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Die zeichnerische Satire in der Türkei durchlebt dunkle Zeiten. Dabei hat sie in der Türkei eine lange und große Tradition (Satire in der Türkei: die Enklave der Unbeugsamen). Sabine Küper-Büsch hat in "Schluss mit Lustig - Aktuelle Satire aus der Türkei" zeitgenössische Beispiele der künstlerischen Auseinandersetzung mit Politik und Gesellschaft zusammengefasst. "Schluss mit lustig. Aktuelle Satire aus der Türkei" ist 2017 im Avant Verlag erschienen.
Das Amt des Ministerpräsidenten Binali Yıldırım wird mit der Einführung des Präsidialsystems 2019 wegrationalisiert werden: Erdoğan als
Kapitän, Yıldırım als Schiffbrüchiger. Sefer Selvi, LeMan, 2017
Kein Tabu in der Türkei: Erdoğan mit Hitlerbärtchen. Sefer Selvi, LeMan, 2015.
Die Darstellungen als Tier wird hingegen als herabwürdigend empfunden. Der Zeichner Musa Kart wurde schon 2005 für die Darstellung Erdoğans als
Katze zunächst zu einer Geldstrafe verurteilt, gewann aber später den Prozess vor dem Berufungsgericht. Musa Kart, Cumhuriyet 2004.
Die Zeichnung macht sich über das Niveau der Religiosität Erdoğans lustig. Der Begriff "Alem" ist im philosophischen Diskurs der Kosmos, die Welt.
"Alem" ist aber auch ganz simpel das Wort für Zoo. Penguen, 2006.
Lois-Philippe, Herzog von Orléans und erster "Bürgerkönig" von Frankreich, als Birne. Eine respektlose Anspielung auf die schwindende politische
Bedeutung der Monarchie. Charles Philipon, La Caricature, 1831.
Anspielungen auf das wuchtige Riechorgan Abdülhamid II. galten als Majestätsbeleidigung. In dem Moment als die Nase neben den Begriffen Freiheit,
Unabhängigkeit und Brüderlichkeit auf dem Index der Zensur landete, verwandelte sie sich angesichts dieser Düfte des Neuen zum Symbol für den Mief der Vergangenheit. Anonym. Die Nase. ZS Davul,1909.
"Eine, wenn sie nicht konfisziert wird, politische Zeitschrift". Die Zeitschrift Markopaşa wurde in der jungen Republik zum Sprachrohr der
außerparlamentarischen Opposition. Mitherausgeber Sabahattin Ali wurde 1948 Opfer eines Mordanschlages. Markopaşa, 1940-er Jahre.
Figuren wie der edle osmanische Superheld Abdülcanbaz von Turhan Selçuk kritisierten die Degeneration der Ideale der Republik. Turhan Selçuk,
1950er-Jahre.
"Sie hat verbotene Bücher gefressen". Die im August 1972 erstmals erscheinende Cartoon-Zeitschrift "Gırgır" erreicht auf Anhieb eine Auflage in
Rekordhöhe. Gırgır, 1970er-Jahre.
Anders als der auf eine gebildete Schicht zugeschnittene feinsinnige Salonwitz, wurde "der dusselige Avni" zu einem der erfolgreichsten Comicstrips
der Zeitschrift Gırgır.
"Der mürrische Bekir", ein Spät-Achtundsechziger, der desillusioniert von der politischen Wirklichkeit am liebsten mit seinen Haustieren in einem
Sessel in seinem bescheidenen Zuhause hockt und denkt. Tunçay Akgün, Gırgır.
Das "Böse Mädchen" von Ramize Erer beschäftigt sich mit Moralvorstellungen in der Türkei: Hier geht ein Mann seiner Frau fremd und will
verhindern, dass das "Böse Mädchen" ein Selfie im Internet teilt, damit niemand von der Affäre erfährt.
Penguen von 2015: "Herzlich Willkommen im Palast", "So schlicht? Können wir nicht noch ein paar Journalisten schlachten?". Stein des Anstoßes bei
dieser Zeichnung war jedoch nicht die überdeutliche Anspielung auf die dramatische Situation des Pressefreiheit, sondern die Geste der Figur, die als ein Zeichen für Homosexualität verstanden wurde.
Der Arm des Zeichners versinkt in seinem Pult wie in einem unheilvollen See gefährlicher Phantasien, die sein Verderben sein können. Bahadır
Baruter produzierte nach seiner Verurteilung eine ganze Reihe düsterer zeichnerischer Kommentare über die Unfreiheit von Cartoonisten und anderer Intellektuellen im Land. Bahadır Baruter, 2016.
Zentrale Figuren genießen in der Türkei eine so große Popularität, dass die Zeichner sich einer großen Wirkung sicher sein können: Bekir wird
von Anti-Terror-Spezialeinheiten zuhause festgenommen. Die Darstellung reflektiert die Tatsache, dass Oppositionelle oft am frühen Morgen ganz unvermittelt aus ihren Wohnungen geholt und verhaftet werden. Tuncay Akgün, Bezgin Bekir, LeMan, 2017.
Der Karikaturist Musa Kart wurde zusammen mit anderen Kollegen von der oppositionellen Tageszeitung Cumhuriyet im Oktober 2016 zur Fahndung
ausgeschrieben und stellte sich. Den Journalisten von Cumhuriyet wird pauschal vorgeworfen, Propaganda für Terrororganisationen wie die PKK und die Gülen-Bewegung betrieben zu haben. Cem Dinlenmiş: Musa Kart, Penguen, 2017.
Die überlegenen Haremsdamen machen sich darin unaufhörlich über den kleinen Sultan lustig: Die Serie "Harem" kolportiert die Tendenz der
türkischen Regierung, die osmanische Vergangenheit zu verklären. Tuncay Akgün, Kemal Aratan, Harem, 2016.
Der im Juli 2017 verstorbene legendäre türkische Graphik Novel-Künstler Galip Tekin stellt in einer seiner letzten Geschichten die Satire
feinsinnig in den Mittelpunkt: Der türkische Präsident wird selbst zum verkannten genialen Geschichtenerzähler stilisiert. Moschee auf dem Mond, Uykusuz, 2017.
Ersin Karabulut beschäftigt sich in Uykusuz häufig mit dem Thema des gesellschaftlichen Konformismus: In der Geschichte "Das zweite Gesicht" mutiert
ein Missstand zu einer allgemein anerkannten Tugend und wird schließlich zu einer gesellschaftlichen Norm. Ersin Karabulut, Uykususz, 2016.
"Schluss mit Lustig - Aktuelle Satire aus der Türkei" ist 2017 im Avant Verlag erschienen.
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