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Copyright-Verstöße: "Provider-Haftung ist der Schlüssel" | Urheberrecht | bpb.de

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Copyright-Verstöße: "Provider-Haftung ist der Schlüssel" Ein Gespräch mit Ansgar Heveling (CDU)

/ 7 Minuten zu lesen

Internet-Provider müssen mehr gegen Urheberrechtsverstöße tun, meint der CDU-Politiker Ansgar Heveling. Sie könnten den Datenverkehr verdachtsabhängig prüfen, fordert Heveling im Interview.

Ansgar Heveling (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Internetnutzung gerät an vielen Stellen in Konflikt mit dem Urheberrecht. Muss das Recht an den digitalen Wandel angepasst werden?

Wegen des digitalen Wandels muss das Urheberrecht sicher nicht auf den Kopf gestellt werden. Das Grundgesetz schützt auch das geistige Eigentum. Diese Verankerung bleibt auch im digitalen Zeitalter bestehen.

Gibt es im Detail Änderungsbedarf?

Es gibt einzelne Punkte, wo Anpassungen notwendig sein können. Das Urheberrecht muss technikneutral formuliert und offen für die neuen technischen Entwicklungen sein. Auch eine Vereinfachung der Formulierungen kann geboten sein, damit der Internetnutzer es besser versteht. Früher war das Urheberrecht etwas für Spezialisten, und jetzt ist es durch den digitalen Wandel ein Phänomen, ein Rechtsbereich, der viele Menschen berührt. Aber an der grundsätzlichen Ausrichtung des Urheberrechts muss sich nichts ändern.

"Wir müssen die Haftung der Provider überdenken"

Das deutsche Urheberrecht scheint im grenzenlosen Internet nur schwer durchsetzbar zu sein – man denke an das Filesharing oder illegale Streaming-Plattformen wie kino.to. Welche Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung fordern Sie?

Der digitale Wandel stellt sicherlich jedes Land vor Herausforderungen, die es nicht allein bewältigen kann. Wir sehen deshalb in vielen Urheberrechtsfragen Ansätze zu einem gemeinsamen europäischen Vorgehen. Das ist der richtige Weg. Speziell bei der Rechtsdurchsetzung brauchen wir internationale Maßnahmen.

Ein Ansatzpunkt in Deutschland wäre aber die Frage der Haftung bei Urheberrechtsverletzungen. Heute lassen wir die Rechteinhaber und Nutzer bei Konflikten weitgehend allein. Die Rechteinhaber können ihre Rechte nur schwer geltend machen und durchsetzen. Und auf den Nutzern lastet die ganze Verantwortung, sich im Internet korrekt zu verhalten. Dazwischen stehen die Provider, die Inhalte im Netz übermitteln. Bei Rechtsverletzungen genießen die Provider in Deutschland ein starkes Haftungsprivileg, sie sind in der Regel von der Haftung ausgenommen. Die Frage wäre, ob wir das Haftungssystem im deutschen Telemediengesetz, aber auch im europäischen oder internationalen Kontext nicht nochmal überdenken, um besser gegen Urheberrechtsverletzungen vorgehen zu können.

Werden Provider bei Rechtsverletzungen im Internet stärker in Haftung genommen, müssten sie stärker dagegen vorgehen. Das könnte bedeuten, dass etwa Zugangs- und Hosting-Provider die Inhalte stärker kontrollieren, die ihre Nutzer im Internet übermitteln. Unternehmen wie die Deutsche Telekom oder Cloud-Dienste müssten in die Datenpakte ihrer Kunden hineinschauen, um Urheberrechtsverstöße unterbinden…

Die Frage ist, wie man die Überwachungs- und Aufsichtspflichten der Provider ausgestaltet. Ich spreche in dem Zusammenhang immer gerne von einer Verkehrssicherungspflicht im Netz. Wenn ich im realen Leben etwa ein Haus besitze, vor dem auf dem Gehweg im Winter Schnee und Eis liegen, muss ich als Eigentümer dafür Sorge tragen, dass geräumt und gestreut wird. Rechtstechnisch nennt sich das "einen Verkehr eröffnen": Immer dann, wenn ich einen Raum eröffne, in dem sich andere bewegen, bin ich dafür verantwortlich, dass dies ohne Schaden für Dritte erfolgt. Die Frage ist, ob man dieses Prinzip nicht auf die digitale Situation bei Providern übertragen muss. Das heißt nicht, dass Provider ständig alles kontrollieren müssen, aber zumindest eine verstärkte Überwachungspflicht haben.

