Historische Umbrüche in der polnischen Wirtschaft
Entwicklungen von den 1920er Jahren bis zum EU-Beitritt
Piotr Koryś
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Nach der Weltwirtschaftskrise erholte sich Polens Wirtschaft kurz, bis der Zweite Weltkrieg Zerstörung und Ausbeutung brachte. Mit dem Kriegsende folgte die Planwirtschaft, bevor 1989 der Wandel zur Marktwirtschaft begann.
In den 1920er Jahren erlebte Polen mit der Zerstörung im Ersten Weltkrieg eine Nachkriegskrise, die in einer Hyperinflationswelle gipfelte (1922–1924). Die anschließende Phase des dynamischen Wachstums wurde durch die Weltwirtschaftskrise (1929–1934) unterbrochen. Dagegen war die direkte Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg durch eine Erholung und ein schnelles Wachstum der Industrieproduktion geprägt. Beim Ausbruch des Krieges prägten Polen jedoch weiterhin enorme Vermögens- und Einkommensunterschiede, die ihre Wurzeln im unvollendeten und andauernden Prozess der Industrialisierung hatten. Die Zeit der Weltwirtschaftskrise verschärfte diese Ungleichheiten nur weiter und stieß einen Großteil der Bevölkerung in die Armut.
Ab 1935 wurde ein umfangreiches staatliches Investitionsprogramm durchgeführt, um die Wirtschaft wiederaufzubauen, einen modernen Industriesektor zu schaffen und regionale Ungleichheiten zu verringern. Es sollte auch zur Modernisierung der Armee beitragen. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 stoppte die Fabrikarbeit in den neu geschaffenen Industriegebieten, der sogenannten Zentralen Industrieregion, nicht. Sie wurden unter der Leitung der deutschen Besatzung weitergeführt. Das NS-Regime funktionierte die Region zu einem Zentrum der deutschen Rüstungsproduktion um.
Zerstörung und Zwangsarbeit: Zweiter Weltkrieg
Interner Link: Am 1. September 1939 begann der deutsche Angriff auf Polen. Mit dem Hitler-Stalin-Pakt und dem Überfall fielen die polnischen Gebiete zunächst in die Hände Deutschlands (die westlichen und stärker entwickelten Regionen) und die der Sowjetunion. Im Jahr 1941 besetzte Deutschland nach dem Angriff auf die Sowjetunion schließlich auch Ostpolen.
Nachdem die deutsche Blitzkriegstrategie gescheitert war und der deutschen Wirtschaft zunehmend die Arbeitskräfte fehlten, betrieb die NS-Führung in den besetzten Gebieten eine Ausbeutungspolitik, die auf die vollständige Ausschöpfung des materiellen Kapitals und der Arbeitskraft abzielte. Anwerbeversuche zeigten geringen Erfolg, so dass das NS-Regime rasch dazu überging, immer mehr Männer und Frauen – teilweise komplette Jahrgänge –zwangsweise zur Arbeit zu verpflichten. Bei der Zwangsrekrutierung beuteten die deutschen Besatzer auch umfänglich die Arbeitskraft der Menschen in den zahlreichen Konzentrationslagern, Zwangsarbeitslagern und Ghettos aus. Dort internierten sie aus rassistisch-ideologischen Motiven und unter vernichtenden Bedingungen Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma sowie viele andere willkürlich verfolgte Opfergruppen. Die Lager und Ghettos befanden sich oft in der Nähe großer Industrieunternehmen. Unter brutalen, ausbeuterischen Arbeitsbedingungen steigerten die deutschen Besatzer hier durch den rücksichtlosen Einsatz der Inhaftierten die Kriegsproduktion und schufen sich mit ihrem Lagersystem ein eigenes Wirtschaftsimperium, das an vielen Orten für einen Anstieg der Produktion sorgte – im Tausch für die enorm hohe Sterblichkeitsrate unter den Gefangenen. Darüber hinaus verschleppten die deutschen Besatzer zwischen 1939 und 1945 insgesamt ca. 1,6 Mio polnische Zivilist/-innen und ca. 300.000 polnische Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Von der Zwangsarbeit profitierten die deutschen Behörden sowie deutsche öffentliche und private Unternehmen und Haushalte gleichermaßen.
