Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Analyse: Eine typische Spielart von europäischem Rechtsradikalismus? Drei Besonderheiten der ukrainischen Freiheitspartei aus vergleichender Perspektive | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Verhältnis zur belarusischen Opposition (28.11.2024) Analyse: Kyjiws strategische Distanz zur belarusischen Opposition dekoder: "Die Belarussen müssen verstehen, dass unsere Zukunft von uns selbst abhängt" Umfragen: Meinung in der Ukraine zu Belarus’ Kriegsbeteiligung Umfragen: Unterstützung in Belarus von Russlands Krieg gegen die Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Energieversorgung / Grüne Transformation (09.10.2024) Analyse: (Wie) Lässt sich die Energiekrise in der Ukraine abwenden? Analyse: Eine stärkere Integration des Stromnetzes in die EU kann der Ukraine helfen, die nächsten Winter zu überstehen Statistik: Stromimporte aus EU-Staaten Analyse: Resilienz wieder aufbauen: Die Rolle des ukrainischen Klimabüros bei der grünen Transformation Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik EU-Beitrittsprozess (29.07.2024) Analyse: Die Ukraine und die EU: Erweiterungspolitik ohne Alternative? Analyse: Wie schnell bewegt sich die Ukraine auf die EU zu, in welchen Bereichen gibt es große Fortschritte und in welchen nicht? Statistik: Stand der Ukraine im EU-Beitrittsprozess Umfragen: Öffentliche Meinung in der Ukraine und in ausgewählten EU-Ländern zum EU-Beitritt der Ukraine Chronik: Hinweis auf die Online-Chronik Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Eine typische Spielart von europäischem Rechtsradikalismus? Drei Besonderheiten der ukrainischen Freiheitspartei aus vergleichender Perspektive

Andreas Umland

/ 12 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Aufstieg der Allukrainischen Union "Swoboda" (Freiheit) ist für sich genommen wenig bemerkenswert. Es gab und gibt in Europa etliche ähnliche Parteien mit vergleichbaren Wahlerfolgen. Auch die Rolle "Swobodas" bei der Schaffung einer "unzivilen Gesellschaft" in Galizien ist nichts ungewöhnliches. Jedoch weist die politische Position und das landesweite Elektorat der Freiheitspartei einige Besonderheiten auf, die die Partei von anderen Rechtsextremismen unterscheiden: (1) der Bezug auf eine reale äußere Gefahr für die Ukraine (Russland), (2) der Widerspruch zwischen der hohen geographischen Konzentration der ideologischen Kernwählerschaft von "Swoboda" in der Westukraine und ihrem gesamtukrainischen Anspruch, (3) die fehlende Abgrenzung der ukrainischen Demokraten von "Swoboda". Nach einem knappen halben Jahr im Parlament ist noch unklar, ob die Partei weiterhin dem Ultranationalismus huldigen wird oder sich in eine nationaldemokratische Kraft verwandelt.

Swobodas Wahlerfolg im europäischen Kontext

Das mit ca. 10,4 % unerwartet gute Abschneiden der sog. Allukrainischen Union "Swoboda" (Freiheit) von Oleh Tjahnybok bei den Parlamentswahlen nach Verhältniswahlrecht am 28.10.2012 mag aus deutscher Sicht alarmierend erscheinen. Wenn man dieses Ergebnis jedoch im gesamteuropäischen Kontext betrachtet, ist es auch in dieser beachtlichen Höhe wenig ungewöhnlich. Zum einen erhielt "Swoboda" aufgrund des Grabenwahlsystems mit 38 Abgeordneten weniger als 10 % der 450 Sitze. Zum anderen haben nicht nur rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ und BZÖ in Österreich oder die SVP in der Schweiz erhebliche Wahlerfolge in den letzten Jahrzehnten zu verzeichnen. Auch einige klar ultranationalistische Parteien mit radikalen Ideologien und dubiosen Hintergründen, die denen "Swobodas" ähneln, haben bei Wahlen sowohl in West- als auch Osteuropa teils ähnlich gut bzw. besser (teils weit besser) als "Swoboda" abgeschnitten. Man erinnere sich z. B. an die

