Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Analyse: Die Kohleindustrie in der Ukraine im Kontext des Donbas-Konfliktes | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Herausforderungen für die ukrainische Landwirtschaft (13.12.2024) Editorial: Über 1.000 Tage Angriffskrieg. Wohin geht es für die ukrainische Landwirtschaft? Analyse: Die ukrainische Landwirtschaft und die EU: Passt das? Analyse: Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf den landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Verhältnis zur belarusischen Opposition (28.11.2024) Analyse: Kyjiws strategische Distanz zur belarusischen Opposition dekoder: "Die Belarussen müssen verstehen, dass unsere Zukunft von uns selbst abhängt" Umfragen: Meinung in der Ukraine zu Belarus’ Kriegsbeteiligung Umfragen: Unterstützung in Belarus von Russlands Krieg gegen die Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Energieversorgung / Grüne Transformation (09.10.2024) Analyse: (Wie) Lässt sich die Energiekrise in der Ukraine abwenden? Analyse: Eine stärkere Integration des Stromnetzes in die EU kann der Ukraine helfen, die nächsten Winter zu überstehen Statistik: Stromimporte aus EU-Staaten Analyse: Resilienz wieder aufbauen: Die Rolle des ukrainischen Klimabüros bei der grünen Transformation Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik EU-Beitrittsprozess (29.07.2024) Analyse: Die Ukraine und die EU: Erweiterungspolitik ohne Alternative? Analyse: Wie schnell bewegt sich die Ukraine auf die EU zu, in welchen Bereichen gibt es große Fortschritte und in welchen nicht? Statistik: Stand der Ukraine im EU-Beitrittsprozess Umfragen: Öffentliche Meinung in der Ukraine und in ausgewählten EU-Ländern zum EU-Beitritt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Die Kohleindustrie in der Ukraine im Kontext des Donbas-Konfliktes

Oleg Savitsky Robert Sperfeld Berlin und Robert Sperfeld Kiew Oleg Savitsky

/ 9 Minuten zu lesen

Infolge des Krieges ist der Großteil der ukrainischen Kohleförderung zusammengebrochen. Zahlreiche Bergwerke sind stark beschädigt und befinden sich in Gebieten, die nicht mehr von der ukrainischen Regierung kontrolliert werden. Viele Gründe sprechen dafür, mittel- bis langfristig auf eine tragende Rolle der Kohle als Energieträger für die Ukraine zu verzichten.

Wiederaufbau einer durch den Konflikt in der Ostukraine zerstörten Kohlemine. (© picture-alliance/dpa)

Einleitung

Die Auswirkungen des russisch-ukrainischen Konfliktes auf den ukrainischen Kohlesektor im Donbas stehen bisher relativ stark im Schatten der Diskussion um die Energiepolitik des Landes. Aufgrund des zumindest in der Vergangenheit sehr hohen politischen Erpressungspotenzials im Zusammenhang mit den russischen Gaslieferungen an die Ukraine und durch die Ukraine in die EU steht zumeist der Gassektor im Zentrum der Betrachtungen. Für die Energiepolitik des Landes sind aber Reformen im Kohlesektor von mindestens gleichwertiger Bedeutung.

Mit einem Anteil von 35,8 % am Energiemix war Kohle im Jahr 2013 der wichtigste Primärenergieträger der Ukraine – noch vor Erdgas mit 34,1 % und Atomkraft mit 18,9 % (s. Interner Link: Grafik 1). Genutzt wurde die Kohle vor allem zur Stromerzeugung, in der metallurgischen Industrie und zur Wärmeversorgung. Nach verschiedenen Statistiken lag der Gesamtverbrauch an Kohle in der Ukraine im Jahr 2012 zwischen 61 und 74 Millionen Tonnen, bei (Netto-)Importen in Höhe von neun Millionen Tonnen (s. Interner Link: Grafik 2).

