Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Analyse: Die Koalition steht | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Herausforderungen für die ukrainische Landwirtschaft (13.12.2024) Editorial: Über 1.000 Tage Angriffskrieg. Wohin geht es für die ukrainische Landwirtschaft? Analyse: Die ukrainische Landwirtschaft und die EU: Passt das? Analyse: Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf den landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Verhältnis zur belarusischen Opposition (28.11.2024) Analyse: Kyjiws strategische Distanz zur belarusischen Opposition dekoder: "Die Belarussen müssen verstehen, dass unsere Zukunft von uns selbst abhängt" Umfragen: Meinung in der Ukraine zu Belarus’ Kriegsbeteiligung Umfragen: Unterstützung in Belarus von Russlands Krieg gegen die Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Energieversorgung / Grüne Transformation (09.10.2024) Analyse: (Wie) Lässt sich die Energiekrise in der Ukraine abwenden? Analyse: Eine stärkere Integration des Stromnetzes in die EU kann der Ukraine helfen, die nächsten Winter zu überstehen Statistik: Stromimporte aus EU-Staaten Analyse: Resilienz wieder aufbauen: Die Rolle des ukrainischen Klimabüros bei der grünen Transformation Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik EU-Beitrittsprozess (29.07.2024) Analyse: Die Ukraine und die EU: Erweiterungspolitik ohne Alternative? Analyse: Wie schnell bewegt sich die Ukraine auf die EU zu, in welchen Bereichen gibt es große Fortschritte und in welchen nicht? Statistik: Stand der Ukraine im EU-Beitrittsprozess Umfragen: Öffentliche Meinung in der Ukraine und in ausgewählten EU-Ländern zum EU-Beitritt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Die Koalition steht Neue Machtverhältnisse im ukrainischen Parlament

Dmitri Stratievski Berlin Von Dmitri Stratievski

/ 8 Minuten zu lesen

Mehrere Beobachter hatten im Vorfeld der Parlamentswahlen in der Ukraine mit einer langen Suche nach einer Mehrheit in der neuen Werchowna Rada gerechnet bzw. dauerhafte Grabenkämpfe zwischen "Friedenspartei" und "Kriegspartei" prophezeit. Im politischen Lexikon der Ukraine hat sich das Wort koaliziada als Ausdruck eines langen Tauziehens um eine neue Koalition nach der Wahl durchgesetzt. Entgegen diesen Erwartungen haben die wichtigen politischen Akteure zu einer raschen Einigung gefunden und am 21. November 2014 einen Koalitionsvertrag präsentiert. Am 2. Dezember gab das ukrainische Parlament grünes Licht für die neue Regierung.

Das neue ukrainische Parlament tagt. (© picture-alliance/dpa)

Ausgangssituation

Zum ersten Mal in der Geschichte der unabhängigen Ukraine sind im Parlament die Parteien und Bündnisse dominant, die sich zu einem westorientieren Kurs bekennen, das heißt einen Beitritt zur EU anstreben und im Wesentlichen eine enge Partnerschaft mit den USA pflegen möchten. Derzeit besteht die Rada aus 420 Abgeordneten, darunter 147 vom Poroschenko-Bündnis, 83 von der Volksfront Jazenjuks, 40 vom Oppositionellen Bündnis, 32 von der Radikalen Partei Ljaschkos, 22 von der Selbsthilfe Sadowyjs und 19 von der Vaterlandspartei Timoschenkos. Den Gruppen Volkswille (Ihor Jeremejew) und Wirtschaftliche Entwicklung (Witalij Chomutynnik) gehören 20 und 19 Parlamentarier an, 38 Abgeordnete sind fraktionslos. So können die Väter einer prowestlichen Koalition mit einer stabilen und komfortablen Mehrheit von über 300 Mitgliedern der ukrainischen Legislative rechnen, die dazu noch von etwa 30 weiteren Volksvertretern toleriert werden. Im neuen ukrainischen Parlament haben die Kleinparteien im Gegensatz zu vergangenen Perioden keine "Goldene Aktie" mehr, da allein eine Koalition zwischen Poroschenko-Bündnis und Volksfront schon eine Mehrheit von 230 Sitzen haben könnte. Ungeachtet dessen waren den kleineren Fraktionen bei der Koalitionsbildung nicht nur Komparsenrollen zugeteilt.

