Von den Grünen hört man bis jetzt eher wenig im Wahlkampf. Dabei hatte Frankreichs größte grüne Partei EELV (Europe Ecologie Les Verts) mit der Wahl Hollandes zum Präsidenten 2012 auch selbst einen kleinen Sieg errungen. Zum zweiten Mal waren die Grünen Teil der Regierung, mit Cécile Duflot als Ministerin für sozialen Wohnungsbau und später Pascal Canfin als Minister für Entwicklungspolitik. Heute ist von diesem Erfolg kaum etwas übrig: 2014 verkündete die Partei, nicht mehr Teil einer neuen Regierung unter Premier Manuel Valls zu sein. Zentrale Figuren der Grünen, wie Noël Mamère und Daniel Cohn-Bendit, kehrten der Partei den Rücken. Bei den Regionalwahlen 2015 erreichte EELV mit knapp 7 Prozent nur mehr die Hälfte des Ergebnisses von 2010. Emmanuelle Cosse, Generalsekretärin der Partei bis Anfang 2016, musste EELV verlassen, nachdem Valls sie gegen den Willen der Parteimitglieder in die Regierung holte (ebenfalls als Ministerin für Wohnungsbau). Und, der vorerst letzte Akt im Drama: Als Favoritin ging Duflot in die parteiinternen Vorwahlen im Herbst, als große Verliererin schied sie bereits in der ersten Runde aus. Nun ist mit Yannick Jadot ein Newcomer Kandidat der Grünen für die Präsidentschaftswahlen.
Machtkämpfe überlagern die Inhalte
Jadots Wahl zeigt die Probleme, die Frankreichs zersplitterte grüne Bewegung immer noch mit einer zentralen Frage hat: Machen die Grünen Politik oder sind sie Aktivisten und Opposition? Der Kampf zwischen "Realos" und "Fundis" ist noch lange nicht ausgestanden. Mit Jadot hat sich die Mehrheit der Parteibasis nun für einen Kandidaten entschieden, der sich selbst – ein langjähriger Greenpeace-Mitstreiter – als Aktivist und nicht als Politiker sieht. Eine Entscheidung, die ein klares Misstrauensvotum gegen die bisherige, von Kritikern als "Firma" bezeichnete Führungsriege der Partei ist. Zu taktierend, zu berechnend, zu machtorientiert sei sie. Das geht auf Kosten der Inhalte und auf Kosten der Unterstützung durch die Parteianhänger: Frankreichs Grüne sind stark in der Zivilgesellschaft verortet; das politische Spiel in Paris ist vielen zuwider. Nachdem es EELV bei seiner Gründung 2010 zunächst gelungen war, unterschiedliche Gruppierungen der grünen Bewegung zusammenzuführen, ist sie nun erneut gespalten.
Grüne Politik machen andere
Nicht geholfen hat den Grünen außerdem, dass andere Akteure in der letzten Wahlperiode zentrale Themen der Ökologie und Umweltpolitik vorangetrieben haben: Im Kampf gegen den Klimawandel konnten die Regierung und die französische Diplomatie den Erfolg der Klimakonferenz COP21 in Paris für sich verbuchen. Maßnahmen im Rahmen des Gesetzespakets zur Energiewende, zum Beispiel das Verbot der kostenlosen Abgabe von Plastiktüten oder die Einschränkung der Vernichtung unverkaufter Lebensmittel in Supermärkten, hat die Nationalversammlung nach dem Entwurf der PS-Umweltministerin Ségolène Royal parteiübergreifend entschieden. Und was den Ausstieg aus der Atomenergie angeht, so ist vielen Franzosen bereits die von Hollande versprochene Reduzierung auf 50 Prozent am Energiemix zu radikal.
Eine neue Dynamik durch den Wahlkampf?
Mit Initiativen wie Nicolas Hulots Pacte écologique war es den Grünen im Wahlkampf 2007 gelungen,
Sensibilität für Umweltfragen über ideologische Grenzen hinweg zu etablieren. Umso schwerer ist es 2017, selbst Themen zu setzen. Kann Yannick Jadot im Wahlkampf wieder an die Rolle der Grünen als Impulsgeber und kreativer Störenfried anknüpfen? Mit seinem Programm "La France vive" (Frankreich in Bewegung) will er für Nachhaltigkeit, eine grüne Wirtschaft und ein soziales, solidarisches Miteinander eintreten. Damit ist er nicht allein: Sowohl Jean-Luc Mélenchon (La France insoumise) als auch Benoît Hamon (PS) geben sich als Vertreter eines ökologischen Programms. Jadot erklärt, es gehe ihm weniger um seinen eigenen Wahlsieg als um den Sieg eines ökologischen Frankreichs. Er begrüßt einen breiten ökologischen Diskurs. Für seine Partei jedoch macht es das Ringen um Stimmen nicht einfacher.