Die Bevölkerung Polens schrumpfte aufgrund von Kriegsverbrechen (etwa 5,6 Millionen Menschen wurden ermordet, darunter bis zu 3 Millionen polnische Jüdinnen und Juden) und militärischen Verlusten (etwa 240.000 Tote), Auswanderung, Grenzänderungen und sinkenden Geburtenraten (die stark mit der Unsicherheit über die Zukunft zusammenhingen). Infolge des Krieges und der Besatzungspolitik starben etwa 22 Prozent der polnischen Bürger/-innen. 1945 lebten auf dem Gebiet des wieder aufgebauten Staates nur etwa 24 Millionen Menschen. Der Verlust an Humankapital war zudem enorm – unverhältnismäßig viele Menschen mit höherer und mittlerer Bildung kamen ums Leben. Der Krieg brachte auch große materielle Verluste mit sich. Im Jahr 1946 wurden sie auf etwa 38 Prozent des Staatsvermögens geschätzt. Insbesondere städtische Immobilien gehörten zu den Verlusten, aber auch Kulturgüter (schätzungsweise etwa 43 Prozent ihres Wertes) und die Bildungs- und Gesundheitsinfrastruktur. Die Kriegsverluste beeinträchtigten das Entwicklungspotenzial Polens in der Nachkriegszeit erheblich.
Infolge der Teilung Europas durch die Siegermächte erhielt Polen einen Teil der Ostgebiete des Deutschen Reiches. Dieses Gebiet verfügte über ein relativ gut entwickeltes Netz von Städten und Verkehrsinfrastruktur sowie über eine moderne Industrie und Landwirtschaft, im Vergleich zu anderen polnischen Regionen. Politisch war die 1952 gegründete Volksrepublik Polen ein Satellitenstaat der Sowjetunion. Ein Teil der Industrie und Infrastruktur wurde in die UdSSR verlegt. Die Inbetriebnahme des verbleibenden Teils erwies sich aufgrund der praktisch Interner Link: vollständig ausgetauschten Bevölkerung im Zuge der Grenzverschiebung als große Herausforderung.
Wirtschaftliche Umgestaltung nach sowjetischem Vorbild
In der unmittelbaren Nachkriegszeit fand ein tiefgreifender Umbau der Eigentums- und Organisationsstruktur der polnischen Wirtschaft statt. In Polen begann Ende der 1940er Jahre eine rasche Stalinisierung – der Wiederaufbau der Wirtschaft nach sowjetischem Vorbild. Die meisten Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen wurden verstaatlicht, wobei eine kleine Gruppe sogenannter Handarbeiter, hauptsächlich im Bereich der kleinen Dienstleistungen und des Produktionssektors, eine gewisse Autonomie behielt. Dies ging mit einem umfangreichen Investitionsprogramm einher, das im Rahmen mehrjähriger Investitionspläne umgesetzt wurde: Der erste dieser Pläne, ein Dreijahresplan (1947–49), war auf den Wiederaufbau ausgerichtet, während der nächste Plan (1950–1955) auf eine beschleunigte Industrialisierung zielte. In den 1950er Jahren wurden viele industrielle Investitionen getätigt. Zum Symbol der neuen Industrialisierung wurde Nowa Huta bei Krakau, ein großes Stahlwerk, gebaut mit sowjetischer Bautechnik.
Der einzige Sektor, der nicht vollständig verstaatlicht wurde, war die Landwirtschaft. Das bäuerliche Privateigentum, das während der Bodenreformen und der Parzellierungen der polnischen Ländereien zwischen dem 19. Jahrhundert und 1948 gewährt wurde, wurde nie abgeschafft. Die Kollektivierungsversuche während der stalinistischen Jahre führten zu einem Zusammenbruch der landwirtschaftlichen Produktion. Der Unmut und die Ablehnung der Landwirte gegenüber dem Kollektivierungsdruck war so groß, dass die politische Führung reagierte: Mitte der 50er Jahre konnten die Landwirte – anders als in anderen Ländern der Region – über den Verbleib oder Ausstieg aus den Genossenschaften entscheiden. Es handelte sich jedoch nicht um eine moderne, marktorientierte Landwirtschaft, sondern um einen Sektor mit kleinen, traditionellen, postfeudalen bäuerlichen Betrieben. Dieser unterinvestierte und rückständige Privatsektor erwies sich über die nächsten Jahrzehnte hinweg als flexibler und produktiver als die staatliche, auf mechanisierte Großproduktion ausgerichtete Landwirtschaft.