Vor der Parlamentswahl beschränkten sich die führenden Akteure auf kaum bindende Aussagen. So hat Petro Poroschenko eine schnelle Koalitionsbildung "binnen zehn Tagen" versprochen und verkündet, dass dazu alle Maidan-Parteien eingeladen seien, ohne diese Parteien beim Namen zu nennen. Zugleich bezeichnete Jazenjuk den Präsidenten als "unseren strategischen Partner".

Konfliktlinie zwischen Poroschenko und Jazenjuk

Aus machtpolitischer Perspektive zeichnen sich starke Gegensätze zwischen Poroschenko und Jazenjuk ab. Die neue Konfliktlinie in der ukrainischen Politik verläuft zurzeit entlang der künftigen Szenarien der Anti-Terror-Operation bzw. zwischen einem härteren und einem gemäßigten Kurs gegenüber Russland, auch wenn alle führenden Köpfe der ukrainischen Politik entschlossen zur territorialen Integrität des Landes einschließlich der Krim stehen und die russische Einmischung aufs Schärfste verurteilen. Die Gruppen um Poroschenko und Jazenjuk repräsentieren jedoch unterschiedliche Entwicklungsvisionen. Im Fokus steht die Frage, ob die ukrainische Armee zum aktuellen Zeitpunkt in der Lage ist, diese Integrität mit Waffengewalt wiederherzustellen, oder ob unter Berücksichtigung der Realitäten eher auf Verhandlungskunst und Unterstützung aus dem Westen gesetzt wird. Machtpolitisch ringen die beiden Galionsfiguren der gegenwärtigen politischen Landschaft um eine Vormachtstellung innerhalb der ukrainischen Führungsriege. Die Koalitionsverhandlungen machten das anschaulich. Man erlebte in ihnen die Anfänge einer zweiten Auflage der Juschtschenko-Timoschenko-Rivalität aus der Zeit nach der Orangen Revolution. Während der Staatspräsident mehrere Prominente wie Jurij Luzenko und Witalij Klitschko für seine Seite gewann, bekräftigte der Premier seine Führungsansprüche zusammen mit Hardlinern aus Politik und Gesellschaft wie dem ehemaligen Chef des Sicherheitsrates Andrej Parubij, dem Kommandeur des Freiwilligenbataillons Jurij Beresa, dem meistzitierten Berichterstatter der Anti-Terror-Operation Dmytro Tymtschuk und anderen, die für eine Fortsetzung des aktiven Kampfeinsatzes im Osten stehen.

Beide Lager haben ihre Koalitionswunschmodelle der Öffentlichkeit präsentiert. Am 29. Oktober 2014 hat Poroschenko seine Fassung des Dreier-Koalitionsvertrages aus seinem Bündnis, der Volksfront und der Selbsthilfe-Partei präsentiert. Die Journalistin Marija Zhartowska von der Zeitung Ukrajnska Prawda meinte, diese mögliche Koalition würde "unter totaler Kontrolle" Poroschenkos stehen. Damit sollten offensichtlich die "unberechenbaren" Populisten, vor allem um Ljaschko, ausgeklammert werden. Für das Staatsoberhaupt sei eine Versöhnungsbotschaft an die Gesellschaft offenbar wichtiger als das Säbelrasseln der Radikalen. Selbst in einem kriegsähnlichen Zustand muss man sich laut dem Staatschef auf die Wirtschaft, die Sanierung des Staatsapparates und die Korruptionsbekämpfung konzentrieren. Pragmatiker von der Selbsthilfe-Partei und Teilen der Volksfront würden vom Präsidialamt als natürliche Verbündete angesehen, während sich bei einer Einbeziehung der Anhänger des "Endsieges" im Osten die gesellschaftspolitischen Spielräume verengen würden. Jazenjuk zeigte seinen Unmut. Er bevorzugte eine Fünf-Parteien-Koalition aus allen Fraktionen, ausgenommen das Oppositionelle Bündnis. Nach seinem Kalkül ist eine breite Maidan-Koalition offenbar ein logisches Ergebnis der Massenproteste und des Sieges über Janukowytsch. So wurde das Oppositionelle Bündnis aus ehemaligen politischen Weggefährten Janukowytschs zum einzigen und für eine Mehrheit der Ukrainer nicht akzeptablen Gegenspieler im Parlament degradiert. Im Endeffekt einigten sich beide Unterhändlergruppen salomonisch: Dem Anspruch der Volksfront auf das Innenministerium wurde stattgegeben. Eine breite Koalition wurde ins Leben gerufen. Als Gegenleistung signierte Jazenjuk mit dem Koalitionsvertrag einen politisch ausgewogenen Text.

