Struktureller Autoritarismus ist zentrales Organisationscharakteristikum türkischer Parteien: der Parteichef leitet nicht nur den Vorstand der Partei (Zentrales Exekutivkomitee), sondern zumeist auch die Fraktion im Parlament, und verfügt über nahezu absolute Kontrolle der Parteiorganisation sowie über die Befugnis, bei Parlaments- und Kommunalwahlen die Kandidaten zu nominieren.
Eine weitere zentrale Besonderheit des aktuellen türkischen Parteiensystems liegt in der Lagerbildung Rechts versus Links, bei der nicht sozio-ökonomische Fragen für Kontroversen sorgen, sondern vielmehr kulturell-religiöse Differenzen im Vordergrund stehen:
Laizismus vs. religiöser Konservatismus
türkischer Nationalismus vs. Ethnische, vor allem kurdische Identität
militärisch-bürokratische Staatsführung vs. Partizipation des Volkes bzw. der Zivilgesellschaft
Darüber hinaus waren und sind drei zentrale Probleme bestimmend für das türkische Parteiensystem:
Erstens die enorme Zersplitterung der Parteienlandschaft, die bis in die 1990er-Jahre anhielt. Bei den Parlamentswahlen 1995 und 1999 schafften jeweils fünf Parteien den Einzug ins Parlament, deren Stimmenanteile zwischen 10,71 und 21,38 Prozent bzw. zwischen 12,01 und 22,19 Prozent variierten. Viele Parteien scheiterten beim Einzug ins Parlament an der im internationalen Vergleich hohen Sperrklausel von 10 Prozent: So blieb beispielsweise 1995 der nationalistischen
In den 2000er Jahren war allerdings zunächst ein Prozess der Vereinheitlichung zu beobachten: Konstant sind seitdem nur die
Ab 2015 ist erneut eine Fragmentierung zu beobachten. Im Oktober 2017 ist mit der
Zweitens ist im Vergleich zu anderen Demokratien eine starke Schwankung zwischen den Zustimmungswerten der Parteien zu beobachten. Wegen dieser relativ hohen Anzahl an Wechselwählern variierten die Stimmenanteile der Parteien von Wahl zu Wahl enorm.
Drittens war und ist die türkische Parteienlandschaft geprägt durch eine starke Polarisierung zwischen den konkurrierenden Parteien. In den 1950er-Jahren war es der Dualismus zwischen der
Seit der Regierungsbildung der AKP im Jahr 2002 besteht eine Polarisierung zwischen der AKP und den anderen im Parlament vertretenen Parteien: der CHP, der HDP, bzw. ihren Vorgängerorganisationen und bis 2016 auch zwischen AKP und MHP. Gesellschaftlich sind rechtsstehende Parteien zumeist bei traditionskonservativen, religiösen Menschen und in Teilen auch bei Islamisten beheimatet. Linke verschiedener Richtungen, Kurden und Aleviten wählten hingegen zuletzt eher die linkssäkulare CHP, die prokurdisch linke HDP und weitere linke Splitterparteien.