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Kommentar: Das Wirtschaftsklima in der Ukraine: Einschätzungen und Erwartungen der ukrainischen Wirtschaft in Kriegs- und Krisenzeiten | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Das Wirtschaftsklima in der Ukraine: Einschätzungen und Erwartungen der ukrainischen Wirtschaft in Kriegs- und Krisenzeiten

Oksana Kuziakiv Kiew Von Oksana Kuziakiv

/ 5 Minuten zu lesen

Der vorliegende Beitrag fasst aktuelle Ergebnisse der vierteljährlichen Umfragen des Institutes für Wirtschaftsforschung und Politikberatung zum ukrainischen Wirtschaftsklima zusammen. Dargestellt werden die Antworten der Manager aus der verarbeitenden Industrie zu zentralen Problemen für Unternehmen, Reformbedarf in der staatlichen Wirtschaftspolitik und zu den Folgen des Konfliktes in der Ostukraine.

Stahlwerke in Mariupol mit ukrainischer Flagge. (© picture-alliance)

Einleitung

Die Ukraine befindet sich derzeit in einer für das Land einmaligen Lage. Einerseits durchleidet das Land eine tiefe Wirtschaftskrise, die umfassende staatliche Reformen verlangt. Andererseits sieht sich das Land mit dem bewaffneten Konflikt in der Ostukraine konfrontiert, der viele Ressourcen verbraucht und zerstört und die Aufmerksamkeit und Kräfte der ganzen Gesellschaft fordert.

Korruption, Verletzungen der Eigentumsrechte und eine übertriebene Regulierung der unternehmerischen Tätigkeit gehören traditionell zu den wichtigsten Problemen der ukrainischen Unternehmen. Welche Veränderungen sind in diesem Bereich innerhalb des letzten Halbjahres, seit der Absetzung von Präsident Janukowitsch eingetreten? Welche Erwartungen hat die ukrainische Wirtschaft bezüglich der Wirtschaftspolitik? Wie schätzt sie die Folgen des Konfliktes in der Ostukraine ein?

Um diese Fragen zu beantworten werden im Folgenden aktuelle Ergebnisse der vierteljährlichen Umfragen des Institutes für Wirtschaftsforschung und Politikberatung zum ukrainischen Wirtschaftsklima vorgestellt. Die Umfragen unter Managern in den Regionen der Zentral-, West-, Süd- und Ostukraine finden seit 1996 mit einer gleichbleibenden Respondentengruppe statt, die 450 Unternehmen aller Bereiche der verarbeitenden Industrie umfasst. Die letzte Umfrage wurde vom 25. Juli bis 15. August 2014 durchgeführt und erhob die Erwartungen bezüglich staatlicher Reformen sowie die Einschätzung der Folgen der aktuellen Situation in Donezk und Luhansk. Die ebenfalls im Text vorgestellte Umfrage zur Korruption fand im April/Mai 2014 statt.

Korruption und Rechtssystem

Tabelle 1

Die Umfrage vom April/Mai 2014 zeigt einen Rückgang bei der Wahrnehmung von Korruption. Der Anteil der befragten Manager, die Korruption in ihrer Wirtschaftsbranche für sehr verbreitet halten, ist von 62 % im Vorjahr auf jetzt 52 % gesunken. Der Anteil derer, die glauben, dass informelle Beziehungen zu staatlichen Behörden für den Geschäftserfolg wichtig sind, hat sich von 48 % auf 32 % reduziert. Dieser Rückgang zeigt sich bei Unternehmen aller Größen.

Am wichtigsten sind die informellen Beziehungen für mittelständische Unternehmen (aktuell 41 %), am wenigsten wichtig sind sie für Großunternehmen (21 %). Kleine Unternehmen liegen mit 32 % fast genau im Durchschnitt. Die Wichtigkeit informeller Beziehungen variiert dabei in Abhängigkeit von der jeweiligen staatlichen Behörde, wie Tabelle 1 zeigt.

Andere Indikatoren, die die Bedeutung der Korruption für die Unternehmen messen, belegen, dass Korruption weniger attraktiv für Unternehmen geworden ist. So ist die mit Bestechungszahlungen verbundene Unsicherheit gestiegen. Im Jahr 2014 ist die Zahl der Manager, die davon ausgehen, die möglichen Folgen von Bestechungszahlungen nicht vorhersagen zu können, um 5 % gestiegen und belief sich insgesamt auf 63 %. Die größte Unsicherheit herrschte bei Großunternehmen (75 %). Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen betrug der entsprechende Anteil 59 % bzw. 58 %. Auch eine fehlende Vorstellung von der Höhe erforderlicher Bestechungszahlungen belegt Unsicherheit von Unternehmensvertretern bezüglich Korruption. Der Anteil der Unternehmensvertreter, die erklärten die Höhe der erforderlichen informellen Zahlungen nicht zuverlässig abschätzen zu können, stieg von 2013 bis 2014 von 60 % auf 75 %. Die größte Unsicherheit bezüglich der Höhe der Bestechungszahlungen gab es bei mittelständischen Unternehmen (82  %), bei den Klein- und Großunternehmen sind die Zahlen sehr ähnlich und betrugen 72  % bzw. 71 %.

