Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Analyse: Das ukrainische Parlament führt Teile der europäischen Gesetze ein | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Das ukrainische Parlament führt Teile der europäischen Gesetze ein

Wojciech Konończuk Tadeusz A. Olszański Warschau Von Wojciech Konończuk und Tadeusz A. Olszański

/ 6 Minuten zu lesen

Im Rahmen der Östlichen Partnerschaft möchte die EU ehemalige Sowjetrepubliken in ihren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transitionsprozessen unterstützen. Von diesem attraktiven Instrument der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) möchte auch die Ukraine profitieren, doch knüpft die EU an ein Assoziationsabkommen Bedingungen. Besonders in den Bereichen Politik, Bürgerrechte, Rechtsstaatlichkeit und dem Wahlsystem sieht die EU eklatanten Handlungsbedarf. Bisher kam der ehemalige Ostblockstaat diesem nur mit einem eher marginalen Gesetzesvorhaben nach. Dennoch zeichnet sich ab: Die ukrainische Regierung will das ersehnte Assoziationsabkommen noch während des Vilnius-Gipfels unterzeichnen.

Körperliche Auseinandersetzung im ukrainischen Parlament: Wie lang ist Weg zu einer Demokratie, mit der die EU ein Assoziierungsabkommen abschließen würde? (© picture-alliance/dpa)

Einleitung

Im September hat das ukrainische Parlament Teile der "europäischen Gesetze" verabschiedet, die eine Voraussetzung für die Unterzeichnung des Assoziationsabkommens mit der EU auf dem Gipfeltreffen zur Östlichen Partnerschaft in Vilnius am 28./29. November sind. Einer Entscheidung des Rats der Europäischen Union vom Dezember 2012 zufolge wird dieses Dokument nur unter der Bedingung unterschrieben, dass Kiew Reformfortschritte, vor allem in den Bereichen Politik, Rechtswesen und Wahlsystem, gemacht hat. Das einzige der bislang verabschiedeten Gesetze, das entscheidenden Einfluss auf das politische System der Ukraine haben wird, weitet die Kompetenzen der Rechnungskammer (das parlamentarische Gremium, das die Umsetzung des Haushalts kontrolliert) aus. Alle anderen sind von sekundärer Bedeutung. Angesichts der hohen Effizienz, mit der das Parlament die ersten europäischen Gesetze verabschiedet hat, ist zu erwarten, dass bis Anfang November noch weitere Gesetze angenommen werden, einschließlich der entscheidenden: zu den Strafverfolgungsbehörden, der Polizei und der Wahlgesetzgebung. In Bezug auf Julia Timoschenkos Fall hat die ukrainische Regierung jedoch noch nichts unternommen. Das beispiellose Tempo, mit dem die von der EU erwarteten Regelungen erlassen wurden, zeigt, dass die ukrainische Regierung fest entschlossen ist, das Assoziationsabkommen während des Vilnius-Gipfels zu unterzeichnen. Gleichzeitig hofft Kiew, dies durch einen positiven Eindruck von den bereits erreichten Gesetzesänderungen in Brüssel (und dort auch beim EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle) zu einem relativ niedrigen politischen Preis zu erreichen – das heißt, ohne den Fall Timoschenko zu lösen (ihre Freilassung scheint äußerst unwahrscheinlich) und ohne die Einführung einiger Gesetze, die für die derzeit herrschende Elite im Kontext der politischen Rivalitäten in der Ukraine sehr wichtig sind.

Die europäischen Gesetze

Seit dem Beginn der Herbstperiode am 3. September hat das ukrainische Parlament sehr effektiv gehandelt, und als "europäisch" gelabelte Projekte sind mit überwältigenden Mehrheiten verabschiedet worden. Die bisher angenommenen Gesetze haben sämtliche Fraktionen des Parlaments unterstützt, auch die Kommunisten, die scharfe Gegner der europäischen Integration sind. Das hat zwei Gründe. Zum einen übten die Führung der Partei der Regionen und der Präsident selbst hohen Druck auf die Kommunisten und auf unabhängige Abgeordnete aus. Zum anderen hat sich der Standpunkt der Oppositionsparteien geändert, durch den im Frühjahr parlamentarische Treffen blockiert worden waren, indem von der Regierung die Erfüllung einiger Bedingungen gefordert worden war (darunter das Abhalten von Neuwahlen in Kiew). Dieser Wechsel geht auf Druck aus Brüssel zurück, der auf die Opposition ausgeübt wurde, so dass diese ihre Unterstützung proeuropäischer Regierungsprojekte nun nicht mehr an andere politische Themen koppelt. Die Gesetze müssen noch von Präsident Janukowitsch unterzeichnet werden, das ist jedoch bloße Formalität. Die wichtigsten der verabschiedeten Gesetze behandeln folgende Bereiche:

