06.02.2018 | Präsident Andrzej Duda unterzeichnet die umstrittene Gesetzesnovelle über das Institut des Nationalen Gedenkens, Kommission für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Polnische Nation (Instytut Pamięci Narodowej, Komisja Ścigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu). Gleichzeitig kündigt er an, das Gesetz angesichts der Kritik aus dem In- und Ausland zur Überprüfung an das Verfassungstribunal weiterzuleiten. Kritik kam u. a. aus Israel, den USA und der Ukraine. Das Gesetz sieht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor, wenn der polnischen Nation oder dem polnischen Staat öffentlich und entgegen der Fakten die Verantwortung oder Mitverantwortung für Verbrechen zugeschrieben wird, die von Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus begangen wurden, oder für andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, den Frieden sowie Kriegsverbrechen. Die gleiche Strafe droht, wenn die Verantwortung der tatsächlichen Täter verringert wird. Die Freiheit der Wissenschaften und der Künste und die Freiheit historischer Diskussionen sollen von dem Gesetz nicht eingeschränkt werden. Kritiker des Gesetzes aus dem In- und Ausland befürchten, dass beispielsweise die Kollaboration polnischer Bürger mit der deutschen Besatzungsmacht nicht aufgearbeitet werden könne. |
07.02.2018 | In einem Brief an die im Ausland lebenden Polen fordert Senatsmarschall Stanisław Karczewski diese auf, Zeugnisse der Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Zweiten Weltkriegs zu sammeln und zu dokumentieren, damit die Erinnerungen über die Zeitzeugengeneration hinaus bewahrt würden. Weiter ruft er dazu auf, antipolnische Vorkommnisse, die den guten Ruf Polens beschädigten, zu dokumentieren und den Botschaften und Konsulaten der Republik Polen zu melden sowie in Form von Seminaren, Ausstellungen und in Zusammenarbeit mit den Partnern vor Ort etc. aktiv zu sein, um über die historische Wahrheit aufzuklären. Hintergrund ist die am Vortag unterzeichnete Gesetzesnovelle über das Institut des Nationalen Gedenkens, Kommission für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Polnische Nation (Instytut Pamięci Narodowej, Komisja Ścigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu), die unter Strafe stellt, wenn der polnischen Nation oder dem polnischen Staat die Verantwortung oder Mitverantwortung für die von den Nationalsozialisten verübten Verbrechen zugesprochen wird. Davon ausgeschlossen sind wissenschaftliche und künstlerische Äußerungen. |
07.02.2018 | Ryszard Czarnecki (Recht und Gerechtigkeit/Prawo i Sprawiedliwość – PiS; Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer) wird mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit (447 Stimmen, 196 Gegenstimmen und 30 Enthaltungen) als Vizepräsident des Europäischen Parlaments abgewählt. Der Grund für die Abstimmung ist, dass Czarnecki die polnische Abgeordnete Róża Thun von Hohenstein (Bürgerplattform/Platforma Obywatelska – PO; Fraktion der Europäischen Volkspartei) als Nazi-Kollaborateurin verunglimpfte, nachdem sie die polnische Regierung in einer Reportage des deutsch-französischen Fernsehsenders "Arte" kritisiert hatte. |
08.02.2018 | Die Europäische Kommission teilt mit, dass sie das staatliche Hilfsprogramm für Restrukturierungsmaßnahmen des Bergbaus in Polen in Höhe von 5 Mrd. Zloty für die Jahre 2019 bis 2023 befürwortet. Es umfasst u. a. Sozialmaßnahmen für die Bergleute, die vom Abbau der Arbeitsplätze betroffen sind, undRückbaumaßnahmen der Bergwerke. |