Kohlevorkommen und -förderung

Die Kohlevorkommen in der Ukraine (inkl. Donbas) machen 3 % der weltweit nachgewiesenen Reserven dieses Rohstoffs aus. Sie sind im Donezker und im Lwiw-Wolyner Steinkohlebecken sowie in einem Braunkohle­vorkommen entlang des Dnipro konzentriert. 95 % der Steinkohlevorkommen lagern jedoch im Donezker Becken, das sich über die Gebiete Lugansk, Donezk und Dnipropetrowsk erstreckt. Braunkohle wird lediglich in sehr geringem Umfang, zumeist für Brikettexporte, genutzt. Im Lwiw-Wolyner Becken werden jährlich in 13 noch aktiven staatlichen Minen etwa zwei Millionen Tonnen Kohle von überwiegend geringer Qualität gefördert. Damit ist deutlich geworden, dass vor allem der Donbas im Zentrum der Betrachtungen der ukrainischen Kohleförderung steht, wo im Jahr 2012 aus durchschnittlich 700 Metern Tiefe etwa 65 Millionen Tonnen gefördert wurden. Die Kohleflöze sind mit einer Stärke von zumeist 1,0 bis 1,2 Metern vergleichsweise dünn. Die Minen sind im Schnitt schon 45 Jahre aktiv. Geschätzte 10 % der Gesamtförderung werden illegalen Minen zugeschrieben, die Teil von großangelegten Korruptionspraktiken der Janukowitsch-Zeit waren (s. Ukraine-Analysen 112).

Infolge des Krieges in der Ostukraine sind von 82 Minen im Donezker Becken lediglich 23 in Gebieten verblieben, die noch von den ukrainischen Behörden kontrolliert werden. Die gesamte Förderung der höherwertigen Anthrazit-Kohle befindet sich in den von den Separatisten kontrollierten Gebieten. Viele der Minen wurden entweder direkt in Kampfhandlungen beschädigt oder infolge von Stromausfällen ganz oder teilweise geflutet. Selbst bei günstigsten politischen Rahmenbedingungen ist damit eine Rückkehr zu früheren Förderniveaus praktisch ausgeschlossen. Der Rückgang der Förderung durch den Konflikt wird auf 60 % geschätzt. Dadurch erhöhten sich die Importbedarfe signifikant. Ein besonderer Mangel herrscht bei der Versorgung mit Anthrazit-Kohle, denn die betroffenen Industrien und Kraftwerke können aus technischen Gründen nicht ohne Weiteres auf andere Kohle umstellen. Nach vorläufigen Daten hat die Ukraine im Zeitraum Januar bis Juli 2015 Kohle im Wert von ca. einer Milliarde Dollar importiert, etwa die Hälfte davon aus Russland.

Kohle im Strom- und Wärmesektor

Die Stromerzeugung aus Kohle und Gas erfolgt unter der Regie von fünf Unternehmen, die insgesamt 14 Großkraftwerke betreiben. Centerenergo ist ein bislang staatliches Unternehmen mit drei Kraftwerken. Die Unternehmen Dniproenergo, Zakhidenergo und Shidenergo gehören zu Rinat Achmetows DTEK-Konzern und betreiben neun Kraftwerke. Donbasenergo mit seinen weiteren zwei Kraftwerken wurde 2013 an eine nur zwei Monate zuvor gegründete Investment-Firma des auch mit Achmetow verbundenen Geschäftsmanns Ihor Humenuk verkauft. Die Privatisierungswelle unter Janukowitsch hat somit stark monopolisierte Strukturen hinterlassen.

Insgesamt sind in der Ukraine 21,9 GW Stromerzeugungskapazität aus Kohlekraftwerken am Netz, im Vergleich zu ca. 5 GW aus gasbasierten Kraftwerken und Atomkraftwerken mit einer Leistung von 13,8 GW. Der Auslastungsgrad der Kohlekraftwerke lag nur bei 35 %, denn die Grundlast wird v. a. von den Atomkraftwerken abgedeckt und ein Großteil der Kohlekapazitäten wird in sehr ineffizienter Weise nur für Spitzenlasten genutzt. Die Kraftwerksblöcke sind überwiegend sehr alt und haben entsprechend hohe Emissionsniveaus. Auch das Netz muss in großen Teilen als marode betrachtet werden. Die Verluste bei der Stromübertragung und -verteilung summieren sich auf mehr als 12 % des Gesamtverbrauchs – ein etwa doppelt so hoher Anteil wie in Polen.

