Chronik: 03. – 09. Oktober 2022
Datum | Ereignis |
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03.10.2022 | Das russische Verteidigungsministerium teilt mit, dass die ersten im Zuge der Teilmobilisierung einberufenen Rekruten in die Regionen Donezk und Luhansk verlegt worden seien. Dort erhielten sie ihre Kampfausbildung. Zuvor war bereits die Ankunft von Reservisten in der Region Luhansk gemeldet worden. |
03.10.2022 | Die staatliche russische Nachrichtenagentur "Interfax" teilt mit, dass auf dem Portal für staatliche Dienste (russ. "Gosuslugi") eine Möglichkeit geschaffen wurde, gegen die Einberufung im Zuge der Teilmobilisierung Einspruch zu erheben. Als mögliche Gründe für eine Zurückstellung gelten unter anderem gesundheitliche Einschränkungen, ein laufendes Erststudium oder eine Berufstätigkeit in der Rüstungsindustrie oder im IT-Bereich. |
03.10.2022 | Russland verhängt ab dem 10. Oktober 2022 ein Einfuhrverbot für LKW aus EU-Ländern; dies gilt zunächst bis zum 31. Dezember 2022 sowohl für Gütertransport als auch für Transit oder Einfahrt aus Drittländern. Betroffen sind auch Norwegen, die Ukraine und Großbritannien. Begründet wird diese Maßnahme unter anderem mit einem Einfuhrverbot russischer und belarussischer LKW in die EU, das seit dem 08. April 2022 in Folge verhängter Sanktionen aufgrund des Angriffs Russlands auf die Ukraine gilt. |
04.10.2022 | Der russische Verteidigungsminister Sergej Schojgu teilt mit, dass seit Bekanntgabe der Teilmobilmachung bereits mehr als 200.000 Menschen eingezogen worden seien. Die zuständigen Stellen seien angewiesen, notwendige Kleidung und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Schojgu wies außerdem darauf hin, dass sich viele Freiwillige gemeldet hätten. Zahlen nannte er allerdings nicht. Wehrpflichtige, deren Dienstzeit beendet sei, sollten zudem nach Hause zurückkehren. |
04.10.2022 | Der kasachische Innenminister Marat Achmetdschanow gibt bekannt, dass seit Verkündung der Teilmobilmachung in Russland am 21. September 2022 mehr als 200.000 Russen nach Kasachstan eingereist seien. 147.000 seien im gleichen Zeitraum jedoch auch aus Kasachstan ausgereist, nur 68 Personen hätten Einbürgerungsanträge gestellt. |
04.10.2022 | Das Moskauer Taganskij-Bezirksgericht verurteilt den US-amerikanischen Streamingdienst "Twitch" zur Zahlung einer Geldstrafe von vier Millionen Rubel (etwa 65.000 Euro). In der Urteilsbegründung heißt es, "Twitch" habe versäumt, verbotene Inhalte und falsche Informationen zur "Spezialoperation" in der Ukraine von seiner Plattform zu entfernen. "Twitch" hatte ein etwa zweistündiges Video mit Oleksiy Arestowytsch, Berater des ukrainischen Präsidenten, übertragen. Auch gegen die "Wikimedia Foundation" läuft ein Verfahren wegen Falschinformationen über die "Spezialoperation" in der Ukraine. Die Anhörung ist für den 18. Oktober 2022 angesetzt. |
04.10.2022 | Das Moskauer Taganskij-Bezirksgericht verurteilt das soziale Netzwerk "TikTok" zur Zahlung einer Geldstrafe von drei Millionen Rubel (etwa 49.000 Euro). "Das Gericht befindet TikTok" für schuldig, Inhalte mit thematischem Bezug zur LGBTQ-Szene nicht gelöscht zu haben. Solche Inhalte sind in Russland mit der Begründung verboten, sie propagierten "nicht-traditionelle sexuelle Werte". |
05.10.2022 | Die japanischen Unternehmen Mitsubishi und Mitsui unterzeichnen einen neuen Vertrag im Offshore-Förderprojekts für Erdöl und Erdgas, Sachalin II, und behalten damit ihre Eigentumsanteile. Im Juni hatte Wladimir Putin per Erlass eine neue Rechtskörperschaft des Projekts geschaffen, wodurch die Eigentumsverhältnisse neu verhandelt werden mussten. |
05.10.2022 | Der russische Präsident Wladimir Putin erklärt das ukrainische AKW Saporischschja zu russischem Eigentum und ordnet die Regierung an, eine russische Verwaltung des Kraftwerks zu gewährleisten. Das Atomkraftwerk ist seit Kriegsbeginn unter russischer Besatzung und ist einem permanenten Sicherheitsrisiko wegen der Kriegshandlungen ausgesetzt. |
