Zu den Beschwerdeführern gehören Menschenrechts-, Bildungs- und eine Umweltschutzorganisation. Die Beschwerde wurde eingereicht durch:
die Stiftung zur Förderung der Demokratie "Golos" (Sitz des leitenden Gremiums: Moskau),
die St. Petersburger gesellschaftliche Menschenrechtsorganisation "Bürgerkontrolle",
die Regionale gesellschaftliche wohltätige Organisation zur Unterstützung von Flüchtlingen und Binnenflüchtlinge "Bürgerhilfe" (Moskau),
die Russlandweite gesellschaftliche Bewegung "Für die Menschenrechte",
die Interregionale gesellschaftliche Organisation "Komitee gegen Folter" (Sitz des leitenden Gremiums: Nischnij Nowogord),
die Autonome nichtkommerzielle Menschenrechtsorganisation "Maschr" (Inguschetien),
die Internationale Gesellschaft für historische Bildung, soziale Fürsorge und Menschenrechte "Memorial" (Memorial international),
die Interregionale gesellschaftliche Organisation Menschenrechtszentrum Memorial (Sitz des leitenden Gremiums: Moskau),
die Regionale gesellschaftliche Organisation "Moskauer Gruppe zur Förderung der Einhaltung der Abkommen von Helsinki – Moskauer Helsinki-Gruppe",
die Regionale gesellschaftliche Organisation "Ecodefense!" (Kaliningrad),
die Stiftung zur Förderung des Schutzes der Rechte und Freiheiten der Bürger "Gesellschaftliches Verdikt" (Moskau).
Die Beschwerde wurde durch den Juristen des Menschenrechtszentrums "Memorial" Furkat Tischajew erstellt. Die Interessen der Beschwerdeführer beim EGMR werden durch das Menschenrechtszentrum "Memorial" und das European Human Rights Advocacy Centre (EHRAC) vertreten. Nach Ansicht der Beschwerdeführer verletzt das Gesetz über "ausländische Agenten" auf schwerwiegende Weise die durch Artikel 11 Versammlungs- und Vereinigungsfreihet) und Artikel 10 (Freiheit der Meinungsäußerung), Artikel 14 (Verbot der Diskriminierung) und Artikel 18 (Begrenzung der Rechtseinschränkungen) der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechte. Bisher ist das Gesetz über "ausländische Agenten" gegen keine der Organisationen, die beim EGMR Beschwerde eingelegt haben, angewendet worden. Die Organisationen erklären alle, dass sie keine politische Tätigkeit betreiben, niemandes Agenten sind und unter keinen Umständen beabsichtigen, freiwillig einen Antrag auf Aufnahme ins Register der nichtkommerziellen Organisation zu stellen die die Funktion eines ausländischen Agenten ausüben. Dessen ungeachtet besteht angesichts der höchst schwammigen Formulierungen und sogar fehlenden genauen Definition einer Reihe in diesem Gesetz verwendeten Begriffe die große Gefahr, dass das Gesetz gegen die Beschwerde führenden Organisationen angewandt wird, unter anderem durch Strafen bei Nichterfüllung der im Gesetz enthaltenen Bestimmungen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben die Beschwerde führenden nichtkommerziellen Organisationen gemäß russischer Gesetzgebung keine Möglichkeit, gegen die Bestimmungen des Gesetzes über "ausländische Agenten" zu klagen. Deshalb nutzen die Organisationen bei ihrer Beschwerde beim EGMR den Status eines "potentiellen Opfers" des Gesetzes über "ausländische Agenten".
Die Beschwerdeführer halten sich aus zwei Gründen für potentielle Opfer des Gesetzes übe "ausländische Agenten". Zum Einen wurde den Beschwerdeführern mit Inkrafttreten des Gesetzes die Pflicht auferlegt, selbst den Antrag auf Aufnahme in das Register "ausländischer Agenten" zu stellen und zusätzliche Rechenschaft über ihre Tätigkeit und ihre Finanzierung abzulegen. Zum zweiten stehen die Beschwerdeführer in der Gefahr, unmittelbar durch die Anwendung der verschiedenen im Gesetz vorgeschriebenen Strafen beeinträchtigt zu werden, unter anderem durch strafrechtliche Verfolgung, Untersagung der Tätigkeit und, als mögliche Folge hiervon, eine Auflösung der nichtkommerziellen Organisation. Die Beschwerdeführer bringen ihre besondere Sorge zum Ausdruck, dass sie als "ausländische Agenten" gebrandmarkt werden könnten, da diese Wortverbindung bei den meisten russischsprachigen Menschen höchst negative Assoziationen auslöst. Meinungsumfragen haben klar ergeben, dass die meisten russischsprachigen Befragten eine Analogie zwischen "ausländischer Agent" und "Spion" oder "Verräter" ziehen. Darüber hinaus müssen alle Materialien, die von einer im Register geführten nichtkommerziellen Organisation herausgegeben werden, mit dem Hinweis versehen werden, dass diese Materialien durch einen "ausländischen Agenten" herausgegeben werden. In einem solchen Kontext leidet das Ansehen der Beschwerdeführer, wie auch ihre Fähigkeit, wirksam ihre Funktion auszuüben. Sie werden niemals in eine Bezeichnung als "ausländischer Agent" einwilligen und daher administrativen Strafen und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt sein. Angesichts des Umstandes, dass ein Gesetzesakt Quelle der Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer ist, gehen die Beschwerdeführer davon aus, dass es sich um eine strukturelles Problem handelt, von dem viele nichtkommerzielle Organisationen in ganz Russland betroffen sein werden. Daher handelt es sich in diesem Fall um ein systemisches Problem und berührt eine wichtige gesellschaftliche Frage. Aus diesem Grunde rufen die Beschwerdeführer den EGMR dazu auf, die Beschwerde gemäß Artikel 41 der Verfahrensordnung des EGMR vorrangig zu behandeln. Die Beschwerdeführer richten an den EGMR die Bitte, die offiziellen Stellen der Russischen Föderation auf ihre Pflicht hinzuweisen, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit das betreffende Gesetz nicht die Rechte der Beschwerdeführer verletze.
Ein positiver Entscheid des Europäischen Gerichtshofes zur Beschwerde der elf russischen nichtkommerziellen Organisationen wäre ein wichtiger Schritt zum Schutz der Zivilgesellschaft in Russland. Die Beschwerde führenden Organisationen stehen bereit, allen Organisationen, die ebenfalls beim EGMR Beschwerde einlegen wollen, rechtliche Unterstützung zu geben.
Der Text der Beschwerde (Übersetzung ins Russische): Externer Link: www.memo.ru/uploads/files/950.pdf