Seit der Unabhängigkeit 1991 ist Nordmazedonien auf einem pro-westlichen Kurs. Haupthindernis auf dem Weg zu EU-Beitrittsverhandlungen war lange Zeit der 2019 beigelegte Namensstreit mit Griechenland. Andreas Kunz gibt einen Überblick über Geschichte, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Ethnische Gruppen: 64,2 Prozent Mazedonier, 25,2 Prozent Albaner, 3,9 Prozent Türken, 2,7 Prozent Roma, 1,8 Prozent Serben, 0,8 Prozent Bosniaken, 0,5 Prozent Vlachen, weitere Minderheiten (Volkszählung 2002)
Religionen: 64,8 Prozent orthodox (2002), 33,3 Prozent muslimisch (Volkszählung 2002)
Mitgliedschaften in internationalen Organisationen (Auswahl): NATO (seit 2020), OSZE (seit 1995), Europarat (seit 1995)
Verwaltungsgliederung: 80 Gemeinden (opština)
Anteil der Stadtbevölkerung: 58,2 Prozent (2019)
BIP pro Kopf (kaufkraftbereinigt): 17.607 US-Dollar (Deutschland: 56.278; 2019)
Währung: Denar (1 EUR = 61,72 MKD; 2021)
Arbeitslosigkeit: 22,3 Prozent (2019)
Jugendarbeitslosigkeit: 47,2 Prozent (2019)
Quellen: UN, UN DESA, IOM, World Bank, ILO
Geschichte
Das antike Königreich Makedonien entstand vermutlich im 7. Jahrhundert v. Chr. in der heutigen griechischen Region Zentralmakedonien und erreichte seine größte Ausdehnung im kurzlebigen Weltreich Alexanders des Großen (336 bis 323 v. Chr.). 146 v. Chr. kam es als Provinz "Macedonia" zum Römischen Reich und nach dessen Teilung unter byzantinische Herrschaft. Ab dem 6. Jahrhundert n. Chr. wurde die Region durch slawische Stämme besiedelt. Nach der Assimilierung der antiken Makedonier an Hellenen und Slawen wurde der Begriff "Makedonien" (bzw. im Deutschen auch "Mazedonien") nur noch für ein nicht klar umrissenes geographisches Gebiet verwendet. Im Mittelalter wechselten sich Bulgaren und Byzantiner als Herrscher ab. Ende des 14. Jahrhunderts wurde Mazedonien zu einer Interner Link: Provinz des Osmanischen Reichs. Bitola (Manastir), heute die drittgrößte Stadt Nordmazedoniens, wurde neben Thessaloniki zu einem regionalen Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum ausgebaut.
Die moderne mazedonische Nationsbildung unter der religiös und ethnisch stark gemischten, vorwiegend aber christlich-slawischen Bevölkerung setzte Ende des 19. Jahrhunderts ein. Die sogenannte "Mazedonische Frage" erschwerte diesen Prozess: Serbien, Bulgarien und Griechenland beanspruchten die Region für sich. Die "Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation" (IMRO) nahm den Kampf für ein vom Osmanischen Reich unabhängiges Mazedonien auf und initiierte 1903 den Ilinden-Aufstand, der jedoch niedergeschlagen wurde. Die Interner Link: Herrschaft der Osmanen in Mazedonien endete erst mit den Interner Link: Balkankriegen 1912/13. Die Region wurde zwischen Serbien, Bulgarien und Griechenland aufgeteilt. In der Zwischenkriegszeit führte der rechte Flügel der IMRO von Bulgarien aus im nun jugoslawischen Teil Mazedoniens einen Guerillakrieg, der 1934 in der Ermordung des jugoslawischen Königs Alexander I. gipfelte.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet von Bulgarien und Italien besetzt. Die bulgarischen Besatzer erließen anti-jüdische Gesetze, enteigneten die mazedonischen Jüdinnen und Juden und lieferten 1943 unter Beteiligung deutscher Wehrmachtssoldaten über 7.000 Menschen zur Vernichtung im KZ Treblinka aus. 1945 wurde Mazedonien zu einer Interner Link: Teilrepublik im neugegründeten Jugoslawien. Gleichzeitig wurde erstmals die mazedonische Sprache kodifiziert. Diese ist eng mit dem Bulgarischen verwandt und wurde zuvor nicht als eigenständige Sprache eingeordnet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der wirtschaftliche Aufbau nach dem jugoslawischen Modell der "sozialistischen Selbstverwaltung". Der Urbanisierungsgrad stieg von einem Drittel der Bevölkerung im Jahr 1960 auf knapp 60 Prozent im Jahr 1990. Einen tiefen Einschnitt bedeutete das schwere Erdbeben von 1963: Die Hauptstadt Skopje wurde fast komplett zerstört, es gab über 1.000 Todesopfer und zehn Prozent der Landesbevölkerung wurde obdachlos. Wirtschaftlich konnte Mazedonien trotz finanzieller Hilfen der Zentralregierung während der jugoslawischen Ära nicht aufholen und blieb der ärmste Landesteil. Als einzige Teilrepublik löste sich Mazedonien nach einem Referendum am 8. September 1991 friedlich von Jugoslawien.
