Ereignis
Milan Levar, Automechaniker aus der Lika, kämpfte zu Kriegsbeginn in Kroatien bei der Territorialverteidigung seiner Heimatstadt Gospić, trat aber im Juni 1992 freiwillig aus der Armee aus. Schon im Herbst 1992 sprach er öffentlich über die Ereignisse in Gospić und die Verbrechen an den serbischen Zivilisten und Kriegsgefangenen in der Gegend um Gospić.
Als früherer Offizier der kroatischen Armee sagte Milan Levar vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag als Zeuge aus; er sprach von dem Massaker an Bürgerinnen und Bürgern serbischer Nationalität, das von den kroatischen militärischen und paramilitärischen Kräften im Herbst 1991 begangen wurde. Ein Jahr, bevor er mit dem Haager Tribunal in Kontakt trat, machte Levar seine Geschichte in einem Interview mit der „Feral Tribune“ öffentlich. Dabei sagte er, dass nach den ersten bewaffneten Konflikten in der Lika im Jahr 1991 und nach der erfolgreichen Verteidigung von Gospić durch die lokalen Einheiten das eigentliche Übel aus Zagreb gekommen war, als man Leute wie Tihomir Orešković und Mirko Norac in die Lika schickte.
Beim Gerichtsverfahren etwas später wurde festgestellt, dass Orešković und Norac verantwortlich waren für die Ermordung serbischer Zivilisten, die in Gospić geblieben waren oder auf Einladung der kroatischen Machthaber zurückgekehrt waren. Wegen seiner öffentlichen Auftritte und der Zeugenaussage vor dem Haager Tribunal erhielt Milan Levar ab 1997 mehrere Drohungen. Auf die Frage nach seiner Motivation, den Behörden in Zagreb von der Ermordung serbischer Zivilisten zu berichten und darüber vor dem Haager Tribunal auszusagen, sagte Levar zu den Journalisten:
Er lehnte die Option ab, über ein Zeugenschutzprogramm in Den Haag eine neue Identität zu bekommen und Gospić zu verlassen. Milan Levar wurde durch die Explosion einer Bombe getötet, die im Hof seiner Autowerkstatt gelegt worden war. Weder die Auftraggeber noch die Ausführenden dieses Mordes wurden je ausfindig gemacht, es konnte ihnen nie ein Prozess gemacht werden.
In der kroatischen Gesellschaft gibt es auch weiterhin eine große Spaltung bezüglich der Konfrontation mit der Vergangenheit und den Verbrechen, die von kroatischer Seite verübt wurden. Nur sehr wenige halten Levar für einen Helden. Orešković und Norac hingegen waren hoch angesehen und wurden als Helden betrachtet.
Biografie
Milan Levar wurde 1954 in Gospić geboren, wo er lebte und als Automechaniker arbeitete. Seine Frau Vesna stammte aus dem Landkreis Osijek-Baranja und fand nach dem Abitur in Belgrad eine Anstellung in Gospić.
Ganz zu Beginn des Krieges war Levar der einzige private Ein-Mann-Taxiunternehmer in der Lika. Er meldete sich am 1. April 1991 als Freiwilliger für die Verteidigung von Gospić, wurde Offizier der kroatischen Armee, verließ die Armee jedoch am 1. Juni 1992 wieder. Bei den Kämpfen hatte er sich geweigert, Befehle auszuführen, die allgemeinmenschlichen Werten und seinen persönlichen moralischen Prinzipien widersprachen.
Wegen seines Einsatzes für Wahrheit und Menschlichkeit wurde er am 28. August 2000 bei der Explosion einer Bombe getötet, die unter das Auto gelegt worden war, an dem er arbeitete, im Hof seiner Autowerkstatt. Sein zehnjähriger Sohn Leon war Zeuge der Explosion. Seine Frau Vesna Levar lebt mit dem Sohn weiterhin in Gospić und ist stolz auf ihren Mann, dessen Name in der Stadt immer noch ein Tabu ist.
Das treffendste Porträt dieses Helden zeichnete der kroatische Schriftsteller Miljenko Jergović anlässlich von Levars zehntem Todestag:
Obwohl bis heute totgeschwiegen, ist er ein Synonym für ein ziviles Kroatien, das nicht über die dunkle Seite des Heimatkrieges schweigen wollte. Milan Levar erhielt 2014 posthum den Preis für Zivilcourage „Dušan Kondor“.