05.10.2022 | In der südrussischen Stadt Pensa wird der erste Gerichtsprozess wegen Kriegsdienstverweigerung eröffnet. Dies gibt der Menschenrechtsanwalt Pawel Tschikow auf seinem "Telegram"-Kanal bekannt. Angeklagt ist ein 32-Jähriger, der einer Vorladung zur Rekrutierung nicht nachgekommen war. Nach Angaben von Pawel Tschikow ist der Mann auf der Grundlage eines Gesetzes angeklagt, das bei Wehrpflichtverweigerung, nicht aber bei einer Mobilmachung angewandt wird. Er klagt später auf Schadensersatz und bekommt Recht zugesprochen. |
05.10.2022 | Nach Zustimmung durch die russische Staatsduma sowie den russischen Föderationsrat unterzeichnet der russische Präsident Wladimir Putin die Gesetze über den "Beitritt" der sogenannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk sowie der ukrainischen Regionen Saporishshja und Cherson zu Russland. Im Zuge von international als völkerrechtswidrig geltenden "Referenden" hatte zuvor laut offiziellen Angaben eine überwältigende Mehrheit der Einwohner der betroffenen Regionen für den Beitritt zu Russland gestimmt. Bis zum 01. Januar 2026 gilt nun eine Übergangsfrist. Die Gesetze sehen unter anderem vor, dass militärische Einrichtungen den russischen Streitkräften angegliedert werden; Einwohner erhalten auf Antrag die russische Staatsbürgerschaft, der Rubel wird die ukrainische Währung ablösen. Als Oberhäupter der Regionen Donezk und Luhansk bestätigt Putin die bisherigen Leiter der Regionen Denis Puschilin (DNR) und Leonid Passetschnik (LNR). Außerdem werden Jewgenij Balizkij und Wladimir Saldo zu kommissarischen Gouverneuren der Region Saporischschja bzw. Cherson ernannt. |
05.10.2022 | Das russische Außenministerium teilt mit, es habe am 03. Oktober 2022 beim Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen Einspruch gegen die seit Februar anhängige Klage der Ukraine gegen Russland eingereicht. Nach Ansicht Russlands ist der UN-Gerichtshof nicht zuständig, die Begründetheit der Klage Kyjiws gegen Russland im Rahmen der "Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermords" von 1948 zu prüfen. In der Begründung heißt es, das Abkommen habe für die Frage der Rechtmäßigkeit der "militärischen Spezialoperation" sowie den Status der Donezker und Luhansker Volksrepubliken keine Relevanz. |
05.10.2022 | Der russische Präsident Wladimir Putin verkündet bei einem im staatlichen Fernsehen übertragenen Treffen mit Lehrenden die Korrektur seines am 21. September 2022 erlassenen Dekrets zur Teilmobilmachung. Damit soll die Mobilmachung für einige Studentengruppen – unter anderem solche, die an Privatuniversitäten eingeschrieben sind – sowie für bestimmte Postgraduierte ausgesetzt werden. |
05.10.2022 | Der russische Präsident Wladimir Putin befördert das Oberhaupt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, zum Generaloberst. Auf "Telegram" bedankt sich Kadyrow für die Beförderung und versichert Putin seine volle Unterstützung. Einige Tage zuvor hatte er sich für den Einsatz von Atomwaffen mit geringer Sprengkraft in der Ukraine ausgesprochen. Er gilt als einer der größten Unterstützer des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. |
05.10.2022 | Nach Aussetzung der Gaslieferungen durch den russischen Energiekonzern "Gasprom" nach Italien am 01. Oktober 2022 werden die Lieferungen heute wieder aufgenommen. Es sei eine Einigung mit dem italienischen Abnehmer "Eni" gefunden worden, teilt "Gasprom" mit. Der österreichische Betreiber habe sich bereiterklärt, sogenannte "Nominierungen" für eine Durchleitung nach Italien zu akzeptieren. Dies ermögliche die Wiederaufnahme der Lieferungen. Den Lieferstopp begründete "Gasprom" damit, dass wegen neuer Vorschriften rund 20 Millionen Euro an Sicherheitsgarantien für den österreichischen Transporteur nicht überwiesen werden konnten. |
