Chronik: 15. Dezember 2023 – 21. Januar 2024
Datum | Ereignis |
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15.12.2023 | Der Krasnodarer Paschkowskj Flughafen empfängt das erste Passagierflugzeug seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24.02.2022. Der Testflug wird ohne Passagiere durchgeführt, um Abläufe zu prüfen. Nach Ausbruch des vollumfänglichen Krieges waren 11 Flughäfen im Süden und Westen des Landes geschlossen worden. |
18.12.2023 | Der russisch-georgische Schriftsteller Boris Akunin (Grigori Tschchartischwili) wird in das "Terroristen- und Extremistenregister" der Finanzaufsicht "Rosfinmonitoring" aufgenommen. Das Ermittlungskomitee der RF begründet dies mit Terrorismusrechtfertigung und Verbreitung von Fake News über das russische Militär. Einen Tag später wird das Verlagshaus Zacharow von Behördenvertreter:innen durchsucht, nachdem es sich als einziges geweigert hatte, Akunins Bücher aus dem Verkauf zu nehmen. |
19.12.2023 | Die EU beschließt das zwölfte Sanktionspaket gegen Russland. Es beinhaltet erstmals ein Einfuhrverbot für russische Diamanten, neue Regelungen zu Importbeschränkungen von Flüssiggas (LPG), verschärfte Regelungen zum Preisdeckel für russische Ölexporte in Drittstaaten sowie die genauere Prüfung von liefernden Tankern. Außerdem enthält es verschärfte Regeln für das Nachverfolgen und Einfrieren von Vermögenswerten, für Unternehmen in Drittstaaten, die Sanktionen umgehen, sowie Sanktionen gegen weitere 61 Personen und 86 Organisationen, die in Verbindung stehen mit dem russischen Militär und oder der Landesverteidigung, mit von Russland auf dem besetzen ukrainischen Staatsgebiet durchgeführten Wahlen, der Umerziehung ukrainischer Kinder sowie Verbreitung von Propaganda und Desinformation zum Krieg gegen die Ukraine. Die Sanktionierten könnten nicht mehr über in der EU vorhandene Vermögen verfügen und dürften nicht mehr in die EU einreisen. |
19.12.2023 | Stanislaw Koslowskij, Geschäftsführer von "Wikimedia RU" bestätigt gegenüber der Nachrichtenagentur TASS, dass die Stiftung nach 15 Jahren ihre Arbeit einstellt und sich auflöst. Grund dafür sei eine Warnung, die er erhalten habe. Koslowskij würde zum "internationalen Agenten" ernannt werden. Der Betrieb der Seite Wikipedia in Russland bleibt erhalten. |
21.12.2023 | Präsident Wladimir Putin ordnet für Herbst 2024 die elektronische Einberufung zum Wehrdienst an sowie ein einheitliches Register von Wehrpflichtigen. Wehrdienstleistende sollen dann ihre Einberufungsbescheide auf elektronischem Weg erhalten. Gemäß geltendem Gesetz (vom 14.04.2023) müssen Rekruten für ihre Registrierung nicht persönlich in den örtlichen Kreiswehrersatzämtern erscheinen. |
25.12.2023 | Nach Berichten des unabhängigen Mediums Verstka hat die russische Staatsanwaltschaft im Jahr 2023 mindestens 190 Fälle von Tatverdacht auf Straftaten gegen ehemalige Straftäter eröffnet, die durch den Einsatz in der Ukraine begnadigt worden waren. Unterschiedliche Medien berichten immer wieder über verübte Straftaten wie Mord, die begnadigte Straftäter nach ihrer Rückkehr aus der Ukraine in Russland begangen haben sollen. | 26.12.2023 | Alexej Nawalnyj meldet sich aus seiner neuen Haftanstalt "Strafkolonie Nr. 3" bei Charp in der Polarregion, wohin er aus der Region Wladimir verlegt wurde. Das ist der erste Kontakt nach 20 Tagen. Zuvor hatte er u. a. auf Plakatwänden in Moskau und über Soziale Medien eine gegen den Präsidenten Wladimir Putin gerichtete Wahlstrategie für die Präsidentschaftswahlen 2024 veröffentlicht. |
