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Analyse: Die Referenden in Donezk und Luhansk | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die Referenden in Donezk und Luhansk

Heiko Pleines Bremen Von Heiko Pleines

/ 10 Minuten zu lesen

Am 11. Mai 2014 haben die selbsterklärten Volksrepubliken in Donezk und Luhansk Referenden über ihre Unabhängigkeit abgehalten. Der vorliegende Text erläutert die verschiedenen Kritikpunkte an den Referenden, die sich auf Völkerrecht und demokratische Standards beziehen, und gibt eine kurze Einschätzung der Lage.

Einleitung


Die selbst-erklärten Volksrepubliken in Donezk und Luhansk haben am 11. Mai 2014 ein Referendum über ihre Selbständigkeit abgehalten. Bereits am Morgen des Folgetages wurde das Ergebnis verkündet. In Donezk sollen bei einer Beteiligung von 75 % insgesamt 89 % die Selbständigkeit unterstützt haben. In Luhansk soll bei einer Beteiligung von 81 % die Zustimmung sogar bei 96 % gelegen haben. Am 18. Mai 2014 soll ein zweites Referendum stattfinden, das einen Beitritt zur Russischen Föderation vorsieht. Die ukrainische Präsidentenwahl, die für den 25. Mai vorgesehen ist, wollen die Separatisten boykottieren. Ein für die Region Charkiw geplantes Referendum wurde von den dortigen Organisatoren abgesagt.

Das erste Referendum


Die "Volksgouverneure" von Donezk und Luhansk, Pawel Gubarew und Waleri Bolotow, hatten die Durchführung der Referenden verfügt und Wahl- sowie Kontrollkommissionen eingesetzt. Für die Sicherheit bei der Durchführung der Referenden sollte die von den Separatisten geschaffene "Armee des Südostens" zuständig sein. Die am 11. Mai 2014 zur Abstimmung gestellte Frage lautete: "Unterstützen Sie die Selbständigkeit der Donezker (bzw. Luhansker) Volksrepublik?". Die Separatisten in Donezk und Luhansk nutzten die Kontrolle über von ihnen besetzte Fernsehtürme sowie auch Printmedien und Flyer, um für das Referendum zu werben. Die Organisatoren der Referenden gaben an, die Abstimmungsberechtigten über die offiziellen Wählerlisten von 2012 zu bestimmen. Am 11. Mai konnte je nach Wahlstation von 8 Uhr bis 23 Uhr abgestimmt werden. Das Abstimmungsergebnis wurde bereits am Vormittag des folgenden Tages mitgeteilt und am Nachmittag als Endergebnis verkündet. Die ukrainische Regierung in Kiew sowie die EU, die USA und die OSZE haben erklärt, dass sie das Referendum nicht anerkennen, da es illegal sei. Der russische Präsident Putin hatte die Separatisten am 7. Mai aufgefordert, das Referendum zu verschieben, "um die notwendigen Bedingungen für einen Dialog zu schaffen". In ersten Stellungnahmen am 12. Mai erklärte Russland hingegen seine Akzeptanz des Referendums, das nun "auf zivilisierte Weise" umgesetzt werden solle. Insgesamt lassen sich die Kritikpunkte an dem Referendum in vier Gruppen zusammenfassen.