Die überwiegend von staatlichen Unternehmen betriebene Fernwärmeversorgung in ukrainischen Städten stützt sich zu ungefähr 30 % auf Kohle, wobei der Anteil im Westen des Landes niedriger, im Osten aber höher liegt. Privatisierungen sind auch in diesem Bereich vorgesehen.

Klima- und Umweltschutz

Mit einer der weltweit höchsten CO2-Intensitäten gehört die ukrainische Volkswirtschaft zu den 20 größten CO2-Emittenten auf dem Globus. Pro Einheit des Bruttoinlandsprodukts setzt die Ukraine mehr als doppelt so viel CO2 frei wie das atomstromfreie und noch stärker kohleabhängige Polen oder mehr als dreimal so viel wie die Türkei. Aufgrund der insgesamt niedrigen Wirtschaftskraft lagen gleichzeitig die Pro-Kopf-Emissionen mit 6,3 Tonnen CO2e niedriger als etwa in Deutschland oder Polen mit 8,9 bzw. 8,3 CO2e (Zahlen für 2013). Der Kohlesektor ist dabei für die Hälfte der Treibhausgasemissionen des Landes verantwortlich (s. Interner Link: Tabelle 2).

Die Umweltmanagement-Standards der Unternehmen im Kohlesektor sind sehr niedrig. Gesetzliche Regelungen zum Umweltschutz werden oft nicht eingehalten. Aus der Kohleindustrie stammen 80 % der Schwefeldioxidemissionen sowie 25 % der Stickoxidemissionen des Landes. Die Emissionsniveaus ukrainischer Kohlekraftwerke überschreiten EU- und nationale Standards um das Fünf- bis 30-fache. Die Staub-Emissionen sind bis zu 45mal höher als die geltenden EU-Grenzwerte. Besonders besorgniserregend ist die Lage um die unkontrollierten illegalen Kohleminen. Auch die Konsequenzen der Flutungen einiger Minen infolge der Kriegshandlungen sind nicht absehbar.

Soziale und Gesundheitsaspekte

Schätzungen gehen für das Jahr 2013 von etwa 450.000 Beschäftigten in Kohleförderung, -verarbeitung und -kraftwerken aus. Im Vergleich zur Produktion ist diese Zahl – trotz aller statistischen Unsicherheiten bei diesen Überlegungen – sehr hoch, was auf eine sehr niedrige Arbeitsproduktivität schließen lässt. Aufgrund der sehr alten Anlagen und der sehr niedrigen Arbeitsschutzstandards sind die Arbeitsbedingungen oft katastrophal und Unglücksfälle zahlreich. Allein im Jahr 2014 starben 99 Beschäftigte bei der Arbeit. Die Luftverschmutzung aus den Kraftwerken und aus der Stahl- und Chemieindustrie stellt ein ernstes Problem für die Gesundheit Hunderttausender Menschen in den betroffenen Regionen dar. Zehntausende Todesfälle werden jährlich der Luftverschmutzung in der Ukraine zugeschrieben.

Kohlepolitik

Die Energiepolitik der Ukraine wurde insbesondere in der Amtszeit von Präsident Wiktor Janukowitsch sehr weitgehend durch private Wirtschaftsinteressen einiger Oligarchen gesteuert. Nach Janukowitschs Amtsantritt im Jahr 2010 wurden die wichtigsten und lukrativsten Bestandteile des ukrainischen Kohlesektors privatisiert und gelangten auf diese Weise monopolistisch unter die Kontrolle Rinat Achmetows (s. Interner Link: Tabelle 3). Der Kohlesektor wurde somit zu einer größeren Belastung für die Staatskassen. 3,8 % des Staatshaushaltes oder ca. 1,3 Mrd. Euro flossen im Jahr 2012 in direkte Subventionen an die Minenbetreiber (s. Interner Link: Tabelle 4). Die Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Energiegemeinschaft (EEG) seit 2010 und die daraus resultierenden Anforderungen an die Politik scheinen diese Praxis in keiner Weise begrenzt zu haben. Die Energieintensität der Ukraine, also das Verhältnis des Primärenergieeinsatzes pro Einheit Bruttoinlandsprodukt, war im Jahr 2012 um den Faktor 2,76 schlechter als im Schnitt der Mitgliedsländer der Internationalen Energieagentur (IEA).

