Die Ereignisse vom 4. April 2017 bis 1. Mai 2017 in der Chronik.
04.04.2017 | Ministerpräsidentin Beata Szydło bekräftigt, dass die Regierung eine Reform des Gerichtswesens durchführen und Justizminister Zbigniew Ziobro in Kürze einen Vorschlag vorlegen wird. Der Bürgerdialog während des Parlamentswahlkampfes habe die Notwendigkeit einer Reform deutlich gemacht. Kritiker warnenu. a. davor, dass 15 Richter des Landesrates des Gerichtswesens (Krajowa Rada Sądownictwa – KRS) vom Sejm bestimmt werden sollen und nicht mehr von den Gerichten. |
06.04.2017 | Kulturminister Piotr Gliński teilt seine Entscheidung mit, das Museum des Zweiten Weltkrieges und das Museum Westerplatte, beide in Danzig (Gdańsk) ansässig, zusammenzuschließen. Am Vortag hatte ein Gericht die Entscheidung ermöglicht. Interimsdirektor wird der Historiker Karol Nawrocki, der bisher eine leitende Funktion im Institut für Nationales Gedenken (Instytut Pamięci Narodowej – IPN) in Danzig innehatte. Paweł Machcewicz, bisheriger Direktor des Museums des Zweiten Weltkrieges, appelliert an Gliński, die Ausstellung des Museums nicht zu verändern und sie von den Besuchern bewerten zu lassen. Hintergrund ist die Kritik der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), dass die Ausstellung zu universalistisch und zu wenig patriotisch sei. |
06.04.2017 | In einem Radiointerview sagt Außenminister Witold Waszczykowski, es sei eine diplomatische Pflicht, Russland zur Zusammenarbeit bei der Aufklärung der Ursachen der Flugzeugkatastrophe von Smolensk (2010) aufzufordern. Je länger Russland das Flugzeugwrack der polnischen Luftwaffe und die Blackbox verberge, desto mehr würde esden Polen bewusst machen, dass es an der Katastrophe von Smolensk mitschuldig sei. Anfang der Woche hatte die Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt, dass die Vorwürfe gegenüber den russischen Fluglotsen im Tower des Flugplatzes in Smolensk erweitert worden seien und ihnen die vorsätzliche Herbeiführung des Flugzeugunglücks vorgeworfen würde. |
07.04.2017 | Nach einer scharfen Debatte stimmt der Sejmüber das von der Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) initiierte Misstrauensvotum gegen die Regierung von Ministerpräsidentin Beata Szydło (Recht und Gerechtigkeit/Prawo i Sprawiedliwość – PiS) ab. 174 Abgeordnete stimmen für den Antrag, 238 sprechen sich dagegen aus, vier enthalten sich. |
08.04.2017 | Auf dem Piłsudski-Platz in Warschau findet die Vereidigung von 27 Unterleutnants der neu berufenen Armee zur Territorialverteidigung (Wojska Obrony Terytorialnej – WOT) statt. Verteidigungsminister Antoni Macierewicz sagt, die WOT knüpfe an die historische Erfahrung der Bürgerarmee an, die in Situationen höchster Bedrohung ins Leben gerufen worden sei. Die WOT ist neben dem Heer, der Luftwaffe, der Marine und den Spezialkräften die fünfte Teilstreitkraft der Polnischen Armee. |
10.04.2017 | Die von Verteidigungsminister Antoni Macierewicz eingesetzte Kommission zur Untersuchung der Ursachen des Flugzeugunglücks von Smolensk (2010) stellt ihre Ergebnisse vor. Demnach haben thermobarische Explosionen zum Absturz der Maschine geführt. Dagegen sagt Maciej Lasek, Mitglied der staatlichen Untersuchungskommission, die in den Jahren 2010 bis 2011 das Unglück untersucht hatte, Experten zufolge hätten die Spuren an den Flugzeugtrümmern und die Verteilung der Trümmer keine Hinweise auf Explosionen gegeben. Im Untersuchungsbericht aus dem Jahr 2011 war als Unglücksursache der Zusammenprall mit Bäumen beim Sinkflug angegeben worden. |
