sind vor dem Hintergrund der extrem hohen Ausgaben für die Wahlen und der extrem niedrigen Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen zurzeit alle Parteien auf Finanzierung durch FIG und Oligarchen angewiesen. Dies führt zu einer Situation, in der ausschließlich die Parteien, die durch Oligarchen und FIG finanziert werden, wettbewerbsfähig sind. Parteien, die auf einer ideologischen Basis gegründet wurden und die Interessen sozioökonomischer Bevölkerungsgruppen vertreten, können sich unter diesen Umständen nicht entwickeln. Die staatliche Finanzierung auf einer fairen Wettbewerbsbasis in Kombination mit einer rechtmäßigen Einschränkung der finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten seitens privater und juristischer Personen könnte die Entstehung neuer politischer Parteien fördern. Zweitens haben die bisher vorhandenen gesetzlichen Lücken korrupte Transaktionen ohne Einschränkungen ermöglicht. Sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben der Parteien blieben ohne jegliche Kontrolle und Sanktionen im Dunklen. Als Ergebnis ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Parteien sehr gering und es gibt keine innerparteiliche Demokratie. Die neuen Kontroll- und Sanktionsmechanismen sollen die vorhandenen Lücken schließen und Transparenz in die Finanzierungsquellen und Finanztransaktionen bringen.

Ausblick

Das Gesetz bedeutet einen wichtigen Schritt in Richtung Deoligarchisierung der ukrainischen Politik. Der politische Wille zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes war sehr gering. Es kam nur aufgrund des massiven Drucks zivilgesellschaftlicher und externer Akteure zustande. Es wird daher auch nicht überraschen, wenn seine Implementierung nur schleppend vorangetrieben wird. So hängt zum Beispiel der Erfolg dieser Reform wesentlich vom Aufbau der Nationalen Agentur für die Prävention von Korruption (NAZK) ab und davon, wie politisch unabhängig und effektiv sie ihre Kontrollfunktion ausüben kann. Desweiteren mangelt es an gesetzlicher Einschränkung der überteuerten Wahlkampagnen und politischer Werbung. Diese stellen den größten Teil der Ausgaben der Parteien dar. Deshalb werden die Parteien weiterhin versuchen, für den Wahlkampf auf schwarze Kassen zurückzugreifen.

Trotz dieser kritischen Anmerkungen erfüllt dieses Gesetz wichtige Anforderungen auf dem Weg zur Visaliberalisierung mit der EU und entspricht den langjährigen kritischen Empfehlungen der OSZE und GRECO in Bezug auf Parteienfinanzierung. Außerdem ist es wichtig, die treibende Rolle der Zivilgesellschaft in diesem Gesetzgebungsverfahren zu betonen. Immerhin wurde das Gesetz gemeinsam von Vertretern der führenden NGOs, wie z. B. Transparency International Ukraine, der Bewegung "Chesno", der gesellschaftlichen Initiative "Reanimationspaket für die Reformen", International Foundation for Electoral Systems (IFES) usw. ausgearbeitet. Schließlich wurde es gemeinsam mit der fraktionsübergreifenden Gruppe "Eurooptimisten" (diese besteht aus Journalisten und zivilgesellschaftlichen Aktivisten, die im Jahr 2014 ins Parlament gewählt worden sind) gegen alle Widerstände durchgesetzt. Diese Kooperation ist bereits eine Leistung an sich, die die positive Entwicklung der Zivilgesellschaft und die demokratischen Bestrebungen in der Ukraine hervorhebt.

Fussnoten

Oksana Huss promoviert am Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen. Ihre Promotion wurde durch die Hanns-Seidel-Stiftung gefördert. Seit 2015 ist sie Ko-Leiterin des interdisziplinären Netzwerks der Nachwuchswissenschaftler http://www.kwi-nrw.de/home/netzwerk3.html, die sich mit Transformationsprozessen in der Ukraine beschäftigen. Das Netzwerk wird durch das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) gefördert. Schwerpunkte ihrer Forschung sind die postsowjetische Transformation und die Korruptionsforschung: Externer Link: http://www.kwi-nrw.de/home/profil-ohuss.html