Wahlrecht

Das ukrainische Parlament hat Wahlen in jenen fünf Wahlkreisen mit einem Mehrheitswahlrecht angesetzt, in denen die Zentrale Wahlkommission das Ergebnis der Parlamentswahlen im Oktober 2012 nicht ermittelt und somit das Gesetz gebrochen hat. Sie finden am 15. Dezember dieses Jahres statt. Die Partei der Regionen und die Opposition sind sich einig, dass es notwendig war, die Wahlen dort anzusetzen. Die zweite "Wahl"-Bedingung der EU hat das Parlament allerdings nicht erfüllt: Es hat keine Wahlen für das Bürgermeisteramt in Kiew (das seit Juli 2012 vakant ist) festgesetzt, und auch keine für das Kiewer Rathaus (dessen Amtsperiode im Juni 2013 abgelaufen ist). Darüber gibt es eine stillschweigende Übereinkunft zwischen der Partei der Regionen und der Opposition (obwohl letztere öffentlich die Abhaltung von Wahlen gefordert hat), da diese Wahlen die Vorbereitung beider Parteien auf die Präsidentschaftswahl Anfang 2015 verkomplizieren würden. Die Venedig-Kommission wird voraussichtlich Mitte Oktober ihre Ansicht zu den sich abzeichnenden Änderungen des Wahlrechts kundtun. Es kann zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass das entsprechende Gesetz vor dem Vilnius-Gipfel, aber nach dem 21. Oktober, also nach dem Treffen der EU-Außenminister, verabschiedet wird. Der Entwurf für das Wahlgesetz, den die Venedig-Kommission befürwortet hat, wurde allerdings noch nicht auf die Agenda des Parlaments gesetzt, und es ist unwahrscheinlich, dass dies noch geschieht, da die Partei der Regionen offen gegen seine Verabschiedung ist, mit der Begründung, der Entwurf heble Abstimmungsvorschriften aus. Die Verabschiedung des Entwurfs würde eine Änderung der Abstimmungsvorschriften vor der demnächst stattfindenden Wahl erschweren – was in der Ukraine bisher übliche Praxis ist. Zudem weist nichts darauf hin, dass das ukrainische Parlament das Referendumsgesetz (das auf Initiative der Partei der Regionen im November 2012 verabschiedet wurde) in der von der EU geforderten Weise abändert. Dieses Gesetz ermöglicht die Verabschiedung von Gesetzen per Referendum (also ohne Beteiligung des Parlaments), was das Prinzip der repräsentativen Demokratie unterminiert. Wenn nötig, könnte diese Art der Gesetzesverabschiedung ein praktisches politisches Instrument für die ukrainische Regierung werden.

Das Justizsystem

Das Parlament hat Gesetzesänderungen verabschiedet, die die Haftbedingungen in den Gefängnissen deutlich verbessern (verbessert wurden auch die Bestimmungen zur medizinischen Versorgung). Eine umfassende Reform des postsowjetischen ukrainischen Strafvollzugssystems ist jedoch noch im Vorbereitungsstadium und wird dieses Jahr nicht mehr auf die Agenda kommen. Außerdem hat das Parlament einen Fahrplan zur Umsetzung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erlassenen Urteile beschlossen und versprochen, im Oktober weitere Gesetze für eine grundlegende Reform der Strafverfolgung und der Polizei zu verabschieden. Das Verfassungsgericht stimmte dem Gesetzesentwurf zur Stärkung der verfassungsmäßigen Garantie der richterlichen Unabhängigkeit innerhalb von zwei Wochen zu – dieser beinhaltet unter anderem die lebenslange Ernennung von Richtern und entzieht dem Parlament das Recht, Richter aufzustellen (was den Einfluss der Regierung auf die Justiz verringert). Das könnte bedeuten, dass das Gesetz bald verabschiedet wird, obwohl die Verfassung vorsieht, dass dies frühestens im Februar 2015 geschehen kann. Derselbe Gesetzesentwurf für die Verfassung sieht vor, dass der Generalbundesanwalt nicht mehr für einen gewissen Zeitraum ernannt wird, was die Unabhängigkeit dieser Position stärkt. Das neue Gesetz zum Anwaltsberuf wurde bereits 2012 verabschiedet, seine Umsetzung war jedoch mit großen Schwierigkeiten behaftet, etwa mit den neuen im Mai 2013 verabschiedeten Richtlinien für Strafverfahren. Nichtsdestotrotz haben diese beiden Gesetze die ukrainischen Verfahren europäischen Standards nähergebracht.