10.04.2017 | In Warschau finden die zentralen Gedenkfeiern aus Anlass des siebten Jahrestages der Flugzeugkatastrophe von Smolensk in Anwesenheit hoher staatlicher Vertreter statt. |
11.04.2017 | Der Parteivorsitzende der Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO), Grzegorz Schetyna, bezeichnet die Präsentation der Untersuchungsergebnisse zu den Ursachen des Flugzeugabsturzes von Smolensk (2010), die am Vortag stattfand, als "pseudowissenschaftlich". Die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), die die erneute Untersuchung initiiert hatte, vertrete die absurde These eines Anschlags als Unglücksursache. Die damalige Regierung aus PO und Polnischer Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) habe seinerzeit alles getan, um die Katastrophe aufzuklären. Allerdings sehe er aus heutiger Perspektive, dass die Staatsanwaltschaft insbesondere mit Blick auf die Kommunikation mit der Öffentlichkeit mehr hätte tun können, so Schetyna. Dies wirke sich noch heute auf die Gefühlslage in dieser Angelegenheit aus. |
12.04.2017 | Präsident Andrzej Duda unterzeichnet eine Gesetzesnovelle über die Ordnung der Appellations-, Kreis- und Bezirksgerichte. Künftig werden die Gerichtsdirektoren vom Justizminister eingesetzt und abberufen, ohne Antrag des Gerichtspräsidenten und ohne obligatorische Ausschreibung des Postens. Die Gerichtsdirektoren sind zuständig für finanzielle Angelegenheiten der Gerichte und öffentliche Aufträge; sie haben keinen Einfluss auf die Rechtsprechung. Die Opposition kritisiert, dass die Gerichte der Politik untergeordnet werden. |
13.04.2017 | Innenminister Mariusz Błaszczak unterstreicht, dass Polen einer Verteilungsquote für Flüchtlinge auf die EU-Länder nicht zustimmt. Dies würde weitere Flüchtlingswellen nach Europa auslösen. Polen müsse außerdem auf eine Notfallsituation in der Flüchtlingskrise vorbereitet sein. Dazu sollen die vom Innenministerium vorbereiteten Verordnungen für bewachte Flüchtlingsunterkünfte in Form von abgeschlossenen Containerlagern dienen. |
18.04.2017 | Sejmmarschall Marek Kuchciński, Senatsmarschall Stanisław Karczewski und der Präsident der Nationalversammlung Ungarns, László Kövér, unterzeichnen in Warschau eine Vereinbarung über eine verstärkte Zusammenarbeit der Parlamente beider Länder. Die Intensivierung der Zusammenarbeit diene auch der Stärkung der Region Ostmitteleuropa sowie der Stärkung der Europäischen Union, so Karczewski. Kuchciński verleiht Kövér einen Orden als Auszeichnung für besondere Verdienste um die polnisch-ungarische Zusammenarbeit. |
19.04.2017 | Donald Tusk, EU-Ratspräsident und ehemaliger Ministerpräsident Polens, sagt in Warschau vor der militärischen Abteilung der Bezirksstaatsanwaltschaft im Rahmen der Untersuchung der Flugzeugkatastrophe von Smolensk (2010) als Zeuge aus. Er wird zur Zusammenarbeit zwischen der polnischen Militärischen Spionageabwehr (Służba Kontrwywiadu Wojskowego – SKW) und dem russischen Föderalen Sicherheitsdienst befragt. Es soll herausgefunden werden, ob die Führungskräfte des SKW ihre Kompetenzen überschritten haben, indem sie ohne die erforderliche Erlaubnis des Ministerpräsidenten die Zusammenarbeit mit einem ausländischen Sicherheitsdienst aufgenommen haben. |
19.04.2017 | In Anwesenheit von Vertretern der jüdischen community, des Staates, der Selbstverwaltung und des diplomatischen Corps gedenkt Ministerpräsidentin Beata Szydło des Beginns des Ghettoaufstandes in Warschau gegen die deutsche Besatzung vor 74 Jahren. |