  • 22,9 % für Wladimir Schirinowskijs sog. Liberal-Demokratische Partei Russlands bei den Staatsdumawahlen 1993,

  • 27,3 % bzw. 49,1 % für Wojislaw Scheschelj von der Serbischen Radikalen Partei in der ersten bzw. zweiten Runde der ersten serbischen Präsidentschaftswahlen 1997,

  • 16,9 % bzw. 17,8 % für Jean-Marie Le Pen vom Front National in der ersten bzw. zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen 2002 und

  • 16,7 % für die Bewegung für ein besseres Ungarn (Jobbik) bei den ungarischen Parlamentswahlen 2010.

Zudem war auch bei früheren spektakulären Wahlerfolgen von Rechtsextremisten gelegentlich ein Überraschungsmoment enthalten, da auch in diesen Fällen die Umfrageergebnisse vor den Wahlen teils weit unter dem anschließenden Wahlergebnis lagen. Ähnlich der Differenz zwischen den Umfrageergebnissen und dem Wahlerfolg z. B. von Schirinowskijs LDPR 1993 lag die Wahlprognose etlicher Meinungsforschungsinstitute für Tjahnyboks Freiheitspartei vor den Parlamentswahlen 2012 nur bei ca. der Hälfte der Zustimmung, die die Partei von den Wählern beim Urngengang tatsächlich erhielt.

Nur scheinbare Ungewöhnlichkeiten von "Swobodas" Aufstieg

Auch andere Spezifika der Freiheitspartei im ukrainischen Parteiensystem sowie im Kontext der internationalen Landschaft ultranationalistischer Bewegungen sind zwar bemerkenswert, aber nicht einmalig. So erinnert etwa die hohe geographische Disbalance der Wählerschaft der ukrainischen rechtsradikalen Partei, insbesondere ihre tiefe Verwurzelung in Galizien, an die fast ausschließliche Verankerung des belgischen Vlaams Belang (Flämisches Interesse) in Flandern. In gewisser Hinsicht ist "Swoboda" das Spiegelbild der Kommunisitschen Partei der Ukraine: So wie die Kommunisten den übergroßen Teil ihrer Wählerschaft im Süden und Osten des Landes haben, so erhalten die Nationalisten den Großteil ihrer Unterstützung im Zentrum und Westen der Ukraine. Die von der US-amerikanischen Soziologin Alina Polyakova (University of California at Berkeley) durch eine Feldstudie kürzlich aufgezeigte Verbindung zwischen dem zunehmend rechtsextrem unterwanderten galizischen Dritten Sektor und dem Wahlerfolg der Freiheitspartei in Galizien ist zwar hochinteressant und gesonderter Forschung würdig. Auch diese Korrelation ist aber letztlich nichts Ungewöhnliches in der Geschichte des modernen europäischen Ultranationalismus. Polyakova