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Kommentar: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine: Trump als Game-Changer? | Russland-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine: Trump als Game-Changer? Russland-Analysen Nr. 462

Stefan Meister

/ 5 Minuten zu lesen

Trump könnte die russischen Narrative als Realität anerkennen und systematisch die Reste der westlichen Wertegemeinschaft und Allianz zerstören. Das bringt Russland näher an eine multipolare Welt.

Wachsfigurenmuseum in St. Petersburg (© picture-alliance/AP, Dmitri Lovetsky)

Verhandlungen ohne Plan

Die Wiederwahl Donald Trumps als US-Präsident bringt eine völlig neue Dynamik in Verhandlungen um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Trump und sein Team wollen so schnell wie möglich zu einem Ende des Krieges kommen, ohne einen Plan für einen Waffenstillstand oder Friedensabkommen zu haben. Das wurde aus unterschiedlichen und sich zum Teil widersprechenden Aussagen von Vertretern der US-Administration im Umfeld der Münchner Sicherheitskonferenz 2025 deutlich. Klar ist, dass der US-Präsident ein Abkommen mit dem russischen Präsidenten Putin anstrebt, ohne die ukrainische Führung und europäische Staaten in die Verhandlungen tatsächlich einzubeziehen. Das entspricht auch den Vorstellungen Putins, der nur mit dem US-Präsidenten über die Ukraine und die europäische Sicherheit sprechen möchte. Jedoch müssen dann die Ukraine und Europa die Konsequenzen für diesen Deal tragen und vor allem die Europäer ihn absichern. Indem US-Vizepräsident J. D. Vance bereits im Vorfeld von Verhandlungen den russischen Forderungen wie die Absage an einen NATO-Beitritt der Ukraine und Abgabe von Territorien der Ukraine an Russland inklusive der Krim entgegengekommen ist, wird deutlich, dass die US-Führung zu umfassenden Konzession gegenüber dem Kreml bereit ist, um so schnell wie möglich dieses Thema vom Tisch zu haben.

Jedoch wurde bei einem Treffen im Saudi-Arabischen Riad Mitte Februar von Vertretern beider Seiten deutlich, dass die Verhandlungen komplizierter und langwieriger werden könnten. Ob die russische Führung überhaupt ein Interesse hat, den Krieg zu beenden, ist fraglich. Für den Kreml wäre ein schnelles Ende des Kriegs problematisch, da es kaum möglich ist, die Kriegswirtschaft kurzfristig ohne hohe Kosten und ökonomische Verwerfungen zu stoppen. Für das System Putin ist der Krieg gegen die Ukraine als Stellvertreterkrieg gegen den Westen eine zentrale Legitimationsressource geworden. Fällt dieser Krieg weg, treten die sozioökonomischen Probleme und die fehlende Entwicklungsperspektive wieder stärker hervor. Moskau ist in keinerlei Hinsicht von seinen Forderungen gegenüber der Ukraine bisher abgerückt. Neben der Absage an einen NATO-Beitritt und der völkerrechtlichen Abgabe von ukrainischen Territorien, die russische Truppen zum Teil noch nicht einmal erobert haben, würden dazu eine Demilitarisierung der Ukraine kommen sowie Neuwahlen in der Ukraine. Moskaus Strategie könnte darin bestehen, mit Maximalforderungen ein Verhandlungsergebnis zu verhindern bzw. mit dem Ergebnis letztlich eine Kapitulation der Ukraine sowie doch noch einen Regimewechsel zu erreichen.

Delegitimierung durch Wahlen

Die russische Führung versucht bereits seit geraumer Zeit Wolodymyr Selenskyj als ukrainischen Präsidenten zu delegitimieren, indem sie argumentiert, dass turnusmäßig keine Wahlen im März 2024 in der Ukraine durchgeführt wurden. Das war auch nicht möglich, da unter Kriegsrecht laut ukrainischer Verfassung keine Wahlen abgehalten werden dürfen und es defacto unmöglich ist, während eines massiven Angriffskriegs auf das gesamte Land so funktionsfähige Wahlen durchzuführen. Neuwahlen nach einem Waffenstillstand und Aufhebung des Kriegsrechts würden der russischen Führung zwei Ziele ermöglichen: Einmal könnte man durch massive Wahlbeeinflussung am Ende doch noch ein moskaufreundliches Marionettenregime an die Macht bringen. Gelingt das nicht, könnte der Kreml die neugewählte Regierung weiter delegitimieren, da die Wahlen unter problematischen Bedingungen stattfinden würden. Das zweite Ziel ist eine weitere Destabilisierung Europas durch eine massive Fluchtwelle von Ukrainern nach Aufhebung des Kriegsrechts und einer Öffnung der Grenzen. Nicht nur würde die Ukraine potenzielle Soldaten für einen erneuten Angriff Russlands verlieren, sondern würde die Migrationsdebatte wieder aufflammen und die Unterstützung für die Ukraine grundlegend in Frage gestellt.