08.02.2018 | GesundheitsministerŁukasz Szumowski und Vertreter der Ärzte in der Facharztausbildung zeigen sich zufrieden über die Ergebnisse der Verhandlungen über Reformen im Gesundheitswesen. Bis 2024 sollen die öffentliche Finanzierung auf 6 % des Bruttoinlandsprodukts steigen und die Gehälter der Ärzte in der Facharztausbildung erhöht werden, wenn sie sich im Anschluss für zwei Jahre auf einer Arbeitsstelle verpflichten. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigt an, dass in diesem Jahr 6 Mrd. Zloty zusätzlich für das Gesundheitswesen bereitgestellt werden. Die Proteste der jungen Ärzte gegen die Situation im Gesundheitswesen hatten im Oktober 2017 zunächst mit Hungerstreiks begonnen. |
09.02.2018 | Auf einer Pressekonferenz kündigt Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die Vereinfachung des Steuersystems und die Schließung von Steuerschlupflöchern insbesondere bei der Mehrwertsteuer an. Letzteres habe bereits für das Jahr 2017 ein Plus von 30 Mrd. Zloty eingebracht, die für sozialpolitische Zwecke eingesetzt werden. |
10.02.2018 | In ihrem wöchentlichen Video-Podcast sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit dem bevorstehenden Antrittsbesuch des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki könne ein neues Kapitel in den deutsch-polnischen Beziehungen aufgeschlagen werden. Mit Blick auf die in Polen verabschiedete Gesetzesnovelleüber das Institut des Nationalen Gedenkens, Kommission für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Polnische Nation (Instytut Pamięci Narodowej, Komisja Ścigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu) unterstreicht sie, dass die Deutschen die Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus, so auch für die Konzentrationslager, tragen. |
12.02.2018 | Innenminister Joachim Brudziński sagt, der Konflikt mit Israel und den USA im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz über das Institut des Nationalen Gedenkens, Kommission für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Polnische Nation (Instytut Pamięci Narodowej, Komisja Ścigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu) müsse sehrernst genommen werden, doch werde Polen keine Zugeständnisse bei der Frage der historischen Wahrheit machen. Der in den letzten Jahrzehnten von Polen betriebenen "Politik der Scham" werde nun eine selbstbewusste Politik auf der Grundlage der Wahrheit entgegengesetzt. In der internationalen Politik müsse Polen auf gute Beziehungen zu seinen Partnern achten, aber vorrangig sei die Wahrung der Interessen des polnischen Staates und seiner Bürger. |
13.02.2018 | Ministerpräsident Mateusz Morawiecki beendet seinen zweitägigen Besuch im Libanon. Nach Gesprächen mit Ministerpräsident Saad Hariri und Präsident Michel Aoun bekräftigt Morawiecki, dass Polen als souveränes Land das Recht habe, im Rahmen seiner Migrationspolitik zu bestimmen, wen es aufnehme und wen nicht. Polen halte es für seine Pflicht, sich in der Flüchtlingshilfe vor Ort zu engagieren, weshalb es technische und logistische Unterstützung leiste. Weiter erklärt er, dass 10 Mio. US-Dollar für den Bau von Unterkünften für syrische Flüchtlinge im Libanon bereitgestellt werden sollen. |
14.02.2018 | Der Präsident des französischen Senats, Gerard Larcher, kommt auf Einladung des Senatsmarschalls Stanisław Karczewski mit einer Delegation nach Warschau. Außer mit Karczewski trifft er sich mit Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, Präsident Andrzej Duda und Sejmmarschall Marek Kuchciński und spricht vor dem Senat. Thematisiert werden die Vertiefung der bilateralen Kontakte und der Zusammenarbeit im Rahmen des Weimarer Dreiecks (Deutschland, Frankreich, Polen) sowie Fragen der europäischen Politik. |
15.02.2018 | Innenminister Joachim Brudziński verteidigt das Vorgehen der Polizei, die am Vortag Władysław Frasyniuk, Oppositioneller in der Zeit der Volksrepublik Polen, in seiner Wohnung in Breslau (Wrocław) frühmorgens festgenommen und in Handschellen abgeführt hat. Die Polizei habe sich regelkonform und so, wie gegenüber allen anderen Bürgern verhalten. Frasyniuk wurde nach einem Verhör wieder auf freien Fuß gesetzt. Ihm wird vorgeworfen, bei einer Gegendemonstration zum monatlichen Smolensk-Gedenktag in Warschau im Juni 2017 zwei Polizisten körperlich angegangen zu haben. Sein Anwalt, Jacek Kondracki, sagt, die Bedingungen für das Anlegen der Handschellen seien nicht erfüllt gewesen. Frasyniuk hattesich trotz Aufforderung nicht der Staatsanwaltschaft gestellt, da er die Rechtsstaatlichkeit in Polen nicht mehr gewährt sieht. Dies wertet sein Anwalt als klassisches Beispiel zivilen Ungehorsams. |