unternimmt unter Anwendung von Mills Methode der Differenz bzw. des Most Similar Systems Designs einen kontrastierenden Vergleich der benachbarten Regionen Galizien und Wolynien (einschließlich des Bezirks Riwne), in welchen die Freiheitspartei bei den Regional- und Kommunalwahlen 2009–2010 unterschiedlich erfolgreich war. Sie zeigt, wie das Anwachsen einer von der Freiheitspartei gezielt geförderten, weitgehend informell funktionierenden nationalistischen Zivilgesellschaft insbesondere innerhalb der Jugendszene der Regionen Lwiw, Ternopil und Iwano-Frankiwsk wichtige Voraussetzung für die – auch im Vergleich zum Rest der Westukraine – ungewöhnlich hohen Wahlergebnisse von "Swoboda" in Galizien 2009 und 2010 war. Polyakovas Befund wirft zwar neues Licht auf den Aufstieg von Tjahnyboks Freiheitspartei in der eigentlich "europäischsten" Region der Ukraine. Die Ausnutzung zivilgesellschaftlicher Strukturen durch Rechtsextremisten und deren Auswirkung auf den Wahlerfolg ultranationalistischer Parteien ist jedoch nichts Neues. Die Verquickung von Rechtsextremismus und Zivilgesellschaft ist z. B. ein wesentliches Merkmal der postsowjetischen russischen politischen Landschaft. Bereits der Fall der Weimarer Republik 1933 war ein Beispiel hierfür. Der Machtergreifung Hitlers ging eine tiefgehende Infizierung der deutschen Vereinslandschaft der Zwischenkriegszeit mit ultranationalistischen Ideologemen sowie eine partielle Infiltration nichtpolitischer Organisationen mit NSDAP-Aktivisten voraus. Zwar ist "Swoboda" – trotz des Interesses einiger ihrer Funktionäre für den europäischen Zwischenkriegsfaschismus – weder als eine nazistische noch als eine neonazistische Partei zu klassifizieren und daher nur bedingt mit der deutschen klassischen faschistischen Bewegung vergleichbar. Das deutsche Beispiel aus der Zwischenkriegszeit illustriert jedoch, wie alt bereits die paradoxe Erscheinung ist, dass Parteien mit xenophoben Ideologien es vermögen – normalerweise als in ihrer gesellschaftlichen Funktion prodemokratisch verstandene – zivilgesellschaftliche Strukturen für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Neben solchen vergleichsweise wenig ungewöhnlichen und nur scheinbaren spezifischen Charakteristika der Freiheitspartei gibt es einige Besonderheiten, die den ukrainischen Rechtsradikalismus von ähnlichen Erscheinungen andernorts abheben:

Besonderheit Nr. 1: Die reale äußere Bedrohung der Ukraine

Der vielleicht wichtigste Unterschied im gesamtpolitischen Kontext des Aufstiegs der Freiheitspartei ist das geostrategische Umfeld des ukrainischen Staates. Die pathologische Entfremdungsangst und kruden Verschwörungstheorien der meisten rechtsextremen Partein in Vergangenheit und Gegenwart können als psychologische Überreaktionen, wenn nicht politischer Verfolgungswahn abgetan werden. Selbst die verbreitete Angst vor dem Kommunismus im Mittel- und Westeuropa der Zwischenkriegszeit war – wenn auch auf eine reale Gefahr, Stalins UdSSR, fixiert – oft ein Artefakt ultrakonservativer und faschistischer Panikmache zur Legitimation rechtsautoritärer Macht. Die Souveränität und Identität der ukrainischen Nation hingegen war in der Vergangenheit und ist heute tatsächlich mit einer relevanten und konkreten äußeren Gefahr, nämlich Putins Russland, konfrontiert. Dieses Risiko wird nicht nur von ukrainischen Nationalisten als akut empfunden, sondern auch von vielen ukrainischen und internationalen nichtextremistischen Beobachtern – am prominentesten vielleicht von Zbigniew Brzezinski – als ein reales Sicherheitsproblem der Ukraine erkannt. Führende russische Politiker und Intellektuelle haben im Laufe der letzten zwanzig Jahre implizit und explizit wiederholt deutlich gemacht, dass sie die gegenwärtige Staatsgrenze zwischen der Ukraine und Russischen Föderation als nicht vollwertig bzw. nicht endgültig ansehen sowie die Unabhängigkeit der Ukraine und Eigenständigkeit ihrer Kultur bezweifeln. In seinem 2006 erschienen Buch "Feind des Volkes" bezeichnet z. B. Dmitri Rogosin, seit Ende 2011 Stellvertretender Premierminister der Russischen Föderation, u. a. die Krim und "Kleinrussland" (d. h. einen Großteil der Ukraine) als "Stammterritorium der russischen Nation [rodowaja territorija russkoj nazii]". Ähnliche Aussagen anderer führender russischer Repräsentanten ließen sich finden. Derartige Stellungnahmen mögen für sich genommen als wenig gefährlich erscheinen, erinnern an ähnliche Tagträume etwa ungarischer Irrendentisten und werden hoffentlich ohne praktische Konsequenzen bleiben. Aussagen, wie diejenige Rogosins, können vor dem Hintergrund des relativistischen Ansatzes russischer Außenpolitik bezüglich der staatlichen Souveränität einiger ehemaliger Sowjetrepubliken, allen voran Georgiens und Moldowas, jedoch auch als wirkliche Bedrohungen der staatlichen Unabhängigkeit der Ukraine aufgefasst werden. Die manifeste Russophobie von Tjahnyboks Freiheitspartei erscheint vor diesem Hintergrund als weniger pathologisch als die im klassischen europäischen Rechtsextremismus dominante Furcht vor einer freimaurerisch-jüdischen Weltverschwörung. Zwar finden sich antisemitische Denkfiguren ebenfalls im historischen und heutigen ukrainischen Ultranationalismus. Sie waren und sind jedoch der Feindschaft bezüglich der früheren sowjetischen bzw. heutigen russischen Führung oft nachgestellt. Die Animosität gegenüber dem Kreml und dessen Ukrainepolitik bildet ein wesentliches Verbindungsglied zwischen dem radikalen ukrainischen Nationalismus einerseits und verschiedenen nationalliberal bzw. nationaldemokratisch orientierten Strömungen in der Politik und Intelligenzija der Ukraine andererseits – eine Allianz, auf die unten noch eingegangen wird.

