17.05.2016 | Nach Angaben der Tageszeitung"Rzeczpospolita" zeigt sich Ministerpräsidentin Beata Szydło in einem Gespräch mit dem Ersten Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, offen für die Frage der Veröffentlichung der Urteile des Verfassungstribunals und der Aufnahme von drei Richtern in das Gericht, die noch in der vergangenen Legislaturperiode des Sejm gewählt worden waren. Regierungssprecher Rafał Bochenek dementiert jedoch, dass es diese konkreten Vorschläge gegeben habe, und bewertet das Gespräch als allgemeinen Austausch über den Konflikt um das Verfassungstribunal. |
18.05.2016 | Die Europäische Kommission stellt Polen im Konflikt um die Reform des Verfassungstribunals ein Ultimatum. Sollte Polen bis zum 23. Mai keinen signifikanten Fortschritt in dieser Angelegenheit einleiten, werde die Europäische Kommission offiziell ihre Bewertung der Situation als Gefährdung der Rechtstaatlichkeit in Polen verkünden, so der Erste Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans. |
19.05.2016 | Am Rande des Außenministertreffens der NATO-Partner in Brüssel zeigt sich Außenminister Witold Waszczykowski unbesorgt, dass die Stärkung der NATO-Aktivitäten im Süden des Bündnisses auf Kosten der Stärkung der Ostflanke gehen könne. Die NATO müsse in den beiden Bereichen unterschiedliche Mittel einsetzen. Als Bedrohungen an der südlichen Grenze nennt Waszczykowski Migranten und Flüchtlinge sowie den Terrorismus. Sie seien aber nicht so existentiell wie die Bedrohungen aus dem Osten. |
20.05.2016 | Ministerpräsidentin Beata Szydło gibt vor dem Sejm eine Regierungserklärung zum Konflikt um die Reform des Verfassungstribunals ab. Die Regierung werde sich keinem Ultimatum der EU, sondern nur dem Willen der Bürger beugen. Der Opposition wirft sie Verrat an den polnischen Interessen vor. Im Anschluss kommt es zu scharfen Stellungnahmen von Seiten der Oppositionsparteien, die der Regierung und der Parlamentsmehrheit von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) vorwerfen, die Verfassung zu brechen, Polen international lächerlich zu machen und die Spaltung der polnischen Gesellschaft zu vertiefen. |
20.05.2016 | Der Sejm verabschiedet mit den Stimmen von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) und Kukiz `15 einen Beschluss zur Verteidigung der Souveränität Polens. Darin heißt es, dass die durch PiS repräsentierte Parlamentsmehrheit bereit sei, einen Kompromiss mit der Opposition im Konflikt um die Reform des Verfassungstribunals zu suchen. Des Weiteren wird die Regierung aufgerufen, sich der Beschneidung der Souveränität von Seiten der Europäischen Union in der Frage der Lösung des Flüchtlingsproblems entgegen zu stellen. |
23.05.2016 | Auf dem UN-Nothilfegipfel in Istanbul unterstreicht Ministerpräsidentin Beata Szydło, dass der Aufbau selbständiger und unabhängiger Staaten und die Unterstützung ihres gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kapitals fundamental für die Bekämpfung von Unruhen und Krisen seien. Schlüsselbedeutung hätten dabei Arbeit und Bildung. Polen habe seine Mittel für humanitäre Hilfe in diesem Jahr verdoppelt und werde sie in den kommenden Jahren weiter erhöhen. |
24.05.2016 | Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Europäischen Kommission, spricht in Warschau mit Ministerpräsidentin Beata Szydło und dem Präsidenten des Verfassungstribunals, Andrzej Rzepliński, über den Konflikt um das Gericht infolge seiner Reformierung unter der Regierung von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS). Die Kommission hat die Warschau für den Vortag gesetzt Frist verstreichen lassen und darauf verzichtet, eine offizielle Verwarnung zu schicken. Die formale Stellungnahme durch die Europäische Kommission wird nun für die kommende Woche in Aussicht gestellt. |
25.05.2016 | Nach aktuellen Angaben des Statistischen Hauptamtes (Główny Urząd Statystyczny – GUS) betrug die Arbeitslosenquote Ende April 9,5 % (März: 10 %). |
26.05.2016 | Am katholischen Feiertag Fronleichnam ruft Kardinal Kazimierz Nycz in Warschau zu mehr Frieden und Ruhe imöffentlichen und politischen Leben auf. Es reiche nicht aus, die Streitigkeiten bis zum Besuch von Papst Franziskus während des Weltjugendtags in Krakau im Juli einzustellen. Es müsse ein Neubeginn bei der Lösung der bestehenden Konflikte gesucht werden. Hintergrund ist der Appell des Parteivorsitzenden von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), Jarosław Kaczyński, die politischen Konflikte bis zur Beendigung des Papstbesuches auszusetzen. |
27.05.2016 | Außenminister Witold Waszczykowski kündigt an, dass bei den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen am 22. Juni in Berlin außer der internationalen Lage bilaterale Fragen im Bereich der Wirtschaft, des Schulwesens und der nationalen Minderheiten thematisiert werden. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern bewertet er als "sehr gut", auch der wirtschaftliche Austausch finde auf einem sehr hohen Niveau statt. Zwar bestünden über manche Themen wie Klima- und Energiepolitik und Fragen der NATO-Präsenz in den Ländern der Ostflanke Interessendivergenzen, jedoch sei das Verbindende beiderLänder das Bemühen, den Frieden in Europa zu schützen, es nicht zu weiteren Vorfällen und einer Eskalation des Konflikts durch Russland kommen zu lassen sowie die EU und die NATO aufrechtzuerhalten. |
