Die rechte Hand weiß nicht, was die Linke tut
Die unterschiedlichen Entscheidungen des Kreml und der Regierung in der Wirtschaftspolitik im Laufe des Jahres 2013 sprechen dafür, dass es keine gemeinsame Strategie zur Sanierung der stagnierenden russischen Wirtschaft gibt. Zwar wurden einige Schritte im Kreditwesen und in der Währungspolitik unternommen sowie die Tarife natürlicher Monopolunternehmen im Binnenmarkt stabilisiert, aber es ist Russland nicht gelungen, ein nachhaltiges Konzept zur Förderung des Wirtschaftswachstums zu finden. Der Wirtschaftsjournalist Alexej Poljanskij kritisiert die Regierung für eine kurzsichtige Wirtschaftspolitik und unübersichtliche Pläne zur Sanierung des Staatshaushalts: "Welches Ziel verfolgt die aktuelle Wirtschaftspolitik? Das Wachstum stimulieren oder den Rückgang aussitzen? Das ist unklar. Dieses Dilemma scheint allem Anschein nach prinzipiell nicht lösbar zu sein: Man sollte zum einen kontrazyklische Schritte unternehmen, und andererseits hat man Angst, Ressourcen dafür aufzuwenden". Poljanskij betont, dass die hohe Zahl an Führungskräften in den staatlichen Unternehmen, die steigende Zahl föderaler Beamter in den Regionen, die ständige Erhöhung der Gehälter für Angestellte sowie extrem hohe Ausgaben für die diversen Sicherheitsstrukturen äußerst negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben. Eine Kürzung korporativer Verwaltungsapparate sowie ein Ende des Gehaltswettlaufs im Staatssektor könnten der Wirtschaft wieder einen Aufschwung bringen, und zwar viel schneller, als dies eine bloße Entwertung des Rubels vermag, die seit Sommer 2013 auf der Agenda steht. "Es gibt etwas zu kürzen" von Alexej Poljanskij, 27. Oktober 2013, http://www.echo.msk.ru/blog/alexpolyan sky/1185742-echo/
Lobbyismus der Großunternehmen
Ministerpräsident a.D. Jewgenij Primakow hat beim Gaidar-Forum in Moskau scharfe Kritik an der Regierung Medwedew geübt. Er warf den Ministern vor, neoliberale Politik im Interesse des Kapitals der Oligarchen zu betreiben: "Neoliberale heben in der Regel einen besonderen Status natürlicher Monopolunternehmen hervor und lassen den "oligarchischen Monopolismus" des Privatsektors außer Acht, der z. B. im Einzelhandel zur Preissteigerung bei Lebensmitteln und Konsumartikeln führt". Die Regierung hält kleine und mittlere Unternehmen im Prinzip für bedeutende Akteure bei der Überwindung der Rezession. Der Staat schützt sie aber kaum im Wettbewerb mit den Großunternehmen. Vielmehr werden durch neue, von der Lobby der Großunternehmen betriebene Gesetze kleine Läden und Kioske aus den Großstädten verdrängt, so dass die Kunden zunehmend auf Supermärkte und Einkaufszentren angewiesen sind. "Primakow kritisiert Regierung: Die Wirtschaft stagniert, den Kleinunternehmen bleibt der Tabak" von Alexander Oskin, 20. Januar 2014, Externer Link: http://www.echo.msk.ru/blog/oskin/1241656-echo/
Belgorod: Sonnenschein in dunklen Zeiten
Das Gebiet Belgorod ist eine Erfolgsgeschichte für die Transformationsprozesse in der Landwirtschaft Russlands. Während Kolchosen und Bauernhöfe in den meisten Regionen ums Überleben kämpfen, blühen Molkereien und Tierzuchtbetriebe im kleinen "Schwarzerdegebiet" an der Grenze zur Ukraine. Innerhalb der sieben Jahre von 2005 bis 2012 stieg die Landwirtschaftsproduktion um das Viereinhalbfache und kletterte unter den russischen Regionen vom zwölften auf den vierten Platz. Hinsichtlich der Tierproduktion steht Belgorod auf Platz Eins. Die Modernisierung der Landwirtschaft ist Belgorod aber nicht wegen, sondern trotz der föderalen Politik gelungen. Russland schneidet im Vergleich zu den Förderprogrammen der Europäischen Union schlecht ab: Kredite sind bis zu fünf Mal teurer, Subventionen für Bauern 10–15 Mal kleiner, es gibt weder einen effektiven Schutz des Binnenmarkts noch eine Unterstützung für landwirtschaftliche Exporte. "Belgorod: Wie ein modernes Unternehmen aussehen soll" von Konstantin Babkin, 2. Dezember 2013, Externer Link: http://babkin-k.livejournal.com/190226.html