"Es wird eben nicht jedes Auto kontrolliert"

Wenn wir die Internet-Infrastruktur mit einer Autobahn vergleichen, dann wäre es doch bedenklich, wenn wir jedes Auto, das darauf fährt, vorsorglich rauswinken und nach Diebesgut kontrollieren…

Darum geht es eben nicht. Die Frage ist, wie stark die Überwachungspflichten für den Provider ausgestaltet sein müssten. Da ist es in der Tat nicht zwingend notwendig, alles in den Blick zu nehmen. Aber es gibt doch Anhaltspunkte, wenn unrechtmäßige Nutzungen im Internet passieren. Die Frage, wie man die Provider auch in unterschiedlicher Intensität in die Haftung nimmt, ist für mich ein Schlüssel für die Lösung von Urheberrechtsproblemen.

Bürgerrechtler und Internetaktivisten warnen regelmäßig vor der Inhalte-Kontrolle im Internet. Sie fürchten Zensur und Überwachung. Können Sie diese Bedenken gegen eine verstärkte Provider-Haftung nachvollziehen?

Natürlich könnte ich das nachvollziehen, wenn es tatsächlich um eine vollständige und systematische Überwachung gehen würde. Aber es geht ja darum, dafür zu sorgen, dass rechtmäßige Zustände hergestellt werden. Es gäbe ja für die Provider sicherlich auch die Möglichkeit von Stichproben und verdachtsabhängige Prüfungen. So ist das ja auch auf der Autobahn: Es wird eben nicht jedes Auto kontrolliert, sondern Stichproben und verdachtsabhängige Prüfungen bestimmen das Kontrollverhalten.

Burkhard Lischka, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, will die Position der Rechteinhaber gegenüber Portalen stärken, die massenhaft und gewerblich Urheberrechtsverletzungen begehen. Gerichte könnten sie für illegal erklären und Sanktionen verhängen, etwa das Verbot, auf einer illegalen Plattform zu werben. Wie bewerten Sie diesen Ansatz?

Das widerspricht ja nicht dem, was ich fordere. Wenn es Plattformen gibt, deren Geschäftsmodell allein darauf basiert, die unrechtmäßige Nutzung von Werken zu ermöglichen, dann müssen wir bei ihnen ansetzen. Ob es hier gerichtliche Festlegungen braucht, wäre eine Einzelfrage, die man sich genau anschauen muss. Aber dieser Vorschlag von Herrn Lischka fällt letztlich auch in den Bereich der Haftungsvorschriften für Provider. Das geht in die gleiche Richtung.

Sie haben bislang ein Warnhinweismodell gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet befürwortet. Bedauern Sie, dass nichts daraus geworden ist?

Die grundsätzliche Idee des Warnhinweismodells ist es, Internetnutzer auf ein Fehlverhalten aufmerksam zu machen, ohne dass es unmittelbar zu einer Rechtsverfolgung kommt. Insofern habe ich diesen Ansatz zunächst einmal befürwortet. Wenn es andere Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung gäbe – und das wäre eben auch die Verschärfung von Haftungsregelungen für Provider – dann bräuchte man sicherlich so ein Warnhinweismodell nicht.

Letztlich können Urheberrechtsverletzungen im Netz wohl nie ganz unterbunden werden. Wäre es nicht sinnvoller, die Inhalte-Anbieter verbessern die legalen Vertriebswege und Angebote im Netz, anstatt sich bei der Jagd nach Urheberrechtsverletzern aufzureiben?

Wie in der analogen Welt werden wir auch in der digitalen Welt Rechtsverletzungen nie vollständig verhindern können. Aber auch mit dem besten legalen Geschäftsmodell wird es nicht gelingen, illegale Angebote völlig zu verdrängen. Deshalb bleibt die Rechtsdurchsetzung wichtig.

"In der Urheberrechtsdebatte ist das gegenseitige Verständnis gewachsen"

Hat es die Kreativwirtschaft versäumt, den digitalen Vertrieb der Werke selbst in die Hand zu nehmen?