Die folgenden Jahre waren dominiert von ethnisch motivierten Spannungen zwischen der albanischen Minderheit und der mazedonischen Mehrheitsbevölkerung, organisierter Kriminalität und Korruption auf höchster politischer Ebene sowie vom Namensstreit mit Griechenland, das den Staatsnamen "Mazedonien" nicht akzeptierte, weil es diesen für die griechische Region Makedonien beansprucht. Das Land konnte deshalb 1993 nur unter dem provisorischen Namen "Former Yugoslav Republic of Macedonia" (FYROM, deutsch: ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien) in die UNO aufgenommen werden. Während des Kosovo-Krieges im Jahr 1999 nahm Mazedonien zeitweise ca. 350.000 Kosovo-Albanerinnen und Kosovo-Albaner auf.
2001 kulminierten die ethnischen Spannungen in einem bewaffneten Aufstand der albanischen Minderheit und Interner Link: bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Nordwesten des Landes. Bei Kämpfen zwischen der sogenannten "Nationalen Befreiungsarmee" und mazedonischen Regierungskräften starben mehrere Dutzend Menschen. Beigelegt wurde der Konflikt durch das auf internationalen Druck zustande gekommene Abkommen von Ohrid, in dem wesentliche Verbesserungen der Minderheitenrechte (stärkere politische Vertretung, Albanisch als zusätzliche Amtssprache) vereinbart wurden.
Der jahrzehntelange Namensstreit mit Griechenland konnte 2018 beigelegt werden, nachdem sich beide Seiten im Abkommen von Prespa unter anderem auf den neuen Landesnamen "Republik Nordmazedonien" einigten. Nach einer Volksabstimmung, die allerdings das notwendige Quorum verfehlte, beschloss das Parlament die nötige Verfassungsänderung. Die Namensänderung trat 2019 in Kraft.
Politisches System
Die kommunistische Einparteienherrschaft endete mit den ersten freien Wahlen im November 1990. Ein Jahr später trat die neue Verfassung in Kraft. Sie definiert Nordmazedonien als demokratische Republik, die auf Gewaltenteilung basiert. Die staatlichen Strukturen wurden stark zentralistisch angelegt.
Nordmazedonien hat ein Interner Link: parlamentarisches Regierungssystem, in dem der Präsident vorwiegend repräsentative Aufgaben übernimmt. Er ist oberster Repräsentant Mazedoniens, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats. Er hat ein suspensives Vetorecht, d. h. er kann verabschiedete Gesetze zur Neuverhandlung an das Parlament zurückweisen. Er wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt. Der Ministerpräsident wird vom Parlament gewählt und steht dem Ministerrat vor. Das Einkammerparlament hat 120 Sitze. Die Abgeordneten werden alle vier Jahre in sechs Wahlkreisen nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Drei zusätzliche Parlamentssitze sind für Vertreter von Auslandsmazedoniern reserviert, sofern diese eine bestimmte Mindeststimmzahl erreichen.