Völkerrecht


Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, auf das sich die Separatisten in Donezk und Luhansk berufen, ist völkerrechtlich nicht klar definiert und findet seine Grenzen in der territorialen Integrität von Staaten, sofern diese Staaten nicht massiv die Rechte der nach Unabhängigkeit strebenden ethnischen Minderheit verletzen. In der Praxis bedeutet dies – selbst im Falle von bürgerkriegsähnlichen Zuständen –, dass international nur Unabhängigkeitsreferenden anerkannt werden, die in Abstimmung zwischen der nach Unabhängigkeit strebenden Region und dem jeweiligen Staat erfolgen, wie etwa im Falle des im September 2014 stattfindenden schottischen Unabhängigkeitsreferendums, das von der britischen Regierung akzeptiert wurde. Referenden, die vom jeweiligen Staat nicht akzeptiert werden, wie etwa das Unabhängigkeitsreferendum der Region Venedig in diesem Frühjahr oder das von Katalonien geplante Referendum für die Unabhängigkeit von Spanien, haben erst einmal nur symbolischen Charakter, um den Druck in politischen Verhandlungen zu erhöhen. Dementsprechend stimmten bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 27. März 2014 auch nur 11 von insgesamt 169 Staaten gegen eine Resolution, die das Referendum auf der Krim für illegal erklärte, bei dem am 16. März 2014 ähnlich wie später in Donezk und Luhansk die Unabhängigkeit von der Ukraine und im Fall der Krim zeitgleich der Beitritt zur Russischen Föderation beschlossen worden waren.

Regionen, die trotz fehlender internationaler Anerkennung ihre Unabhängigkeit erklären und durchsetzen können, werden in der Regel zu sogenannten "de facto"-Staaten. Diese funktionieren de facto wie eigenständige Staaten, werden aber (zumindest anfangs) de iure nicht international anerkannt. Die Vereinten Nationen betrachten so z. B. Kosovo weiterhin als Teil Serbiens oder Taiwan als Teil der Volksrepublik China. Kosovo und Taiwan sind dementsprechend nicht UNO-Mitglied und werden auch von vielen Staaten nicht offiziell anerkannt. Zum Beispiel lehnen Russland, wie auch die Ukraine und fünf EU-Mitgliedsstaaten, die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo explizit ab. Russland selbst hat umgekehrt nach dem Krieg mit Georgien im Jahre 2008 mit Abchasien und Südossetien zwei "de-facto"-Staaten anerkannt, die aus Sicht der UNO weiterhin zu Georgien gehören. Russland unterstützt auch Transnistrien seit seiner de-facto Unabhängigkeit von Moldawien im Jahre 1992. Mit der Annexion der Krim ist Russland aber noch einen Schritt weiter gegangen, denn hier geht es nicht mehr um die Anerkennung der Unabhängigkeit einer Region gegen den Willen des jeweiligen Staates, sondern um die Eingliederung fremden Territoriums in den eigenen Staat. Die breite internationale Ablehnung des Krim-Referendums dürfte deshalb auch mit der Befürchtung zu tun haben, dass hier ein neuer Präzedenzfall für Territorialkriege geschaffen wurde. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die international vorgebrachten Einwände gegen die Unabhängigkeitsreferenden in der Ostukraine nicht auf die konkrete Durchführung sondern grundlegend auf das Prinzip der territorialen Integrität beziehen, das die Zustimmung der Zentralregierung in Kiew verlangt. Diesem Prinzip der territorialen Integrität hat Russland im Falle des Kosovo und auch im Umgang mit den eigenen Regionen im Nordkaukasus zugestimmt. Ausgehend vom Abstimmungsergebnis der UN-Vollversammlung zum Krim-Referendum ist zu erwarten, dass nur eine sehr kleine Gruppe von Staaten die Referenden in Donezk und Luhansk anerkennen wird. Neben diesem grundlegenden Einwand gegen die Legalität der Referenden kann zusätzlich festgehalten werden, dass sie demokratischen Standards nicht gerecht wurden.