20.04.2017 | Sławomir Broniarz, Präsident des Verbands der Polnischen Lehrerschaft (Związek Nauczycielstwa Polskiego – ZNP), teilt auf einer Pressekonferenz mit, dass seit Februar über 900.000 Unterschriften für die Durchführung eines Referendums zur Schulreform gesammelt wurden, die Sejmmarschall MarekKuchciński ausgehändigt werden. Für die Beantragung eines Referendums wären 500.000 Unterschriften notwendig gewesen. Die Schulreform, die ab dem 1. September in Kraft tritt, sieht eine Umstrukturierung vor, hin zu einer achtjährigen Grundschule, einer vierjährigen Oberschule, einem fünfjährigen Technikum und zweistufigen branchenbezogenen Schulen. Die Mittelschule (zwischen Grund- und Oberschule) soll aufgelöst werden. |
21.04.2017 | Paul Ryan, der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, William Thornberry, sowie sechs Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses sind zu Gesprächen in Warschau. Ryan trifft sich mit Ministerpräsidentin Beata Szydło sowie mit Präsident Andrzej Duda. Thematisiert werden Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik im Rahmen der NATO und in Ostmitteleuropa sowie der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. |
22.04.2017 | Ministerpräsidentin Beata Szydło erklärt, der Antrag auf ein Referendum zur Schulreform, der zwei Tage zuvor dem Sejm vorgelegt wurde, sei zu spät eingereicht worden, da die Reform bereits beschlossen sei und nun umgesetzt werde. Ihrer Meinung nach ist der Referendumsantrag politisch motiviert. |
23.04.2017 | Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsidentin Beata Szydło eröffnen die 70. Hannover-Messe, auf der Polen als Partnerland mit ca. 200 Firmen vertreten ist. Bei der Eröffnungsfeier spricht sich Merkel für den freien Welthandel und mit Blick auf Polen für Offenheit im Handel wie auch in der Gesellschaft aus. Szydło sagt mit Bezugauf die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Polen sei ein sicheres Land, in dem positive Veränderungen für die Unternehmen eingeführt worden seien. Beide Regierungschefinnen bekennen sich zur Europäischen Union. Szydło erklärt, nach dem "Brexit" müssten weitere EU-Austritte verhindert werden.Dafür müsse in der EU verbessert werden, was nicht optimal funktioniere. Ein auf Werte gestütztes Europa müsse diese Werte auch verteidigen. |
24.04.2017 | Das Präsidialamt teilt mit, dass der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, Präsident Andrzej Duda in einem Telefonat über den Verlauf und das Ergebnis des Verfassungsreferendums sowie über die nächsten Schritte der Umsetzung des Systemwechsels in der Türkei informiert hat. Duda habe auf dieBedeutung des Vertrauens und des Dialogs zwischen den europäischen Staaten hingewiesen. Weiter habe er die Wichtigkeit unterstrichen, dass die Türkei ihre Verpflichtungen im Rahmen der NATO und der Zusammenarbeit mit der EU in der Flüchtlingskrise erfülle. |
25.04.2017 | Ministerpräsidentin Beata Szydło teilt mit, dass der Kommandant der Woiwodschaftspolizei der Woiwodschaft Kleinpolen (woj. małopolskie), Tomasz Miłkowski, den Posten des Chefs des Büros zum Schutz der Regierung (Biuro Ochrony Rządu – BOR) übernimmt. Er soll die Reform des BOR übernehmen, wobei dasBOR durch eine neue Institution ersetzt werden soll. |