Antikorruptionsgesetze

Das ukrainische Parlament hat die Verfassung geändert und der Rechnungskammer dabei das Recht zugesprochen, nicht nur die Ausgaben, sondern auch die Einnahmen des Haushalts zu kontrollieren. Damit hat sie ein Element der Verfassungsreform von 2004 wiederbelebt. Im Frühjahr dieses Jahres wurden mehrere Antikorruptionsgesetze verabschiedet. Am 23. September wurde dem Parlament ein Gesetzentwurf zur nationalen Antikorruptionspolitik vorgelegt, der zum Beispiel eine unabhängige Ermittlungsbehörde für Korruptionsfälle vorsieht. Er wird voraussichtlich im Oktober verabschiedet.

Weitere Gesetze

Das Parlament hat mehrere Gesetze verabschiedet, die zur Unterzeichnung des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens (DCFTA) nötig sind, und es hat die Zollbestimmungen verändert. Das Gesetz zu den öffentlichen Medien hat zu schweren Auseinandersetzungen in der Opposition geführt und ist der Kommission erneut zur Überprüfung vorgelegt worden. Dagegen weist nichts darauf hin, dass das Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet wird (das Voraussetzung der Vereinfachung von EU-Visaanträgen ist), die meisten Gruppierungen lehnen dieses Projekt ab. Außerdem wurde dem Parlament ein Gesetz zur Verhinderung homosexueller Propaganda, das dem entsprechenden russischen Gesetz nachempfunden ist, vorgelegt.

Zusammenfassung: Der Weg nach Vilnius ist offen?

Die bisher vom ukrainischen Parlament verabschiedeten Gesetze erfüllen Teile der EU-Kriterien für die Ukraine. Das Vorgehen bei der Verabschiedung dieser Gesetze zeigt, dass die Regierung das Assoziationsabkommen auf dem Vilnius-Gipfel unterzeichnen will. Das Parlament hat jedoch noch nicht alle Gesetze verabschiedet, die Brüssel erwartet und die die größten Auswirkungen auf eine Reform des politischen Systems des Landes haben, etwa die zu den Strafverfolgungsbehörden, der Polizei und der Wahlgesetzgebung. Auch wenn zu erwarten ist, dass das Parlament in den nächsten Wochen weitere europäische Gesetze annehmen wird, so hat es doch nicht genügend Zeit, alle von der EU geforderten Gesetze zu verabschieden. Zudem ist offensichtlich, dass die Regierung einige Gesetze nicht verabschieden will, etwa das Wahlrecht und eine veränderte Version des Referendumsgesetzes, da dies – aus Sicht der Regierung – die Position der Partei der Regionen schwächen würde. Auch im Fall von Julia Timoschenko, die zu acht Jahren Haft verurteilt wurde und in einigen weiteren Fällen (darunter Auftragsmord) als Verdächtige geführt wird, hat die ukrainische Regierung keine Fortschritte gemacht. Kiew scheint zu glauben, dass die bereits verabschiedeten Gesetze und diejenigen, die voraussichtlich im Oktober verabschiedet werden, von der EU begrüßt werden und zur Unterzeichnung des Assoziationsabkommens in Vilnius ausreichend sind. Man sollte daher nicht erwarten, dass Timoschenko in absehbarer Zeit freigelassen werden wird (auch nicht, falls sie einwilligt, das Land zur Behandlung im Ausland zu verlassen), denn sie wird immer noch als gefährlicher politischer Gegner angesehen.

Übersetzung aus dem Englischen: Sophie Hellgardt

Fussnoten

leitet seit 2011 die Abteilung für die Ukraine, Belarus und Moldawien am Zentrum für Osteuropastudien (OSW) in Warschau.

ist seit 1999 Analyst im OSW-Team zur Ukraine, Belarus und den baltischen Staaten.