Am Anfang stand die Zollunion …
Der neue Versuch zur Integrierung des postsowjetischen (eurasischen) Raumes begann mit der Schaffung der Zollunion im Jahr 2010. Das Projekt war allerdings sofort auf eine konsequente Vertiefung der Integration bei konstruktiver wirtschaftspolitischer Abstimmung ausgelegt. Die herrschenden Eliten in Russland, Belarus und Kasachstan haben den Aufbau einer Zollunion unter komplizierten internationalen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen begonnen, als sich die Konfiguration des postsowjetischen Raumes kardinal änderte und eine weltweite Wirtschaftskrise herrschte. Wichtigste Gründe für den Start der Integrationsprozesse waren die ergebnislosen Versuche der Mitgliedsstaaten, effektiv und selbständig in das System weltwirtschaftlicher Beziehungen einzutreten, die Erkenntnis über die geringe Wettbewerbsfähigkeit der nationalen Fertigprodukte auf den Weltmärkten und die Bedeutung intraregionaler Absatzmärkte für Fertigprodukte bei einer Modernisierung der Volkswirtschaften. Ebenso war auch die Erhebliche Verflechtung der drei Volkswirtschaften wirksam, was während der Krise deutlich zum Vorschein trat.
Die Zollunion von Russland Belarus und Kasachstan hat während ihres Bestehens eine einheitliche Zollpolitik gebildet, ein gemeinsames Regulierungssystem in den Bereichen Zölle und Tarife, tariffreier Verkehr und Zollverwaltung an den Außengrenzen der Zollunion sowie ein gemeinsames System von phytosanitären und Veterinärvorschriften. Im Jahr 2011, dem ersten vollen Jahr, in dem die Zollunion in Kraft war, ist es gelungen den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten um 33,9 % auszubauen. 2012 ist dieses Wachstum auf 8,7 % zurückgegangen, doch lag es über dem Doppelten der Handelszuwächse mit Drittländern (3,2 %). Es ist nicht gelungen, auch 2013 ein Wachstum zu erreichen: Das Handelsvolumen zwischen den Mitgliedsstaaten der Zollunion ging um 5,5 % zurück, während sich der Handel mit Drittländern lediglich um 0,4 % verringerte.
Handelseffekte – Gewinner Belarus
2010–2011 konnte Belarus die stärksten Handelseffekte verzeichnen. Das ist auf die Spezifik der Lieferungen fossiler Rohstoffe zurückzuführen (Ausbau der Schweröllieferungen an belorussische ölverarbeitende Fabriken, Abschaffung der Exportgebühren auf russisches Öl bei der Ausfuhr aus Belarus). Ebenso war ein aktiverer Export belorussischer Lebensmittel, Maschinen und Anlagen nach Russland und Kasachstan zu verzeichnen. Gleichzeitig war auch der Export von Öl- und petrochemischen Erzeugnissen in die EU gewachsen.
Seit August 2012 rutschten die belorussischen Exporte in Drittländer ins Minus, nachdem die Gebührenfrage geregelt und der belorussische Export von Ölerzeugnissen in der Form von Waren, bei denen die erhobenen Gebühren in den Haushalt Russlands fließen, beendet wurde. 2013 gingen die Lieferungen von russischen Ölerzeugnissen für belorussische ölverarbeitende Fabriken zurück, was eine Verringerung des russisch-belorussischen Handelsvolumens zur Folge hatte – sowohl absolut als auch in Preisen berechnet. In der zweiten Hälfte 2012 erfolgte anstelle eines beträchtlichen Exportzuwachses in Drittländer eine gewisse Aktivierung der belorussischen Kapazitäten zur Verarbeitung fossiler Rohstoffe für den Binnenmarkt des Einheitlichen Wirtschaftsraumes.