Besonderheit 2: Die geographische Konzentration der Stammwählerschaft

Eine weitere Besonderheit des ukrainischen radikalen Nationalismus ist die hohe Konzentration der ideologisch motivierten Stammwählerschaft von "Swoboda" in der Westukraine, insbesondere in Galizien. Der ausgeprägte Regionalcharakter der Freiheitspartei ist bei den letzten Parlamentswahlen durch die hohe Zahl von Protest-, taktischen bzw. strategischen "Swoboda"-Wählern verwischt worden. Soziologische Umfragen sowie eine Gesamtschau der Wählerunterstützung für "Swoboda" sowie ideologisch ähnlich ausgerichteter Parteien, wie z. B. der Ukrainischen Nationalversammlung (UNA), der letzten zwanzig Jahre zeigen jedoch, dass Gruppierungen dieser Art nur in der Westukraine bzw. schwerpunktmässig in Galizien eine stabile und breite Wählerschaft haben. Der offensichtliche Grund hierfür ist weniger eine etwaige besondere Affinität der Galizier zu Xenophobie, als die hohe Bedeutung der Geschichte der Organisation Ukrainischer Nationalisten und insbesondere von deren Bandera-Fraktion (OUN-B) für die ethnische Selbstidentifikation der Galizier. Dabei wird die OUN-B weniger als eine faschistische Partei, denn als der Höhepunkt der nationalen Befreiungsbewegung bzw. als ein Orden der tapfersten Helden der ukrainischen Nationalgeschichte verstanden. Verstärkt wird die Hochachtung für Bandera und Co. in Galizien durch das meist tragische Schicksal der Nationalistenführer sowie ihrer Familienmitglieder, die zu einem großen Teil Opfer sowjetischer Verfolgung wurden sowie in einigen Fällen unter die Räder nazistischer Vernichtungspolitik gerieten. "Swoboda" und ähnliche Parteien in der postsowjetischen Ukraine präsentieren sich mehr oder minder ausdrücklich als Nachfolgeorganisationen der OUN-B und konkurrieren untereinander um die Legitimität ihres Anspruches auf das historische Erbe der antisowjetischen Befreiungsbewegung. Die Kulte um Stepan Bandera sowie einige andere OUN-Führer in Galizien – und weniger rechtsextreme Prädispositionen als solche – dürften ein Katalysator für die tiefe zivilgesellschaftliche Infiltration und ein Grund für die besonders eindrucksvollen Wahlerfolge der radikalen Nationalisten in den Bezirken Lwiw, Ternopil und Iwano-Frankiwsk sein. Wie angedeutet, ist für sich genommen eine tiefe regionale Verwurzelung einer rechtsradikalen bzw. rechtspolitischen Partei nichts Ungewöhnliches. Damit ähnelt "Swoboda" in Europa etwa dem erwähnten Vlaams Belang in Belgien oder der Lega Nord in Italien. Der markante Unterschied ist jedoch, dass die genannten westeuropäischen rechtsgerichteten Bewegungen ausdrücklich separatisch orientiert sind, während sich "Swoboda" als allgemein nationalistische ukrainische Bewegung versteht sowie als "Allukrainische Union" bezeichnet. Der Vlaams Belang sowie die Lega Nord fordern die Abspaltung Flanderns bzw. Padaniens vom belgischen bzw. italienischen Staat. "Swoboda" dagegen propagiert die Stärkung des ukrainischen Unitarstaates. De facto spaltet jedoch die Geschichtsmythologie der ukrainischen Freiheitspartei um die OUN die Ukraine, da der fanatische Banderakult der Nationalisten beim Großteil der Bevölkerung der russophonen Süd- und Ostukraine auf strikte Ablehnung stösst. Eine solche Geschichtspolitik wäre konsistent, würde auch "Swoboda" eine separatistische Partei dartellen, die etwa die Abspaltung Galiziens fordern würde, wie dies gelegentlich einige galizische Autonomisten tun. Die Freiheitspartei erhebt jedoch – ganz im Gegenteil – öffentlich den Anspruch, dem Prinzip der "sobornist", also der Einheit bzw. Einigung der heutigen Ukraine, verpflichtet zu sein. Es ist zu befürchten, dass der Einzug von "Swoboda" als selbstdeklarierter Nachfolgepartei der OUN-B ins ukrainische Parlament zur Vertiefung der ohnehin besorgniserregenden Spaltung des Landes beitragen wird. Paradoxerweise dürfte der Aufstieg der Freiheitspartei von etlichen neoimperial orientierten russischen Nationalisten mit Interesse verfolgt werden. "Swobodas" zunehmende politische Präsenz unterstützt indirekt die Divide-et-impera-Politik Moskaus bezüglich der Ukraine. Sie erleichtert die bereits seit Jahren praktizierte Diffamierung der Westukraine sowie der national orientierten Kiewer Intelligenz und weltweiten ukrainischen Diaspora. In der ukrainischen Emigrantengemeinde gewann "Swoboda" mit einem Ergebnis von ca. 23 % die Parlamentswahlen. In den kremlkontrollierten russischen bzw. prorussischen ukrainischen Medien werden der Großteil der national orientierten Ukrainer sowie das ukrainische Andenken an den Befreiungskampf der UPA pauschal als "faschistisch" abgestempelt. "Swobodas" Aufstieg könnte in einem Worst-Case-Szenario zu weiterer Entfremdung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsteilen der noch gering konsolidierten ukrainischen politischen Nation führen.