Koalitionsvertrag

Die Koalitionsvereinbarung der fünf Fraktionen wurde zum ersten Jahrestag der Maidan-Proteste am 21. November präsentiert. Die ukrainische Zeitschrift Korrespondent bezeichnete dies als "alte sowjetische Tradition", weil in der Sowjetunion die großen Prestige-Projekte gerne zu Jahrestagen, etwa zum Jahrestag der Oktoberrevolution, vollendet wurden. Den 73seitigen Text veröffentlichte die Partei Selbsthilfe auf ihrer Homepage. Bereits in der Präambel nehmen seine Autoren Bezug auf die aktuelle Situation und betonen ihre Außergewöhnlichkeit: "Schutz der territorialen Integrität" der Ukraine, "temporär besetzte Gebiete", "Erschießungen auf dem Maidan". Der Vertrag beinhaltet wesentliche Passagen aus den Erstfassungen Poroschenkos und Jazenjuks und stellt einen Kompromiss dar.

Neben den zentral festgehaltenen Zielen wie der Wiedereingliederung der Krim in die Ukraine birgt der Vertrag samt Zeitplan mehrere Überraschungen. Viel Aufmerksamkeit wird dem geplanten NATO-Beitritt der Ukraine gezollt. Dieses Novum setzt aber die Änderung des im vergangenen Parlament beschlossenen außenpolitischen Strategiepapiers voraus. Bei der gegenwärtigen Konstellation in der Rada gilt die Zustimmung dazu bei der bevorstehenden Abstimmung als sicher. Ungern wird über die ablehnende Haltung einiger NATO-Mitglieder wie Deutschland und Frankreich gesprochen. Selbst im Kreis der Koalitionspartner lassen sich kritische Stimmen vernehmen, die darauf hinweisen, dass der NATO-Beitritt eigentlich eine Aufnahme in die Organisation auf Konsensgrundlage voraussetzt. Im Abschnitt Innenpolitik wird die Gründung der Nationalen Polizei und des Staatlichen Ermittlungsbüros geplant, die die Miliz ersetzen sollen. Eine Sonderabteilung zur Bekämpfung organisierter Kriminalität und die Verkehrspolizei sollen abgeschafft werden. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Korruptionsbekämpfung und die Durchführung einer Gerichts- und Haushaltsreform gelegt. In der Verwaltung werden circa 20 Behörden aufgelöst oder umstrukturiert. Die ukrainische Presse kritisiert das Vorhaben als finanziell untragbar.

