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Dokumentation: Russlands "Machtministerien" und Sicherheitsdienste | Russland-Analysen | bpb.de

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Dokumentation: Russlands "Machtministerien" und Sicherheitsdienste

/ 6 Minuten zu lesen

Die Institutionen des russischen Sicherheits- und Militärapparats gehören zu den sogenannten "Machtministerien". Diese Dokumenation gibt einen aktualisierten Überblick über die Institutionen dieser Machtministerien und Sicherheitsdienste sowie über ihre Verantwortlichkeiten.

Auf dem Innovationstag des russischen Verteidigungsministeriums wird ein neues Militärfahrzeug vorgestellt. (© picture-alliance/dpa)

Das Konzept der "Machtministerien", oder wörtlich "Machtstrukturen" (silowye struktury), gilt als Oberbegriff für alle föderalen Ministerien oder Institutionen mit uniformierten, militarisierten und bewaffneten Einheiten. Das uniformierte Personal vieler Machtministerien unterliegt den Dienstgesetzen, denen auch das Personal der regulären Streitkräfte unterliegt. Einige der Machtministerien sind hingegen Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden, deren Personal dem Staatsdienstgesetz unterliegt. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden Russlands Machtministerien und Sicherheitsbehörden im Zuge mehrerer Reformen umstrukturiert. Eine Dokumentation über Russlands Machtministerien aus dem Jahr 2006 ist in der 117. Ausgabe der Russland-Analysen verfügbar: Externer Link: http://www.laender-analysen.de/russland/pdf/Russlandanalysen117.pdf. Im Folgenden bringen wir eine aktualisierte Auflistung mit einem Überblick über den russischen Sicherheits- und Militärapparat.

Verteidigungsministerium (Ministerstwo oborony)

Dem Verteidigungsministerium unterstehen die Armee und die Flotte und damit auch die Weltraumtruppen, die Luftstreitkräfte und die strategischen Raketenstreitkräfte. Auffällig ist die (aus deutscher Perspektive) vergleichsweise niedrige Zahl an zivilen Beschäftigten und die damit einhergehende fehlende zivile Kontrolle. Verteidigungsminister ist seit dem 6. November 2012 Sergej Schojgu.

Föderaler Sicherheitsdienst (Federalnaja sluschba besopasnosti, FSB)

Der Föderale Sicherheitsdienst ist der größte inländische Geheimdienst Russlands. Ehemals nur zuständig für Terrorismusbekämpfung und Spionageabwehr im Inneren wurde sein Aufgabenbereich 2003 stark erweitert, als Teile der Föderalen Agentur für Staatskommunikation und -information (Federalnoje agentstvo prawitelstwennoj swjasi i informazii, FAPSI) in ihm aufgingen. Seitdem ist der FSB auch für außenpolitische Angelegenheiten zuständig und steht damit in direkter Konkurrenz zu den anderen Auslandsgeheimdiensten.

Zu seinem Aufgabenbereich zählt die Durchführung verschiedener Operationen im In- und Ausland. Auch der Föderale Grenzschutzdienst (Pogranitschnaja sluschba FSB, PS FSB) ist seit 2003 Teil des FSB. Der FSB hat eine eigene Ermittlungsabteilung sowie eigene Gefängnisse und erfüllt somit auch die Funktion einer Strafverfolgungsbehörde. Die Leitung des FSB untersteht Alexander Bortnikow (seit dem 12. Mai 2008). Das Nationale Anti-Terror Komitee (Nazionalnyj antiterroristitscheskij komitet, NAK), das als Koordinationsgremium zur Terrorismusabwehr fungiert, wird ebenfalls vom Direktor des FSB einberufen und geleitet.

Hauptverwaltung für Aufklärung (Glawnoje raswedywatelnoje uprawlenije, GRU)

Die Hauptverwaltung für Aufklärung ist der militärische Nachrichtendienst Russlands. Sie ist zuständig für Spionageabwehr innerhalb der russischen Armee und für Beschaffung militärisch relevanter Informationen aus dem Ausland. Die GRU ist der einzige Geheimdienst, der bereits in der Sowjetunion bestand und deren Auflösung überdauert hat. 2010 wurde die GRU im Zuge einiger Reformen offiziell in Hauptverwaltung des Generalstabes der Streitkräfte (Glawnoje uprawlenije generalnogo schtaba wooruschonnych sil, GU) umbenannt, was sich jedoch nie wirklich durchsetzen konnte. Bei der 100-jährigen Jubiläumsfeier der G(R)U im November 2018 schlug Präsident Putin vor, den alten Namen GRU auch wieder offiziell einzuführen.