Arbeiterproteste und das Ende des Stalinismus
Ab Mitte der 1950er Jahre wuchs unter den polnischen Arbeiter/-innen die Unzufriedenheit über die unveränderte Lebensqualität, die steigenden Preise, die enormen Ausgaben für industrielle Investitionen und für das Militär. Drei Jahre nach Stalins Tod kam es zu zwei Arbeiterprotestwellen. Fast genau drei Jahre nach dem Volksaufstand in Berlin Externer Link: am 17. Juni 1953, kam es in Poznań zum Streik. Dieser wurde brutal niedergeschlagen, die Spannungen hielten an.
Auch innerhalb der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza, kurz: PZPR) selbst gab es Streitigkeiten. Im Oktober 1956 wurde Władysław Gomułka schließlich Parteichef und versprach nicht nur eine Abkehr von der stalinistischen Wirtschaftspolitik, sondern auch eine Demokratisierung des Systems. Das nächste Jahrzehnt (1958–1970) wird als Zeit der „kleine Stabilisierung“ bezeichnet. Gomułka strebte eine langsame Verbesserung der Lebensqualität an, während er den Industrialisierungsprozess auf der Grundlage interner Akkumulation fortsetzte. Gleichzeitig begann unter ihm der Import westlicher Technologien, auch in der Konsumgüterherstellung.
In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre führte dies zu einer drohenden wirtschaftlichen Destabilisierung (Inflationsgefahr und Rückgang der Industrieproduktion). Besonders der kontinuierliche Lohnanstieg bei einer vollständigen staatlichen Preisregulierung und das anhaltende Ungleichgewicht auf dem Konsumgütermarkt führten zu Engpässen in den Geschäften und zur Entstehung eines Grauen Marktes und Schwarzmarktes.
Die sozialen Unruhen in der Gesellschaft nahmen zu. Im März 1968 begannen Studierende und Intellektuelle (einige von ihnen waren jüdischer Herkunft) gegen die Bürokratisierung und die Vorherrschaft der Partei zu protestieren. Sie forderten eine weitere Überarbeitung des Sozialismus. Die Partei setzte Arbeiter/-innen ein, um Proteste an den Universitäten (insbesondere an der Warschauer Universität) zu beschwichtigen, und initiierte eine Interner Link: antisemitische Kampagne, die dazu führte, dass eine große Gruppe von polnischen Jüdinnen und Juden, die den Krieg überlebt hatten, und ihre Kinder aus Polen auswanderten. Die Spannungen blieben bestehen, ebenso wie das wachsende Ungleichgewicht in der Wirtschaft. Um die Wirtschaft zu stabilisieren, wurden die Preise für viele Produkte, darunter auch Lebensmittel, per Regierungserlass deutlich erhöht. Die unmittelbare Folge war eine erneute Protestwelle im Dezember 1970, die brutal niedergeschlagen wurden. In Gdynia, Gdańsk und Szczecin wurden Schusswaffen eingesetzt. Viele Menschen wurden dabei getötet oder verletzt.
Modernisierung und Reindustrialisierung
Nachdem Gomułka abgesetzt wurde, folgte Edward Gierek 1970 als Erster Sekretär der PZPR. Gierek setzte auf eine rasche Modernisierung und Reindustrialisierung des Landes, hauptsächlich basierend auf westlichen Technologien, deren Importe auch mit westlichen Krediten finanziert werden sollten. Die polnische Regierung wollte technologisch und wirtschaftlich zum Westen aufschließen. Sie ging zudem davon aus, dass das polnische Wachstum auf dem Export basieren sollte. Dieser Export sollte sich nicht nur auf billige Rohstoffe, einschließlich Kohle, stützen, sondern auch auf technologisch fortschrittlichere Industrieprodukte, die aufgrund niedriger Energie- und Arbeitskosten preislich wettbewerbsfähig waren. Um die sozioökonomische Situation langfristig zu stabilisieren, verfolgte die Parteiführung eine Politik der Konsumsteigerung, damit die Verbesserung der Lebensqualität den Mangel an Demokratie ausgleichen würde.