Der Anteil derjenigen Unternehmensvertreter, die glauben, dass das existierende Justizsystem in der Lage ist, die Durchsetzung ihrer vertraglichen Rechte zu gewährleisten, erhöhte sich von 29 % im Jahr 2013 auf 37 % im Jahr 2014. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl derjenigen, die glauben, dass der Staat sie effektiv vor Kriminalität schützen kann, um 8 % auf 27 % erhöht.

Grafik 1

Reformbedarf

Die dominante Rolle, die der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine für die ukrainische Wirtschaft besitzt, zeigt sich eindeutig in der Umfrage unter Unternehmensvertretern vom Juli/August 2014. 77 % nennen den erfolgreichen Abschluss der militärischen Operationen in der Ostukraine als zentrale staatliche Maßnahme zur Verbesserung des Wirtschaftsklimas im Lande. Dieser Punkt wird fast doppelt so häufig genannt wie der zweitplatzierte.

Bezeichnenderweise folgt aber auch an zweiter Stelle eine politische Maßnahme und keine wirtschaftliche oder rechtliche. 41 % der befragten Unternehmensvertreter nennen die Durchführung von Neuwahlen zum Parlament als zentrale staatliche Maßnahme zur Verbesserung des Wirtschaftsklimas.

Direkt dahinter folgt mit 40 % die Bekämpfung der Korruption. Mit einer Häufigkeit von ungefähr 25 % folgen dann weitere klassische Forderungen zur Verbesserung des Wirtschaftsklimas, wie erhöhte Transparenz, Steuersenkungen, faire Vergabe von Staatsaufträgen und verbesserte staatliche Regulierung.

Einen Überblick über die Ergebnisse gibt Grafik 1.

Grafik 2

Folgen des Konflikts in der Ostukraine

Beim Vergleich der finanziellen Lage ihres Unternehmens mit dem Vorjahr berichten 42 % der befragten Manager über keine Veränderung, 8 % sprechen von einer Verbesserung und 41 % gaben an, dass sich die finanzielle Situation verschlechtert hat. (9 % gaben keine Antwort.)

Die Mehrheit der Befragten, fast genau 50 %, verbindet die Verschlechterung der Wirtschaftslage nicht ausschließlich mit der Situation im Osten des Landes, sondern auch mit weiteren Faktoren wie Produktionsrückgang, verringerte Nachfrage, erschwerter Zugang zu Krediten, die in der Industrie bereits in den vergangenen zwei Jahren beobachtet wurden.

34 % der befragten Manager berichten dementsprechend, dass die Destabilisierung der Lage im Osten der Ukraine keine Auswirkungen auf die finanzielle und wirtschaftliche Situation ihres Unternehmens hat. Ebenfalls 34 % der Befragten sprechen hingegen von einer Verschlechterung, und 2 % von einer deutlichen Verschlechterung. 1 % der Unternehmen hatte aufgrund neuer Aufträge eine Verbesserung der Unternehmenslage zu verzeichnen. Ganze 30 % der Befragten gaben aber überhaupt keine Antwort auf die Frage nach den Folgen des Konflikts in der Ostukraine für ihr eigenes Unternehmen.

Unternehmen, die über Probleme im Zusammenhang mit dem Konflikt berichten, nennen an erster Stelle Schwierigkeiten Kunden zu finden (44 %). Zu den direkten Folgen von Kampfhandlungen gehören Probleme mit der Logistik (38 %) und Einberufung von Mitarbeitern zum Militärdienst (14 %). Knapp 2 % berichten von Beschlagnahmungen, Enteignungen und Zerstörung von Produktionsstätten. Umgekehrt profitieren 5 % der befragten Industrieunternehmen von vermehrten Aufträgen für das Militär.

Einen Überblick über die Ergebnisse gibt Grafik 2.

Ausblick

Ob die einleitend vorgestellten Anzeichen für einen Rückgang der Korruption eine nachhaltige Verbesserung der Situation bedeuten, kann erst in einiger Zeit beurteilt werden. Im Moment kann nur festgehalten werden, dass die Wirtschaft entsprechende Erwartungen hat.

Gleichzeitig zeigen die aktuellen Umfrageergebnisse, dass der größte negative Einfluss auf das Wirtschaftsklima aus Sicht der Unternehmen derzeit nicht von wirtschaftlichen Faktoren kommt, sondern vom militärischen Konflikt in der Ostukraine. Der erfolgreiche Abschluss der militärischen Operation und die Konsolidierung des politischen Systems – das sind die zentralen Erwartungen der ukrainischen Wirtschaft an die Regierung.

Übersetzung aus dem Ukrainischen: Lina Pleines

Fussnoten

Oksana Kuziakiv ist die Geschäftsführerin des Externer Link: Instituts für Wirtschaftsforschung und Politikberatung (IER) und Projektleiterin des Projektes zum ukrainischen Wirtschaftsklima. Sie ist auf die Forschung zu Geschäftstätigkeit, Konjunktur, Unternehmensentwicklung und Wirtschaftsklima in der Ukraine spezialisiert. Sie ist Mitglied der internationalen Forschungsgemeinschaft CIRET.