Besonderheit 3: Der fehlende Cordon Sanitaire

Eine weitere Facette des Aufstiegs der "Swoboda"-Partei im vergangenen Jahr war, dass die wichtigste demokratische Partei "Batkiwschtschyna" (Vaterland) bereits vor den Parlamentswahlen ein offizielles Wahlbündnis mit "Swoboda" eingegangen war und sich inzwischen eine Oppositionskoalition der ukrainischen demokratischen Parteien, einschließlich Witalij Klitschkos UDAR, mit den radikalen Nationalisten im Parlament, der Werchowna Rada, herausgebildet hat. Damit weicht das Verhalten insbesondere "Batkiwschtschynas" von der Politik des Cordon Sanitaire ab, den die meisten europäischen Partnerorganisationen der ukrainischen Demokraten bezüglich "Swoboda"-ähnlichen Parteien in Europa betreiben. Allgemeine Richtlinie demokratischer Partein in der EU ist, nicht mit Rechtsextremisten zu kooperieren – weder im Wahlkampf noch im Parlament oder in der Regierung. "Batkiwschtschyna" widerspricht mir ihrer aktiven Koalitionspolitik ebenfalls einem Change.org-Aufruf (s. Lesetipps) profilierter ukrainischer Geistes- und Sozialwissenschaftler an das Kommittee gegen die Diktatur vom April 2012, nicht mit "Swoboda" zu kooperieren. Dieser Aufruf erschien auf den Webseiten der Wochenzeitung "Kyiv Post" (in Englisch) sowie der Tageszeitung "Den" (in Ukrainisch) und wurde u. a. unterschrieben von solch bekannten ukrainischen Intellektuellen wie Taras Kuzio, Jurij Makarow, Andrij Mokrousow, Wiktoria Siumar, Oxana Pachlowska und Taras Wosnjak. Freilich wird auch von demokratischen Parteien in EU-Mitgliedsländern die Cordon-Sanitaire-Politik gegenüber Rechtsradikalen nicht immer eingehalten. So konnte z. B. 2006–2007 die Liga der polnischen Familien an einer Koalitionsregierung unter Jarosław Kaczyński und 2006–2010 die Slowakische Nationale Partei an einer Koalitionsregierung unter Robert Fico teilnehmen. Diese Kooperationen wurden allerdings sowohl in Polen und der Slowakei als auch im europäischen Ausland harsch kritisiert; sie und einige ähnliche Erscheinungen bilden alles in allem Ausnahmen. Die Regel in der EU war und ist Ausgrenzung von Rechtsradikalen sowohl im Gesetzgebungs- als auch Regierungsprozess. In der Ukraine, so muss freilich eingewendet werden, befinden sich die Demokraten inmitten eines rasanten gesellschaftlichen Transformationsprozesses. Sie haben eine diffizile Konfrontation mit der autoritär-restaurativen Partei der Regionen auszufechten und handeln im Kontext eines hybriden politischen Systems. Womöglich rechtfertigt diese besondere politische und institutionelle Konstellation andere Verhaltensmuster von Demokraten als in relativ stabilen EU-Mitgliedsländern. Nicht nur muss sich jedoch die Sinnhaftigkeit und Effektivität der Strategie der ukrainischen Demokraten erst noch zeigen. "Batkiwschtschyna" könnte sich – das werden soziologische Untersuchungen hoffentlich klären – mit ihrer Strategie ins eigene Fleisch schneiden. Die Vaterlandspartei hat erheblich dazu beigetragen, "Swoboda" salonfähig zu machen. Sie hat womöglich dadurch bereits 2012 eigene Wähler an die radikalen Nationalisten verloren und könnte sich mit der Förderung "Swobodas" ihr eigenes Grab schaufeln. Wie auch immer: Festzuhalten bleibt, dass die bislang stabile Allianz "Swobodas" mit "Batkiwschtschyna" als der wichtigsten demokratischen Partei der Ukraine eine Besonderheit im Umgang von Mitte-Rechts-Parteien mit einer rechtsradikalen Partei in Europa darstellt.