Für den aktuellen Reformprozess im Energiesektor setzen die Verpflichtungen aus der EEG-Mitgliedschaft einen hilfreichen Referenzrahmen, der in vielerlei Hinsicht die Reformrichtung vorgibt und der Monopolisierung im Sektor entgegenwirkt. Eine Festlegung auf den Umfang der Nutzung bestimmter Energieträger wird dabei freilich nicht getroffen. Seit Amtsantritt der neuen Regierung beschränkte sich die Kohlepolitik aus nachvollziehbaren Gründen vor allem auf Ad-hoc-Krisenmanagement und die Sicherung der Versorgung des Landes mit Strom und Wärme. Eine belastbare Strategie für die zukünftige Entwicklung des Kohlesektors angesichts der veränderten Rahmenbedingungen liegt derzeit nicht vor. Das aktuelle Analysepapier des Nationalen Ökologischen Zentrums der Ukraine (NECU) und des Kiewer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung (s. Lesetipp), das Grundlage für diesen Artikel ist, soll einen Beitrag dazu leisten, eine breitere öffentliche Debatte über die Zukunft des Kohlesektors im Land anzustoßen. Der derzeitige Entwurf für die "Energiestrategie 2035" spricht zwar auch von Energieeffizienz und der Einführung von Erneuerbaren Energien, sieht aber auf lange Sicht weiterhin eine tragende Rolle der Kohle für die Energieversorgung des Landes und entsprechend umfangreiche Modernisierungen und die Schaffung neuer Kapazitäten vor. Dazu passt das am 23. Juli 2015 vom zuständigen Ministerium veröffentlichte "Reformkonzept für den Kohlesektor 2015–2020". Es zielt auf eine Wiederbelebung des Kohlesektors und sieht erst für das Jahr 2021 ein Auslaufen umfangreicher Beihilfen für die Industrie aus dem Staatsbudget in Höhe von über elf Milliarden Griwna (ca. 500 Mio Euro) im Zeitraum 2015 bis 2020 vor. Szenarien für eine dauerhaft reduzierte Eigenförderung mit entsprechenden volkswirtschaftlichen Implikationen durch erhöhte Importe fehlen ebenso wie seriöse Vergleiche mit Szenarien für einen schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Die Autoren haben sowohl Realitäten vor Ort als auch globale Trends offenbar noch nicht zur Kenntnis genommen. Weltweit wird mittlerweile viel mehr in Erneuerbare als in Fossile Energien investiert. Die Preise von Wind- und Solarstrom sind inzwischen vielfach wettbewerbsfähig. Selbst in China war der Kohleverbrauch im Jahr 2014 erstmals rückläufig. Wenn zudem die Weltgemeinschaft ernsthaft am Zwei-Grad-Ziel für die weltweite Klimaerwärmung festhalten will, dann ist klar, dass Investitionen in neue Kohleprojekte eigentlich nicht mehr getätigt werden dürfen. Beihilfen sollten in diesem Kontext lediglich noch für geordnete Abwicklungen statthaft sein.

Fazit und Ausblick

Durch den Krieg in der Ostukraine hat das Land die Kontrolle über seine eigenen Kohleressourcen weitgehend verloren. Selbst wenn die Regierung die Macht in der Region schon bald wieder übernehmen könnte, gäbe es keinen Grund für einen Wiederaufbau bzw. eine Modernisierung der Kohleindustrie im vorherigen Maßstab. Schon vor dem Krieg hat die Industrie nur dank üppiger Subventionen und mit verheerenden Kosten für die Umwelt und die Gesundheit sowohl der Beschäftigten als auch der Bevölkerung in den betroffenen Regionen überlebt. Auch die nicht vom Krieg in Mitleidenschaft gezogenen Minen, Leitungen, Kraftwerke und Industriebetriebe haben zum größten Teil das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreicht oder schon überschritten. Ersatzinvestitionen müssen nun vor allem in die Zukunft weisen, zumal ein Festhalten an der Kohle im großen Maßstab die Abhängigkeit von Importen nur zementieren würde. Die Zukunft liegt zuallererst in der Erhöhung der Energieeffizienz. Hierin liegen riesige Potenziale zur Reduzierung des Verbrauchs, selbst bei neuem Wirtschaftswachstum.

