Herausgegeben vom Deutschen Polen-Institut Darmstadt, Wiesbaden 2019, 208 S., zahlreiche Abb. Preis: 15 € (Abo 13,50 €), ISSN 1863-0278, ISBN 978-3-447-11212-3
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Das Jahrbuch des Deutschen Polen-Instituts 2019 ist soeben erschienen. Auf rund 210 Seiten nehmen sich Jahrbuchautorinnen und -autoren des Jahrbuchs des Themas "Nachbarn" an. Dabei geht es weniger um die Entwicklungen in Polens Nachbarländern, vielmehr um die Vielfalt von "Nachbarschaftsbeziehungen" nach innen – politisch, gesellschaftlich, kulturell, demografisch, genderbezogen usw.
Die Autorinnen und Autoren des Jahrbuchs diskutieren in ihren Beiträgen, welche Vorstellungen es in Polen über das Eigene und das Andere gibt, welche Abgrenzungen und Überschneidungen. Wie nehmen sich die Menschen aus verschiedenen Regionen Polens oder Milieus gegenseitig wahr? Aus welchen Quellen speisen sich Vorstellungen über Wege zu und Visionen von einem gelungenen Miteinander? War früher alles anders, gar besser, und an welche Traditionen wird heute angeknüpft? Wie werden sich nachbarschaftliche Beziehungen in der Zukunft gestalten? Wie wird mit Ängsten vor unerwünschten neuen Nachbarn umgegangen? All diese Fragen können ebenso nach außen gewendet werden, auf das Verhältnis der Polen zu ihren äußeren Nachbarn, den tatsächlichen und den als solche wahrgenommenen in Nah und Fern. Oft unterscheiden sich die Blicke nach innen und nach außen voneinander in einer Weise, die sich ganz anders als erwartet entfaltet.
"Gute Nachbarschaft fällt den Polen schwer", konstatiert der Soziologe Maciej Gdula und behauptet, dass viele Polen Probleme damit haben, "Unterschiede innerhalb der Gesellschaft zu akzeptieren bzw. auszuhalten". Der gegenwärtige Rückzug vieler Polen in die nationalstaatliche "Heimstatt", die eigene Kultur und Historie, kann als ein Bangen vor kultureller, gesellschaftlicher, sittlicher wie religiöser Andersartigkeit gedeutet werden, der sich die Polen in Zeiten der Globalisierung, Konkurrenz und Migration ausgesetzt fühlen. Gdula zeigt, dass Polen in der Vergangenheit ethnische wie konfessionelle Nachbarschaft stärker erlebt haben, und erörtert die heutige Zurückhaltung an den Beispielen der religiösen Toleranz, der polnisch-jüdischen Beziehungen und der verschleierten ("mythologisierten") Klassenverhältnisse. Zu den weiteren Autoren des Jahrbuchs gehören u. a. Marek A. Cichocki, Piotr Ibrahim Kalwas, Dorota Masłowska, Mikołaj Grynberg, Ewa Wanat, Jan Opielka, Katarzyna Kajdanek und Felix Ackermann.
INHALT
Einführung | Wer ist mein Nachbar? |
Maciej Gdula | Die unnachbarschaftlichen Polen.Über eine entzweite Gesellschaft. |
Ziemowit Szczerek | Warten auf die Barbaren – also auf sich selbst. |
Marek A. Cichocki | Welche Aspekte des Polentums wollen wir mit in die Zukunft nehmen? |
Piotr Ibrahim Kalwas | Wir sind alle fremd. |
Marta Mazuś | Das N-Wort |
Jerzy Kochanowski | (Nicht-)Alltägliche Schicksale oder die ausländischen Nachbarn der Warschauer nach 1945 |
Joanna Tokarska-Bakir | Die Juden – Wer ist das? |
Mikołaj Grynberg | Exodus – Gespräche mit dem Vater |
Mikołaj Grynberg | Exodus – Ein Gespräch mit Olga Zambrowska |
Joanna Barelkowska | Das Miteinander der Geschlechter im Umbruch |
Katarzyna Kajdanek | Wrocław begegnet endlich dem Anderen |
Dorota Masłowska | Depotfahrt |
Jan Opielka | Land&Leben – Nachbarschaft der Gegensätze |
Andrzej Draguła | Die Kirche im Dorf (ver-)lassen |
Felix Ackermann | Ale masakra! Alltägliche Beobachtungen aus Polen |
Ewa Wanat | Die Deutschen und ihre Tabus. Eine polnische Berlinerin blickt auf die Debatten in Deutschland |
Ziemowit Szczerek | Intermarium |