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Der Brexit ist eine Chance für alle Menschen in der EU, nicht nur die Briten | Der Brexit und die britische Sonderrolle in der EU | bpb.de

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Der Brexit ist eine Chance für alle Menschen in der EU, nicht nur die Briten

Aaron McKenna

/ 4 Minuten zu lesen

Die moderne EU ist mehr ein Produkt bürokratischer Eigendynamik als wirtschaftlicher Notwendigkeit, sagt Aaron McKenna. Großbritannien sollte am 23. Juni dafür stimmen, die Staatengemeinschaft zu verlassen.

"Der Brexit ist eine Chance für alle Menschen in der EU, nicht nur für die Briten, die Zeit zurückzudrehen", sagt Aaron McKenna. (© picture-alliance/dpa)

Die EU ist das Kind einer anderen europäischen Epoche: Das damalige Europa hatte mit völlig anderen zwischenstaatlichen Problemen zu kämpfen als das heutige. Es handelte sich um ein Europa, das sich von zwei verheerenden Kriegen erholen musste. Diese waren im Vergleich zu früheren Kriegen besonders in einer Hinsicht ungewöhnlich: Das Blutbad, das sie verursachten, hatte industrielle Ausmaße angenommen. Die Veteranen der meisten großen Kriege in Europa waren noch am Leben, als der jeweils nächste ausbrach – vom Siebenjährigen Krieg bis zu den Napoleonischen Kriegen und vom Deutsch-Französischen Krieg über den Interner Link: Ersten Weltkrieg bis hin zum Interner Link: Zweiten Weltkrieg.

Die Interner Link: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl wurde konzipiert, um diesen Kreislauf nationalistischer Gewalt zu durchbrechen, indem wirtschaftlicher Wohlstand mit Sicherheit verknüpft wurde. Das Streben nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit sollte kein Vorwand mehr für einen Krieg zwischen Nachbarn sein.

Ein großer Teil der Argumente für den Verbleib in der EU dreht sich wieder um dieses Kernideal eines integrierten Europas, das angeblich ein sichereres und wohlhabenderes Europa sei. Damit gelingt es aber nicht, die Aussage zu entkräften, dass sich die EU von einem schlanken, athletischen jungen Kern zu einem dicken, kurzsichtigen alten Mann entwickelt hat, der ständig seine glorreiche Vergangenheit wiederaufleben lässt, ohne sich seine aktuellen Torheiten richtig einzugestehen.

Die EU hat sich in eine erdrückende und viel zu viele Bereiche umfassende Bürokratie verwandelt. Wir haben 28 EU-Kommissare, die 28 Regierungsabteilungen leiten. Sie alle wollen etwas regulieren order an etwas herumflicken, um ihre eigene Existenz zu rechtfertigen. Warum gerade 28? Nun ja, zu dieser Zahl kam man, um sicherzustellen, dass jedes Land am Tisch Platz nehmen kann. Die moderne EU ist mehr ein Produkt bürokratischer Eigendynamik als wirtschaftlicher Notwendigkeit.

Die EU-Institutionen erkennen diese schleichende Ausweitung der ursprünglichen Ziele von Zeit zu Zeit selbst. Dies war etwa der Fall, als die neu ernannte Interner Link: EU-Kommission unter der Führung Jean-Claude Junckers Frans Timmermans [als EU-Kommissar für Bessere Rechtsetzung] die Aufgabe übertrug, unnötige Komplexität abzubauen. Ohne hier ironisch sein zu wollen: Timmermans vollständige Berufsbezeichnung als Vizepräsident der EU-Kommission besteht aus 14 Worten.

Wähler in der gesamten EU haben ihren Vorbehalten gegen den Charakter der modernen EU und gegen die Richtung, in die sich diese bewegt, Ausdruck verliehen. Wählerumfragen und die wachsende Zahl von euroskeptischen Politikern, die ins Interner Link: Europäische Parlament gewählt werden, zeugen von einem deutlichen Unbehagen. Wähler erhalten nur selten die Gelegenheit, der Weiterentwicklung hin zu einem bürokratischen Superstaat eine Abfuhr zu erteilen. Und wenn sie eine solche erhalten, wird ihnen in der Regel erklärt, dass ihr Votum keinen Unterschied mache oder dass sie erneut wählen müssten, um das "richtige" Ergebnis zu liefern. So war es in Irland in zwei unterschiedlichen Fällen [den Referenden zum Interner Link: Vertrag von Nizza 2001 und dem Vertrag von Lissabon 2008, die nach der Ablehnung der Verträge jeweils wiederholt wurden].

EU-Staats- und Regierungschefs haben oft die Sorge geäußert, dass mögliche Maßnahmen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise eine Änderung der EU-Verträge nötig machen würden. Dafür müssten in bestimmten EU-Ländern Volksabstimmungen durchgeführt werden. Die Angst vor den Wählern ist fester Bestandteil des Entscheidungsprozesses der führenden Politiker geworden. Sie wissen, dass die Bevölkerung großteils nicht mit dem Brüsseler Orchester in Einklang ist.

Der Brexit ist eine Chance für alle Menschen in der EU, nicht nur für die Briten, ernsthaft zu erwägen, die Zeit zurückzudrehen: von unserem föderalen Superstaat zu einem Freihandelsverband, der sich kaum in innerstaatliche Angelegenheiten einmischt. Dieses Modell eines geteilten wirtschaftlichen Wohlstands wird den Frieden in Europa weiter festigen. Eine EU, die von weiten Teilen der eigenen Bevölkerung abgelehnt wird, wird irgendwann einmal in Schmach und Schande sowie mit gegenseitigen Schuldzuweisungen auseinanderbrechen.

Es ist einfach, die Briten als schwierige Partner in Europa zu charakterisieren. Doch damit spielt man ihre historische Leistung als Garanten von Demokratie und Frieden in Europa herunter. Heute geht es darum, ob es am zweckmäßigsten ist, die derzeitige Rolle in einer EU beizubehalten, die aus Sicht der Wähler ihren Zweck nicht mehr erfüllt; oder ob eine andere, losere Form der Beziehung besser wäre.

Der Brexit ist eine Chance, die Uhren auf die Stunde null zurückzustellen und wiederzugewinnen, was immer das Beste an der EU war, indem man all den Speck loswird, der sich um den Kern der EU gesammelt hat: das große Ideal wirtschaftlicher Co-Abhängigkeit.

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Aaron McKenna schreibt für das liberale irische Onlineportal TheJournal.ie. Er ist Leiter des Bereichs E-Commerce beim Digital Marketing Institute in Dublin.