Ukrainische Experten machen darauf aufmerksam, dass der Osten der Ukraine im Koalitionsvertrag wirtschaftlich und politisch kaum Beachtung findet. Der Schwerindustrie wie der Metallverarbeitung und der Stahlproduktion wird im Vertrag keine einzige Zeile gewidmet. Die neue Koalition hat sich bereiterklärt, nicht profitable und staatlich subventionierte Bergwerke zu schließen, womit sie ganz bestimmt keine neuen Anhänger in Donezk oder Luhansk gewinnen wird. Die Bereiche Forschung, Wissenschaft, Kultur, Rente und Sozialversicherung werden sekundär behandelt, sie sind in dem fünfseitigen Abschnitt "Soziale und humanitäre Reformen" nur als Stichworte zu finden. Hingegen kann sich das Verteidigungsministerium auf eine spürbare Erhöhung seines Haushaltes freuen. Im militärpolitischen Teil des Vertrages spricht man von einer "ständigen Präsenz der Streitkräfte im Osten" und der Gründung von "autonomen Stützpunkten", gemeint ist dabei: nach der Beendigung der "Anti-Terror-Operation". So wird die Vorstellung geweckt, dass die "Ostler" unter Generalverdacht stehen bzw. dass Kiew von einer dauerhaften Konfrontation mit Russland ausgeht.

Der Koalitionsvertrag ist zweifelsohne reformorientiert und in vielen Punkten revolutionär. Seine Autoren verstehen die Erwartungen der Mehrheit der Gesellschaft, die eine zügige Wandlung im Geist der Maidan-Ereignisse verlangt. Offensichtlich versucht die Koalition, eine postindustrielle Gesellschaft des 21. Jahrhunderts in einem Land mit einer De-Facto-Sowjetwirtschaft des vergangenen Jahrhunderts herzustellen, in einem Riesensprung, ohne die Schaffung einer neuen politischen Kultur. Die Lieferung von Metall ins Ausland garantierte dem ukrainischen Staatshaushalt aber 26 % der Gesamtexporteinnahmen (2013). Die chemische Industrie sicherte noch weitere 9,2 %. Die ohnehin stark angeschlagene ukrainische Wirtschaft ist durchaus nicht fähig, auf über ein Drittel der Exportgewinne ersatzlos zu verzichten.

Regierungsbildung

Der Parlamentsbeschluss über das neue Kabinett bedeutet der ukrainischen politischen Tradition zufolge eine Bewährungsprobe für die Koalition: Wird klar für die Regierung gestimmt, bedeutet das die Funktionsfähigkeit der Koalition. Dabei kam es zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition. Die regierenden Fraktionen wollten eine Abstimmung über das ganze Kabinett, während ihre Opponenten eine Einzelentscheidung über jeden Minister verlangten, um dadurch mehr Redezeit für sich zu gewinnen. Die Forderung der Opposition unterstützten die Partei Selbsthilfe sowie einige politische Debütanten aus dem Poroschenko-Bündnis wie Mustafa Najem. Am 2. Dezember wurde Jazenjuk mit 341 Stimmen zum Premier wiedergewählt, wobei zwei Abgeordnete aus den Koalitionsreihen gegen ihn votierten und vier seiner Kollegen sich enthielten (s. Tabelle 1 auf S. 4). Über die neue Regierung wurde per Liste abgestimmt. 288 Volksvertreter waren für sie.

Die Personalvorschläge des Premiers für die Ministerposten waren bis zuletzt nicht bekannt. Eine Schnellanalyse der neuen ukrainischen Regierung ermöglicht den Schluss, dass die politischen Schwergewichte sich auf eine ausgewogene Kabinettszusammensetzung unter Einbeziehung alter und neuer Eliten geeinigt haben. Die neuen Minister sind in fünf Gruppen zu unterteilen (s. auch Tabelle 2 auf S. 7–9):

  1. "Ausländer": Außerhalb der Ukraine geborene Politiker, die allerdings eigebürgert wurden und Newcomer in der ukrainischen Politik sind: Aivaras Abromavičius (Litauen), Wirtschaftsentwicklung und Handel, und Natalia Jaresko (USA), Finanzen, sowie Oleksander Kwitaschwili (Georgien), Gesundheit.

  2. Minister der Vorgängerregierung Jazenjuks: Pawlo Klimkin, Auswärtiges, Stepan Poltorak, Verteidigung. Arsen Awakow, Inneres, Pawlo Petrenko, Justiz, Serhij Kwit, Bildung und Wissenschaft.