Informationsstand der Bevölkerung


Ein zweites Problem besteht darin, dass die Referenden nicht den rechtlichen Vorgaben für die Durchführung von Volksabstimmungen folgten, sondern von den Separatisten nach eigenen Vorstellungen kurzfristig anberaumt wurden. Es gab keine öffentliche Debatte über die im Referendum angebotene Wahloption und auch keine über die Reihung der beiden Referenden in den Schritten Unabhängigkeit und Beitritt zur Russischen Föderation. Kennzeichnend ist, dass parallel zum Unabhängigkeitsreferendum am 11. Mai 2014 in 40 Städten der Regionen Donezk und Luhansk eine weniger beachtete Umfrage "Für Frieden, Ordnung und die Einheit der Ukraine" durchgeführt wurde, die die Zusammenlegung der beiden Regionen mit der Nachbarregion Dnipropetrowsk fordert. Der Gouverneur von Dnipropetrowsk, der Unternehmer Ihor Kolomojskyj, der die Umfrage initiierte, hat sich als ausgesprochener Gegner der Separatisten etabliert. Nach Angaben der Organisatoren nahmen 2,5 Millionen Bürger an der Umfrage teil. Vor allem aber hatte die Bevölkerung kaum Möglichkeit sich eine inhaltliche Meinung zu bilden. Zum einen wurde sowohl von der Zentralregierung in Kiew als auch von den Separatisten in einem bewaffneten Kampf um Sendetürme die jeweils andere Position abgeschaltet. Zum anderen fehlte aber auch schlicht die Zeit für eine inhaltliche Debatte. Die Informationskampagne der Separatisten begann frühestens zwei Wochen vor Durchführung des Referendums. Exemplarisch für die Kampagne ist ein Fernsehspot mit folgendem Text: "Wenn Sie bei dem Referendum mit Ja antworten, werden sie in einem friedlichen, multinationalen Staat leben können. In einem Staat, der sich nicht auf faschistische Grundsätze stützt. Sie werden in einem Staat leben, der mit unseren brüderlichen Nationen: Russland, Weißrussland und Kasachstan, in einer Gemeinschaft kooperiert. Unser Land werden keine fremden Armeen betreten. Hier werden keine NATO-Truppen oder ihre Verbündeten stehen. Wir lebten und werden im Frieden und Freundschaft leben." Zum Vergleich: Die Diskussion um das schottische Unabhängigkeitsreferendum, das am 18. September 2014 stattfinden soll, begann 2009. Im Oktober 2012 wurde das Abkommen zur Durchführung des Referendums geschlossen, so dass zwei Jahre für öffentliche Debatten über das konkrete Referendum blieben. Im Falle einer Zustimmung soll Schottland im März 2016 unabhängig werden.

Repräsentativität


Ein weiterer Kritikpunkt an den Referenden in Donezk und Luhansk ist, dass nicht alle Stimmberechtigten auch wirklich die Möglichkeit hatten, ihre Stimme abzugeben. Roman Ljagin, der Leiter der von den Separatisten in Donezk eingesetzten zentralen Wahlkommission, erklärte es so, dass zu Stadt und Bezirk Krasnyj Lyman (ca. 45.000 Einwohner) aufgrund von bewaffneten Auseinandersetzungen kein Kontakt bestehe. In Krasnoarmeisk musste das Referendum abgebrochen werden, weil ukrainische Truppen in die Stadt vorrückten. Falls die von den Wahlkommissionen der Separatisten genannten Abstimmungsorte eine abschließende Aufzählung darstellen, waren nur für 17 Städte Abstimmungslokale vorgesehen, während beide Regionen zusammen insgesamt 53 Verwaltungsbezirke haben. Hinzu kommt, dass in einer Stadt wie Mariupol mit 480.000 Einwohnern nur eine Handvoll Wahllokale eingerichtet wurden. In Anbetracht der geringen Zahl von Wahllokalen sind auch lange Schlangen kein guter Beleg für die von den Separatisten angegebene Beteiligung von über 75 %. Es ist dementsprechend mehr als fraglich, ob alle Bewohner der beiden Regionen wirklich die Möglichkeit hatten, an dem Referendum teilzunehmen. Gleichzeitig erscheint in diesem Zusammenhang die von den Separatisten genannte hohe Wahlbeteiligung wenig glaubwürdig. Dies betrifft die Frage möglicher Manipulationen bei den tatsächlich abgegebenen Stimmen.

