Yannick Jadot blickt auf eine lange Karriere als Umwelt- und Klimaaktivist zurück. Als Leiter verschiedener Kampagnen von Greenpeace France im Zeitraum von 2002 bis 2008 hat sich der 54-Jährige einen Namen in den bislang eher überschaubaren grünen Kreisen Frankreichs gemacht. Doch auch darüber hinaus sorgten seine Aktionen für Aufmerksamkeit. So wurden Jadot und andere Aktivisten einst rechtskräftig für den Einbruch in die französische Militärbasis Île Longue in der Bretagne verurteilt. Ziel der Protestaktion war es, auf die von den dort gelagerten Nuklearwaffen ausgehenden Gefahren hinzuweisen.
Ein Aktivist macht Politik
Im Jahr 2009 gelang Jadot als Mitglied der Partei Europe Écologie – Les Verts (EELV) der Sprung ins Europaparlament. Seitdem ist er als Abgeordneter im Ausschuss für Umweltfragen tätig. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 wurde Jadot erstmalig als Kandidat der Grünen aufgestellt, gab seine eigenen Ambitionen jedoch nur wenig später zugunsten des Kandidaten des Parti socialiste, Benoît Hamon, auf. Bei den Kommunalwahlen 2020 galt der grüne Spitzenpolitiker als treibende Kraft für den historischen Wahlsieg der Grünen. Erstmalig war es der Partei, die bis heute keinen einzigen Abgeordneten in der französischen Nationalversammlung stellt, gelungen, die Rathäuser verschiedener Großstädte wie etwa Bordeaux, Lyon und Straßburg zu erobern. Aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung wird Yannick Jadot heute als versierter Politiker wahrgenommen, dem es auf sympathische Art und Weise gelingt, Unterstützer, vor allem aber die Medien für sich zu gewinnen.
Ein Realo unter den Grünen
Yannick Jadot will eine Umweltpolitik, die wirtschaftliche Interessen berücksichtigt. Er forderte, Unternehmen, die auf fossile Energien setzen, künftig von öffentlichen Fördermitteln auszuschließen. Frankreichs Industrie will er gezielt nachhaltig umbauen und setzt dabei auf grüne Technologien. Dieser gemäßigte Kurs könnte neue Wähler/-innen gewinnen, die sich zwar für den Umweltschutz interessieren, aber die bislang eher radikalen wirtschaftspolitischen Positionen der französischen Grünen, die bis hin zur Abkehr vom Kapitalismus reichen, ablehnen.
Innerparteilich brachten ihm seine Positionen den Ruf eines Realpolitikers ein, der sich im Zweifel nicht genug für die sozial-ökologische Transformation Frankreichs einsetzen würde. Im Streit um die Zukunft der französischen Atomkraftwerke befürwortet Jadot einen „verantwortungsvollen“ Ausstieg innerhalb der nächsten 15 bis 20 Jahre und positioniert sich somit klar gegen die Pläne der Frankreich-2030-Strategie des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser kündigte zuletzt an, Investitionen in Milliardenhöhe im nuklearen Energiesektor tätigen zu wollen, um diesen weiterhin zu erhalten.
Vorwahl der politischen Linken
Es war ein Richtungsstreit der französischen Grünen, der Yannick Jadot die Kandidatur um das Präsidentenamt Frankreichs bescherte. In einer parteiinternen Abstimmung setzte er sich gegen seine Kontrahentin, die radikale Öko-Feministin Sandrine Rousseau, durch – allerdings mit einem äußerst knappen Ergebnis. Nur 51 Prozent der Stimmen entfielen auf Jadot – ein knappes Votum, das seine Stellung innerhalb der Partei, aber auch seine Chancen schwächen dürfte.
Yannick Jadot tritt im Präsidentschaftswahlkampf als Kandidat einer zersplitterten politischen Linken an. Neben ihm wollen Anne Hidalgo vom Parti socialiste und der linksradikale Jean-Luc Mélenchon von der Bewegung La France insoumise in den Élysée-Palast einziehen. Auf sich allein gestellt, werden jedem der Kandidaten eher schlechte Chancen auf einen Wahlsieg eingeräumt. Eine Lösung könnte die jüngst von Hidalgo vorgeschlagene Vorwahl der französischen Linken für eine gemeinsame Kandidatur darstellen. Ein solches Prozedere lehnt Jadot bislang jedoch ab. Ähnlich wie seinem Kontrahenten Mélenchon wird Jadot diesbezüglich Ignoranz und Sturheit nachgesagt.