28.12.2023 | Russland und die USA verlängern das Abkommen über gemeinsame Raumflüge zur Internationalen Raumstation (ISS) für die Jahre 2024 und 2025. |
30.12.2023 | Das Oberste Gericht der Republik Adygeja verurteilt den 18-jährigen Schüler Kewin Lik zu vier Jahren Haft in einer Strafkolonie wegen Staatsverrat. Er soll in der Stadt Majkop militärische Einrichtungen fotografiert haben und die Bilder an Staatsvertreter im Ausland per E-Mail verschickt haben. Informationen zu besagten Einrichtungen sind teils im Internet frei verfügbar. In 2023 gab es einen Höchststand von neuen Anklagen wegen Staatsverrats (63 Fälle). Aktuell sitzen 70 Menschen mit einer solchen Anklage in Haft. |
30.12.2023 | Nach Tagen gegenseitiger Angriffe sterben nach russischen Angaben 22 Menschen nach ukrainischen Luftangriffen auf die Stadt Belgorod. Über 100 Menschen werden verletzt. Am selben Tag räumt das Verteidigungsministerium ein, dass der Niedergang von Raketen und Raketenteilen auf die Stadt auch durch die eigene Luftabwehr verursacht wurde. Dies sei unumgänglich gewesen, um größere Schäden zu verhindern. Tage später werden 300 Einwohner:innen aus der Stadt evakuiert. Der Dezember war gekennzeichnet durch heftige Luftangriffe der russischen Seite auf die Ukraine, bei dem es zu zahlreichen toten und verletzten Zivilisten kam. Die Ukraine griff ihrerseits die Krim und ein Kriegsschiff im Hafen von Feodossija an. |
31.12.2023 | In mehr als 20 Regionen wird das Silvesterfeuerwerk aus Sicherheitsgründen und wegen Unangemessenheit zu Kriegszeiten abgesagt. Darunter fallen Grenzregionen wie Brjansk, Belgorod, Kursk, Woronesh sowie die Oblast Rostow, viele Regionen des europäischen Teils Russlands, die Stadt Moskau, die annektierte Krim und Sewastopol sowie Städte am Ural. |
02.01.2024 | Wie die Nachrichtenwebseite Mediazona berichtet, waren die Hälfte der vom Präsidenten Wladimir Putin 2023 unterzeichneten Dekrete geheim. Nach Berechnungen des Mediums ist es eine Steigerung zum Jahr 2022 (45 %) und vergleichbar mit dem Jahr 2001 (47 %) zu Zeiten des zweiten Tschetschenienkriegs. |
03.01.2024 | Russland und die Ukraine tauschen 478 Kriegsgefangene unter Vermittlung der Vereinigten Arabischen Emirate aus. Das russische Verteidigungsministerium spricht von 248 Gefangenen, die nach Russland zurückgekehrt sind. In die Ukraine kehren 224 Soldat:innen und 6 Zivilisten zurück. Das ist der umfangreichste Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn. |
08.01.2024 | Ein Militärflugzeug lässt in einem Notabwurf eine FAB-250-Bombe über eine Kleinstadt in Luhansk fallen. Dies bestätigt das Oberhaupt der selbsternannten Republik, Leonid Pasetschnik. Dies ist der zweite Vorfall dieser Art innerhalb einer Woche. Niemand wird verletzt. |
12.01.2024 | Nach Berechnungen des Demographen Alexej Rakscha sind in Russland 2023 zwischen 1.261.000 und 1.263.000 Mio. Kinder zur Welt gekommen. Das ist der niedrigste Stand seit 200 Jahren; die Berechnung bezieht sich auf das Staatsgebiet Russlands vor 2014 ohne annektierte Gebiete. |
