Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Verwaiste Werke und Gemeinfreiheit | Urheberrecht | bpb.de

Urheberrecht Bis hierher – und nicht weiter? Grundlagen Urheberrecht heute: Copyright oder Information Law? Wer will was? Geschichte des Urheberrechts Zweiter Korb Verwertungsgesellschaften und Pauschalvergütung Open Access Digitales Rechtemanagement Traum vom weltweiten Urheberrecht Urheberrecht in der Cloud Was bleibt von ACTA? Creative Commons und Lizenzen Filesharing und Filehoster Im Alltag Urheberrecht im Alltag Urheberrecht in Schule und Ausbildung Lizenzen: Klassiker und Alternativen Kopierschutz im Alltag Wie verhalte ich mich bei Abmahnungen? Urheberrecht in Sozialen Netzwerken Mashups, Remixes, Samples Streams zwischen Youtube und kino.to Die Idee Kulturflatrate Urheberrecht in Bildern Kreisläufe des Urheberrechts Geistiges Eigentum Urheberrecht weltweit Urheberrecht und Copyright Urheberrecht und Digitalisierung Wie verdienen Urheber ihr Geld? Rechte des Urhebers Was steht im Urheberrecht? Wie funktionieren Verwertungsgesellschaften? Nutzer und das Urheberrecht Verwaiste Werke und Gemeinfreiheit Dienstleister und Vermittler im Urheberrecht Im Gespräch Ansgar Heveling (CDU) Bruno Kramm (Piratenpartei) Burkhard Lischka (SPD) Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) Petra Sitte (Die Linke) Stephan Thomae (FDP) Reto M. Hilty Dieter Gorny Gabriele Beger Patrick von Braunmühl Christine Ehlers In Zahlen Entwicklung des Kulturgütermarktes Import und Export nach Weltregionen Deutsche Verwertungsgesellschaften Urheberrechtsindustrien in Deutschland Die Bücher: Urheberrecht im Alltag/Wissen und Eigentum Der Film: Good Copy Bad Copy Literatur Glossar Redaktion

Verwaiste Werke und Gemeinfreiheit

/ 3 Minuten zu lesen

Wenn der Urheber oder Rechteinhaber eines Werkes nicht gefunden werden kann, dann bezeichnet man dieses Werk als verwaist. Gerade für Archive und Museen ist das ein großes Problem, da sie diese Werke deshalb nicht der Öffentlichkeit zeigen dürfen.

Verwaiste Werke und Gemeinfreiheit (dieSachbearbeiter.de) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Werke sind siebzig Jahre über den Tod des Urhebers hinaus geschützt. Das heißt, dass die Rechte bis dahin an seine Erben oder Rechtsnachfolger übergehen. Das können leibliche Verwandte sein, aber auch Verlage oder andere Körperschaften. Die Erben können wiederum die Nutzungsrechte weitergeben. Während dieser siebzig Jahre darf niemand das Werk nutzen, ohne die Rechteinhaber um Erlaubnis zu fragen. Bei vielen Werken ist es jedoch schwierig und manchmal sogar unmöglich, die Kette der Rechteinhaber ordnungsgemäß nachzuvollziehen, vor allem bei Werken, die mehrere Urheber haben, zum Beispiel beim Film.

In den Archiven lagern daher sehr viele Werke, die nicht benutzt werden dürfen. Das steht im Gegensatz zum öffentlichen Auftrag, den diese Gedächtnisinstitutionen haben: dDas kulturelle Erbe zu bewahren und es auch zu zeigen. Auch kommerzielle Anbieter haben ein Interesse an verwaisten Werken. Zum Beispiel, um DVD-Editionen alter Filme zu produzieren, was ebenfalls im Sinne der kulturellen Vielfalt und des Zugangs ist, aber ohne die Zustimmung der unbekannten Rechteinhaber nicht erlaubt ist.

Die Suche nach Rechteinhabern ist sehr aufwändig: Die British Library hat in einer Studie berechnet, dass auf jedes einzelne Buch etwa vier Arbeitsstunden entfallen (Quelle: Externer Link: fm4.orf.at). Auf eine Bibliothek mit 500.000 Büchern kommen also 1.000 Jahre Recherche zu. Bei einem Film kann das noch länger dauern, da es mehrere Urheber gibt, die gefunden werden müssen. Viele Archive können sich das gar nicht leisten, so dass die Werke ungenutzt bleiben.

Werke sind aus verschiedenen Gründen verwaist. Es kann sein, dass

  • die Urheber tot, aber die Erben unbekannt sind;

  • die Urheber selbst nicht auffindbar sind;

  • gar nicht bekannt ist, wer der Urheber ist, weil er entweder anonym veröffentlicht hat oder es nicht festgehalten wurde. Vor allem bei Fotos und Dokumentaraufnahmen ist das häufig so.

Im Fall von Filmen, bei denen es mehrere Urheber gibt (Regie, Drehbuch, Kamera), potenziert sich das Problem, da für eine Nutzung die Erlaubnis aller Urheber nötig ist.

Die Folge: Auch Werke, die altern und zerstört werden würden, werden nicht digitalisiert, weil auch das eine Kopie ist, der Rechteinhaber zustimmen müssen. Viele Gedächtnisinstitutionen digitalisieren trotzdem und in der Praxis wird selten jemand was dagegen haben. Sie dürfen sie dennoch nicht neu veröffentlichen und nutzen, auch wenn es sich zum Beispiel um historisch interessantes Material handeln würde.

Eine neue EU-Richtlinie (2012/28/EU) soll das wenigstens teilweise beheben. Sie erlaubt es Gedächtnisinstitutionen wie Museen, Archiven oder Bibliotheken, solche Werke für nicht-kommerzielle Zwecke im Internet zu nutzen. Die Bedingungen: Sie müssen sorgfältig nach den Urhebern suchen, diese Suche dokumentieren und die Werke in einem Register anmelden. Die Richtlinie wird in Deutschland im Moment in ein Gesetz gefasst, das sie umsetzt.

Erst nach siebzig Jahren wird ein Werk gemeinfrei und darf ohne Erlaubnis genutzt werden – also etwa nachgedruckt, aufgeführt oder kopiert. Vorsichtig sein muss man aber mit Musikaufnahmen – auf ihnen können noch Leistungsschutzrechte liegen. Eine Beethoven-Aufnahme von 1965 ist zum Beispiel noch geschützt, auch wenn Beethoven schon seit fast 200 Jahren tot ist. Die Orchestermusiker und der Dirigent haben hier Leistungsschutzrechte an der konkreten Aufnahme, die erst 70 Jahre nach Erscheinen auslaufen.

Weitere Inhalte

Weitere Inhalte

Interview

Sand im DVD-Brenner

Über 20 Tonnen Raubkopien lagern in der Asservatenkammer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU). 1984 wurde der Zusammenschluss von Film- und Videospiel-Herstellern…

Interview

Geistiges Eigentum verpflichtet

Es braucht Aufklärung und eine Debatte über Wert, Grenzen und soziale Pflichten des geistigen Eigentums – denn das berührt uns als Verbraucher mittlerweile täglich, so Patrick von Braunmühl.

Interview

Wissen zu angemessenen Bedingungen

Bibliotheken sind zentrale öffentliche Dienstleister der Wissensgesellschaft. Die Vorsitzende des Bibliothekenverbandes Gabriele Beger erläutert im Interview, wie das Urheberrecht die Interessen von…

Interview

Reto M. Hilty

Die aktuellen Reformen des Urheberrechts geschahen stets im Zeichen des Schutzes der Schöpfer. Tatsächlich wurden sie massiv von großen globalen Medienunternehmen zu ihren Gunsten beeinflusst,…

Artikel

Streams zwischen Youtube und kino.to

Fernsehen und Video verschmelzen immer mehr im Netz. Das Angebot reicht von Videoplattformen wie Youtube über die Mediatheken der Fernsehsender bis hin zu illegalen Seiten in der Nachfolge von…