Dieses Entwicklungsmodell funktionierte nicht. Lizenzprodukte waren von zu geringer Qualität oder technologisch zu veraltet, um im Westen verkauft werden zu können. Aufgrund der wachsenden Verbrauchernachfrage kam es zunehmend zu Engpässen in den Geschäften und einem Inflationsdruck. 1976 folgte erneut ein Versuch der Preisregulierung, gefolgt von einer Welle an Arbeiterprotesten – die gewaltsam unterdrückt wurden, dieses Mal aber ohne den Einsatz von Waffen.
Die wirtschaftliche Rezession, die sich seit der zweiten Hälfte der 1970er Jahre verschärfte, wurde durch verschiedene Faktoren beeinflusst: das Scheitern des auf Exportwachstum basierenden Wirtschaftswachstumsmodells, höhere Zinssätze im Westen, US-Sanktionen gegen die UdSSR nach dem Einmarsch in Afghanistan und der Zusammenbruch der Ölpreise im Jahr 1980. Der rapide und erhebliche Anstieg der Kosten für den Schuldendienst, die um die Jahrhundertwende höher waren als die gesamten Einnahmen aus dem Handel mit dem Westen, führte zu wachsenden Problemen bei der laufenden Bedienung der Auslandsschulden.
Gründung der Solidarność
Die sinkende Lebensqualität, die sich unter anderem in einer geringeren Verfügbarkeit von Waren, über Lebensmitteln bis hin zu Wohnraum äußerte, sowie einem gleichzeitigen raschen Preisanstieg auf dem Schwarzmarkt, beendete die „Flitterwochen“ zwischen der polnischen Gesellschaft und der kommunistischen Partei.
Seit 1976 wuchs die soziale Unzufriedenheit, auch wenn sie durch die Regierungspolitik unterdrückt wurde. Im August 1980 kam es zu weiteren landesweiten Streiks in der Industrie – an der sich sowohl Arbeiter/-innen als auch Intellektuelle beteiligten. Aus den August-Streiks auf der Danziger Leninwerft Interner Link: ging die Solidarność-Bewegung (Solidarität) hervor, die am 31. August 1980 als Gewerkschaft legalisiert wurde. Doch bereits am 13. Dezember 1981 verhängte die PZPR das Kriegsrecht, um sie zu zerschlagen.
In der Zwischenzeit versuchte die Partei, die Wirtschaftspolitik weiter zu korrigieren: Die Preise für Lebensmittel, Energie und Kraftstoff wurden erneut erhöht. Gleichzeitig wurde ein System zur Rationierung von Lebensmitteln und ausgewählten Industrieprodukten eingeführt. Durch die US-Sanktionen gegen Polen, aufgrund der Verhängung des Kriegsrechts, wurde die polnische Wirtschaft vom Zugang zu Importgütern abgeschnitten und auch die Exportmöglichkeiten wurden stark eingeschränkt. Es begann erneut eine tiefe wirtschaftliche Rezession. Infolgedessen stellte Polen 1982 die Bedienung eines Teils der Staatsschulden ein, was de facto eine Insolvenz bedeutete.
In den folgenden Jahren stieg die Inflation langsam an und der Wiederaufbau des Wirtschaftspotenzials wurde immer schwieriger. Die meisten der in den 1970er Jahren begonnenen Investitionen in Industrie und Infrastruktur wurden aufgrund begrenzter Investitionsmittel nicht fortgesetzt.
Beziehungen zum Westen
1983 wurde das Kriegsrecht aufgehoben und damit auch die Sanktionen. Der Normalisierungsprozess der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Westen begann. Gleichzeitig entwickelte sich der Privatsektor dynamisch. Er war viel flexibler als der Staatssektor und begann, zur Wiederherstellung des Gleichgewichts beizutragen und als wirtschaftliches Sicherheitsventil zu fungieren, insbesondere für Konsumgüter. Aufgrund der Inflation und des sehr hohen Schwarzmarktkurses verdiente ein polnischer Arbeiter in diesem Jahrzehnt um ein Vielfaches weniger als im Westen (z.B. in Westdeutschland).