15.01.2024 | Die russische Statistikbehörde "Rosstat" teilt mit, dass die Zahl alkoholabhängiger Menschen das erste Mal seit zehn Jahren zugenommen habe. Zwischen 2010 und 2021 sei die Anzahl der Erstdiagnosen einer Alkoholerkrankung von 153.900 auf 53.300 jährlich zurückgegangen. Für das Jahr 2022 wurden 54.200 Erstdiagnosen gemeldet. Das russische Gesundheitsministerium erklärte, dass die Covid-Pandemie den Trend zu geringerem Alkoholkonsum unterbrochen habe. |
16.01.2024 | Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums seien in der an die Ukraine grenzende russische Region Woronesch acht ukrainische Drohnen zerstört worden. Ein Kind sei leicht verletzt worden, an einigen Wohnhäusern habe es Sachschäden gegeben, teilte der Gouverneur der Region, Aleksandr Gussew, mit. Die russische Nachrichtenagentur "Shot" berichtet in diesem Zusammenhang von mindestens 15 Explosionen in der Nähe des russischen Luftwaffenstützpunktes in der Region sowie von Trümmern einer Drohne, die ein Wohnhaus getroffen hätten. |
16.01.2024 | Die russische Staatsduma stimmt in erster Lesung einer Änderung des Gesetzes über die staatliche Regulierung von Handelstätigkeiten zu. Durch die Änderungen sollen ausländische Analyseunternehmen daran gehindert werden, die Rohstoffmärkte und das Verbraucherverhalten in Russland zu untersuchen. Der Entwurf sieht vor, dass nur noch Unternehmen, die zu mindestens 80 Prozent in russischem Besitz sind, derartige Analysen durchführen dürfen. Außerdem müssen diese Unternehmen einen Jahresumsatz von mindestens 30 Millionen Rubel (etwa 310.000 Euro) und ihren Sitz in Russland haben. Darüber hinaus soll der Föderale Antimonopoldienst ein Register einrichten, in dem Unternehmen registriert werden, die in der Rohstoffmarktforschung tätig sind. |
16.01.2024 | Sergej Wolkow, ehemaliger Leiter der Marineeinheit der russischen Nationalgarde, wird wegen Amtsmissbrauchs zu sechs Jahren Haft verurteilt. Wolkow hatte nach Ansicht des Gerichts Radargeräte zur Abwehr von Drohnenangriffen auf die Krim-Brücke im Wert von 400 Millionen Rubel (etwa 4 Millionen Euro) anschaffen lassen, die nicht wirksam gewesen seien. Wolkow hatte zuvor ausgesagt, er habe die Radargeräte nicht zum Schutz der Brücke, sondern zum Schutz der dort stationierten Einheit der Nationalgarde anschaffen lassen. |
16.01.2024 | Der russische Arbeitsminister Anton Kotjakow gibt bekannt, dass das Mutterschaftsgeld ab dem 01. Februar 2024 um 43.400 Rubel (etwa 445 Euro) auf 630.400 Rubel (etwa 6.400 Euro) für das erste Kind und um 57.400 Rubel (etwa 590 Euro) auf 833.000 Rubel (etwa 8.500 Euro) für das zweite Kind erhöht wird. Seit 2022 wird das Mutterschaftsgeld (rus. materinskij kapital) jährlich der Inflation angepasst. Das Mutterschaftsgeld ist eine Einmalzahlung, die innerhalb von drei Jahren nach der Geburt des Kindes abgerufen werden kann. Das Geld darf für Bildung, Verbesserung der Wohnsituation oder die eigene Altersvorsorge verwendet werden. |
