Die EU ist das Kind einer anderen europäischen Epoche: Das damalige Europa hatte mit völlig anderen zwischenstaatlichen Problemen zu kämpfen als das heutige. Es handelte sich um ein Europa, das sich von zwei verheerenden Kriegen erholen musste. Diese waren im Vergleich zu früheren Kriegen besonders in einer Hinsicht ungewöhnlich: Das Blutbad, das sie verursachten, hatte industrielle Ausmaße angenommen. Die Veteranen der meisten großen Kriege in Europa waren noch am Leben, als der jeweils nächste ausbrach – vom Siebenjährigen Krieg bis zu den Napoleonischen Kriegen und vom Deutsch-Französischen Krieg über den
Die
Ein großer Teil der Argumente für den Verbleib in der EU dreht sich wieder um dieses Kernideal eines integrierten Europas, das angeblich ein sichereres und wohlhabenderes Europa sei. Damit gelingt es aber nicht, die Aussage zu entkräften, dass sich die EU von einem schlanken, athletischen jungen Kern zu einem dicken, kurzsichtigen alten Mann entwickelt hat, der ständig seine glorreiche Vergangenheit wiederaufleben lässt, ohne sich seine aktuellen Torheiten richtig einzugestehen.
Die EU hat sich in eine erdrückende und viel zu viele Bereiche umfassende Bürokratie verwandelt. Wir haben 28 EU-Kommissare, die 28 Regierungsabteilungen leiten. Sie alle wollen etwas regulieren order an etwas herumflicken, um ihre eigene Existenz zu rechtfertigen. Warum gerade 28? Nun ja, zu dieser Zahl kam man, um sicherzustellen, dass jedes Land am Tisch Platz nehmen kann. Die moderne EU ist mehr ein Produkt bürokratischer Eigendynamik als wirtschaftlicher Notwendigkeit.
Die EU-Institutionen erkennen diese schleichende Ausweitung der ursprünglichen Ziele von Zeit zu Zeit selbst. Dies war etwa der Fall, als die neu ernannte
Wähler in der gesamten EU haben ihren Vorbehalten gegen den Charakter der modernen EU und gegen die Richtung, in die sich diese bewegt, Ausdruck verliehen. Wählerumfragen und die wachsende Zahl von euroskeptischen Politikern, die ins
EU-Staats- und Regierungschefs haben oft die Sorge geäußert, dass mögliche Maßnahmen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise eine Änderung der EU-Verträge nötig machen würden. Dafür müssten in bestimmten EU-Ländern Volksabstimmungen durchgeführt werden. Die Angst vor den Wählern ist fester Bestandteil des Entscheidungsprozesses der führenden Politiker geworden. Sie wissen, dass die Bevölkerung großteils nicht mit dem Brüsseler Orchester in Einklang ist.
Der Brexit ist eine Chance für alle Menschen in der EU, nicht nur für die Briten, ernsthaft zu erwägen, die Zeit zurückzudrehen: von unserem föderalen Superstaat zu einem Freihandelsverband, der sich kaum in innerstaatliche Angelegenheiten einmischt. Dieses Modell eines geteilten wirtschaftlichen Wohlstands wird den Frieden in Europa weiter festigen. Eine EU, die von weiten Teilen der eigenen Bevölkerung abgelehnt wird, wird irgendwann einmal in Schmach und Schande sowie mit gegenseitigen Schuldzuweisungen auseinanderbrechen.
Es ist einfach, die Briten als schwierige Partner in Europa zu charakterisieren. Doch damit spielt man ihre historische Leistung als Garanten von Demokratie und Frieden in Europa herunter. Heute geht es darum, ob es am zweckmäßigsten ist, die derzeitige Rolle in einer EU beizubehalten, die aus Sicht der Wähler ihren Zweck nicht mehr erfüllt; oder ob eine andere, losere Form der Beziehung besser wäre.
Der Brexit ist eine Chance, die Uhren auf die Stunde null zurückzustellen und wiederzugewinnen, was immer das Beste an der EU war, indem man all den Speck loswird, der sich um den Kern der EU gesammelt hat: das große Ideal wirtschaftlicher Co-Abhängigkeit.