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Vatan Partisi (VP) | Türkei | bpb.de

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Vatan Partisi (VP) Vaterlandspartei

Dr. Yaşar Aydın

/ 3 Minuten zu lesen

Gründungsjahr
1992, als İşçi Partisi
seit 2015 als Vatan Partisi
Vorsitz
Doğu Perinçek
Parlamentswahl November 2015
0,25%
Parlamentswahl Juni 2015
0,35%

Kommunalwahl 2014


0,26% Kommunalwahl 2019
0,14%

Die Vatan Partisi (VP, Vaterlandspartei) gibt es unter diesem Namen seit 2015. Hervor ging sie aus der İşçi Partisi (Arbeiterpartei), die am 2. März 1992 gegründet wurde. Entgegen der eigenen Darstellung ist die VP weniger als eine sozialistische, als eher eine national, laizistisch und kemalistisch orientierte Partei mit anti-europäischen und anti-amerikanischen Tendenzen einzuordnen.

Die Geschichte der Partei lässt sich zurückführen auf die maoistische Türkiye İşçi-Köylü Partisi (TİKP, Arbeiter- und Bauernpartei der Türkei) der 1970er-Jahre, die ihrerseits aus der radikalen marxistisch-leninistischen Jugendbewegung entstand. Im Zentrum der Parteien, in deren Tradition die VP steht, stand ihr als charismatisch geltender Anführer Doğu Perinçek, der besonders in linkssozialistischen und prokurdischen Kreisen umstritten ist. Aus militant kurdischer und linksradikaler Sicht werden ihm Verbindungen zum "tiefen Staat" und türkischen geheimdienstlichen Kreisen unterstellt. Im Ergenekon-Prozess 2013 wurde Perinçek wegen Führerschaft "einer terroristischen Organisation" zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, im März 2014 jedoch aus der Haft entlassen.

In den 1990er-Jahren bemühte sich die Türkiye İşçi Partisi (TIP, Arbeiterpartei der Türken) um eine Allianz mit der kurdischen Bewegung um die verbotene Partiya Karkerên Kurdistanê ( PKK, Arbeiterpartei Kurdistans). Perinçek führte zahlreiche Gespräche mit dem damals in Syrien im Untergrund lebenden PKK-Führer Abdullah Öcalan. Als diese Gespräche zu keinem Ergebnis führten, setzte in der TIP eine politische Kehrtwende ein. Die Parteiführung näherte sich kemalistischen Kreisen an und übernahm eine nationale links-kemalistische Rhetorik.

Die Vatan Partisi vertritt im Inneren eine protektionistisch-korporatistische Wirtschaftspolitik und strebt eine Einbindung kurdischer Bürger in Politik und Gesellschaft an, um die nationale Einheit zu stärken. Der Kurdenkonflikt ist aus Sicht der Partei gelöst, da ihnen individuelle Rechte und Freiheiten gewährt würden. Außenpolitisch wendet sich die VP gegen jegliche Art "imperialistischer Einmischung" in die inneren Angelegenheiten der Türkei und der Länder des Nahen Ostens. Sie steht für die territoriale Einheit des Irak, den Abzug amerikanischer Truppen und westlicher Geheimdienste aus dem Irak. Sie plädiert zudem für ein regionales Bündnis der Türkei mit Syrien, Iran, Irak, Aserbaidschan und der Türkischen Republik Nordzypern.

Aktuelle wie ehemalige VP-Mitglieder spielen im türkischen intellektuellen Leben eine bedeutende Rolle: Zahlreiche Intellektuelle – beispielsweise Oral Çalışlar oder Halil Berktay – stammen aus der politischen Tradition der VP, haben jedoch wegen des autoritären Führungsstils Doğu Perinçeks und seiner Unbeständigkeit mit der Partei gebrochen.

Die VP verfügt mit der Tageszeitung Aydınlık, der politischen Zeitschrift Teori sowie dem populärwissenschaftlichen Monatsmagazin Bilim ve Ütopya über Medien, um sich in der Öffentlichkeit Gehör zu schaffen. Der Verlag Kaynak Yayınları, der Schriften von Parteimitgliedern, marxistische aber auch kemalistische Klassiker und religionskritische Werke herausgibt, ist zudem Parteieigentum. Der Fernsehsender Ulusal Kanal gehört ebenfalls der VP. Trotz dieser Medienunterstützung konnte die VP bei den Kommunal- (2014) und Parlamentswahlen 2015 keinen Durchbruch erzielen und bleibt weiter unter einem Prozent der Wählerstimmen.

Nach dem gescheiterten Militärputsch von 2016 gegen die AKP-Regierung kam es zu einem Schulterschluss der VP mit Erdoğan und seiner Interner Link: Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP, Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung). Medienberichten zufolge vermittelte Doğu Perinçek zwischen Erdoğan und Präsident Putin. Gleichwohl mündete der Schulterschluss nicht in einem Wahlbündnis: Nach eigenen Angaben wurde Perinçeks Antrag auf Beitritt zur Volksallianz von Erdoğan abgelehnt, bei den bevorstehenden Wahlen tritt die VP allein an. Perinçek konnte die für eine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten notwendigen 100.000 Unterschriften nicht mobilisieren.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der "tiefe Staat" deutet auf eine im Verlauf mehrerer Jahrzehnte gewachsene konspirative Verflechtung von Militär, Geheimdiensten, Politik, Justiz, Verwaltung, Rechtsextremismus und organisiertem Verbrechen hin.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Dr. Yaşar Aydın für bpb.de

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Weitere Inhalte

ist seit April 2013 Mercator-IPC-Fellow an der Stiftung Wissenschaft und Forschung und Mitarbeiter in der Forschungsgruppe EU-Außenbeziehungen. Forschungsgebiete: Migrationsforschung und Zuwanderungspolitik; Türkeiforschung; Nationalismusforschung (Nationalismus, ethnische Konflikte, Fremdheitsproblematik, kollektive Identität); Soziale Philosophie und Politische Theorie (Theorien der Moderne/Modernisierung)