Die Leitung der GRU hat eine direkte Verbindung zum Präsidenten und untersteht (seit dem 22. November 2018) Igor Kostjukow. Kostjukow leitet die GRU bisher nur kommissarisch, da sein Amtsvorgänger Igor Korobow am 21. November 2018 verstorben ist. Er wird aber als chancenreichster Kandidat für das Amt betrachtet.

Föderaler Auslandsnachrichtendienst (Sluschba wneschnej raswedki, SWR)

Der Föderale Auslandsnachrichtendienst entstand 1991 und hat die Aufgabe, ausländische Bedrohungen abzuwehren. Der SWR steht der GRU als zweiter Auslandsnachrichtendienst direkt gegenüber. Es ist unklar, inwieweit der SWR über bewaffnete Truppen verfügt. Da der SWR einen wichtigen außenpolitischen Akteur in Russland darstellt, wird er typischerweise zu den Machtministerien gezählt. Die Leitung untersteht seit dem 22. September 2016 Sergej Naryschkin.

Föderaler Dienst für Bewachung der Russischen Föderation (Federalnaja sluschba ochrany, FSO)

Der Föderale Dienst für Bewachung, in den auch der Sicherheitsdienst für den Präsidenten (Slushba besopasnosti presidenta, SBP) eingegliedert ist, ging ursprünglich lediglich zum Schutz des Präsidenten und anderer hochrangiger Staats- und Regierungsmitglieder sowie wichtiger Staatsgebäude aus dem KGB hervor. 2003 erweiterte der FSO sein Personal und stellt seitdem auch Prognosen und Analysen zur nationalen Sicherheit für den Präsidenten auf. Ebenfalls 2003 ging der größte Teil der Föderalen Agentur für Staatskommunikation und -information im FSO auf, womit dieser auch für sichere Regierungskommunikation sowie Spionageschutz zuständig wurde. Im Zuge dessen wurde ihm der Dienst für Sonderkommunikation und -information unterstellt. Der FSO arbeitet seitdem auch als Inlandsgeheimdienst, der in direkter Konkurrenz zum FSB steht. Die Leitung untersteht seit dem 26. Mai 2016 Dmitrij Kotschnew.

Hauptdirektorat für Sonderprogramme des Präsidenten (Glawnoje uprawlenije spezialnych programm presidenta, GUSP)

Über das Hauptdirektorat für Sonderprogramme des Präsidenten (GUSP) ist sehr wenig bekannt. Seine offizielle Hauptfunktion besteht darin, die Sicherheit von strategischen Einrichtungen wie den Bunkern für Staats- und Regierungsmitglieder zu gewährleisten. Außerdem ist das GUSP auch für die Koordinierung und Mobilität der Regierung, besonders im Krisenfall, zuständig. Die Leitung untersteht Alexander Linz (seit dem 7. April 2015).

Innenministerium (Ministerstwo wnutrennich del, MWD)

Das Innenministerium wurde im Jahr 2016 reformiert. Bis dahin beinhaltete es die Nationalpolizei und eine Untersuchungsabteilung. 2016 wurde die Nationalpolizei als eigenständige Nationalgarde aus dem Innenministerium herausgelöst. Stattdessen wurde der bis dahin eigenständige Föderale Drogen-Kontroll-Dienst (Federalnaja sluschba po kontrolju sa oborotom narkotikow, FSKN) als Hauptdirektorat für Drogenkontrolle (Glawnoje uprawlenije po kontrolju sa oborotom narkotikow, GUKON) Teil des Innenministeriums. Das MWD ist weiterhin verantwortlich für die regulären Polizeikräfte sowie kleinere Untereinheiten mit einer spezifischeren Ausrichtung. So zählen zum Aufgabenbereich des MWD auch Operationen gegen organisiertes Verbrechen, Terrorismus und Extremisten. Innenminister ist seit dem 21. Mai 2012 Wladimir Kolokolzew.

Ministerium für Zivilschutz, Notsituationen und Katastrophenhilfe (Ministerstwo po tschreswytschajnym situazijam, MTschS)

Das Ministerium für Zivilschutz, Notsituationen und Katastrophenhilfe ist für Katastrophenschutz, Brandbekämpfung und Rettungsdienste (auch auf dem Wasser) zuständig. Neben der Tätigkeit in der Russischen Föderation unterstützt das MTschS auch andere Länder in Katastrophenfällen. Teil des MTschS ist neben dem paramilitärischen Zivilschutz auch die staatliche Feuerwehr. Der Minister ist derzeit Jewgenij Sinitschew (seit dem 18. Mai 2018).