Russland und Kasachstan hatten durch die Schaffung der Zollunion keine derart relevanten Handelseffekte zu verzeichnen. Die russischen Exporte in Länder der Zollunion hatten 2011 eine größere Dynamik als die in Drittländer, vor allem wegen der erhöhten Lieferungen mineralischer Rohstoffe nach Belarus. Diese Tendenz setzte sich auch 2012 fort, war jedoch nicht ausreichend, um den Effekt einer "Generierung von Handel" zu stützen. Zu einer weiteren Spezifik des russischen Handels mit diesen Ländern sind die erhöhten Wachstumsraten beim Import aus den Ländern der Zollunion geworden, verglichen mit den Importen aus Drittländern und verglichen mit der Dynamik der russischen Exporte (2011). Anders gesagt, haben Belarus und Kasachstan in höherem Maße als Russland die Vorteile umsetzen können, die sich aus dem Aufbau des Integrationsprojektes ergeben. Der nächste negative Trend für Russland ist die Zahlungsbilanz innerhalb der Zollunion. Gemäß Abkommen über die Zollunion werden die Gebühren, die an den Grenzen der Mitgliedsstaaten erhoben werden, wie folgt unter den Partnern aufgeteilt: Belarus erhält 4,7 % der Gesamtsumme, Kasachstan 7,33 % und Russland 87, 97 %. Aus den Daten von 2010 bis 2012 über die Vollstreckung des Föderalen Haushalts Russlands geht hervor, dass Russland seit dem 1. September, seit die Zollgebühren in einem gemeinsamen Topf zusammenfließen, bis zum 1. Januar 2013 1,709 Billionen Rubeln jener Mitteln eingenommen hat, die unter den Mitgliedern der Zollunion zu verteilen sind. Davon wurden 80,3 Mrd. Rubel an Belarus überwiesen und 125,3 Mrd. Rubel an Kasachstan. Im gleichen Zeitraum haben die Partnerländer 61,7 bzw. 96,9 Mrd. Rubel an Russland überwiesen. Dadurch weist Belarus einen Überschuss von 18,6 Mrd. Rubeln auf, und Kasachstan von 28,4 Milliarden. Der "Zusatzbeitrag Russlands zur Integration" betrug 47 Milliarden Rubel.
Veränderungen im Handelsvolumen und in der Güterstruktur
Der Handel Kasachstans im Rahmen der Zollunion hatte keine nachhaltigen Wachstumsraten des innereurasischen Handels gegenüber dem mit Drittstaaten aufzuweisen. Es erfolgte lediglich eine Ausweitung der Importlieferungen aus Belarus nach Kasachstan. Eine gewisse negative Rolle für den kasachischen Handel mit den Staaten der Zollunion hat der Re-Export chinesischer Waren gespielt (Textilien und Schuhe, Computertechnik, Fernseher, Bildschirme etc.). Der offiziellen Statistik zufolge hat sich 2012 der Anteil von Waren aus chinesischer Produktion am kasachischen Export von 3,4 % auf 7,7 % erhöht.
Es erfolgte auch eine Aktivierung des wechselseitigen Handels mit Fertigprodukten. Von 2011 bis 2012 lagen die Zuwachsraten bei Lieferungen von Maschinen und Anlagen über denen des wechselseitigen Gesamthandels. 2013 hat sich diese Dynamik wieder abgeschwächt.
Seit Bestehen der Zollunion bestand die einzige wesentliche und nachhaltige Änderung in der Warenstruktur des jeweiligen Exports in einem erhöhten Anteil von Lebensmitteln und agrarischen Rohstoffen am intraregionalen Warenverkehr.
Die Entwicklung der Warenstruktur der Exporte von Russland, Belarus und Kasachstan in die Länder der Zollunion geht dabei zielstrebig in Richtung einer Branchenspezialisierung. So erhöht sich der Anteil von Lebensmitteln und Mineralprodukten am belorussischen Export durch einen Rückgang bei Maschinen und Anlagen. Auch beim kasachischen Export wächst das Gewicht von Lebensmittellieferungen. Die Warenstruktur des russischen Exports weist noch die größte Stabilität auf; hier sind die Veränderungen fast ausschließlich auf eine dynamische Entwicklung der Minerallieferungen zurückzuführen.
Anfang 2013 war das Potential für dynamische Wachstumsraten des Handels innerhalb der Zollunion im Wesentlichen ausgeschöpft. Das Volumen des wechselseitigen Warenhandels betrug 2013 94,5 % des Wertes vom Vorjahr. Im Vergleich zu 2012 hat sich der Anteil des wechselseitigen Handels am Gesamtvolumen des Außenhandels der Zollunion und des Einheitlichen Wirtschaftsraumes kaum verändert. Auch 2014 hat es kaum Veränderungen gegeben. Das Volumen des wechselseitigen Warenhandels betrug im ersten Halbjahr dieses Jahres 88,3 % des vorjährigen Vergleichszeitraumes. Gleichzeitig ging der Anteil des wechselseitigen Handels am Gesamtvolumen des Außenhandels der Zollunion und des Einheitlichen Wirtschaftsraumes von 12,2 % auf 11,1 % zurück, wobei sowohl der unveränderte Anteil bei Belarus (49,6 % und 49,5 %) und die zurückgehenden Anteile bei Kasachstan (von 18,1 % auf 14,8 %) und Russland (von 7,6 % auf 6,8 %) weiterbestanden.