Manipulationen


Ein erstes Problem besteht darin, dass das Referendum in einem Umfeld von Gewaltbereitschaft und Drohungen durchgeführt wurde. An den Wahllokalen waren bewaffnete Posten aufgestellt. Es wurde von Entführungen von Journalisten, von Schusswechseln im Kontext der Anti-Terror-Operation der ukrainischen Zentralregierung und von Drohungen gegen ukraine-freundliche Personen berichtet. Ein zweites Problem ist die Organisation des Abstimmungsprozesses. Die Separatisten erklärten zwar, über die Wählerverzeichnisse des Jahres 2012 zu verfügen. Gleichzeitig wurden aber aufgrund der geringen Zahl von Abstimmungslokalen Wähler nicht einem bestimmten Lokal zugeordnet. Angaben der Wähler wurden so oft einfach handschriftlich notiert, ohne vor der Stimmabgabe mit einem Wählerverzeichnis abgeglichen zu werden. Einfache Methoden mehrfache Stimmabgaben zu verhindern, wie etwa das Einfärben des Zeigefingers nach der Stimmabgabe wurden nicht benutzt. Es gab in einigen Abstimmungslokalen keine Wahlkabinen, wie die BBC berichtete, die mit einem halben Dutzend Journalisten in der Region präsent war. CNN filmte mehrere Personen, die im selben Wahllokal mehrfach ihre Stimme abgaben. Paul Ronzheimer, Reporter für die Bild-Zeitung, twitterte, dass er mit einem Mann unterwegs sei, der bereits achtmal abgestimmt habe. Hierzu ist festzuhalten, dass es beim Referendum keinen systematischen Einsatz unabhängiger Beobachter gab. Internationale Wahlbeobachter nahmen nicht teil, weil das Referendum von den entsprechenden Organisationen nicht als legal anerkannt wurde. Journalisten wurden in der Regel zur Stimmauszählung nicht zugelassen. Bei den Angaben zum Ergebnis muss also allein den Angaben der von den Separatisten eingesetzten Wahlkommissionen vertraut werden. Ein Beispiel für die resultierende Problematik bietet das entsprechende Referendum auf der Krim. Die Wahlbeteiligung wurde hier mit 83 % angegeben, wobei 97 % für den Beitritt zur Russischen Föderation gestimmt haben sollen. Der Rat für die Entwicklung der Zivilgesellschaft und Menschenrechte beim Präsidenten der Russischen Föderation, ein vom russischen Präsidenten eingerichtetes Beratungsgremium, stellte in einem Bericht zu "Problemen der Bewohner der Krim" fest, dass "nach Meinung praktisch aller befragten Experten und Bürger […] auf der Krim nach verschiedenen Daten für die Vereinigung mit Russland 50–60 % der Wähler stimmten, bei einer Wahlbeteiligung von 30–50 %." Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums nahmen an den Referenden in Donezk und Luhansk etwa 32 % bzw. 24 % der Stimmberechtigten teil. Das sind aber Schätzungen deren Grundlagen nicht erläutert werden. Journalisten liefern nur anekdotische Belege für mögliche Manipulationen, die in Einzelfällen dokumentiert wurden. Das tatsächliche Abstimmungsergebnis dürfte so nicht mehr rekonstruierbar sein.