Ausblick

Die Bedeutung dieser Betrachtungen wird erst im Laufe der Parlamentstätigkeit von "Swoboda" klar werden. Bislang ist das Bild uneindeutig: Einerseits unterstützt "Swoboda" entschieden den Pro-EU-Kurs der Demokraten, setzt sich für die Einhaltung der Parlamentsprozeduren ein und bildet einen disziplinierten Teil der Drei-Parteien-Oppositionskoalition mit "Batkiwschtschyna" und UDAR. Mit Ruslan Koschulinski hat sie einen betont gemäßigten Repräsentanten der Partei ins Parlamentspräsidium entsandt. Andererseits setzt die Partei ihre ethnozentrische sowie homophobe Skandalmacherei aus ihrer extraparlamentarischen Vorgeschichte fort und hält an ihrer demonstrativen OUN-Heroisierung fest. Sie tritt für ein striktes Abtreibungsverbot sowie gegen die Adoption ukrainischer Kinder durch Ausländer ein. "Swobodas" Sprecher überschwemmen die Medien mit politisch unkorrekten Äußerungen über Homosexuelle, Juden usw. und tragen damit zum internationalen Reputationsverlust der Ukraine bei. Kurioserweise ist "Swoboda" betreffs der Diskriminierung der ukrainischen LGBT-Gemeinde mit solch dubiosen Vertretern der Regionenpartei wie Wadym Kolesnitschenko weitgehend auf einer Wellenlänge. Sollte die parlamentarische Aktivität der Freiheitspartei in der Zukunft ebenfalls von ultranationalistischen Motiven geprägt sein, dürften etliche Protestwähler ihre Wahlentscheidung am 28.10.2012 bereuen. Jedoch könnte sich die Partei unter dem Druck der wachsenden öffentlichen Aufmerksamkeit auch zu einer nationaldemokratischen Kraft wandeln. Dass solch eine Transformation prinzipiell möglich ist, zeigt die sukzessive Umwandlung der einst von Mussolini gegründeten italienischen faschistischen Partei (PNF-MSI-AN) in eine nationalkonservative politische Kraft. Einzelne ehemalige radikale Nationalisten, wie Andrij Schkil oder Andrij Parubi, haben auf individueller Ebene eine ähnliche Transformation in der Ukraine bereits vorgeführt und sind heute als nationaldemokratisch einzuordnen. Bleibt zu hoffen, dass auch die Führer von "Swoboda" diesen Kurs einschlagen und die Partei zu einer Kraft umwandeln, welche die europäische Integration und politische Nationsbildung der Ukraine fördern und nicht behindern wird.

Lesetipps:

  • Alina Polyakova: Organizing Nationalism. Social Networks, Civil Society, and Radical Right Parties in Ukraine. Vortrag gehalten auf dem jährlichen Danyliw-Seminar für Ukrainestudien, University of Ottawa, 1.–3.11.2012.

  • Per Anders Rudling: The Return of the Ukrainian Far Right. The Case of VO Svoboda, in: Ruth Wodak und John E. Richardson, Hgg.: Analyzing Fascist Discourse. European Fascism in Talk and Text. London, 2012. S. 228–255.

  • Anton Shekhovtsov: From Para-Militarism to Radical Right-Wing Populism. The Rise of the Ukrainian Far-Right Party Svoboda, in: Ruth Wodak, Brigitte Mral und Majid KhosraviNik, Hgg.: Right Wing Populism in Europe: Politics and Discourse. London, 2013. S. 249–263.

  • Andreas Umland: Nichtideologische Motivationen der Swoboda-Wähler. Hypothesen zum Elektorat der ukrainischen radikalen Nationalisten bei den Parlamentswahlen vom Oktober 2012, in: Ukraine-Analysen Nr. 109, 2012. S. 8–9.

  • Externer Link: http://www.change.org/petitions/committee-against-dictatorship-re-consider-the-inclusion-of-svoboda-into-the-cad

Fussnoten

(1967) Dr. phil., Ph.D., ist DAAD-Fachlektor für Deutschland- und Europastudien an der Kiewer Mohyla-Akademie, Herausgeber der Buchreihe "Soviet and Post-Soviet Politics and Society" und Mitglied des Valdai Discussion Club.