Das Design eines neuen Energiemixes für die Ukraine stellt dennoch eine große Herausforderunfg dar. Auch die zweite Säule der Stromversorgung im Land neben der Kohle, die Atomkraft, steht vor Umbrüchen, da große Teile der Erzeugungskapazitäten ebenso das Ende ihrer Laufzeiten erreicht haben und in absehbarer Zeit vom Netz genommen werden müssen. Hierfür zukunftsweisende Szenarien zu entwickeln – das ist eine der bedeutendsten Aufgaben für die aktuelle Energiepolitik in der Ukraine. Viel spricht dafür, dass auf lange Sicht vor allem die preiswerte Wind- und Solarenergie den Löwenanteil der Versorgung übernehmen wird. Kohle und Atomkraft sind technisch schlecht geeignet, um die dezentrale und fluktuierende Erzeugung von Wind und Sonne in effizienter Weise auszugleichen. Kurzfristig kann hilfreich sein, dass ca. 5 GW gasbasierte Stromerzeugungskapazitäten reaktiviert werden können, um Spitzenlastverbräuche vergleichsweise flexibel und effizient auszugleichen. Die Lage auf dem Gasmarkt hat sich für die Ukraine im Verlaufe des Jahres 2015 etwas entspannt. Durch sinkende Preise auf dem Weltmarkt und die technische Ermöglichung signifikanter Lieferungen aus der EU hat Russland seine vormalige Monopolstellung verloren. Die Energiepolitik muss mittelfristig nicht länger von der Sorge um die Stabilität der Gaslieferungen überlagert sein.

Was muss getan werden? Um die energiepolitischen Zielsetzungen von Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz verfolgen zu können, bedarf es im gegebenen Rahmen der Europäischen Energiegemeinschaft einer fundamentalen Reorganisation des Energiesektors, basierend auf den Prinzipien der Transparenz, der Dezentralität und des fairen Wettbewerbs zwischen Unternehmen bzw. Dienstleistern. Ein zentrales Element hierfür wäre der Aufbau einer unabhängigen Regulierungsbehörde für die Energiemärkte. Speziell mit Blick auf den Kohlesektor sollte die Regierung trotz aller kurzfristig erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung im kommenden Winter eine Analyse der verbliebenen Kohleminen sowie der Kraftwerke mit allen relevanten Daten vorlegen und zu verbindlichen Entscheidungen darüber gelangen, welche Kraftwerke bis wann am Netz bleiben. Somit kann für die Marktakteure eine größere Investitionssicherheit etwa für die Filtertechnik in den übergangsweise noch verbleibenden Kraftwerken und/oder für die Netzmodernisierung und (erneuerbare) Ersatzkapazitäten geschaffen werden.

Lesetipps

  • Oleg Savitsky "Towards the end of the coal age in Ukraine?! A review of the Ukrainian coal sector in the context of the Donbas crisis", Analysepapier der Heinrich-Böll-Stiftung, Veröffentlichung voraussichtlich am 19. Oktober 2015 auf http://ua.boell.org/uk/publikaciyi

  • Entwurf Externer Link: "Energy Strategy of Ukraine through 2035"

Fussnoten

Oleg Savitsky ist Campaigner für Klima- und Energiepolitik im Nationalen Ökologischen Zentrum der Ukraine (NECU) in Kiew.

Robert Sperfeld ist Projektmanager für Ost- und Südosteuropa der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin und hat im Frühjahr/Sommer 2015 interimsweise das Ukraine-Büro der Stiftung in Kiew geleitet.