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Kommentar: Die Klimaschutzverpflichtungen der Ukraine im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der EU | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Die Klimaschutzverpflichtungen der Ukraine im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der EU

Oleksandr Sushchenko und Andrii Gonta

/ 6 Minuten zu lesen

Das Assoziierungsabkommen zwischen Ukraine und EU stellt auch die ukrainische Umweltpolitik auf neue Beine. Ziel ist der Aufbau einer grünen (Low-Carbon) Wirtschaft. Pläne und Maßnahmen zu einer nachhaltigen Entwicklung liegen vor - bisher aber fehlen die praktischen Schritte.

Umweltaktivisten protestieren gegen Atomenergie in der Ukraine. Die Vereinbarungen zum Umweltschutz im Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine sehen einen Ausbau erneuerbarer Energien vor. (© picture-alliance/dpa)

Einführung

1998 unterzeichnete und 2004 ratifizierte die Ukraine das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen. Damit verpflichtete sie sich, das Emissionsniveau von 1990 nicht zu überschreiten. Seit 2005 nutzte die Ukraine Mechanismen aus dem Kyoto-Protokoll, um Emissionszertifikate auf dem europäischen Markt zu verkaufen. Der Emissionshandel war möglich, weil die gesamtstaatlichen Treibhausemissionen aufgrund der Wirtschaftskrise der 1990er Jahre und des BIP-Rückgangs viel niedriger waren als 1990.

Bis Ende 2013 konnten die ukrainischen Unternehmen ihre Zertifikate für Treibhausgasemissionen am europäischen Markt frei verkaufen. Seit 2014 gilt im Rahmen des EU-Emissionshandels (European Union Emission Trading System, EU ETS) eine Begrenzung für Zertifikate, die aus anderen Ländern (die nicht Mitglieder des EU ETS sind) stammen. Jetzt dürfen am europäischen Markt nur noch 1,5 % der erworbenen Zertifikate aus anderen Ländern kommen. Dementsprechend wurde der Handel mit Emissionszertifikaten in der Ukraine eingestellt.

Nun hat sich die Ukraine im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der EU verpflichtet, eine Reihe von Klimaschutzmaßnahmen zu implementieren. Das wird den ukrainischen Unternehmen nicht nur neue finanzielle Spielräume eröffnen und Exporte in die EU erleichtern, sondern auch Bedingungen für eine umweltfreundliche Modernisierung der Wirtschaft schaffen.

Klimaschutzverpflichtungen der Ukraine im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der EU

Die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens stellt einen enormen Anreiz dar, notwendige Änderungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung vorzunehmen. Außer den Aktivitäten, die mit der Reform des Energiesektors und der Erhöhung energiesparender Wirtschaftsweisen zusammenhängen, enthält Paragraph 5 alle Anforderungen, die nötig sind, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Außerdem sind in den Zusatzfassungen 27 bis 33 Grundprinzipien erfasst, die die Richtung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und den Aufbau der Low-Carbon-Wirtschaft beschreiben.

Ein wichtiger Ausgangspunkt dieser Reform ist die Zusammenarbeit im Rahmen der mit der Tschernobyl-Katastrophe zusammenhängenden Probleme und die Entwicklung eines Umweltmonitoringsystems (Art. 342).

Artikel 357 sieht eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Statistik, insbesondere der Umweltstatistik, vor. Auch den Umweltschutzfragen ist in Kapitel 6 (Abschnitt 5) des Vertrags hinreichende Aufmerksamkeit gewidmet. In Artikel 360 dieses Abschnitts ist zum Beispiel festgeschrieben, dass die Grundlagen der Zusammenarbeit eine "grüne Wirtschaft" und die Umsetzung der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklungsstrategien sind.

Außerdem sieht das Abkommen die Schaffung eines nationalen Systems für den Emissionshandel vor, dessen Prototyp das EU ETS ist. Anhang 29 des Abkommens weist direkt auf den Klimawandel und den Schutz der Ozonschicht sowie auf die damit verbundene Richtlinie 2003 \ 87 \ EG hin, die der Emissionshandel in der EU geschaffen hat.