Koordination der Wirtschaftspolitik
Der 2010 begonnene Aufbau des Einheitlichen Wirtschaftsraumes sah nicht nur eine Förderung des freien Warenverkehrs vor, sondern auch von Dienstleistungen, Finanzen und Arbeitskräften. Wichtigstes Ergebnis war dabei eine Koordinierung der drei Wirtschaftspolitiken auf der Makroebene. Im Mai 2013 wurden die wichtigsten Eckpunkte für 2013/14 verabschiedet. Eine abgestimmte Wirtschaftspolitik setzt die Beachtung der makroökonomischen Daten voraus, die für die Nachhaltigkeit der Wirtschaftsentwicklung bestimmend sind. Es ist hervorzuheben, dass in diesen für die Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten nicht einfachen Zeiten die Grenzwerte, die im Rahmen des Abkommens über eine Abstimmung der makroökonomischen Politik vom 9. Dezember 2010 festgelegt wurden, im Großen und Ganzen eingehalten werden.
Eine der Quellen für ein Wirtschaftswachstum in den Mitgliedsstaaten besteht in der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Realwirtschaften durch eine Nutzung des Potentials, das in einer integrativen Zusammenarbeit und den Wettbewerbsvorteilen der Mitgliedsländer liegt. Daher ist die vertiefte Zusammenarbeit in der Realwirtschaft zum wichtigsten Orientierungspunkt für die makroökonomische Wirtschaftspolitik 2013–2014 geworden. Für diese Zwecke sind 2013 Prinzipien und Ansätze für die Koordinierung der Industriepolitik und die Umsetzung einer abgestimmten (koordinierten) Politik im Bereich der Agrarindustrie der Zollunion und des Einheitlichen Wirtschaftsraumes ausgearbeitet worden. Per Beschluss des Höchsten Eurasischen Wirtschaftsrates vom 31. Mai 2013 wurden die Hauptrichtungen der industriellen Zusammenarbeit abgesteckt und eine Liste von 19 Wirtschaftszweigen festgelegt, von denen zehn zum Bereich Maschinenbau gehören: Luft- und Raumfahrt, PKW-Bau, Straßenbaumaschinen, Maschinen und Geräte für die Agrar- und Forstwirtschaft, Hebe- und Transportgeräte, Industrieerzeugnisse für das Eisenbahnwesen, Elektrogeräte, elektronische und optische Geräte sowie Komponenten, Anlagenbau, Maschinenbau für die Energiewirtschaft.
Von der Eurasischen Wirtschaftskommission, dem Republikverband der Industrieunternehmen Belarus (BelAPP), dem Verband der Maschinenbauer Kasachstans und dem Verband der Maschinenbauer Russlands ist ein Koordinationsrat zur Förderung des Maschinenbaus der Zollunion ins Leben gerufen worden. Auf dessen erster Sitzung am 17. Juli 2014 wurden die wichtigsten Entwicklungsrichtungen für den Maschinenbau in den Mitgliedsstaaten und für branchenübergreifende Maschinenbau-Cluster festgelegt, sowie Fragen des Aufbaus eines Eurasischen Interstaatlichen Engineering Centers erörtert.
Die Abteilung Industriepolitik der Eurasischen Wirtschaftskommission hat vorgeschlagen, ein effektiveres Instrument auf Basis einzelner zwischenstaatlicher Projekte, sogenannter Eurasischer Technologieplattformen, zu schaffen. Diese werden bereits auf der Grundlage russischer Projekte aufgebaut. Belarus und Kasachstan haben die Frage einer Mitgliedschaft von Koordinatoren der nationalen Programme an den Leitungsgremien der russischen Technologieplattformen (Medizin der Zukunft, Bioindustrie und Bioressourcen, Bioenergie, Technologien für ökologische Entwicklung) miteinander abgestimmt. Darüber hinaus laufen Arbeiten zur Entwicklung von Roadmaps zur Gestaltung der trilateralen Zusammenarbeit, die in gemeinsame Innovationsprojekte münden soll.
Bei der Erörterung der Technologieplattformen "Photonik" und "Entwicklung von Leuchtdiodentechnologien" sind die entwicklungshemmenden Faktoren für diese Branchen identifiziert worden (ungeregelte Billigimporte von Geräten mit Laser- und Leuchtdiodentechnologie aus China, die Schwierigkeiten, das Handelsaufkommen nachzuvollziehen, sowie das Binnenmarktpotenzial und den Anteil der einheimischen Produzenten dort abzuschätzen, weil das System der Warencodes veraltet ist, usw.). Es wurde beschlossen, dass zur Lösung systemischer Probleme und zum Abbau von Entwicklungshemmnissen in innovativen Industriezweigen die Arbeit der Abteilung und der Technologieplattformen gestrafft wird.