06.10.2022 | Laut US-amerikanischer Tageszeitung "The New York Times" geht der US-amerikanische Geheimdienst davon aus, dass die ukrainische Regierung den am 20. August 2022 in Moskau erfolgten Bombenanschlag genehmigt hatte, durch den Darja Dugina, Tochter des russischen Nationalisten Aleksandr Dugin, ums Leben gekommen war. Die russische Regierung bewertet diese Schlussfolgerung als positiv und äußert die Hoffnung, dass dies kein Versuch sei, sich freizusprechen von der Verantwortung für mögliche weitere Terroranschläge durch die ukrainische Regierung, über deren Vorbereitung die USA in Kenntnis seien. |
06.10.2022 | Der stellvertretende Leiter des Föderalen Dienstes zur Überwachung des Gesundheitswesens ("Rossdrawnadsor"), Dmitrij Pawljukow, informiert die Staatsduma über Verzögerungen beim Import medizinischer Geräte. Der Grund hierfür seien Logistikprobleme. |
06.10.2022 | Die russische Medienaufsichtsbehörde "Roskomnadsor" sperrt den Zugang zur Website "Echo FM", die von ehemaligen Mitarbeitern des am 01. März 2022 abgeschalteten Radiosenders "Echo Moskwy" betrieben wird. "Echo FM" habe Falschnachrichten über die sogenannte "militärische Spezialoperation" in der Ukraine verbreitet. "Echo FM" hatte seinen Betrieb am 03. Oktober 2022 aufgenommen. |
06.10.2022 | Als Reaktion auf die Scheinreferenden, die Russland auf ukrainischem Staatsgebiet durchgeführt hat, beschließt die Europäische Union ein neues Sanktionspaket. Vorgesehen sind unter anderem ein Preisdeckel für russisches Rohöl sowie ein Einfuhrverbot über den Seeweg, ab Februar 2023 ist auch die Einfuhr von Erdölprodukten verboten. Damit wird der Seetransport von Erdölprodukten und Rohöl aus Russland weltweit nur noch möglich, wenn diese unter einem bestimmten Preis gekauft wurden. Daneben wurden auch der russische Rechtsnationalist Aleksandr Dugin sowie die Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, gemeinsam mit 28 weiteren Personen, mit Sanktionen belegt. Die Sanktionen sehen Einreisesperren und das Einfrieren von Vermögenswerten vor. |
06.10.2022 | Gegen den russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa wird ein Strafverfahren wegen Hochverrats eingeleitet. Dies gab sein Anwalt Wadim Prochorow bekannt. Kara-Mursa war Ende April 2022 wegen "Verunglimpfung der russischen Streitkräfte" verhaftet worden. Das Justizministerium setzte ihn in diesem Zuge auf die Liste sogenannter "ausländischer Agenten". Ermittlungen zufolge soll Kara-Mursa mit NATO-Ländern zusammengearbeitet und wissentlich falsche Informationen über die russischen Streitkräfte verbreitet haben. Gegenstand der Ermittlungen sind öffentliche Reden, die Kara-Mursa unter anderem in Lissabon, Oslo und Washington gehalten hatte. |
07.10.2022 | Nach Angaben der stellvertretenden Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa ist die Zahl der registrierten Arbeitslosen im September um 0,1 Prozent auf 0,8 Prozent der Gesamtzahl der Arbeitnehmer zurückgegangen. Im September seien 621.400 Menschen als arbeitslos registriert und damit 25.000 weniger als im Vormonat. Nach Angaben der russischen Statistikbehörde lag die Arbeitslosenquote im August bei 3,8 Prozent und erreichte damit einen historischen Tiefstand. Kurzarbeit oder die Kürzung der Stellen von Voll- auf Teilzeit werden in der offiziellen Arbeitslosenstatistik nicht erfasst. |
07.10.2022 | Der Friedensnobelpreis 2022 wird an den in Belarus inhaftierten Menschenrechtler Ales Bjaljazki, an die ukrainische Menschenrechtsorganisation "Zentrum für bürgerliche Freiheiten" sowie an die russische Menschenrechtsorganisation "Memorial" verliehen. Dies gab das Nobelpreiskomitee bekannt. Begründet wird die Entscheidung damit, dass die Preisträger "sich in herausragender Weise für die Dokumentation von Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch" eingesetzt hätten. "Memorial" wird dabei insbesondere ausgezeichnet für seinen Einsatz gegen Militarismus und für Menschenrechte. Die Organisation ist in Russland seit Dezember 2021 verboten. |