30.05.2016 | Zu Beginn seines zweitägigen Besuchs in Warschau zur Vorbereitung des dort stattfindenden NATO-Gipfels am 8. und 9. Juli trifft sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit Präsident Andrzej Duda. Mit Blick auf die Sicherheitslage im Osten und Süden des Bündnisses betont Stoltenberg, dass die NATO vor den größten Herausforderungen seit Generationen stehe. Derzeit würden konkrete Pläne zum Einsatz verstärkter Truppenpräsenz in den Bündnisländern an der Ostflanke diskutiert, über die auf dem NATO-Gipfel entschieden werden wird. Duda unterstreicht die Bedeutung der Einheit und der Solidarität des Bündnisses, was beinhalte, dass die Sicherheit jedes Partners und aller gemeinsam nicht teilbar sei. Des Weiteren teilt Duda mit, dass der Beschluss gefasst worden sei, die Fregatte "Kościuszko" in die Ägäis zu entsenden, um dort den NATO-Einsatz im Rahmen der Flüchtlingskrise zu unterstützen. |
31.05.2016 | Im Rahmen seines Vorbereitungsbesuchs zum NATO-Gipfel am 8. und 9. Juli in Warschau trifft sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Warschau mit Ministerpräsidentin Beata Szydło, Verteidigungsminister Antoni Macierewicz und Außenminister Witold Waszczykowski. Bekräftigt wird die verstärkte Präsenz rotierender Bündnistruppen in den östlichen Bündnisländern nach dem NATO-Gipfel sowie der defensiveund solidarische Charakter des Bündnisses. |
01.06.2016 | Die Europäische Kommission verabschiedet eine Stellungnahme zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen, die sie der polnischen Regierung zukommen lässt. Die polnische Regierung hat nun zwei Wochen Zeit zu reagieren. |
01.06.2016 | Ministerpräsidentin Beata Szydło empfängt den Ministerpräsidenten Estlands, Taavi Rõivas. Thematisiert werden der NATO-Gipfel in Warschau im Juli, die europäische Flüchtlingskrise und das Referendum in Großbritannien im Juni über einen Ausstieg aus der EU. Beide sprechen sich für einen Verbleib Großbritanniens in der Union aus, was für die Stabilität der EU und ihre wirtschaftliche Perspektive von enormer Bedeutung sei. |
02.06.2016 | Regierungssprecher Rafał Bochenek kündigt an, dass die Stellungnahme der Europäischen Kommission zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen vom Vortag an den Sejm weitergeleitet wird. |
03.06.2016 | Der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses des Ministerrates, Minister Henryk Kowalczyk, kündigt an, dass der Ministerrat für das Jahr 2017 einen Mindestlohn in Höhe von 1.920 Zloty (2016: 1.850 Zloty) vorschlagen wird. Der Vorschlag wird dem Rat für Sozialen Dialog unterbreitet, in dem Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände vertreten sind, die eigene Vorschläge gemacht haben. Sollte keine Einigung ausgehandelt werden, kann die Regierung die Höhe des Mindestlohns festlegen. |
04.06.2016 | Auf dem Parteitag des Warschauer Verbands von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) unterstreicht PiS-Vorsitzender Jarosław Kaczyński vor dem Hintergrund des Konfliktes um die von PiS eingeleitete Reform des Verfassungstribunals in Polen, dass für die Rechtsprechung das Parlament und der Präsident, die vom Volk gewählt werden, verantwortlich seien. Die Ablehnungund Nichtbefolgung der neuen Gesetzgebung sei demnach ein Bruch der Verfassung und der demokratischen Prinzipien des Rechtsstaates. |
04.06.2016 | Am 25. Jahrestag der halbfreien Wahlen von 1989 demonstrieren in mehreren polnischen Städten Zehntausende gegen die Regierungspolitik von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS). Auf Widerstand stoßen u. a. die Reform des Verfassungstribunals und des Mediengesetzes. Wie in den vergangenen Monaten hat das Komitee zur Verteidigung der Demokratie (Komitet Obrony Demokracji – KOD) zu den Protesten aufgerufen. Nach Angaben der Stadtverwaltung nehmen in Warschau 50.000 Demonstranten teil, nach Angaben der Polizei deutlich weniger. |
04.06.2016 | Präsident Andrzej Duda unterstreicht, dass es sich bei den Parlamentswahlen am 4. Juni 1989 nicht um vollständig freie Wahlen gehandelt hat. Auch hätte ein Teil der Eliten der damaligen Solidarność-Bewegung dazu beigetragen, dass sich die Funktionäre des kommunistischen Systems nach dessen Zusammenbruch neu hätten etablieren können. |
06.06.2016 | Ryszard Petru, Parteivorsitzender von Die Moderne (Nowoczesna), spricht sich für Neuwahlen aus, um die Regierung von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) auf demokratische Weise ihres Amtes zu entheben. PiS führe Polen in eine Katastrophe, da sich im Inneren die Gesellschaft zerstreite, sich Polen außenpolitisch im Konflikt mit der EU befinde und dieWirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werde. Im Falle einer vierjährigen Regierungszeit von PiS werde Polen mental zerstört sein. |
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Die Polen-Analysen werden gemeinsam vom Deutschen Polen-Institut Darmstadt, der Bremer Forschungsstelle Osteuropa und der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht sie als Lizenzausgabe.