Darüber hinaus wurde am 29. Mai 2013 die Konzeption zur abgestimmten (koordinierten) Politik im Bereich Agrarindustrie der Mitgliedsstaaten von Zollunion und Einheitlichem Wirtschaftsraum sowie ein Implementierungsplan hierzu verabschiedet. Große Aufmerksamkeit wird dem Aufbau eines gemeinsamen Strommarktes der Mitgliedsstaaten gewidmet. Diese Richtung der Zusammenarbeit befindet sich noch in einer Phase, in der eine Konzeption zur Entwicklung des Strommarktes ausgearbeitet wird.
Industrielle Kooperationen
Es gibt darüber hinaus Versuche zur wechselseitigen Ergänzung der realen Wirtschaftszweige der Mitgliedsstaaten unter Berücksichtigung der jeweiligen Wettbewerbsvorteile; allerdings wird einer Entwicklung in dieser Richtung nur unzureichend Aufmerksamkeit geschenkt. Hauptproblem ist hier, dass die jeweils anderen Binnenmärkte als offene und ergiebige Exportmärkte betrachtet werden, und auf den eigenen nationalen Märkten versucht wird, den Import – auch den aus Mitgliedsstaaten – durch eigene Produkte zu ersetzen.
Dessen ungeachtet hat ein allmählicher Aufbau gemeinsamer Produktionen im Automobilbau, Landwirtschaftsmaschinenbau, Hubschrauberbau, bei der Gaschemie und anderen Branchen eingesetzt. Dabei geht es nicht nur um den Montagebereich, sondern auch um die Inbetriebnahme einer ersten Autofabrik mit vollem Produktionszyklus in Kasachstan (gemeinsam mit dem russischen Unternehmen AvtoVAZ).
Am effektivsten schreitet die Zusammenarbeit zwischen Russland und Belarus voran. So sind über 8.000 russische und belorussische Unternehmen durch wechselseitige Lieferungen verbunden. Die Minsker Traktorenwerke (MTZ) haben Kooperationsbeziehungen mit 157 Unternehmen in Russland. Lieferungen von Erntemaschinen für Getreide und Futtermittel nach Russland durch "Gomselmash" machen über 60 % der Produktion des Unternehmens aus. Im Rahmen gemeinsamer Programme ist die Herstellung von Automobilen auf den Weg gebracht worden, die den internationalen Umwelt-, Sparsamkeits-, Sicherheits- und Zuverlässigkeitsanforderungen (EURO-4) genügen. Daneben sind sieben Supercomputersysteme und 23 entsprechende Programme für verschiedene Branchen in den beiden Ländern sowie für die Bereiche Wissenschaft, Bildung und Medizin entwickelt und in Betrieb genommen worden.
Für die Entwicklung der russischen Raumfahrt ist die Zusammenarbeit mit Kasachstan überaus wichtig. Am Raumfahrtzentrum Baikonur wird gemeinsam mit der russischen Seite die Weltraumraketenanlage "Baiterek" aufgebaut, wo im Rahmen der Weltraumprogramme der beiden Länder Raketenstarts zu verschiedenen Zwecken stattfinden sollen. 2008 ist ein Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Nutzung des Globalen satellitengestützten Navigationssystems GLONASS geschlossen worden. Umgesetzt wird auch eine Reihe gemeinsamer Projekte im Automobilbau, Agrarmaschinenbau, Waggonbau, Schiffbau und Hubschrauberbau. Russland liefert in die Republik Ausrüstungen für die Bergwerkindustrie sowie den Energie- und Brennstoffkomplex, für Wasserkraftwerke, die Metallurgie und die Metallverarbeitung.
Auch die Zusammenarbeit zwischen Belarus und Kasachstan beim Maschinenbau ist aktiver geworden. In Kasachstan sind 13 Montageanlagen für belorussische Produkte errichtet worden: für Mähdrescher, Motoren, Ballenpressen, Fahrstühle, Ausrüstung für den Übertage- und Untertageabbau, Traktoren und eine Reihen von landwirtschaftlicher Anhängegeräte. Begonnen wurde ein Projekt zur Montage von Kardanwellen. Für die Produktion der Getreidemähdrescher "Jesil-760" und "KSK-603" ist in Kostanaj von "Gomselmash" und "AgromaschCholding" ein Joint Venture gegründet worden. Im Gebiet Akmolinsk (Kasachstan) wird ein belorussisch-kasachischer Industrie- und Technikpark für Geräte der Land- und Kommunalwirtschaft errichtet, auf dessen Gelände Produktionsstätten der Minsker Traktorenwerke, für Ballenpressen von "Bobrujsk-agromasch" und kommunale Nutzfahrzeuge auf Basis von Fahrgestellen der Minsker Autofabrik ("MAS") entstehen.
Perspektiven der Zusammenarbeit
Der wichtigste Modernisierungsfaktor für die Volkswirtschaften Russlands, Kasachstans und von Belarus ist derzeit der Import von Ausrüstung und Technologien über den Ankauf von Lizenzen und Waren sowie über Direktinvestitionen aus Drittländern. Der Zustrom ausländischer Technologien beschleunigt die Modernisierung der jeweiligen Branchen, erschwert aber objektiv die Koordinierung der technologischen Erneuerung der Wirtschaft in den Ländern des Einheitlichen Wirtschaftsraumes; das gleiche gilt für die Produktionskooperation, da die Zentren technologischer und Lebensmittelneuerungen außerhalb des Wirtschaftsraumes liegen. Das verstärkt den Bedarf an der Entwicklung neuer Ansätze zur Zusammenarbeit in Richtung einer radikalen Modernisierung der Wirtschaften ihrer Mitgliedsländer.
Ungeachtet der schwierigen wirtschaftlichen und politischen Situation rund um die Ukraine haben Belarus, Kasachstan und Russland 2014 ihre Bewegung in Richtung vertiefter Integration fortgesetzt. Am 29. Mai 2014 wurde der Vertrag über die Eurasische Wirtschaftsunion unterzeichnet. Der Vertrag und seine Begleitdokumente legen das weitere Entwicklungsprogramm der drei Länder für die kommenden 10 Jahre fest. Unter Berücksichtigung der Spezifika der einzelnen Volkswirtschaften wurde in dem Dokument die Frist bis zur Entstehung der Union auf das Jahr 2025 festgesetzt.
Für eine effiziente Zusammenarbeit im Rahmen der Union sind der Höchste Eurasische Wirtschaftsrat der drei Staatsoberhäupter der Mitgliedsländer, der Eurasische zwischenstaatliche Rat der drei Regierungschefs und die Eurasische Wirtschaftskommission als ständig tätiges Regulierungsorgan geschaffen worden. Darüber hinaus wird das Gericht der Eurasischen Wirtschaftsunion mit Sitz in Minsk eingerichtet, sowie das Eurasische Finanzzentrum in Almaty. Der Haushalt der Union wird in Russischen Rubeln erstellt und aus Beiträgen der Mitgliedsstaaten bestritten.
Als wichtigste Richtungen der Zusammenarbeit sind die Schaffung eines koordinierten Verkehrs-, Energie- und Finanzsystems der Union festgelegt worden. Es geht praktisch um ein neues Format der infrastrukturellen Verbindungen zur Entwicklung der Industrie im eurasischen Raum. Ein eigener Abschnitt des Vertrages ist der Schaffung eines gemeinsamen Arbeitsmarktes und den Bedingungen für die Freizügigkteit von Arbeitskräften gewidmet. Mit Inkrafttreten dieses Vertrages erhalten die Bürger Russlands, Kasachstans und der Republik Belarus bei Arbeitseinstellung oder Geschäftsgründung den Status von nationalen Agenten auf dem gesamten Unionsgebiet. Zur Vereinfachung der Zusammenarbeit auf dem Arbeitsmarkt ist darüber hinaus ein Abkommen über die Anerkennung von Bildungsabschlüssen (pädagogische und medizinische ausgenommen) sowie von wissenschaftlichen Graden unterzeichnet worden.
Außerdem wurde der Kurs zur Koordinierung der makroökonomischen und der Industriepolitik der drei Länder bekräftigt worden.
Dadurch entwickeln sich die Integrationsprozesse im postsowjetischen Raum weiter, wenn auch mit einigen Schwierigkeiten. Die Gründe hierfür sind in der Schwierigkeit zu sehen, die nationalen Wirtschaften an die Bedingungen der Zoll- und Wirtschaftsunion anzupassen, wie auch in externem Widerstand gegen die Schaffung eines wirtschaftlichen Kraftzentrums. Die Länder haben – ungeachtet gewisser Widersprüche – durch ihr Vorgehen den Kurs zur Vertiefung und Ausweitung der eurasischen Integration bekräftigt.
Übersetzung aus dem Russischen: Hartmut Schröder