  3. Repräsentanten der alten Elite (Opposition oder regierungsnah): Hennadij Subko, Wohnen, Wjatscheslaw Kirilenko, Kultur, Walerij Woschtschewskyj, Vize-Premier, Pawlo Rosenko, Soziales, Ihor Schdanow, Jugend und Sport.

  4. Kultureller und wohltätiger Bereich: Ihor Schewtschenko, Umwelt, Jurij Stez, Infor­mationspolitik.

  5. Geschäftsleute bzw. Vertreter von Großunternehmen: Wolodymyr Demtschyschyn, Energie und Kohlebergwerke, Oleksij Pawlenko, Landwirtschaft, Andrij Piwowarskyj, Infrastruktur, Hanna Onischtschenko, Ministerin im Kabinett.

Daraus resultieren folgende Beobachtungen:

  • Beide mächtigen Spieler haben einen Erhalt des Status Quo erreicht. Gemäßigte und Härtere sind gleichermaßen vertreten.

  • Die Wiederbelebung des Ministeriums für Informationspolitik bereitet vielen Journalisten Sorgen. Sie befürchten mögliche Einschnitte in die Presse- und Meinungsfreiheit im Zeichen "des Kampfes gegen die Separatisten".

  • Viele Minister sind für ihre Funktionen fachlich geeignet. Beide Parteien setzen auf bewährte Personen oder Freunde der Wirtschaft. Neu sind nur die frischgebackenen Politiker ausländischer Herkunft. In der Regierung sind keine Rechtsradikalen mehr vertreten. Ebenfalls nicht dabei sind Personen aus dem NGO-Bereich, die auf dem Maidan eine wichtige Träger- und Mediatorenfunktion übernommen haben. Die Mitglieder der Selbsthilfe-Partei etwa haben öffentlich auf Regierungsposten verzichtet, um sich auf die Arbeit an den Gesetzesentwürfen im Parlament zu konzentrieren. So hat der Lemberger Bürgermeister Sadowyj das Angebot abgelehnt, als Erster Stellvertretender Premier im Kabinett mitzuwirken.

Ausblick

Mit der Konstituierung des Parlaments und der Regierung ist der Prozess der Etablierung der neuen Postmaidan-Machtstrukturen vollendet. Die Ukraine hat gegenwärtig eine funktionsfähige Exekutive und eine funktionsfähige Legislative. Teilweise sind das Personen aus der alten Kaderschmiede der Kutschma-, Juschtschenko- und Janukowytsch-Ära, zum Teil jedoch auch neue Gesichter. Die Entscheidungsträger in Kiew werden mit vielen Spannungsfeldern konfrontiert werden, unter anderem mit den Aufgaben, die im Ermessen der Regierung liegen (Wirtschaftsreformen, Korruptionsbekämpfung) und mit solchen, die ohne Einbeziehung ausländischer Global Player nicht zu lösen sind (Frieden im Osten). Es läuft darauf hinaus, dass die populistische Strömung in den oberen Etagen der ukrainischen Politik deutlich abnimmt und der Pragmatismus Zulauf erhält. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit die ukrainische Gesellschaft bereit ist, sich von der "revolutionären" Rhetorik zu distanzieren und sich auf einen harten Übergang vom im Kern sowjetischen, nur kosmetisch renovierten Herrschaftsmodell zu einer Demokratie einzustellen. In diesem Zusammenhang müssen die Bedürfnisse der sozial Benachteiligten berücksichtigt werden und dürfen nicht dem Turbokapitalismus zum Opfer fallen. Zudem müssen der zum ersten Mal in der Geschichte des ukrainischen Parlamentarismus so mitgliederschwachen Opposition angemessene Rechte eingeräumt werden.

Fussnoten

Dmitri Stratievski ist Politikwissenschaftler und Historiker sowie stellvertretender Vorsitzender des Osteuropazentrums Berlin e. V.