Niedrige Energiekosten und der eher halbformelle Zugang zu Maschinen aus staatlichen Fabriken „nach Feierabend“ ermöglichten es Privatunternehmen in arbeitsintensiven Sektoren (z.B. Textil-, Leder- oder Möbelproduktion), niedrige Produktionskosten zu erzielen. Viele kleine Privatunternehmen fungierten als Subunternehmer für westliche Unternehmen. Der Handel wurde oft von verschiedenen staatlichen Institutionen vermittelt und unterstützt. Der private Handel wiederum profitierte von leeren Regalen in staatlichen Geschäften.
Übergang zur Marktwirtschaft
Die Inflation machte es jedoch unmöglich, die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Der Rückgang der Reallöhne, Engpässe (daher hohe Preise im privaten Handel) und die wachsende Erwartung einer Liberalisierung des Regimes führten Ende der 1980er Jahre zu einer weiteren Welle von Streiks und Protesten. Diese mündeten in den ersten Verhandlungen zwischen den Behörden und Vertreter/-innen der Solidarność. Das Endergebnis dieser Verhandlungen Interner Link: waren die teilweise freien Wahlen (am 4. Juni 1989) und ein vom Parlament gewählter Präsident.
Bald wurde Interner Link: Tadeusz Mazowiecki der erste unabhängige Premierminister seit der Gründung der Volksrepublik Polen. Leszek Balcerowicz wurde zum Finanzminister ernannt. Mit Unterstützung westlicher Experten begann der Prozess der sogenannten Schocktherapie: die rasche Umwandlung der verstaatlichten Wirtschaft in eine private. In den ersten Jahren des Übergangs bestand die Herausforderung darin, die Hyperinflation unter Kontrolle zu bringen und dann das Wirtschaftswachstum wiederherzustellen. Dies gelang bis 1991 mit so großem Erfolg, dass das Wachstum bis heute fast ununterbrochen anhält. Gleichzeitig wurden mit Hilfe von Privatisierungen die staatlichen Betriebe ersetzt.
In den 1990er Jahren profitierte die schnell wachsende polnische Wirtschaft von einem Angebot an qualifizierten Arbeitskräften, die während des Kommunismus ausgebildet wurden. Darüber hinaus konnten viele kommunistische Unternehmen nach der Privatisierung effektiver in der Marktwirtschaft eingesetzt werden. Es entstanden auch neue Investitionen im Fertigungs- und Dienstleistungssektor. Westliches Kapital spielte bei der Umgestaltung und Modernisierung der polnischen Wirtschaft eine zentrale Rolle. Gleichzeitig hatte der Staat mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Die Arbeitslosenquote war sehr hoch. In strukturschwachen Regionen wie den Kohlerevieren in Oberschlesien und Niederschlesien erreichte sie 30 Prozent und mehr. In dieser Zeit wurde die Entwicklung Polens durch zahlreiche europäische und US-amerikanische Hilfsprogramme und Fonds zur EU-Beitrittsvorbereitung unterstützt. In den folgenden Jahren ähnelte die polnische Wirtschaft immer mehr modernen Marktwirtschaften. Gleichzeitig bestätigten mehrere freie Wahlen den Erfolg des demokratischen Wandels. 1998 begannen die Beitrittsverhandlungen zwischen Polen und der EU. 2004 wurde Polen schließlich Mitglied der Europäischen Union.
Dr. Piotr Koryś, Wirtschaftswissenschaftler und -historiker, ist außerordentlicher Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Warschau.
Seine Forschungsinteressen umfassen die Polnische Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, einschließlich der Industrialisierungsgeschichte und der ökonomischen Ideengeschichte in Polen. Ergänzt werden diese u.a. von der polnischen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg sowie der postsozialistischen Transformation.
Zu seinen Publikationen gehören: Poland From Partitions to EU Accession: A Modern Economic History, 1772–2004 (Palgrave 2018) und Sozialistische Ökonomie im Spannungsfeld der Modernisierung (with H-J. Wagener and M. Tymiński; Springer 2021).