Karte der ethnischen Gruppen in Mazedonien 2001 (mr-kartographie)
Albanerinnen und Albaner bilden die größte ethnische Minderheit in Nordmazedonien. (mr-kartographie) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Albanerinnen und Albaner bilden die größte ethnische Minderheit in Nordmazedonien. (mr-kartographie) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Mit dem Abkommen von Ohrid wurden die Rechte der Minderheiten – d. h. in erster Linie der Albanerinnen und Albaner – substantiell gestärkt. Es sieht vor, dass u. a. bei Gesetzen, die sprach-, bildungs- und kulturpolitischen Fragen betreffen, neben der erforderlichen Parlamentsmehrheit zusätzlich eine Mehrheit unter den Abgeordneten, die sich einer ethnischen Minderheit zugehörig fühlen, erreicht werden muss. Außerdem wurde festgelegt, dass eine Sprache, die landesweit von mehr als 20 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird, als weitere Amtssprache anerkannt wird. Das gilt derzeit für Albanisch. Wird eine Minderheitensprache nur in einer bestimmten Gemeinde von mehr als 20 Prozent der Bevölkerung gesprochen, wird sie zumindest dort auch zur Amtssprache. Weiter zielt das Abkommen auf eine stärkere Repräsentation aller ethnischen Minderheiten in Verwaltung, Polizei und Armee sowie auf eine Dezentralisierung staatlicher Strukturen.
Innenpolitik
Kennzeichnend für das Parteienspektrum ist die Zuordnung der Parteien zu ethnischen Gruppen. Stärkste Partei im ethnisch-mazedonischen Lager war von 2006 bis 2016 die konservativ-nationalistische VMRO-DPMNE (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit), die sich auf die Nationalrevolutionäre des frühen 20. Jahrhunderts beruft. Während ihrer Regierungszeit ging die Partei zunehmend autoritär gegen politische Gegnerinnen und Gegner und kritische Medien vor, verfolgte eine kompromisslose nationalistische Politik und war tief in korrupte Praktiken verstrickt. 2015 wurde dem langjährigen Ministerpräsidenten Nikola Gruevski vorgeworfen, die systematische Überwachung von bis zu 20.000 Journalisten, Oppositionellen, Staatsanwälten und Politikern angeordnet zu haben. Auch gab es Belege für Wahlfälschungen. Massive Bürgerproteste führten 2016 zu vorgezogenen Neuwahlen. 2018 wurde Gruevski zu zwei Jahren Haft verurteilt, floh aber nach Ungarn, wo er politisches Asyl erhielt. Bis heute sichtbares Erbe dieser Ära ist das architektonische Großprojekt "Skopje 2014", durch das die Hauptstadt für fast 700 Mio. Euro im Sinne der VMRO und ihrer nationalistischen Deutung mazedonischer Geschichte umfassend umgestaltet wurde.
Seit 2017 wurde die Regierung von der SDSM (Sozialdemokratische Liga Mazedoniens) unter Zoran Zaev geführt, der jedoch nach einer Niederlage in den Kommunalwahlen Ende 2021 seinen Rücktritt angekündigt hat. Ihm folgt Dimitar Kovačevski im Amt des Premierministers. Die SDSM ist nach dem Zerfall Jugoslawiens aus der Kommunistischen Partei hervorgegangen, positioniert sich pro-europäisch und vertritt eher wirtschaftsfreundliche Positionen. Durch politische Zugeständnisse an Griechenland konnte die SDSM den Namensstreit mit Griechenland lösen und das Land nach seiner Umbenennung 2020 in die NATO führen. Auch die Parlamentswahl 2020, die als Referendum für den eingeschlagenen Kurs galt, konnte ein von der SDSM angeführtes Parteienbündnis gewinnen.
Für die Regierungsbildung ist es seit der Unabhängigkeit 1991 üblich, dass immer auch eine albanische Partei an der Macht beteiligt wird. Im Wahlkampf spielt deshalb die politische Rivalität innerhalb des jeweiligen ethnischen Lagers eine oft größere Rolle als die zwischen den Ethnien: Mazedonische Parteien konkurrieren mit mazedonischen, albanische Parteien mit albanischen. Ethnisch-albanische Parteien waren bereits im ersten Parlament vertreten, seitdem gab es zahlreiche Zersplitterungen und Neugründungen. Stärkste albanische Partei ist die BDI (Demokratische Union für Integration), die aus der 2002 aufgelösten Armee der albanischen Aufständischen hervorgegangen ist und seitdem an den meisten Regierungen beteiligt war. Zweitgrößte albanische Partei ist die 2015 gegründete AA (Allianz für die Albaner). Insgesamt besetzen albanische Parteien 28 von 120 Parlamentssitzen.