Justizministerium (Ministerstwo justizii)

Dem Justizministerium untersteht der Föderale Justizvollzugsdienst (Federalnaja sluschba ispolnenija nakasanij, FSIN), der für die Verwaltung von Gefängnissen und den Strafvollzug zuständig ist. Der FSIN wurde 2004 als Teil des Justizministeriums gegründet und war bis dahin Teil des Innenministeriums. Ebenfalls Teil des Justizministeriums ist der Föderale Dienst der Gerichtsvollzieher, der auch für die Vollstreckung von zivilen Gerichtsentscheidungen verantwortlich ist. Das Justizministerium steht seit dem 12. Mai 2008 unter Leitung des Ministers Alexander Konowalow.

Nationalgarde (Federalnaja sluschba wojsk nazionalnoj gwardii)

Die Nationalgarde ist 2016 aus den internen Truppen des Innenministeriums hervorgegangen. Sie ist ein öffentlicher Sicherheitsdienst, der direkt dem Präsidenten unterstellt ist. Neben ihrem eigenen Personal greift die Nationalgarde auch auf externe Mitarbeiter etwa vom MWD oder dem MTschS zurück. Die Truppenstärke der Nationalgarde wird auf etwa 340.000 geschätzt. Zu ihrem Hauptaufgabenbereich gehört der Kampf gegen Terrorismus und das organisierte Verbrechen. Die Leitung untersteht seit dem 4. April 2016 Wiktor Solotow. Dieser war vor der Etablierung der Nationalgarde auch schon als Kommandeur der internen Truppen des MWD aktiv.

Büro des Generalstaatsanwaltes (Generalnaja prokuratura)

Die Generalstaatsanwaltschaft beziehungsweise das Büro des Generalstaatsanwaltes beschäftigt keine bewaffneten Truppen, wird wegen seiner Nähe zu den anderen Machtministerien aber als solches betrachtet. Seit der Etablierung des Untersuchungskomitees 2007, das erst als Teil des Büros des Generalstaatsanwaltes entstand und 2011 eigenständig wurde, ist die Generalstaatsanwaltschaft lediglich für Strafverfolgung und Koordinierung aller Sicherheitsdienste zu Zwecken der Strafverfolgung verantwortlich. Die Leitung untersteht seit dem 26. Juni 2006 Jurij Tschajka.

Untersuchungskomitee (Sledstwennyj komitet, SK)

Nachdem das Untersuchungskomitee 2011 als eigenständige Institution aus dem Büro des Generalstaatsanwalts hervorging, ist es die wichtigste föderale Ermittlungsbehörde Russlands. Es untersteht direkt dem russischen Präsidenten und ist zuständig für die Überwachung von Polizeikräften, der Bekämpfung von Korruption und Machtmissbrauch innerhalb der Polizei sowie der Überprüfung von lokalen Behörden und föderalen Regierungsinstitutionen. Auch wenn es dem Untersuchungskomitee in der Praxis an der nötigen Durchsetzungskraft fehlt, hat es die theoretische Befugnis, Weisungen an die Geheimdienste zu erteilen. Die Leitung untersteht seit dem 14. Januar 2011 Alexander Bastrykin.

Sicherheitsrat (Sowet besopasnosti)

Der Sicherheitsrat wird direkt vom Präsidenten einberufen und von diesem geleitet. Der Sicherheitsrat der Russischen Föderation gilt als Beratungsinstitution für den Präsidenten. Da Vertreter aller wichtigen Machtministerien im Sicherheitsrat zusammenkommen, dient dieser auch als Koordinationszentrum für die Machtministerien. Um deren Zusammenarbeit zu vertiefen, werden dienstübergreifende Kommissionen gegründet. Die Leitung untersteht zwar dem Präsidenten, der Sicherheitsrat wird aber von seinem Sekretär überwacht. Sekretär ist seit dem 12. Mai 2008 Nikolaj Patruschew.

Zusammengestellt von: Franz Springer

Quellen:

  • Galeotti, Mark: Putin’s Hydra: Inside Russia’s Intelligence Services, European Council on Foreign Relations, London 2016.

  • Soldatov, Andrei; Rochlitz, Michael: The Silvoki in Russian Politics; in: Treisman, Daniel (Hrsg.): The New Autocracy. Information, Politics and Policy in Putin’s Russia, Brookings Institution Press: Washington, D.C. 2018, S. 83–108.

  • Taylor, Brian D.: State Building in Putin’s Russia. Policing and Coercion after Communism, Cambridge University Press 2011.

  • Offizielle Website des Präsidenten der Russischen Föderation, Externer Link: http://en.kremlin.ru/

  • Offizielle Website der Regierung der Russischen Föderation, Externer Link: http://government.ru/en/structure/

Fussnoten