16.02.2018 | Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin thematisieren Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Bundeskanzlerin Angela Merkel Fragen der bilateralen Zusammenarbeit und der Außen- und Sicherheitspolitik. Merkel betont die Bedeutung der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Morawiecki bekräftigt seine Kritik an dem Pipelineprojekt NordStream 2 und ruft dazu auf, es im Rahmen der Europäischen Kommission zu erörtern. Mit Blick auf die Situation in der Ukraine betonen beide, dass es darum gehe, die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu sichern. |
17.02.2018 | Am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz sagt Ministerpräsident Mateusz Morawiecki im Zusammenhang mit dem in der vergangenen Woche unterzeichneten, umstrittenen "IPN-Gesetzes", dass es auch jüdische Täter im Kontext des Holocaust gegeben habe. Nach dem Gesetz über das Institut des Nationalen Gedenkens,Kommission für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Polnische Nation (Instytut Pamięci Narodowej, Komisja Ścigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu) ist es verboten, die polnische Nation oder den Staat für die Verbrechen des von den Nationalsozialisten verübten Holocaust verantwortlichoder mitverantwortlich zu machen. Kritiker befürchten, dass auch das Thema der Kollaboration Einzelner mit der deutschen Besatzungsmacht nicht mehr uneingeschränkt aufgearbeitet werden kann. |
18.02.2018 | Nach heftiger Kritik vonseiten Israels und jüdischer Organisationen gibt die Regierung eine Erklärung zur Äußerung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki vom Vortag heraus, dass es auch "jüdische Täter" unter den Tätern der nationalsozialistischen Verbrechen gegeben habe. Morawiecki habe den Holocaust nicht leugnen und die jüdischen Opfer keiner Verantwortung für den deutschen Völkermord bezichtigen wollen, heißt es in dem Kommuniqué. Vielmehr solle ehrlich und faktenbasiert über die Verbrechen an den Juden geredet und Versuche, die deutschen Täter und die Opfer anderer Nationen gleichzusetzen oder zu vermischen, bekämpft werden. |
18.02.2018 | In einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu bekräftigt Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, dass Polen eine Gleichsetzung der deutschen Täter der Verbrechen während des Nationalsozialismus mit den Opfernationen nicht akzeptiere. Allerdings müssten Fälle von Kollaboration aufgearbeitet werden. Jedoch dürfte aus Einzelfällen nicht die Mitverantwortung einer Nation abgeleitet werden. |
18.02.2018 | Der Verband der Gemeinden Jüdischen Bekenntnisses in der Republik Polen (Związek Gmin Wyznaniowych Żydowskich w RP – ZGWŻ) bezeichnet es in einer Erklärung als moralische Blindheit, dass Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Vortag die deutschen Verbrecher des Nationalsozialismus und die polnischen und ukrainischenkollaborierenden Täter mit kollaborierenden Juden gleichgestellt habe. Weiter ruft der Verband Morawiecki und andere Politiker dazu auf, keine unbedachten Äußerungen zu tun, die der historischen Wahrheit widersprechen würden. Dies kompromittiere sie als Person und in ihrem Amt. |
19.02.2018 | Michał Dworczyk, Chef der Kanzlei beim Ministerpräsidenten, kündigt die Bildung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Verbreitung des Faschismus und anderer totalitärer Ideologien an. |
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