Das gefährliche ist, dass Trump unter dem Einfluss russischer Desinformation steht, deren Narrative sowie russische Verschwörungstheorien verbreitet. Seine Behauptung Selenskyj sei ein illegitimer Präsident und Diktator kommt direkt aus dem Textbuch russischer Politiktechnologen, die darauf abzielen, Selenskyj zu delegitimieren und Neuwahlen zu erzwingen. In den rechten Netzwerken, in denen sich Trump und sein Umfeld bewegt, sind russische Narrative und Verschwörungstheorien weit verbreitet. Das bedeutet auch, dass die aktuelle US-Führung eher russischen Argumenten glaubt mit Blick auf die Ursachen des Krieges, als diese als Teil von russischer Zersetzungspolitik zu erkennen. Das wird die ukrainische Verhandlungsposition gegenüber Russland weiter schwächen und könnte zu einem Bruch zwischen den USA und der Ukraine führen. Trump wird zum Verstärker russischer Verschwörungstheorien weltweit und entwickelt seine Politik gegenüber der Ukraine auf Basis dieser Narrative.

Neugestaltung der europäischen Sicherheitsordnung

Für die russische Führung sind das alles erstmal gute Nachrichten, da Trump im Prinzip russische Narrative als Realität anerkennt und systematisch die Reste der westlichen Wertegemeinschaft und Allianz zerstört. Ähnlich wie Putin agiert er transaktional und zeigt dabei noch das Fehlen jeglichen diplomatischen Geschicks oder gar Wissen über geopolitische Zusammenhänge. Es gibt keine transatlantische Allianz mehr, wie wir sie kennen und der Zusammenhalt zwischen Europa und den USA erodiert täglich weiter. Damit kommt Putin seinen Zielen näher, Einflusszonen in Europa zu definieren und indirekten ein russisches Veto für alle Sicherheitsfragen zu erhalten. Dem Kreml geht es nicht um vier Regionen im Osten der Ukraine bzw. die Ukraine allein, sondern um die Rolle Russland in der europäischen Sicherheitsordnung sowie im globalen Kontext. Gemeinsam mit Iran und China möchte die russische Führung das Ende der von den USA geprägten Ordnung erreichen und ein Pol in einer multipolaren Ordnung werden. Trump serviert Putin nicht nur die Ukraine, sondern auch Europa, das ohne US-Sicherheitsgarantien sich selbst nicht verteidigen kann. Wenn Putin aber zu viel verlangt und für Trump am Ende ein schlechter Deal herauskommt, könnte er sich auch gegen die russische Führung wenden.

Um so deutlicher wird jetzt, dass die deutsche und europäische Realitätsverweigerung des letzten Jahrzehnts nun zu hohen Kosten für die Ukraine und die Europäer führen wird. Die Kosten von Nichthandeln werden jetzt brutal sichtbar. Europa und die Ukraine sind letztlich der US-Politik weitestgehend ausgeliefert und ohne Unterstützung aus Washington kaum handlungs- bzw. verteidigungsfähig. Die Führungslosigkeit Europas, die die auslaufende deutsche Bundesregierung maßgeblich mit verschuldet hat, könnte nun zu einer Kapitulation der Ukraine führen und ein Ausliefern Europas an russische Interessen. Nach dem Prinzip Hoffnung hatten viele europäische Regierungen erst gehofft, dass Trump nicht nochmal gewählt wird und dann, dass es nicht so schlimm wird. Dabei wurden wichtige Jahre versäumt, in denen Europe sich selbst verteidigungs- und sicherheitspolitisch handlungsfähig gemacht hätte und damit unabhängiger von US-Sicherheitsgarantien. Europa wäre im Moment nicht dazu in der Lage, ohne US-Unterstützung einen Waffenstillstand in der Ukraine abzusichern. Es hätte weder die Truppen, noch die Luftunterstützung oder die Logistik dafür. Jedoch wenn Europa mit am Verhandlungstisch sitzen möchte, dann muss es Angebote an Washington machen, die zeigen, dass es Verantwortung übernehmen kann.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Dr. Stefan Meister leitet das Zentrum für Ordnung und Governance für Osteuropa, Russland und Zentralasien bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Davor war er Direktor des Südkaukasus-Büros der Heinrich Böll Stiftung und Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations.