Aus der Perspektive vieler Urheber und Verlage – der sogenannten Content-Industrie – verletzen Downloads aus illegalen Quellen – egal ob über „Tauschbörsen“, Torrents oder Filehoster – nicht nur ihre Rechte, sondern vor allem ihre finanziellen Interessen. Rechtlich ist die Sache relativ klar: Wer ohne Erlaubnis der Rechteinhaber, Musik, Filme, E-Books oder Fotos ins Internet hochlädt und diese für andere Menschen außerhalb seines engeren Familien- und Freundeskreises zugänglich macht, verletzt das Urheberrecht.
Aber schon beim Herunterladen fängt die Sache an, kompliziert zu werden. Viele Nutzer finden, dass das Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Dateien eine Bagatelle ist – schließlich nutzen sie diese nur privat und verkaufen sie nicht. Im Urheberrechtsgesetz steht aber, dass Privatkopien nur zulässig sind, „soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird“ (Paragraf 53 Urheberrechtsgesetz). Das heißt, man darf Werke nur dann privat herunterladen, wenn sie einen legalen Ursprung haben. Gemeint ist: Wenn die Datei im Netz nicht schon für jeden erkennbar illegal hochgeladen wurde.
Nur: Wie erkenne ich das? Da kommt das „offensichtlich rechtswidrig“ ins Spiel. Wenn ein aktueller Kinofilm auf Rapidshare oder einem anderen Filehoster angeboten wird, kann man schon davon ausgehen, dass er nicht vom offiziellen Filmvertrieb dort hochgeladen wurde. Nicht immer ist das so eindeutig – aber oft genug. Das größere Risiko gehen aber nicht diejenigen ein, die Werke herunterladen, sondern diejenigen, die sie hochladen. Viele Nutzer tun das unbewusst, weil manche Techniken beides verbinden. Da kommt leicht eine Abmahnung ins Haus.
Techniken des Filesharing
Der Unterschied zwischen Filesharing und Filehosting besteht darin, dass eine Datei beim Filesharing meistens gleich an andere Nutzer weiterverteilt – also gleich wieder hochgeladen wird, während man sie noch herunterlädt. So funktionieren vor allem die Systeme, die auf Torrent- oder Magnet-Links basieren. Das ist unkritisch, wenn man auf diese Weise eigene oder nicht geschützte Werke verteilt. Aber Inhalte hochzuladen, an denen man die Rechte nicht hat, ist fast immer ganz klar verboten. Zugleich sind in der Regel die IP-Adressen der Nutzer sichtbar. Über diese Zahlenkombinationen – zum Beispiel „91.185.208.190“ – kann dann der Name und die Adresse des Anschlussinhabers festgestellt werden. Diese Daten bekommen die Rechteinhaber mithilfe einer richterlichen Anordnung von den Providern. Die Rechteinhaber – beziehungsweise die von ihnen beauftragten Kanzleien – können dann die Rechtsverletzer abmahnen. 2012 wurden nach Angaben der „Interessengemeinschaft gegen den Abmahnwahn“ in Deutschland 110.420 Abmahnungen wegen Filesharings verschickt.
Bei Filehostern ist die Situation ein wenig anders, weil das Hochladen und das Herunterladen getrennte Vorgänge sind. Filehoster sind webbasierte Angebote, bei denen man größere Dateien hochladen und diese dann per Link anderen Nutzern zugänglich machen kann. Auch das ist an sich noch nicht illegal – es gibt zahlreiche unproblematische Anwendungsmöglichkeiten: Man kann zum Beispiel Videos, die man selbst gemacht hat, hochladen, damit andere sie sehen können. Grafiker nutzen Filehoster, um Bilder und Layout an ihre Kunden weiterzugeben, weil sie zu groß sind, um per E-Mail verschickt zu werden. Selbst urheberrechtlich geschützte Werke darf man in gewissem Umfang weitergeben, wenn man innerhalb der Regelungen der Privatkopie bleibt – nämlich die Werke nur engen Freunden zur Verfügung stellt und dabei keinen Kopierschutz umgeht.
Oft werden Filehoster genutzt, um Werke illegal zu verbreiten. Bei Filehostern ist das Hochladen an sich noch nicht das Problem. Es beginnt dort, wo der Link, unter dem andere die Datei herunterladen können, öffentlich geteilt wird. Es gibt zahlreiche Foren und Websites, die Links zu Filmen, Musik und E-Books veröffentlichen, die dadurch rechtswidrig für alle Welt verfügbar werden. Rechteinhaber gehen in der Regel so dagegen vor, dass sie einerseits versuchen, die Links aus dem Netz zu nehmen, und andererseits die eigentlichen Dateien bei den Filehostern löschen zu lassen.
Für Nutzer, die solche Inhalte herunterladen, ist das Risiko einer Abmahnung relativ gering. Im Unterschied zum Filesharing sind die IP-Adressen der Nutzer hier kaum für Dritte einsehbar, so dass Rechteinhaber diese Nutzung nur schwer verfolgen können.
Zerstören illegale Downloads unsere Kulturlandschaft?
Es ist nachvollziehbar, dass viele Urheber von ihren Werken leben wollen. Aber auch die Verwerter wie Verlage, Plattenfirmen oder Filmproduktionen leisten wichtige Arbeit, damit Filme, Musik und Literatur veröffentlicht und vermarktet werden. Auf der anderen Seite sind die Einkommen der meisten Urhebern dennoch sehr niedrig und die Profite der Kulturindustrie landen oft nicht bei den Kreativen – den Schriftstellern, Komponisten, Musikern, Filmemachern. Stattdessen landen sie in den Taschen großer Konzerne. Bei vielen Nutzern hält sich das schlechte Gewissen in Grenzen, wenn sie einen Track von Künstlern wie Madonna oder Lady Gaga herunterladen.
Studien zeigen, dass die Verluste, die die Kulturindustrie durch illegale digitale Downloads erleidet, nicht einfach zu berechnen sind, denn nicht jeder Download ist ein verkauftes Album, E-Book oder ein verkaufter Film weniger. In der Studie „Piracy and Movie Revenues: Evidence from Megaupload“ stellten die Autoren (Peukert, Christian and Claussen, Jörg, Piracy and Movie Revenues: Evidence from Megaupload (October 22, 2012). Verfügbar unter SSRN: Externer Link: ssrn.com/abstract=2176246 oder Externer Link: dx.doi.org/10.2139/ssrn.2176246) fest, dass die Schließung des Filehosting-Dienstes Megaupload (im Januar 2012 mit der Verhaftung des Gründers Kim Schmitz) negative Auswirkungen auf die Einspielergebnisse von Kinofilmen hatte. Dieser Effekt stützt ihrer Meinung nach die Theorie, dass Filesharing als Werbung für kulturelle Werke dienen und Menschen auf neue Werke und Künstler aufmerksam machen kann.
Das ist jedoch nur eine Meinung – genauso viele Studien stellen fest, dass Filesharing und illegale Downloads durchaus einen negativen Einfluss auf die Verkäufe urheberrechtlich geschützter Werke haben (Smith, Michael D. and Telang, Rahul, Assessing the Academic Literature Regarding the Impact of Media Piracy on Sales (August 19, 2012). Available at SSRN: Externer Link: ssrn.com/abstract=2132153 or Externer Link: dx.doi.org/10.2139/ssrn.2132153). Letztlich muss immer beachtet werden, wer in wessen Auftrag Studien erstellt. Viele Wirtschaftsexperten sehen in der Digitalisierung und im Internet als Vertriebskanal eine „disruptive“, also zerstörerische Technologie, die die bisherigen Verwertungsketten verändert und auflöst, so dass Filesharing und illegales Downloaden eher als Symptom denn als Grund für Einkommensminderungen gesehen werden kann.
Auch die Spanne bei den illegalen Angeboten ist breit: Die einen sehen Filesharing als Kulturtechnik („Sharing is caring“) und sich selbst als Aktivisten und Kämpfer für ein freies Netz (etwa die Gruppe um The Pirate Bay und The Pirate Bureau in Schweden), für andere ist Filesharing ein Geschäftsfeld, das hohe Profite abwirft (etwa die Betreiber um kino.to) und Züge organisierter Kriminalität trägt. Eine bekannte Verteidigungsposition von Betreibern von Webseiten, auf denen illegal urheberrechtlich geschützte Werke bereitstehen, ist, dass nicht sie diese Werke hochgeladen hätten, sondern die Nutzer – sie würden nur die Infrastruktur zur Verfügung stellen.
Viele Künstler nutzen inzwischen selbst die Möglichkeiten des Internet, um ihre Werke bekannt zu machen, und sind sich durchaus bewusst, dass Tauschbörsen, Foren und Weblogs wertvolles virales Marketing bieten können. Der Schriftsteller Paulo Coelho zum Beispiel fordert seine Leser ausdrücklich auf, seine Werke zu teilen: „Je mehr Menschen meine Bücher raubkopieren, desto besser.“ Seit seine Bücher auf Tauschbörsen hochgeladen wurden, verkaufe er mehr Papierexemplare, erklärt erExterner Link: in seinem Blog.
Im Musikbereich hat sich gezeigt, dass mit dem Entstehen von ansprechenden kommerziellen Angeboten – vor allem iTunes und Spotify – die Zahl illegaler Downloads zurückgegangen ist. In Deutschland fehlen solche attraktiven Angebote bislang vor allem für Filme und Serien, aber auch für E-Books. Die Auseinandersetzung zwischen Urheberrechtsmaximalisten und den Vertretern des „Sharing is caring“-Prinzips wird also in nächster Zeit nicht enden. Neuere Tendenzen gehen dahin, die Werbefinanzierung derjenigen Plattformen abzuschneiden, die die rechtlichen Haftungsregeln für Provider eindeutig missbrauchen und Urheberrechtsverletzungen begünstigen, statt die Endnutzer teuren Abmahnungen auszusetzen. Die Situation bleibt aber kompliziert und neue Ideen sind gefragt. Erst dann kann sich irgendwann ein neues Gleichgewicht einstellen.