26.04.2017 | Nach dem aktuellen Bericht der Organisation"Reporter ohne Grenzen" über die Pressefreiheit ist Polen unter der Regierung von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) im weltweiten Ranking um sieben Plätze auf Platz 54 gefallen. |
26.04.2017 | Die Vizevorsitzende und Pressesprecherin der Partei Die Moderne (Nowoczesna), Katarzyna Lubnauer, wird zur neuen Fraktionsvorsitzenden im Sejm gewählt. Ryszard Petru, der bisherige Fraktionschef, behält das Amt des Parteivorsitzenden. Mit der neuen effektiveren Aufgabenverteilung sei auf den Rückgang der Popularität der Partei in Meinungsumfragen reagiert worden. Petru wolle sich dem Wahlkampf auf der Selbstverwaltungsebene im Herbst 2018widmen. |
27.04.2017 | Die Europäische Kommission fordert Polen erneut auf, vom Holzeinschlag im großen Stil im Białowieża-Urwald (Nordostpolen) Abstand zu nehmen. Vor einem Jahr hatten die polnischen Behörden eine Änderung des Forstwirtschaftsplans beschlossen, der mit den Naturschutzzielen für dieses Gebiet nicht vereinbar ist. Die Änderung war mit der Bekämpfung des Borkenkäfers begründet worden. Da aufgrund dieser Maßnahmen eine irreparable Schädigung zu befürchten stünde, handele es sich um die letzte Mahnung der Kommission. Sollte Polen den Verstoß gegen EU-Recht nicht fristgerecht einstellen, könne beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Polen erhoben werden. |
28.04.2017 | Im Interview mit dem Nachrichtenportal"wPolityce" bezieht sich Außenminister Witold Waszczykowski auf eine Äußerung Emanuel Macrons, des Siegers des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Dieser hat am Vortag in einem Interview gesagt, dass er sich im Falle seines Wahlsieges für Sanktionen gegenüber Polen aussprechen würde, da es die Unterschiede in der Höhe des Sozialabgaben zwischen den EU-Ländern ausspielen würde. Hintergrund ist, dass das Unternehmen Whirlpool im französischen Amiens zurzeit bestreikt wird, da die Produktion nach Lodz (Łódź) verlegt werden soll. Waszczykowski sagt, die Aussage Macrons müsse vor dem Hintergrund des Wahlkampfes in Frankreich verstanden werden. Dessen ungeachtet stelle Macron die Prinzipien des gemeinsamen EU-Binnenmarktes in Frage und verletzte europäische Standards und die Prinzipien der Freundschaft zwischen Frankreich und Polen. |
29.04.2017 | Ministerpräsidentin Beata Szydło nimmt in Brüssel am EU-Gipfel der Mitgliedsstaaten ohne Großbritannien teil, auf dem die Austrittsverhandlungen infolge des "Brexit" beraten werden. Die wichtigsten Ziele für Polen seien konkrete Rechte für polnische Staatsbürger, die in Großbritannien leben, die finanziellen Angelegenheiten des "Brexit" und der Aufbau möglichst enger Beziehungen zu Großbritannien nach dem Austritt aus der EU. |
01.05.2017 | In einem Interview aus Anlass des zehnjährigen Bestehens des Fernsehsenders "TVP Historia" sagt Präsident Andrzej Duda, dass die aktuelle "Patriotismus-Mode" eine Gegenreaktion auf die Pädagogik der Scham sei, die der Gesellschaft in den 1990er Jahren auferlegt worden sei. Der Konflikt um das Gedenken der "verfemten Soldaten" sei auch eineAuseinandersetzung darüber, wer die Geisteshaltung in Polen aktuell bestimmen solle, wobei er den Postkommunisten eine Absage erteile. Viele, die heute einflussreiche Positionen besetzen, seien Kinder und Enkelkinder der Errichter des kommunistischen Systems. Daher sei es klar, dass diese kein Interesse daran hätten, die "verfemten Soldaten" als Kämpfer für ein freies Polen zu ehren. |
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