17.01.2024 | In Bajmak, in der russischen Teilrepublik Baschkortostan, wird der russische Bürgerrechtler Fail Alsynow zu vier Jahren Haft verurteilt. Ihm wird die Anstiftung zu interethnischem Hass vorgeworfen. In einer öffentlichen Rede soll Alsynow Wanderarbeiter:innen aus dem Kaukasus und Zentralasien als "schwarze Menschen" bezeichnet haben, die der einheimischen Bevölkerung das Land wegnähmen. Alsynow beruft sich darauf, dass seine Rede falsch aus dem Baschkirischen übersetzt worden sei. Er setzt sich seit Jahren für die Rechte der indigenen Bevölkerung Baschkortostans ein. Etwa 5.000 Menschen versammelten sich während der Verhandlung vor dem Gerichtsgebäude, um gegen die Verurteilung Alsynows zu protestieren. Dabei kommt es zu zahlreichen Festnahmen. Eine Person stirbt später unter ungeklärten Umständen in Polizeigewahrsam. |
19.01.2024 | Um den Jahreswechsel kommt es in vielen russischen Städten zu Ausfällen der Wärme- und Wasserversorgung durch Schäden an der Infrastruktur oder den Kraftwerken. Mehrere Tausend Wohnhäuser und öffentliche Einrichtungen in ganz Russland sind betroffen. Es kommt auch zu Verletzten durch Rohrbrüche von Straßenleitungen mit kochendem Wasser. Die Häufigkeit von Störungen im maroden Fernwärmenetz steigt seit Jahren an. In der sibirischen Stadt Nowosibirsk riefen die Behörden den Notstand aus, nachdem es zu einer Reihe von Heizungsrohrbrüchen gekommen war. In ganz Russland demonstrieren Menschen und richten Appelle an Präsident Wladimir Putin. In Einzelfällen kommt es zu Verhaftungen und Anklagen gegen Mitarbeiter:innen kommunaler und privater Dienste wegen unsachgemäßer Wartung oder Unterschlagung von Geldern für Wartungsarbeiten. Berechnungen zufolge waren seit Wintereinbruch rund drei Millionen Menschen in Russland von Unfällen der kommunalen Versorgung betroffen. |
19.01.2024 | Das russische Kulturministerium teilt den staatlichen Theatern mit, dass ihre Aufgabe ab sofort in der "Schaffung von Werken liegt, die die traditionellen russischen spirituell-moralischen Werte widerspiegeln." Grundlage dieser Aufforderung ist ein Dekret des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom November 2023 zur Bewahrung und Stärkung traditioneller Werte. Die Theater werden aufgefordert, ihr Repertoire anhand einer Liste festgelegter Werte zu überprüfen und zu kennzeichnen, welches Stück welche Werte repräsentiert. Mit dieser Maßnahme sollen die Theaterbesucher:innen geschützt werden vor "den Aktivitäten extremistischer und terroristischer Organisationen, den Aktionen der USA und ihrer Verbündeten, transnationalen Konzernen und ausländischen nichtkommerziellen Organisationen". |
21.01.2024 | Beim Beschuss eines Vorortes der von Russland besetzten ukrainischen Stadt Donezk werden 27 Menschen getötet, darunter ein Minister der lokalen Regierung und zwei Stellvertreter:innen, und 25 verletzt. Dies teilte der von Russland eingesetzte Verwaltungschef der Region, Denis Puschilin mit. Er machte das ukrainische Militär verantwortlich. Im Osten der Ukraine hatte die russische Armee in den vergangenen Wochen ihre Offensive wieder verstärkt. Die Behörden der Region Charkiw ordneten die Evakuierung von 26 Ortschaften mit insgesamt etwa 3.000 Menschen an. |
Zusammengestellt von Anastasia Stoll
Sie können die gesamte Chronik seit 2003 (zusätzlich gibt es eine Kurzchronik für die Sowjetunion ab 1964 bzw. Russland ab 1992) auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/russland/ unter dem Link "Chronik" lesen.