Bisherige Schritte zur Umsetzung der Klimaschutzverpflichtungen

Als ersten Schritt auf diesem Weg unterzeichnete der Präsident der Ukraine am 12. Januar 2015 das Dekret Nr. 5 / 2015 "über die Strategie einer nachhaltigen Ukraine – 2020". Diese Strategie ist eine der Anforderungen des Assoziierungsabkommens und spiegelt alle Ziele wider, die im Dokument "Europa 2020" erwähnt sind. So soll die Ukraine im Bereich Klimaschutz die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % reduzieren.

Um die strategischen Ziele zu erreichen, hat die ukrainische Regierung am 4. März 2015 eine Verordnung unterzeichnet, die taktische Schritte für das Jahr 2015 und Maßnahmen im Rahmen der Strategie der nachhaltigen Entwicklung "Ukraine – 2020" für das laufende Jahr vorsieht. Gemäß dieser Verordnung soll das Umweltministerium der Ukraine bis Ende September 2015 eine Strategie für den Umweltschutz bis 2020 vorbereiten.

Somit ist es noch zu früh, um die Umsetzung der Verpflichtungen zu beurteilen. Festzustellen ist aber: Ohne klare Ziele und Maßnahmen, um die Strategie der nachhaltigen Entwicklung zu verwirklichen und die grüne Wirtschaft aufzubauen, können Investoren und Unternehmen die Auswirkungen nicht abschätzen, die die Ausgaben für die Projekte zur Reduzierung der Emissionen, zur Erhöhung der Energieeffizienz, zur Erzeugung erneuerbarer Energien und zum Verkauf von Genehmigungen für Emissionen auf ihre Finanzpläne haben werden.

Voraussetzungen einer erfolgreichen Umsetzung

Im Folgenden sind die Voraussetzungen für die Durchsetzung dieser Strategie dargestellt, die sich auch auf Nebenbereiche beziehen. Es sind folgende Maßnahmen:

  1. Entwicklung eines nationalen Umweltschutzmonitorings
    Ohne ein System zur Überwachung der Umwelt und der Treibhausgasemissionen ist es nicht möglich, die erforderlichen statistischen Daten zu erheben und entsprechende Berichte zu erstellen. In der Ukraine gibt es eine solche Statistik nur bis 2011. Seit der Einstellung des Emissionshandels mit der EU wird sie gar nicht mehr erstellt.


  2. Reform des Ausbildungswesens
    Die grüne (Low-Carbon-) Wirtschaft braucht neue Fachkräfte, um die notwendigen Finanzinstrumente (Fiskal- und Marktinstrumente) einzuführen und zu nutzen. In erster Linie werden Fachleute gebraucht, die Klimarisiken abschätzen und ihren Einfluss auf Finanzresultate prognostizieren können. Ukrainische Universitäten waren in den letzten Jahren nicht in der Lage, diese für die grüne Wirtschaft notwendigen Spezialisten auszubilden. Die ersten Schritte in diese Richtung wurden an der Nationalen Wadym-Hetman-Wirtschaftsuniversität Kiew gemacht, wo im April 2015 die Environmental Finance School ihre Tore öffnete. Ihre Aufgabe ist es, die Ausbildung von Fachkräften für die grüne Wirtschaft zu gewährleisten.


  3. Einsatz neuer Techniken und Methoden des Geschäftsmanagements
    Eine weitere notwendige Voraussetzung für die wirksame Umsetzung der Ziele der Strategie für nachhaltige Entwicklung ist die Einführung von Umweltabgaben und Steuern, um die Kosten des Klimaschutzes zu decken. Neben den Fiskalinstrumenten ist es wichtig, Marktmechanismen wie etwa das nationale Emissionshandelssystem einzuführen, um die Kosten aus Umweltschäden zu senken und eine Verringerung der Treibhausgasemissionen zu erreichen.

Die Ukraine hatte bereits die Möglichkeit, Umweltinvestitionen im Rahmen des Kyoto-Protokolls zu tätigen. Als Ergebnis davon haben die ukrainischen Unternehmen fast 503 Millionen ERU (Emission Reduction Units) verkauft (während z. B. Russland nur 266 Millionen ERU verkauft hat). All das hat den Erhalt erheblicher Direktinvestitionen in die Modernisierung der Wirtschaft ermöglicht. Heute hat die Ukraine nicht mehr die Möglichkeit, Emissionsreduktionseinheiten (ERU) auf dem europäischen Markt zu verkaufen.

Durch die Einführung eines nationalen Emissionshandelssystems wird die Ukraine in der Lage sein, ihre Verpflichtungen zur Kürzung der Treibhausgasemissionen im Rahmen des neuen Klimaabkommens einzuhalten. Sollte in der Ukraine kein eigenes Emissionshandelssystem entstehen, werden die ukrainischen Unternehmen die Klimarisiken dagegen allein bekämpfen müssen. Diese Risiken haben die Unternehmen in der Ukraine noch nicht gespürt, die Exporteure mussten in den vergangenen Jahren aber bereits mit ihnen rechnen. Die größten dieser Risiken sind:

  • die Verfügbarkeit von Emissionszertifikaten oder Zertifikaten, die die notwendigen Kürzungen der Treibhausgasemissionen bestätigen;


  • Stromerzeuger müssen nicht nur Erlaubnisse für Treibhausgasemissionen haben, sondern auch Zertifikate, die eine bestimmte Menge hergestellter erneuerbarer Energie belegen;


  • die Notwendigkeit der Zertifizierung von Produktions- und Managementprozessen. So gibt es neben den ISO-Standards und -Zertifikaten eine Reihe von regionalen Initiativen. Von großer Bedeutung sind heute Zertifikate, die eine nachhaltige Verwaltung des Betriebs belegen (z. B. EMAS – The European Eco-Management and Audit Scheme). Sie zeigen die Energieverantwortung der Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt an und messen ihre direkten wie indirekten Umweltauswirkungen.

Schlussfolgerung

Im Rahmen des unterzeichneten Assoziierungsabkommens mit der EU hat sich die Ukraine verpflichtet, eine Reihe von Reformen durchzuführen. Eines der wichtigsten Reformelemente ist dabei Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung. Alle notwendigen Maßnahmen in dieser Richtung werden zu einer Weiterentwicklung nicht nur der einzelnen Branchen, sondern auch der gesamten Wirtschaft führen. Vor allem die Implementierung steuerlicher und marktbasierter Instrumente zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung kann der Ukraine dabei helfen, sich Zugang zu grünen Anleihen zu verschaffen, was eine zusätzliche Finanzierungsquelle in Zeiten knapper Investitionen und Kreditressourcen bedeutet. Diese Mittel werden ausschließlich für Projekte zur Erhöhung der Energieeffizienz oder zur Kürzung von Treibhausgasemissionen und zur Erzeugung erneuerbarer Energien bereitgestellt.

Ungeachtet der Vorschriften, die Regierung und Präsident eingeführt haben, fehlen bis jetzt praktische Schritte zur Umsetzung der Strategie der nachhaltigen Entwicklung im Bereich des Umweltschutzes. Falls in der Ukraine kein eigenes Handelssystem für die Emissionszertifikate mit den notwendigen Mechanismen für Versteigerung und kostenlose Verteilung entsteht, werden ukrainische Unternehmen die entsprechenden Berechtigungen auf dem europäischen Markt kaufen. Dies kann zu einem raschen Anstieg der Kosten der inländischen Produktion und zu einer Verringerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit führen.

Fussnoten

Oleksandr Sushchenko ist Dozent am Lehrstuhl für Finanzen an der Nationalen Wadym-Hetman-Universität Kiew. Andrii Gonta ist Geschäftsführer der Consulting-Firma BFSE LLC in Kiew.