Neben der politischen Polarisierung entzweit jedoch auch immer noch die ethnische Frage. Immer wieder entzündet sich Streit bei der Deutung und noch andauernden Umsetzung des Abkommens von Ohrid. Zuletzt führte 2018 ein neues Gesetz über die Verwendung albanischsprachiger Schilder auf öffentlichen Gebäuden zu Protesten der Opposition. Die mazedonische Volkszählung im Jahr 2011 scheiterte an einem Streit über die Methodik der Erhebung: Von albanischer und mazedonischer Seite beschuldigte man sich gegenseitig, die Daten zum Vorteil der jeweils eigenen ethnischen Gruppe sammeln zu wollen. Erstmals in der Geschichte des Landes soll jedoch ein Albaner das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen – wenn auch nur für die letzten 100 Tage der bis 2024 laufenden Legislaturperiode.
Außenpolitik
Seit der Unabhängigkeit 1991 ist Nordmazedonien auf einem pro-europäischen und pro-westlichen Kurs. Das Land beteiligte sich 1999 an der NATO-Mission im Kosovo und beantragte 2004 den EU-Beitritt. Seit 2020 ist Nordmazedonien NATO-Mitglied.
Haupthindernis auf dem Weg zu NATO-Mitgliedschaft und zu EU-Beitrittsverhandlungen war lange Zeit der Namensstreit mit Griechenland, welches das antike Makedonien als Teil seiner Identität betrachtet und deshalb den Staatsnamen "Republik Mazedonien" sowie die Verwendung von makedonischen historischen Symbolen nicht akzeptierte. Auf dem Höhepunkt der Krise 1994 verhängte Griechenland ein Handelsembargo, das erst anderthalb Jahre später wieder aufgehoben wurde, nachdem Mazedonien seine Staatsflagge abgeändert hatte. Die Blockade des von Mazedonien angestrebten Beitritts zur NATO und EU hat Griechenland erst nach der Namensänderung 2019 aufgehoben.
Karte von Jugoslawiens Nachfolgestaaten (mr-kartographie)
Heute ist Nordmazedonien einer von sieben Nachfolgestaaten Jugoslawiens. (mr-kartographie) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Heute ist Nordmazedonien einer von sieben Nachfolgestaaten Jugoslawiens. (mr-kartographie) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Ebenfalls kompliziert ist das Verhältnis zu Bulgarien. Zwar hatte es Mazedonien als erster Staat 1992 diplomatisch anerkannt und beim Aufbau einer eigenen Armee unterstützt, doch gab und gibt es von bulgarischer Seite große Vorbehalte hinsichtlich der Existenz einer eigenständigen mazedonischen Ethnie und Sprache. Letztere wurde erst 1999 offiziell anerkannt, nachdem Mazedonien im Gegenzug erklärt hatte, dass es keine mazedonische Minderheit in Bulgarien gebe. 2017 unterzeichneten die beiden Nachbarstaaten einen Freundschaftsvertrag, auf dessen Grundlage auch eine Historikerkommission eingesetzt wurde, die weitere strittige Fragen klären soll.
Albanien sieht sich als Fürsprecher der albanischen Minderheit im Land, unterstützte aber von Anfang an die Unabhängigkeit Mazedoniens als regionales Gegengewicht zu Serbien und Griechenland. Während des Aufstands der mazedonischen Albaner 2001 verhielt sich Albanien neutral.
Die Beziehungen zu Serbien sind durch einen Religionskonflikt belastet. 1967 hatte die mazedonisch-orthodoxe Kirche einseitig ihre Unabhängigkeit von der serbisch-orthodoxen Kirche erklärt. Die serbisch-orthodoxe Kirche erkennt diese Autokephalie jedoch bis heute nicht an und nutzt ihre starke Position in der orthodoxen Welt, um beim Patriarchen von Konstantinopel, bei dem die Entscheidung letztlich liegt, dagegen zu intervenieren.
