Als Minister berufen wurde Juri Stez, ein Vertrauter von Staatspräsident Petro Poroschenko.
"Es ist nicht Aufgabe der Regierung, Informationen zu kontrollieren", sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. "Propaganda bekämpft man nicht durch Propaganda, stattdessen sollte man unabhängige Medien und kritische Journalisten ermutigen. Es ist kein guter Start für die neu gewählte Regierung, als erstes eine Art Propagandaministerium ins Leben zu rufen."
Das ukrainische Parlament beschloss die Gründung des neuen Ministeriums im Zuge der Abstimmung über die neue Regierung. Das künftige Ministerium soll in erster Linie die russische Propaganda im Land zurückdrängen und sowohl auf der Krim als auch in den von pro-russischen Truppen kontrollierten Gebieten im Osten der Ukraine Gegenpropaganda machen.
Als künftiger Informationsminister wurde Juri Stez ernannt. Stez hat enge Verbindungen zu Staatspräsident Petro Poroschenko. Während der vergangenen Jahre hat unter anderem als Intendant den Fernsehsender Kanal 5 geleitet, der zu Poroschenkos Medienunternehmen gehört. Seit Juni 2014 stand Stez an der Spitze der Informationsabteilung der Nationalgarde und war maßgeblich für die Informationspolitik der Armee zuständig.
Die zivilgesellschaftliche Bewegung Stop Censorship hat die Idee zu dem neuen Ministerium bereits scharf kritisiert. Das unabhängige Institute of Mass Information – der ukrainische Partner von Reporter ohne Grenzen – hat sich der Bewegung angeschlossen. Statt staatlich kontrollierter Informationen fordert Stop Censorship die Stärkung und Förderung der unabhängigen Medien in der Ukraine. Der Vorschlag zu dem Ministerium war kurzfristig eingebracht worden und die Zivilgesellschaft hatte keine Möglichkeit gehabt, sich an Diskussionen über die Pläne zu beteiligen.
Erst am Montag waren die Regeln für Journalisten, die aus dem Osten des Landes berichten wollen, vorübergehend verschärft worden. Das ukrainische Militär gab bekannt, dass Journalisten künftig nur noch in Militärbegleitung in den Osten des Landes reisen dürften, so könne man die Journalisten besser vor Angriffen schützen. Nachdem viele Journalisten und Medienvertreter dagegen protestiert hatten, wurde die Regel am Dienstag nach nur einem Tag wieder außer Kraft gesetzt.
Für Medienvertreter ist die Situation in der Ukraine nach wie vor gefährlich. Dass die Entführungen und Angriffe auf Journalisten vor allem im Osten des Landes in den vergangenen Wochen rückläufig waren, liegt zum einen daran, dass insgesamt weniger Journalisten in die umkämpften Gebiete reisen. Zudem haben die pro-russischen Rebellen in den besetzten Gebieten den Großteil der Medien unter ihre Kontrolle gebracht. Vor allem unabhängige Journalisten haben die Gegend längst verlassen.
In den zurückliegenden Monaten sind Journalisten und Medien in der Ukraine unter massiven Druck geraten. Vor allem im Osten des Landes haben pro-russische Rebellen, aber auch ukrainische Sicherheitskräfte zahlreiche Medienvertreter entführt, verletzt und gezielt bei ihrer Arbeit behindert. Insgesamt sechs Journalisten kamen im Zuge ihrer Arbeit ums Leben. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Ukraine auf Platz 127 von 180 Ländern.
Lesetipps zum Thema Medienfreiheit in der Ukraine
Freedom of speech violation in Ukraine from the beginning of Russian aggression (infographic, eng.), Ukrainian NGO “Institute of Mass Information” (05.12.2014), http://imi.org.ua/en/news/46812-freedom-of-speech-viola tion-in-ukraine-from-the-beginning-of-russian-aggression-infographic.html
Journalist civic movement “Stop Censorship!” deprecates establishing of state-run censorship in Ukraine (02.12.2014, eng.), Externer Link: http://imi.org.ua/en/news/46749-journalist-civic-movement-stop-censorship-deprecates-establishing-of-state-run-censorship-in-ukraine.html
Regular Report to the Permanent Council by Dunja Mijatović, OSCE Representative on Freedom of the Media (27.11.2014), pp. 26–35, Externer Link: http://www.osce.org/fom/127656?download=true