Kiews Dilemma


Während einerseits klar ist, dass die Referenden in Donezk und Luhansk demokratischen Standards nicht gerecht wurden und international nicht anerkannt werden, so deutlich ist gleichzeitig geworden, dass die zentrale Regierung in Kiew die Situation in den beiden Regionen nicht mehr unter Kontrolle hat. Weder zahlreiche Haftbefehle gegen Separatisten noch ein bereits einen Monat andauernder "Anti-Terror-Einsatz" in der Region haben verhindern können, dass an vielen zentralen Orten öffentlich und ungehindert das von Kiew als illegal betrachtete Referendum durchgeführt werden konnte. Gleichzeitig waren im Gegensatz zu Nachbarregionen wie Charkiw oder Dnipropetrowsk pro-ukrainische Kräfte im öffentlichen Raum nirgends ernsthaft sichtbar. Die Kiewer Führung steckt damit in einem doppelten Dilemma. Erstens gibt es keine offensichtliche Lösung im Umgang mit den Unabhängigkeitsreferenden. Die offizielle Position, dass die Referenden illegal waren und die Regionen unter die Kontrolle der Zentralregierung gehören, ist selbst im Rahmen eines Militäreinsatzes nicht durchsetzbar. Verhandlungen mit den Separatisten könnten aber weitere Dominoeffekte zur Folge haben und die Autorität der Zentralregierung zusätzlich untergraben. Zweitens gefährdet die Situation in der Ostukraine längerfristig die politische Konsolidierung des Landes. Wenn bei der Präsidentenwahl am 25. Mai neben der Krim auch die Ostukraine nicht ordentlich abstimmen könnte, wäre die Legitimation des Ergebnisses ernsthaft in Frage gestellt. Die Ablösung der Übergangsregierung und ein demokratischer Neuanfang könnten daran scheitern. Längerfristig besteht das Risiko einer dauerhaften Unabhängigkeitsbewegung mit terroristischer Unterstützung, die ähnlich wie im spanischen Baskenland oder in Nordirland das politische Klima in der Ukraine dauerhaft belasten würde.

Russlands Optionen


Russland hingegen hat bezogen auf die Entwicklung in der Ukraine kurzfristig weiterhin alle Trümpfe in der Hand. Sollte Russland auf eine Deeskalation setzen und Donezk und Luhansk nicht annektieren, so würde der Westen erleichtert reagieren und die Annexion der Krim wahrscheinlich als kleineres Übel de facto akzeptieren. Dies legen zumindest die westlichen Reaktionen auf Putins Aufforderung der letzten Woche zur Verschiebung der Referenden nahe. Würden Donezk und Luhansk Teil der Ukraine bleiben, hätte Russland jederzeit die Möglichkeit neue Konflikte zu schüren und könnte die ukrainische Zentralregierung damit erpressen. Würden Donezk und Luhansk ähnlich wie Abchasien und Südossetien zu "de-facto"-Staaten, so hätte Russland Kontrolle, ohne international die volle Verantwortung und national die Kosten für die wirtschaftliche Entwicklung der Region übernehmen zu müssen. Sollte sich Russland entscheiden, die beiden ostukrainischen Regionen zu annektieren, so hat es die erforderliche Truppenpräsenz an der Grenze. Die Kosten wären aber hoch. Eine Gegenwehr der ukrainischen Armee und damit auch bei der russischen Bevölkerung nicht populäres Blutvergießen wäre wohl schwer zu vermeiden. Die Sicherung einer neuen Grenze quer durch die Ukraine und die Umorientierung der gesamten Infrastruktur der ostukrainischen Regionen in Richtung Russland wären sehr teuer. Die dann unvermeidlichen westlichen Wirtschaftssanktionen würden die bereits schwächelnde russische Wirtschaft zusätzlich belasten.

Ausblick


Putin hat in internationalen wie auch nationalen Konflikten bisher immer das kalkulierte Risiko und nicht die grenzenlose Eskalation gewählt. Folgt er dieser Linie, wird er die Unabhängigkeitsreferenden nutzen, um in seinem Interesse auch längerfristig Druck auf die Ukraine auszuüben ohne die Ostukraine zu annektieren. Der Ukrainekonflikt kann aber auch eine Eigendynamik gewinnen, die Putin dann nicht mehr unter Kontrolle hat. Dies betrifft nicht nur die Förderung der Separatisten in der Ostukraine sondern auch die von Russland unterstützten "de-facto"-Staaten. Hier könnten neue Erwartungen an Russland geweckt werden, die das Land nicht erfüllen kann und die zu weiteren Konflikten führen könnten. Anstelle eines Sicherheitsringes gegen das Vordringen von NATO und EU würde Russland dann einen Ring der Instabilität um sich schaffen.

Quellen:

Fussnoten

Dr. Heiko Pleines leitet die Abteilung Politik und Wirtschaft der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen.