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Chronik: 5. April 2022 bis 9. Mai 2022 | bpb.de

Chronik: 5. April 2022 bis 9. Mai 2022 Polen–Analysen Nr. 292

Die Ereignisse vom 5. April bis 9. Mai 2022 in der Chronik.

Chronik: 5. April bis 9. Mai 2022

DatumEreignis
05.04.2022 Der stellvertretende Innenminister und Beauftragte für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, Paweł Szefernaker, teilt auf einer Pressekonferenz mit, dass die Behörden der Kommunalverwaltungen bisher 400 Mio. Zloty für in Polen eingetroffene Flüchtlinge aus der Ukraine ausgegeben haben. Die Kosten würden zurzeit von der Regierung erstattet. Alle Aufgaben, die sich für die Kommunen aus der Aufnahme der Kriegsflüchtlinge ergeben, würden aus dem öffentlichen Haushalt finanziert werden. Außerdem kündigt er Zahlungen an Privatpersonen, die Flüchtlinge bei sich aufnehmen, an.
06.04.2022 Der parlamentarische Ausschuss für Justiz und Menschenrechte beginnt seine Arbeit an zwei Gesetzesentwürfen zur Reform des Obersten Gerichts (Sąd Najwyższy – SN), die von Staatspräsident Andrzej Duda bzw. der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) vorbereitet wurden. Das Projekt von Duda soll als Grundlage für die weitere gesetzgeberische Arbeit dienen. Der Vorschlag von Solidarisches Polen, der Partei von Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro, wurde bisher nicht in den Arbeitsprozess einbezogen. Der Entwurf von Duda sieht die Auflösung der Disziplinarkammer beim SN vor, was der Europäische Gerichtshof (EuGH) von Polen verlangt. Laut Entwurf soll eine Kammer für Berufliche Verantwortung eingerichtet werden. Hintergrund ist, dass im Zusammenhang mit der noch nicht aufgelösten Disziplinarkammer und dem von der EU beschlossenen Rechtsstaatmechanismus Zahlungen an Polen aus dem Wiederaufbaufonds der EU zur Behebung der Folgen der Corona-Pandemie zurückgestellt worden sind.
07.04.2022 Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) legt dem Sejm einen Gesetzesentwurf für eine Verfassungsänderung vor, um Verteidigungsausgaben zu finanzieren. Zu diesem Zweck soll die in der Verfassung festgelegte Schuldengrenze für den öffentlichen Haushalt – 60 % des Bruttoinlandsproduktes – ausgesetzt werden. In seiner Rede vor dem Sejm betont Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, dass die Verfassungsänderung nur für den Bereich der Verteidigungsausgaben gelten soll. Bestandteil des Gesetzesentwurfs ist außerdem, dass der polnische Staat im Falle eines bewaffneten Überfalls oder einer anderen Gefahr für die innere Sicherheit vonseiten eines anderen Staates das Eigentum von physischen Personen, die nicht polnische Staatsbürger sind, oder juristischen Personen konfiszieren kann, wenn anzunehmen ist, dass das Eigentum zur Finanzierung des Angriffs auf Polen eingesetzt wird oder werden kann. Morawiecki unterstreicht, dass es sich hier nicht um das Einfrieren von Finanzmitteln, sondern um Beschlagnahmung gehe. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sagt er, die sei die wirksamste Methode, um Putins Kriegsmaschinerie aufzuhalten.
08.04.2022 In einer Erklärung verurteilt das Außenministerium entschieden die Einstellung des polnischsprachigen Unterrichts in zwei Schulen in Grodno und Waukawysk (Belarus). Dies sei ein weiterer Angriff auf die polnische Minderheit in Belarus und verstoße gegen den Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit, den Polen und Belarus 1992 geschlossen haben.
09.04.2022 In Warschau findet auf Initiative von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Justin Trudeau, Ministerpräsident von Kanada, die Geberkonferenz "Stand Up For Ukraine" statt. Organisiert wird sie von der Nichtregierungsorganisation Global Citizen. Die Europäische Kommission fügt den gesammelten 9,1 Mrd. Euro für Geflüchtete aus der Ukraine ihrerseits 600 Mio. Euro für die Ukraine und die Vereinten Nationen hinzu sowie 400 Mio. Euro für Staaten, die die Flüchtlinge aufnehmen, hinzu, gibt von der Leyen bekannt. Präsident Andrzej Duda stellt in Aussicht, dass die Ukraine schon bald einen ökonomischen Schub ähnlich dem Marshall-Plan für Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg erfahren werde.
11.04.2022 Die Europäische Kommission zieht Polen sowie neun weitere EU-Mitgliedstaaten vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der Vorwurf lautet, dass sie Vorschriften des "Europäischen Kodex für die Elektronische Telekommunikation" nicht in nationales Recht umgesetzt hätten.
12.04.2022 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier thematisiert in Warschau mit seinem Amtskollegen Andrzej Duda den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Anschließend trifft sich Steinmeier mit Ehrenamtlichen, die sich in der Flüchtlingshilfe für die Ukraine engagieren. Von der ursprünglich geplanten Weiterreise mit Duda und den Präsidenten Estlands, Lettlands und Litauens nach Kiew (Ukraine) sieht Steinmeier ab, da dies "offenbar in Kiew nicht gewünscht" sei. Hintergrund ist die Kritik Kiews an Steinmeiers russlandfreundlicher Politik vor Beginn des russischen Angriffskrieges.
13.04.2022 Paweł Szefernaker, Vizeinnenminister und Regierungsbeauftragter für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, gibt bekannt, dass bereits 846.000 Personenidentifikationsnummern (poln. PESEL) an Geflüchtete vergeben wurden (425.000 an Erwachsene, 136.000 an 12- bis 18-Jährige und 284.000 an Kinder bis zum zwölften Lebensjahr). Damit können sie u. a. Sozialleistungen beantragen. Knapp 60.000 Flüchtlinge hätten aufgrund eines Sondergesetzes eine Arbeit in Polen aufgenommen.
16.04.2022 Der Sender TVN24 teilt mit, dass ihm von der Vertretung der Europäischen Kommission in Polen bestätigt wurde, dass Polen aus dem EU-Fonds REACT-EU einen Vorschuss in Höhe von 559 Mio. Euro für die Flüchtlingshilfe im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erhält. Der Betrag für Polen ist der höchste vor Rumänien, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Bulgarien. Das Geld ist für die Staaten bestimmt, deren Anzahl aufgenommener Flüchtlinge mehr als ein Prozent ihrer Gesamteinwohnerzahl übersteigt.
19.04.2022 Zum Gedenken an den 79. Jahrestag des Beginns des Warschauer Ghettoaufstandes gegen die deutschen Besatzer findet am Denkmal der Helden des Ghettos in Warschau die zentrale Gedenkfeier mit Kranzniederlegung statt. Anwesend sind Vertreter des Präsidenten, der Regierung, der Parlamentskammern, der Stadt Warschau, jüdischer Organisationen, von Kombattantenverbänden sowie Diplomaten. Der Oberrabbiner von Polen, Michael Schudrich, spricht das Totengebet.
20.04.2022 Senatsmarschall Tomasz Grodzki (Bürgerplattform/Platforma Obywatelska – PO) und sein tschechischer Amtskollege, Miloš Vystrčil, unterzeichnen in Prag (Tschechische Republik) einen Appell an die Parlamentspräsidenten europäischer und außereuropäischer Abgeordnetenkammern. Sie rufen dazu auf, auf die Regierungen einzuwirken, dass die Unterstützung, insbesondere militärische, für die Ukraine im von Russland initiierten Angriffskrieg intensiviert wird. Die Idee für diesen Brief sei bei dem Besuch einer polnischen und einer tschechischen Senatsdelegation in Kiew, Borodjanka, Butscha und Irpin (Ukraine) in der vergangenen Woche entstanden. Dort war es zu schweren militärischen Angriffen gekommen; Russland werden außerdem Kriegsverbrechen vorgeworfen.
21.04.2022 Szymon Hołownia, Parteichef von Polen 2050 (Polska 2050), lehnt den Vorschlag von Donald Tusk, Parteivorsitzender der Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO), ab, dass alle regierungskritischen Parteien ein Bündnis für die nächsten Parlamentswahlen eingehen sollen, mit dem Ziel, das Regierungslager der Vereinigten Rechten (Zjednoczona Prawica) abzulösen. Bei einem solchen Vorgehen riskiere man die Demobilisierung der Wählerschaft, so Hołownia. Auch habe die Vereinigung der Oppositionsparteien in Ungarn nicht zu einem Sieg bei den Parlamentswahlen dort im April geführt.
23.04.2022 Ab heute können Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ein Kinderbetreuungsgeld ab dem zweiten Kind für Kinder im Alter von zwölf bis 35 Monaten beantragen. Pro Monat werden für ein Jahr 1.000 Zloty bzw. 500 Zloty für zwei Jahre ausgezahlt. Voraussetzung sind Personenidentifikationsnummern (poln. PESEL) für Eltern und Kinder, ein polnisches Bankkonto und eine polnische Telefonnummer. Der Antrag mit Formular in ukrainischer Sprache kann ausschließlich digital gestellt werden.
26.04. 2022 Präsident Andrzej Duda beruft Magdalena Rzeczkowska in das Amt der Finanzministerin, das seit Februar von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mitausgeübt wurde. Rzeczkowska war vorher Staatssekretärin im Finanzministerium und Chefin der Landesfinanzverwaltung.
26.04.2022 Nach Angaben der Kanzlei des Ministerpräsidenten hat die polnische Regierung eine Informationskampagne über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine in Westeuropa begonnen. Dazu nutzt sie die sozialen Medien sowie Werbetafeln u. a. in Berlin, Paris und Rom. Die Kampagne diene der Aufklärung über Falschmeldungen und habe zum Ziel, Westeuropa die Grausamkeit des Krieges im Bewusstsein zu halten, unterstreicht Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.
27.04.2022 Der russische Energiekonzern Gazprom stellt seine Gaslieferungen nach Polen ein. Hintergrund sind die Sanktionen, die Polen im Rahmen der Europäischen Union gegen Russland infolge der russischen Invasion in der Ukraine verhängt hat. Gazprom steht auf der Liste russischer Unternehmen und Oligarchen, deren Vermögenswerte nach einem neuen polnischen Sanktionsgesetz eingefroren werden können. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki spricht von einem möglichen Erpressungsversuch Russlands.
27.04.2022 In Kattowitz (Katowice) endet der dreitägige XIV. Europäische Wirtschaftskongress. Thematisiert wird u. a. der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und ein "Marshallplan" für deren Wiederaufbau. Nach inoffiziellen Informationen der Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna soll Polen dabei eine Schlüsselrolle spielen, insbesondere die Ministerien für Regionalpolitik sowie für Entwicklung und Technologien. Im Gespräch sei auch, in Warschau eine EU-Institution für den Wiederaufbau der Ukraine anzusiedeln.
28.04.2022 In Warschau findet das XV. Internationale Forum "Polnisch-ukrainische Business-Tage" statt. Eines der Themen ist der Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft nach Beendigung des russischen Angriffskriegs. Dem Vernehmen nach soll Polen dabei eine Schlüsselrolle zukommen.
29.04.2022 Nach aktuellen Angaben des Statistischen Hauptamts (Główny Urząd Statystyczny – GUS) stiegen die Preise für Waren und Dienstleistungen gemessen am Vormonat um 2 %.
01.05.2022 Das Ministerium für Klima und Umwelt teilt mit, dass heute die polnisch-litauische Gaspipeline GIPL mit einer Länge von 508 km in Betrieb genommen wird.
02.05.2022 Präsident Andrzej Duda empfängt in Warschau Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. Anschließend spricht sie mit Sejmmarschallin Elżbieta Witek. Pelosi dankt Polen und betont die Verbundenheit der USA und Polens bei der Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg. Pelosi reiste aus Kiew (Ukraine) an, wo sie von Präsident Wolodymyr Selenskij empfangen worden war.
03.05.2022 In der von der Organisation Reporter ohne Grenzen jährlich veröffentlichten "Rangliste der Pressefreiheit" liegt Polen aktuell auf Platz 66 von 180 klassifizierten Staaten. Es herrschen "erkennbare Probleme", so die Beschreibung der Lage. Letztes Jahr wurde Polen auf Platz 64 eingeordnet.
05.05.2022 In Warschau findet auf Initiative von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und seiner schwedischen Amtskollegin, Magdalena Andersson, eine internationale Geberkonferenz für die humanitäre Unterstützung der Ukraine statt, gegen die Russland seit Februar Krieg führt. Unterstützt wird die Konferenz von Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, und EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen. Insgesamt werden 6,5 Mrd. US-Dollar zugesagt.
06.05.2022 Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak teilt mit, dass die polnischen Streitkräfte in diesem Jahr mit einigen Hundert Kampfdrohnen des Typs Warmate, Gladius und FlyEye ausgestattet werden. Die Verträge seien im Februar und Mai unterzeichnet worden.
07.05.2022 Vizeaußenminister Marcin Przydacz teilt mit, dass das polnische Außenministerium der Botschaft der Russischen Föderation keine Unterstützung für eine Gedenkfeier in Warschau zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, den Russland am 9. Mai begeht, gewähren wird. Am Vortag war auf der Webseite der Botschaft eine Ankündigung zu einer solchen Veranstaltung erschienen. Sie wurde nach Protesten in den sozialen Netzwerken im Zusammenhang mit dem derzeitigen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wieder entfernt.
09.05.2022 Der Botschafter der Russischen Föderation in Warschau, Sergej Andrejew, wird von Protestierenden mit roter Farbe übergossen. Die Tat findet vor dem sowjetischen Soldatenfriedhof an der Żwirki i Wigury-Straße in Warschau direkt vor der Kranzniederlegung aus Anlass des russischen Nationalfeiertags "Tag des Sieges" über Nazi-Deutschland vor 77 Jahren statt. Die Kranzniederlegung fand daraufhin nicht statt. Der Protest richtet sich gegen den seit Februar dauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Sie können die gesamte Chronik seit 2007 auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/polen/ unter dem Link "Chronik" lesen.

Fussnoten

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