Ereignis
Vesna Teršelič gründete am 4. Juli 1991 die erste Nichtregierungsorganisation in Kroatien, die sich dem Krieg widersetzte – die ARK (Antikriegskampagne Kroatiens). In der damaligen Situation, als Kroatien von Seiten der JNA (Jugoslawische Volksarmee) und der serbischen paramilitärischen Einheiten angegriffen wurde, während ein Drittel des Territoriums unter der Kontrolle der Republik Serbische Krajina war, war es sehr schwer, die Stimme gegen den Krieg zu erheben. Dennoch ging Vesna Terešič mit einer Gruppe Gleichgesinnter davon aus, dass die kroatische Seite ihren Anteil an Verantwortung trägt und sich mit dieser Verantwortung auseinandersetzen muss. Die Grundidee war, dass auch im Krieg Menschenrechte unbedingt gewahrt und Opfer beschützt werden müssen.
Im Spätsommer 1991 organisierte Vesna Teršelič mit einer Gruppe von Freiwilligen ein Freiwilligencamp in Pakrac, einer Stadt, in der 75 Prozent der Häuser zerstört waren. Es gab nicht einmal Trinkwasser. Die Stadt war in einen serbischen und einen kroatischen Teil geteilt, daher schickte Terešič einen Aufruf an Kolleginnen und Kollegen in Belgrad, Hilfe für die Bewohner des serbischen Teils zu leisten. Es kam Jelena Šantić. Später bauten die beiden Frauen ein internationales Freiwilligennetz auf, was eine besondere Erfahrung der internationalen Solidarität war.
Ende September 1991 gründete Vesna Teršelič mit einigen führenden Intellektuellen die Antikriegszeitschrift ARKzin, die eines der ersten Presseorgane wurde, in dem Intellektuelle der miteinander Krieg führenden Staaten zusammenarbeiten konnten.
Eine besonders schwere Rolle übernahm Teršelič nach der militärpolizeilichen Aktion „Oluja“ (Gewitter) im August 1995, als Kroatien die bis dahin besetzten Gebiete wieder unter seine Kontrolle brachte. Bei dieser Aktion wurden etwa 200.000 Serben vertrieben, und 677 vorwiegend ältere Menschen getötet, die sich nicht den Flüchtlingskolonnen anschließen konnten. Mitten in einer Atmosphäre von Triumph verlangte Teršelič hartnäckig von den kroatischen Justizorganen, jene vor Gericht zu bringen, die die Verbrechen begangen hatten, und von der Gesellschaft verlangte sie, sich mit der eigenen Verantwortung zu konfrontieren. Deshalb war ihre eigene Sicherheit immer wieder bedroht.
Biografie
Vesna Teršelič wurde 1962 in Ljubljana geboren. Als Studentin der Philosophie, Literaturwissenschaft und Physik begann sie, sich bei den ersten Nichtregierungsbewegungen und -organisationen zu engagieren, die sich in Jugoslawien gebildet hatten.
Ab 1985 wirkte sie an der Gründung der Umweltschutzorganisation Svarun mit, dann bei der Grünen Aktion, außerdem im Zentrum für Frauenstudien und später im Zentrum für Friedensstudien.
Nach dem Kriegsende in Kroatien engagierte sie sich bei der Hilfe für Kriegsopfer und bei der Durchsetzung von Gerichtsverhandlungen für Kriegsverbrecher. Wegen Verschweigen und Verschleierung von Kriegsverbrechen in Kroatien gründeten die einflussreichsten Antikriegsorganisationen 2004 die NGO Documenta: Zentrum zur Aufarbeitung der Vergangenheit. Teršelič ist bis heute Koordinatorin der Organisation. Das Ziel der Documenta ist es, das Geschehen während des Krieges zu dokumentieren, die Opferzahlen festzustellen, die Erinnerungen Einzelner zu archivieren und die Gerichtspraxis zu verbessern, indem sie auf Gerichtsverhandlungen für jene besteht, die für Verletzungen der Menschenrechte und der im Krieg geltenden Normen verantwortlich sind.
Teršelič ist Gründerin und Repräsentantin von Kroatien bei der Initiative „REKOM“, gemeinsam mit Nataša Kandić und Mirsad Tokač. Die Initiative wurde von etwa 100 Organisationen aus allen Staaten der ex-jugoslawischen Region ins Leben gerufen; ihr Ziel ist die Feststellung von Tatsachen, insbesondere der Opferzahlen in den Kriegen in Ex-Jugoslawien. Wegen ihrer kompromisslosen Arbeit wurde Vesna Teršelič von den nationalistischen und den Regierungskreisen in Kroatien oft heftig angegriffen. Sie erhielt eine Reihe von internationalen Preisen und Auszeichnungen.
Preise
1998: „Right Livelihood Award“ (gemeinsam mit Katarina Kruhonja)
2009: „Schwarzkopf Europe Prize“ (gemeinsam mit Nataša Kandić und Mirsad Tokač)
2012: Urkunde der Republik Kroatien
2014: „Diana-Budisavljević-Preis“