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Analyse: Nahrungs- und Agrarprodukte im polnischen Außenhandel und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine | Polen-Analysen | bpb.de

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Analyse: Nahrungs- und Agrarprodukte im polnischen Außenhandel und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine Polen-Analysen Nr. 334

Karolina Pawlak Mariusz Hamulczuk

/ 16 Minuten zu lesen

Der Krieg in der Ukraine hinterließ auch im gut laufenden polnischen Nahrungs- und Agrarhandel seine Spuren.

Getreidefelder in der Nähe von Radom (© picture-alliance, NurPhoto | Dominika Zarzycka)

Zusammenfassung

Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft gehören zu den strategischen und am stärksten regulierten Sektoren, da sie Ernährungssicherheit gewährleisten. Polen ist einer der größten Produzenten und Exporteure von Nahrungs- und Agrarprodukten am EU-Markt. Die Bedeutung dieses Wirtschaftssektors in Polen belegt der dynamisch wachsende Anteil von Nahrungs- und Agrarprodukten am Gesamtexport – aktuell beträgt er ca. 15 Prozent. Im Folgenden werden die Veränderungen im polnischen Außenhandel mit Nahrungs- und Agrarprodukten dargestellt sowie seine geografische und produktbezogene Struktur. Ein Schwerpunkt des Beitrags liegt auf dem Handel zwischen Polen und der Ukraine und dem Einfluss des russischen Angriffskrieges auf die Handelsbeziehungen. In den Schlussfolgerungen werden auch Auswirkungen eines möglichen EU-Beitritts der Ukraine auf die polnischen Produzenten und Exporteure von Nahrungs- und Agrarprodukten berücksichtigt.

Der Beitritt Polens zum Europäischen Binnenmarkt und zur Gemeinsamen Handelspolitik der Europäischen Union mit Drittstaaten hatte einen dynamischen Anstieg des Handels mit Nahrungs- und Agrarprodukten zur Folge. So begann der Handel mit ihnen eine größere Rolle an den Agrarmärkten und in vielen Lebensmittelbranchen zu spielen. Außerdem wurden die Auswahlmöglichkeiten des Konsumenten erweitert, der je nach verfügbarem Einkommen und Preisen sowie anderer, ökonomisch unabhängiger Faktoren seine Entscheidungen zur Befriedigung seiner Ernährungsbedürfnisse durch Erzeugnisse aus heimischer Produktion oder aus dem Import frei treffen kann. Hinzu kam, dass sich eine Spezialisierung im Im- und Export herausbildete, die sich aus den bestehenden Wettbewerbsvorteilen ergab. Im Jahr 2003 war Polen der siebtgrößte Exporteur und Importeur von Nahrungs- und Agrarprodukten in der Europäischen Union; sein Anteil am Gesamtumsatz der Nahrungs- und Agrarprodukte der EU betrug ca. sieben Prozent beim Export und fünf Prozent beim Import.

Unterdessen gab es eine Reihe von Ereignissen, in deren Folge es zu Störungen des Handelsaustausches kam sowie als Begleiteffekte zu Verschiebungen im Bereich der Handelsschaffung. Unter anderem gehört der seit Februar 2022 geführte russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dazu. Eine seiner Folgen waren die globalen und lokalen Erschütterungen des Handels mit Nahrungs- und Agrarprodukten. Auch Polen als Nachbarland der Ukraine war davon betroffen.

Trends im Handel mit Nahrungs- und Agrarprodukten

Das Funktionieren des Nahrungsmittel- und Agrarsektors in Polen und die Entwicklung des Handelsaustausches lässt sich in zwei Unterphasen einteilen: bevor Polen der Europäischen Union beigetreten ist (2004) und seitdem es sich dem Europäischen Binnenmarkt angeschlossen hat. Die Folge des EU-Beitritts Polens war erstens die aus EU-Mitteln mitfinanzierte Modernisierung der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelindustrie, was erlaubte, wettbewerbsfähige Handelsangebote zu machen. Zweitens wurden alle Beschränkungen in den Handelsbeziehungen zu den alten und neuen EU-Mitgliedsländern aufgehoben. Im Ergebnis stieg das Tempo des polnischen Exports von Nahrungs- und Agrarprodukten und es trat eine Konzentration des Warenhandels auf dem Gebiet der EU ein, die auf Kosten der Länder außerhalb der EU ging.

In den Jahren 2004 bis 2023 stieg der Wert der aus Polen exportierten Nahrungs- und Agrarprodukte fast um das Elffache und beim Import fast um das Achtfache. Der Wert belief sich 2023, dem letzten untersuchten Jahr, auf 52 Mrd. Euro bzw. 33,1 Mrd. Euro (s. Grafik 1 unter "Statistik"). Das positive Ergebnis der Handelsbilanz betrug knapp 19 Mrd. Euro und war gut 41-mal höher als im ersten Jahr der polnischen EU-Mitgliedschaft. Am stärksten zeigte sich der Effekt der Handelsschaffung im Rahmen des Europäischen Binnenmarktes während der ersten Jahre der polnischen EU-Mitgliedschaft. In den Jahren 2004 bis 2010 betrug das durchschnittliche Wachstumstempo beim Export von Nahrungs- und Agrarprodukten insgesamt und an die Märkte der übrigen EU-Mitgliedsländer ca. 20 Prozent im Jahr. In der Zeit von 2011 bis 2020 verringerte es sich auf zehn Prozent im Jahresdurchschnitt. 2020, als sich die COVID-19-Pandemie ausbreitete und sich der Handel bei der Mehrheit der Industrieprodukte und Dienstleistungen verringerte, wuchs der Wert der aus Polen exportierten Nahrungs- und Agrarprodukte um mehr als sieben Prozent im Vergleich zu 2019. Überhaupt erwies sich der Nahrungsmittel- und Agrarhandel mit Blick auf den strategischen Charakter der Nahrungs- und Agrarprodukte und ihre Bedeutung für die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse sowie im Hinblick auf die geringe Preis- und Gewinnflexibilität der Lebensmittelnachfrage als widerstandsfähig gegenüber den pandemiebedingten Störungen der Lieferketten in anderen Wirtschaftssektoren und kehrte rasch auf den Wachstumspfad der Zeit vor der COVID-19-Pandemie zurück. Im Jahr 2021 stieg der Wert der aus Polen exportierten Nahrungs- und Agrarprodukte um knapp zehn Prozent und 2022 um 27 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren.

Abgesehen davon, dass im Rahmen des Europäischen Binnenmarktes keine Handelsbarrieren bestanden, ergab sich der dynamische Anstieg der Handelsumsätze bei Nahrungs- und Agrarprodukten noch aus anderen Faktoren. Von entscheidender Bedeutung waren in der Anfangsphase der EU-Mitgliedschaft Polens die sehr gute Vorbereitung der Unternehmen der Nahrungs- und Agrarindustrie auf den Europäischen Binnenmarkt, die gute Kenntnis der geltenden Prozedere des innereuropäischen Handels und das rasche Erlangen von Zertifikaten, die notwendig für den Handel an den EU-Märkten sind. Außerdem ließ sich systematisch eine ansteigende Nachfrage nach polnischen Produkten beobachten, und zwar sowohl an den Märkten der Europäischen Union als auch an den Märkten der größeren Handelspartner außerhalb der EU. Angesichts der ausgeprägten Lebensmittelautarkie Polens im Bereich der meisten grundlegenden Nahrungs- und Agrarprodukte und dem gleichzeitig – im Vergleich zum Einkommensanstieg – langsameren Anstieg der heimischen Nachfrage nach Nahrungsmitteln, ermöglichte die exportstimulierende externe Nachfrage, das Potential des Nahrungs- und Agrarprodukte herstellenden Sektors in Polen zu nutzen.

Dem steigenden absoluten Wert der Handelsumsätze im Sektor der Nahrungs- und Agrarprodukte folgte ihre wachsende Bedeutung im Außenhandel insgesamt. In den Jahren 2004 bis 2023 vergrößerte sich der Anteil der exportierten Nahrungs- und Agrarprodukte am Gesamtexport um mehr als acht Prozentpunkte von sieben Prozent auf 15,3 Prozent. Der Anteil der importierten Nahrungs- und Agrarprodukte am gesamten Warenimport nach Polen stieg von acht Prozent im Jahr 2004 auf 9,6 Prozent im Jahr 2023. Das zeigt, dass Thesen von Anfang der 1990er Jahre zutreffend waren, die besagten, dass Wachstumsmöglichkeiten beim Agrarexport im Verhältnis zum Gesamtexport vor allem vom Umfang und Tempo der Integration der polnischen Wirtschaft in die Europäische Union abhängig sein würden.

Die geografische Struktur des Handels mit Nahrungs- und Agrarprodukten

In den Jahren 2004 bis 2023 hat sich der Wert der exportierten Nahrungs- und Agrarprodukte aus Polen in die EU-Mitgliedsländer um knapp elfeinhalb Mal erhöht; der Warenwert beim Import stieg um das Achteinhalbfache. 2023 wurden aus Polen Nahrungs- und Agrarprodukte im Wert von mehr als 38 Mrd. Euro in den Europäischen Binnenmarkt ausgeführt, der Import aus den anderen EU-Mitgliedsländern nach Polen belief sich auf ca. 26 Mrd. Euro (s. Grafik 1 unter "Statistik"). Einerseits verweist der Anstieg des Exports in die Länder mit gefestigter Marktwirtschaft darauf, dass sich die Fähigkeiten der polnischen Lebensmittelwirtschaft vergrößern, mit ausländischen Märkten zu konkurrieren. Andererseits ist es ein Hinweis auf die Bedeutung des Europäischen Binnenmarktes für den Handelsumfang und das Ergebnis der Handelsbilanz im Sektor der Nahrungs- und Agrarprodukte – und im Ergebnis auf die Rolle des gesamten Sektors für die Stabilisierung der Handelsbilanz auf der Makroebene.

Seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union konzentriert sich der polnische Handel mit Nahrungs- und Agrarprodukten deutlich auf den Europäischen Binnenmarkt, was eine Folge der handelsschaffenden und -verlagernden Maßnahmen ist. In den Jahren 2004 bis 2023 machte der Handelsumsatz am Europäischen Binnenmarkt durchschnittlich 75 bis 80 Prozent des gesamten polnischen Handels mit Nahrungs- und Agrarprodukten aus (s. Grafik 2a und 2b unter "Statistik"). Der größte Handelspartner in diesem Sektor ist Deutschland geblieben, wohin rund 26 Prozent des polnischen Gesamtexports der Nahrungs- und Agrarprodukte gingen. Der Lebensmittelimport aus Deutschland bewegte sich zwischen 18,5 Prozent (2004) und mehr als 22 Prozent (2022) der Gesamtausgaben für den Import von Nahrungs- und Agrarprodukten nach Polen (s. Grafik 2b unter "Statistik"). Weitere wichtige Exporthandelspartner waren im Jahr 2023 Großbritannien, die Niederlande, Frankreich, Italien und Tschechien. In die sechs Länder gingen mehr als 55 Prozent des Gesamtexports von Nahrungs- und Agrarprodukten aus Polen. 2022 befand sich Großbritannien als einziges Nicht-EU-Land unter den zehn wichtigsten Exportpartnern Polens. Russland und die USA gehören seit 2004 nicht mehr dieser Gruppe an. Für die Entwicklungen im Export sind u. a. die geografische Nähe, historische Bedingungen, ähnliche Nachfragestrukturen (Tschechien, Deutschland) und das Ergänzungspotential der landwirtschaftlichen Produktionsstrukturen (Frankreich, Italien) ausschlaggebend. Abgesehen vom deutschen Markt wurden die meisten Lebensmittel aus den Niederlanden, Italien, Spanien, Dänemark, Belgien und der Ukraine nach Polen eingeführt (s. Grafik 2b unter "Statistik"). 2023 betrug der Anteil der sieben größten Importländer von Nahrungs- und Agrarprodukten nach Polen 60 Prozent. Führende Handelspartner im Import waren v. a. Staaten aus der Gruppe der größten europäischen Lebensmittel-Reexporteure (Deutschland, Niederlande), Länder, die einen komparativen Kostenvorteil beim Export von Produkten pflanzlicher Herkunft haben, welche in Polen nicht hergestellt werden (Italien, Spanien), und Länder, die äußerst wettbewerbsfähig im Export von Produkten tierischer Herkunft sind (Dänemark, Belgien).

Hinzuweisen ist auch auf die zunehmende Bedeutung der Ukraine, die seit 2017 Handelsaustausch mit den EU-Staaten im Rahmen des EU-Ukraine-Assoziierungsabkommens betreibt. 2023 wurde die Ukraine der wichtigste Importpartner Polens in der Gruppe der Nicht-EU-Länder. Aus der Ukraine wurden Nahrungs- und Agrarprodukte im Wert von 1,7 Mrd. Euro nach Polen eingeführt, das sind fünf Prozent des Gesamtimports. Neben der Ukraine befand sich 2023 auch Brasilien mit ca. drei Prozent unter den ersten zehn Exporteuren von Nahrungs- und Agrarprodukten nach Polen.

Die Warenstruktur des Handels mit Nahrungs- und Agrarprodukten

Im Jahr 2023 waren die wichtigsten Positionen im polnischen Export von Nahrungs- und Agrarprodukten Fleisch und Innereien, Tabak und Tabakerzeugnisse, Getreideprodukte, Milcherzeugnisse, Getreide, Fleisch- und Fischprodukte, Kakao und Kakaoprodukte sowie Fisch und Meeresfrüchte. Insgesamt erbrachten diese Sortimentsgruppen knapp 65 Prozent des Gesamteinkommens aus dem polnischen Lebensmittelexport (s. Grafik 3a unter "Statistik"). Es handelt sich – abgesehen von den Milchprodukten, deren Export um das Sechsfache stieg, – auch um Warengruppen, deren Ausfuhr sich nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union dynamischer entwickelte als der Handel insgesamt: von der elffachen Steigerung bei Fleisch und Innereien sowie Kakao und Kakaoprodukten bis zur 98-fachen bei Getreide. Schließt man Fisch und Meeresfrüchte aus, die nach den Rückständen und Abfällen der Lebensmittelindustrie die zweite Position beim Import von Nahrungs- und Agrarprodukten nach Polen einnahmen, generierten alle einen in Bezug auf das Jahr 2004 positiven und wachsenden Umsatzsaldo. 2023 wurde mit 5,3 Mrd. Euro bzw. 3,7 Mrd. Euro der höchste Überschuss im Handel mit Fleisch und Innereien sowie Tabak und Tabakprodukten erzielt. Im Umsatz aller o. g. Sortimentsgruppen wurde insgesamt ein positives Ergebnis der Handelsbilanz in Höhe von mehr als 20 Mrd. Euro erlangt, das sind acht Prozent mehr als im Gesamthandel.

Außer Rückständen und Abfällen der Lebensmittelindustrie sowie Fischen und Meeresfrüchten wurden nach Polen hauptsächlich Obst und Nüsse, Fleisch und Innereien, Fette und Öle, Kakao und Kakaoprodukte, Tabak und Tabakprodukte, alkoholfreie Getränke und Alkohol sowie Milchprodukte eingeführt. 2023 entfielen auf den Import dieser Sortimentsgruppen insgesamt mehr als 60 Prozent und zusammen mit weiteren verarbeiteten Lebensmittelerzeugnissen knapp 66 Prozent der Gesamtausgaben für den Lebensmittelimport (s. Grafik 3b unter "Statistik"). In den Jahren 2004 bis 2023 vergrößerte sich das Defizit der Handelsbilanz beim Handel mit Fisch und Meeresfrüchten, Obst und Nüssen, Fetten und Ölen sowie Rückständen und Abfällen der Lebensmittelindustrie. Es erreichte im letzten untersuchten Jahr den höchsten Wert (1,1 Mrd. Euro) beim Handel mit Gartenbauprodukten. Das Defizit ergab sich überwiegend aus dem notwendigen Import von Frischobst, das in anderen Klimazonen angebaut oder in Polen nur saisonal produziert wird.

Es ist allerdings zu betonen, dass mit Blick auf den deutlich komplementären Charakter der Export- und Importstrukturen bei Obst das Handelsdefizit in diesem Bereich als positives Phänomen zu bewerten ist, denn es zeigt die Ausweitung des Marktangebots und die bessere Befriedigung der Nachfrage, die von einer steigenden Kaufkraft der Konsumenten zeugt. Ähnlich lässt sich das negative Ergebnis der Handelsbilanz bei Fisch und Meeresfrüchten interpretieren. In den letzten Jahren betrug der Index der Lebensmittelselbstversorgung Polens in dieser Sortimentsgruppe 40 bis 42 Prozent, was bedeutet, dass mehr als die Hälfte der heimischen Nachfrage mit Importen vor allem aus Norwegen, Dänemark, China, Deutschland, Schweden, den Niederlanden und Island gedeckt wurde. Ein negativer Umsatzsaldo, der 2023 0,5 Mrd. Euro überstieg, wurde auch beim Handel mit Fetten und Ölen sowie den Rückständen und Abfällen der Lebensmittelindustrie verzeichnet. Der Handel mit Ölsamen und daraus verarbeiteten Produkten war ein Beispiel für den intraindustriellen Handel, der – wie im Falle des Obsthandels – von der komplementären Produktionsstruktur bedingt ist (im Bereich Ölgetreide wird in Polen nur Raps in großem Ausmaß angebaut). Das Umsatzdefizit bei Rückständen und Abfällen der Lebensmittelindustrie ergab sich dagegen v. a. aus dem Import von Rückständen der Extraktion von Sojaöl aus Nicht-EU-Ländern (v. a. Amerika) sowie aus dem Import von Tierfutter aus der EU.

Die Analyse der Importstruktur von Nahrungs- und Agrarprodukten nach Polen zeigt, dass es sich überwiegend um notwendige Importe handelte und Agrarrohstoffe umfasste, die außerhalb der gemäßigten Klimazone angebaut werden (Zitrusfrüchte, Kaffee, Tee), sowie Produkte, die aus diesen verarbeitet wurden, außerdem um pflanzliche oder tierische Produkte in unterschiedlichem Verarbeitungsgrad, die in Polen überhaupt nicht hergestellt werden oder in Mengen, die die Binnennachfrage nicht decken (Fisch, Maiskörner, Pflanzenöle, Extraktionsschrot zur Herstellung von Tierfutter, alkoholische Getränke wie Wein und Whisky, Käse, Kakaoprodukte). Des Weiteren wurden Schweinefleisch, Viehfutter, Gebäck, Tabak und lebende Schweine (Ferkel) nach Polen importiert.

Die Warenstruktur des polnischen Handels mit Nahrungs- und Agrarprodukten ist mit Blick auf das Ergebnis der Handelsbilanz positiv. Seit dem Jahr des EU-Beitritts hat sich im Export systematisch der Anteil der verarbeiteten Produkte erhöht (von 43 auf 55 Prozent), während im Import Rohstoffe und verarbeitete Produkte ungefähr jeweils 50 Prozent ausmachen. Eine solche Handelsstruktur erlaubte, einen immer größeren Überschuss in der Handelsbilanz zu erzielen. Die Möglichkeit, in der Exportstruktur den Anteil der Lebensmittelprodukte zu erhöhen, zeigt, dass sie die Anforderungen der ausländischen Kunden erfüllen und diese das Angebot an Lebensmitteln aus Polen immer mehr annehmen. Allerdings ist festzustellen, dass im Vergleich zu vielen alten EU-Mitgliedsländern (EU-15) im polnischen Export trotz positiver struktureller Entwicklungen immer noch Produkte mit einem niedrigeren Verarbeitungsgrad vorherrschen. Beispielsweise nehmen am Export von Milchprodukten Milchpulver, Molke oder Butter den größeren Anteil ein, den kleineren dagegen gereifter Hartkäse, Joghurt u. ä.

Polens Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Bühne

Das grundlegende, am häufigsten angewandte und allgemein akzeptierte Kriterium für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einzelner Sektoren ist der Saldo der Handelsbilanz gemessen als tatsächlicher Wert. Auf dieser Basis lässt sich feststellen, dass Polen im Jahr 2023 komparative Kostenvorteile im Export auf den Europäischen Binnenmarkt in allen wichtigen Produktgruppen des Exports besaß, mit Ausnahme von Fisch und Meeresfrüchten. Wesentlich ist, dass sich zwischen 2004 und 2023 die Wettbewerbsposition Polens im EU-Binnenhandel bei der Mehrheit der Ernährungs- und Agrarprodukte festigte. Am sichtbarsten zeigte sich das beim Handel mit Fleisch, Getreide, Fleisch- und Fischprodukten, Getreideerzeugnissen und Tabakprodukten. Im Falle dieser Sortimentsgruppen – wie Getreide oder Tabakerzeugnisse – wandelte sich Polen im Untersuchungszeitraum vom Importeur zum Nettoexporteur.

Die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Getreide-, Fleisch- und Tabakindustrie auf den internationalen Märkten war ein bestimmender Faktor für die Entwicklung dieser Branchen. Auf den ersten Blick beunruhigend scheint allerdings zu sein, dass trotz des steigenden Exportwertes die Wettbewerbsposition Polens im EU-Binnenhandel mit Fisch, Gemüse sowie Fetten und Pflanzenölen schwächer wird. Hier ist jedoch daran zu erinnern, dass die sich verringernden komparativen Kostenvorteile, die sich in einem zurückgehenden Handelsüberschuss oder einem wachsenden Umsatzdefizit äußern, in Bezug auf Produktgruppen, die gleichzeitig Gegenstand des notwendigen Imports sind, nicht negativ interpretiert werden sollten und die dabei stattfindenden Umsätze zum intraindustriellen Handel gehören. Eine solche Situation bestand bei den Umsätzen der genannten Sortimentsgruppen. Die Verschlechterung der Handelsbilanz lässt sich als Gefahr für Branchen lesen, die sich durch ein hohes Produktionspotential auszeichnen, das den Bedarf des heimischen Marktes übersteigt, z. B. die Milchbranche und die Obst- und Gemüseverarbeitung, die auf heimischen Rohstoffen basiert.

In den Jahren 2004 bis 2023 hat Polen auch seine Wettbewerbsposition im Handel mit Nahrungs- und Agrarprodukten mit Drittstaaten verbessert. An diesen Märkten nimmt Polen allerdings eine deutlich niedrigere Position ein als am Europäischen Binnenmarkt. Berücksichtigt man den weit niedrigeren Anteil von Nicht-EU-Staaten an der Exportstruktur Polens, kann man sagen, dass die am Europäischen Binnenmarkt erzielten komparativen Kostenvorteile die wichtigste Quelle für die günstige Exportspezialisierung Polens waren. Aus dieser Perspektive kann man die Warenstruktur des polnischen Außenhandels mit Nahrungs- und Agrarprodukten in der Zeit seit dem EU-Beitritt als ausgewogen bewerten.

Der Krieg in der Ukraine und der Export landwirtschaftlicher Waren – allgemeine Bemerkungen

Die Ukraine spielt eine wichtige Rolle im globalen Export von Getreide und Pflanzenöl. Vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine machte der Getreideexport der Ukraine nach Daten von Food and Agriculture Organization Statistics (FAOSTAT) ca. neun bis zehn Prozent des Exports weltweit aus. Der Anteil von ukrainischem Sonnenblumenöl am globalen Export überstieg 40 Prozent, bezogen sowohl auf die Menge als auch den Wert. Infolge des Krieges kam es zur Blockade von Seehäfen mit Schlüsselfunktion für den Handel. Das war insbesondere für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit vieler Länder in Afrika und im Nahen Osten von Bedeutung, die in hohem Maße vom Getreide- und Speiseölimport aus der Ukraine abhängig sind. Schätzungen zufolge hing vor dem Krieg die Lebensmittelsicherheit von ca. 400 Mio. Menschen weltweit vom Getreideimport aus der Ukraine ab.

Einen deutlichen Rückgang des Warenexports aus der Ukraine am Anfang des russischen Angriffskrieges bestätigen die von der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung veröffentlichten Daten zum Transport über den Seeweg. Während im Januar und Februar 2022 die Anzahl der Schiffe, die mit Gütern aus ukrainischen Häfen ausliefen, um ein Viertel höher lag als im Januar und Februar 2021, betrug die Anzahl von März bis Juli 2022 nur knapp 23 Prozent des Vorjahreszeitraums (wobei die Schiffsladungen hauptsächlich aus Binnenhäfen kamen). Von März bis August 2022 betrug der monatliche Weizenexport in der Ukraine zwischen drei Prozent und 34 Prozent ihres Exports in den analogen Zeiträumen der beiden vorangegangenen Jahre. Eine Schlüsselbedeutung für die Normalisierung der Lage hatte die Unterzeichnung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative ("Getreideabkommen"), das für drei ukrainische Häfen (Odessa, Tschhornomorsk und Piwdennyj) sichere Transportrouten über den Seeweg garantierte. Infolgedessen betrug im September 2022 die Anzahl der Schiffe mit Agrargütern bereits 60 Prozent der Anzahl des Jahres 2021.

Mit Ausbruch des Krieges und angesichts der Blockade ukrainischer Seehäfen durch Russland beschloss die Europäische Kommission, die Importbeschränkungen für ukrainische Waren aufzuheben. Die Folge war der zunehmende Import landwirtschaftlicher Güter aus der Ukraine in die Europäische Union, insbesondere in die Länder Ostmitteleuropas. Beispielsweise entfielen in der ersten Kriegsphase ca. 50 Prozent des Getreideimports aus der Ukraine in die EU auf die ostmitteleuropäischen Länder, während der Anteil vor dem Krieg hier gering war. Dieser Umstand und die niedrigen Getreide- und Pflanzenölpreise am Weltmarkt zogen eine Protestwelle der Landwirte nach sich, insbesondere in den Nachbarstaaten der Ukraine. Infolge der Proteste beschloss die Europäische Kommission im Juni 2023 ein Verbot für Getreideimporte in fünf der sog. neuen EU-Mitgliedsländer, darunter auch Polen, um die lokalen Märkte zu schützen. Dies fand direkt vor Russlands Rückzug aus dem Getreideabkommen im Juli 2023 statt. Angesichts des Schreckgespenstes einer deutlichen Exportbeschränkung hat die Ukraine im August 2023 einen "neuen Getreidekorridor" in Betrieb genommen, der durch die Territorialgewässer Rumäniens und Bulgariens führt.

Der polnische Nahrungs- und Agrarhandel mit der Ukraine

Aus der Perspektive des polnischen Nahrungs- und Agraraußenhandels mit der Ukraine kann die Zeit des Krieges, der im Februar 2022 begann, in zwei Phasen eingeteilt werden. Die zweite Phase setzte zwischen Mai und Juli 2023 ein, als Russland das Getreideabkommen aufkündigte und Importbeschränkungen für Agrarprodukte aus der Ukraine eingeführt wurden.

Der Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte für Polen einen großen Einfluss auf den Saldo der bilateralen Handelsumsätze für Nahrungs- und Agrarprodukte. Seit 2011 wurde der polnisch-ukrainische Handel von einem sich vergrößernden Umsatzdefizit begleitet, das 2021 knapp 124 Mio. Euro betrug. Im Jahr 2022, d. h. während des Krieges und unter den Bedingungen der Liberalisierung des Handels, vergrößerte es sich im Vergleich zu 2021 fast um das 15-fache und überschritt 1,8 Mrd. Euro. Dies war eine Folge des vermehrten Imports von Getreide (v. a. Mais) und – in geringerem Maße – von Raps (s. Grafik 4 unter "Statistik"), als die Möglichkeit des Exports aus der Ukraine über das Schwarze Meer blockiert war. Trotz der Unterzeichnung des Getreideabkommens hielt sich der Import dieser Produkte aus der Ukraine nach Polen auf hohem Niveau und stieg bei Weizen und Sonnenblumenöl gewaltig an. Ein so umfangreicher Import führte zu großen Verwerfungen am Markt. Als Beispiel: Obwohl der Anteil des polnischen Marktes am ukrainischen Getreideexport in dieser Zeit bei nur drei bis sechs Prozent lag, ging der Anteil des Getreideimports aus der Ukraine am polnischen Import auf 90 Prozent zu. Seit Anfang 2023 verringerte sich systematisch die Einfuhr von Sonnenblumenöl und Weizen aus der Ukraine nach Polen. Der starke Maisimport fand bis Mai 2023 statt, als die Europäische Union das Importverbot aus der Ukraine in die EU für einige Waren mit Schlüsselbedeutung einführte (s. Grafik 4 unter "Statistik"). Seitdem hat die Getreideeinfuhr aus der Ukraine nach Polen, der Transit inbegriffen, nur eine randständige Bedeutung, während aktuell neben den Häfen in der Region Odessa rumänische Häfen eine Schlüsselbedeutung für den Export ukrainischer Waren haben. Offenbar ist der Transit über polnisches Territorium allein deutlich weniger einträglich als der Seeweg, betrachtet man die Massen von Agrarprodukten, die von der Ukraine exportiert werden.

Als Folge der verhängten Restriktionen sowie der Schaffung eines neuen Getreidekorridors verbesserte sich der negative Saldo des Umsatzes von Nahrungs- und Agrarprodukten zwischen Polen und der Ukraine. Er betrug 652 Mio. Euro und war um 65 Prozent geringer als im Jahr 2022. Das Ergebnis der Handelsbilanz im Warenaustausch mit der Ukraine hatte allerdings keine wesentliche Bedeutung für den Wert des Saldos des polnischen Nahrungs- und Agrarhandels insgesamt. In den Jahren 2021 bis 2023 erhöhte sich der Wert des von Polen generierten Überschusses der Nahrungs- und Agrarumsätze um mehr als 20 Prozent im Jahr und betrug 15,2 Mrd. Euro im Jahr 2022 und 18,7 Mrd. Euro im Jahr 2023 (s. Grafik 1 unter "Statistik").

Was den polnischen Export von Nahrungs- und Agrarprodukten in die Ukraine betrifft, stellt er ca. zwei Prozent des Gesamtexports dieses Sektors dar. Wichtig ist, dass er in der Zeit des Krieges keinen so großen Schwankungen unterlag wie der Import aus der Ukraine. Im Export von Nahrungs- und Agrarprodukten zeigt sich keine Konzentration im Sortimentsdurchschnitt; den größten Anteil haben hier Milchprodukte, Fleisch, Obst und Gemüse, Futtermittel sowie Kaffee, Tee und Kakao. Im Import aus der Ukraine machen Getreide, Pflanzenöle, Ölpflanzensamen und Futtermittel drei Viertel des Wertes aus.

Schlussfolgerungen

  • Polen gehört zu den wichtigsten Exporteuren und Importeuren für Nahrungs- und Agrarprodukte in der Europäischen Union und zeichnet sich durch einen hohen Handelsüberschuss aus.

  • In den Jahren 2004 bis 2023 vergrößerte sich der Anteil des Exports von Nahrungs- und Agrarprodukten am Gesamtwarenexport von sieben Prozent auf 15,3 Prozent und der Anteil des Imports von Nahrungs- und Agrarprodukten am Gesamtimport Polens stieg von acht Prozent auf 9,6 Prozent.

  • Die Warenstruktur des polnischen Exports von Nahrungs- und Agrarprodukten leitet sich aus Wettbewerbsvorteilen ab, die hauptsächlich aus der entwickelten Lebensmittelindustrie resultieren; der Import hingegen umfasst in großem Maße notwendige Produkte und solche, die außerhalb der gemäßigten Klimazone angebaut werden.

  • Schlüsselbedeutung haben bei den Handelsumsätzen die EU-Mitgliedsländer, auf die ca. 75 bis 80 Prozent des gesamten polnischen Handelsaustausches mit Nahrungs- und Agrarprodukten entfällt.

  • Der hohe Handelsüberschuss verweist auf die hohe Wettbewerbsfähigkeit Polens im Handel mit Nahrungs- und Agrarprodukten. Dieser findet jedoch vor allem auf dem Europäischen Binnenmarkt statt. Auf den Märkten von Drittländern ist die Wettbewerbsfähigkeit Polens deutlich geringer. Vor übermäßigem Warenimport nach Polen und in andere EU-Länder schützt eine Reihe von Handelsmechanismen im Rahmen der gemeinsamen EU-Handelspolitik.

  • Der Handelsaustausch zwischen Polen und der Ukraine wächst systematisch. Gegenwärtig ist die Ukraine der wichtigste Handelspartner Polens beim Import aus Nicht-EU-Ländern. Einfluss hatten hier sowohl die Unterzeichnung des Vertrags über die Vertiefte und umfassende Freihandelszone (EU – Georgien – Moldau – Ukraine) als auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der diese zwang, nach der Blockade der Seehäfen alternative Exportwege zu suchen.

  • Die letzten drei Jahre haben die große Wettbewerbsfähigkeit der Ukraine im Handel mit Agrarrohstoffen an den Märkten der EU-Mitgliedsländer sichtbar gemacht. Die mögliche vollständige Integration der Ukraine in die Europäische Union kann den Konkurrenzdruck auf die polnischen Produzenten und Exporteure von Getreide und Ölpflanzen erhöhen und zu strukturellen Veränderungen in der polnischen Landwirtschaft führen.

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

Fussnoten

Weitere Inhalte

Karolina Pawlak ist Professorin am Lehrstuhl für Ökonomie und Wirtschaftspolitik in der Agrarwirtschaft an der Naturwissenschaftlichen Universität in Posen (Uniwersytet Przyrodniczy, Poznań). Sie erforscht u. a., welche Folgen Veränderungen in der Landwirtschafts- und Handelspolitik für den Nahrungs- und Agrarsektor haben.

Mariusz Hamulczk ist Professor am Lehrstuhl für Internationale Wirtschaft und Agrarwirtschaft an der Naturwissenschaftlichen Universität in Warschau (Uniwersytet Przyrodniczy, Warszawa). Seine Untersuchungsschwerpunkte liegen u. a. auf der vertikalen und horizontalen Integration der Agrar- und Ernährungswirtschaft, insbesondere Nahrungslieferketten und Ernährungssicherheit.