Wirtschaft
Ungeachtet hoher Transferzahlungen aus Belgrad galt Mazedonien auch schon im Sozialismus als das "Armenhaus Jugoslawiens". 1990 trug es bei neun Prozent der jugoslawischen Bevölkerung fünf Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Nach dem Zerfall Jugoslawiens brach das BIP um ca. ein Fünftel ein, stieg dann aber von 3,5 Mrd. US-Dollar (1994) auf 12,6 Mrd. US-Dollar (2018). Trotz dieser Entwicklung ist Nordmazedonien nach wie vor eines der ärmsten Länder Europas. Das durchschnittliche Monatseinkommen lag 2018 bei 220 Euro. Über 20 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze.
Hauptproblem ist der massive Mangel an Arbeitsplätzen. Die Arbeitslosenrate liegt bei knapp 20 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei fast 40 Prozent. Am höchsten ist die Arbeitslosigkeit auf dem Land, was zu Landflucht und Abwanderung führt. Das sind zugleich günstige Bedingungen für eine ausufernde Schattenwirtschaft: Anfang der 2000er-Jahre betrug ihr Anteil am BIP ein Drittel, wie eine Studie der mazedonischen Nationalbank schätzt. Bis 2015 konnte dieser Wert aber auf unter zehn Prozent des BIP reduziert werden.
Die wichtigsten Wirtschaftszweige Nordmazedoniens sind die Lebensmittelindustrie, Textilerzeugung, Energiewirtschaft, pharmazeutische Industrie und Metallerzeugung und -verarbeitung. Der Industrialisierungsgrad ist jedoch insgesamt gering: Nur ein Fünftel des BIP wird vom verarbeitenden Gewerbe erbracht. Die Landwirtschaft macht noch über zehn Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Exporte gehen zur Hälfte in die EU, die Importe aus der EU liegen bei fast 80 Prozent (Stand 2019). Größter Handelspartner ist Deutschland, gefolgt von Griechenland.
Gesellschaft
Die offizielle Einwohnerzahl Nordmazedoniens liegt seit der Unabhängigkeit weitgehend unverändert bei rund zwei Millionen. Der Direktor des Staatlichen Statistik-Instituts geht jedoch im Jahr 2020 inoffiziell von nur etwa eineinhalb Millionen dauerhaft im Land lebenden Menschen aus. Etwa 60 Prozent der Nordmazedonier leben in urbanen Zentren wie der Hauptstadt Skopje.
Laut der letzten Volkszählung von 2002, bei der die ethnische Zugehörigkeit erfasst wurde, setzt sich die Bevölkerung aus einer Mehrheit slawischer Mazedonier (64,2 Prozent) und einer großen albanischen Minderheit (25,2 Prozent) sowie Türken (3,9 Prozent), Roma (2,7 Prozent) und Serben (1,8 Prozent) zusammen. 13 Kommunen im Nordwesten sind mehrheitlich albanisch. Daneben gibt es weitere kleine ethnische Gruppen wie Bosniaken, Aromunen, Kroaten, Montenegriner und Bulgaren. 64,8 Prozent der Bevölkerung sind orthodoxe Christen, 33,3 Prozent (vorwiegend sunnitische) Muslime.
Seiner Verfassung nach ist Nordmazedonien zwar ein multiethnischer Staat mit weitreichenden Minderheitenrechten, doch in der Praxis waren und sind vor allem Albanerinnen und Albaner und Romnija und Roma immer noch oft benachteiligt und in vielen Gesellschaftsbereichen (wie z. B. dem Öffentlichen Dienst) unterrepräsentiert. Eine Verbesserung der Bildungssituation der Albaner brachte die staatliche Anerkennung der albanischsprachigen Universität in Tetovo 2004. Die mazedonischen Roma haben mit Shuto Orizari, einer Kommune in Skopje, die einzige Gemeinde in Europa mit Romanes als zweiter Amtssprache und einem von Roma dominierten Gemeinderat.
Andreas Kunz, geb. 1970, hat Slawische Philologie studiert und arbeitet als freiberuflicher Journalist und Übersetzer. Seine Themenschwerpunkte sind Bulgarien und der südliche Balkan, Russland, die Ukraine und die Lage der osteuropäischen Roma.
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