07.10.2022 | Der ukrainische Militärgouverneur Pawlo Kyrylenko teilt mit, dass in der kürzlich von der ukrainischen Armee zurückeroberten Stadt Lyman rund 200 Gräber sowie ein Massengrab gefunden worden seien. Mit den Exhumierungen sei bereits begonnen worden. In den Gräbern werden etwa 180 Tote vermutet, eine genaue Anzahl sei noch nicht bekannt. Auch in der Region Charkiw seien in den vergangenen Wochen die Leichen von 530 Menschen gefunden worden, gab der ukrainische Innenminister Jewhenij Jenin bekannt. 29 Leichen seien noch nicht identifiziert. |
07.10.2022 | Aus vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlichten Karten geht hervor, dass die russische Armee in den vergangenen Tagen schwere Gebietsverluste im Krieg gegen die Ukraine erlitten hat. Die Streitkräfte kontrollierten nicht mehr das Dorf Dudschany am Westufer des Dnjepr. Auch in der Region Charkiw haben die Streitkräfte ihre Stellungen am Westufer des Flusses Oskil nach einer Gegenoffensive der ukrainischen Armee verlassen. Eine offizielle Bestätigung dieses Rückzugs gibt es bisher nicht. |
08.10.2022 | Bei der Explosion eines LKW auf der im Jahr 2021 eröffneten Brücke von Kertsch kommen drei Menschen ums Leben. Teile der Brücke werden schwer beschädigt. Das russische Ermittlungskomitee leitet ein Strafverfahren ein. In ersten Statements äußern sich sowohl die russische als auch die ukrainische Seite mit dem Verdacht eines Terroranschlags der Gegenseite. Als Folge der Explosion erlässt der russische Präsident Wladimir Putin ein Dekret, in dem eine schärfere Überwachung der Brücke sowie der Gasleitungen zwischen Russland und der Krim durch den russischen Inlandsgeheimdienst FSB angeordnet wird. |
08.10.2022 | Das russische Verteidigungsministerium teilt mit, dass der Oberbefehlshaber der russischen Luftwaffe, General Sergej Surowikin, zum Kommandeur aller in der Ukraine kämpfenden russischen Truppen ernannt worden ist. Er hatte bisher die im Süden kämpfenden Einheiten befehligt. |
08.10.2022 | Das stellvertretende Oberhaupt der von Russland eingesetzten Verwaltung der ukrainischen Region Cherson, Kirill Stremoussow, ordnet die teilweise Evakuierung von Zivilisten an. Ältere Menschen sowie Eltern mit ihren Kindern werde es ermöglicht, in zwei Regionen im Süden Russlands umzusiedeln. Am 06. Oktober 2022 hatte bereits der Botschafter der sogenannten Volksrepublik Luhansk in Russland, Rodion Miroshnyk, in den sozialen Netzwerken angekündigt soziale und medizinische Einrichtungen aus den Städten Kreminna und Swatowe zu evakuieren. In beiden Regionen ist die ukrainische Armee zurzeit auf dem Vormarsch. |
09.10.2022 | Serhij Hajdaj, ukrainischer Verwaltungschef der Region Luhansk, gibt auf "Telegram" die Rückeroberung von sieben Ortschaften durch die ukrainische Armee bekannt. |
09.10.2022 | Nach Angaben des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB gab es seit Anfang Oktober 2022 mehr als 100 Angriffe auf russisches Staatsgebiet von ukrainischer Seite aus. Insgesamt seien in den vergangenen Tagen 32 Ortschaften in den an die Ukraine grenzenden Gebieten Brjansk, Kursk und Belgorod beschossen worden. Damit habe die Zahl der Angriffe zuletzt deutlich zugenommen. |
Die Chronik wird zeitnah erstellt und basiert ausschließlich auf im Internet frei zugänglichen Quellen. Die Redaktion der Russland-Analysen kann keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben übernehmen. Sie können die gesamte Chronik seit 2003 (zusätzlich gibt es eine Kurzchronik für die Sowjetunion ab 1964 bzw. Russland ab 1992) auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/russland/ unter dem Link "Chronik" lesen.