In vielen Bereichen entwickeln sich ja die legalen Angebote, etwa bei der Musik. Die Anbieter sind sicherlich gefordert, in digitale Geschäftsmodelle zu investieren und tun das ja auch. Gleichzeitig müssen wir aber auch deutlich machen, dass kreative Leistung einen Wert hat. Es ist sinnvoll und notwendig ist, dafür zu bezahlen. Hier hat sich in der Debatte schon viel getan.

Die Urheberrechtsdebatte 2012 war von großen Kontroversen geprägt, schon um den Begriff "geistiges Eigentum" wurde viel gestritten. Was ist Ihre Bilanz?

Dass wir 2012 eine sehr kontroverse Debatte hatten, stimmt. Das war positiv. Vorher wurde das Urheberrecht sehr einseitig diskutiert und in Frage gestellt. Jetzt bewegen wir uns Schritt für Schritt in sachliche und lösungsorientierte Bahnen. Das gegenseitige Verständnis ist gewachsen.

Sie selbst haben viel Wirbel ausgelöst, etwa mit einem Externer Link: Gastbeitrag im Handelsblatt. Darin schreiben Sie, eine "unheilige Allianz zwischen digitalen Maoisten und kapitalstarken Monopolisten" gefährde die Idee des geistigen Eigentums. Sehen Sie bei den Themen Urheberrecht und Digitalisierung immer noch einen großen Kulturkampf wüten?

Der Beitrag war natürlich sehr zugespitzt. Und der Begriff "digitale Maoisten" war ein Zitat des Internetpioniers und -kritikers Jaron Lanier. Was man natürlich sehen muss: Starke Akteure der Internetwirtschaft verfechten massiv ökonomische Interessen. Das ist für sich genommen erst einmal nichts Schlechtes. Aber die Rechte anderer dürfen da nicht in den Hintergrund treten. Das hat die Debatte erreicht, insofern bin ich sehr zufrieden mit ihr.

"Von einer Urheberrechtsreform hatte ich mir mehr versprochen"

Man könnte sagen, Unternehmen wie Google sind auch deshalb groß geworden, weil sie sich erst mal nicht übermäßig mit urheberrechtlichen Bedenken beschäftigten. In Deutschland hätten Unternehmen vielleicht gar nicht erst den Mut aufgebracht, ein Videoportal wie Youtube zu gründen, auf dem Nutzer alle möglichen fremden Inhalte selbst veröffentlichen…

Es ist keine Frage, dass amerikanische Unternehmen erst einmal viel gewagt haben. Das ändert aber nichts daran, dass man einen Rechtsrahmen auch einhalten muss. Aber ich sehe, dass viele Beteiligte inzwischen aufeinander zugehen.

Kommen wir zu Ihrer Bilanz. Die Opposition wirft der Bundesregierung vor, die versprochene Urheberrechtsreform nicht angepackt zu haben. Was entgegnen Sie die Kritik?

Selbstkritisch muss man sagen, dass es leider nicht den großen Wurf zur Regelung von Urheberrechtfragen gegeben hat, sondern tatsächlich nur einzelne Punkte herausgegriffen worden sind. Ich hatte mir da selbst mehr versprochen.

Die Opposition bemängelt zum Beispiel, dass die Koalition die oftmals sehr hohen Abmahngebühren wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet noch nicht wirksam gedeckelt hat. Woran lag es?

Das geplante Gesetz zu unseriösen Geschäftspraktiken, das die Abmahnkosten regelt, soll noch vor den Bundestagswahlen im Parlament beraten und auf den Weg gebracht werden. Ich frage mich allerdings, ob die vom Bundesjustizministerium vorgeschlagene Deckelung das Problem wirklich erfasst. Ich hätte mir da eine größere Differenzierung gewünscht. Trotzdem: Wir werden hier wohl ein Gesetz bekommen und sind nicht untätig.

"Wir müssen in Ruhe schauen, ob sich das Urhebervertragsrecht von 2002 bewährt hat."

Außerdem fordern SPD, Grüne und Linke eine Reform des Urhebervertragsrechts. Sehen Sie ebenfalls Änderungsbedarf?

Wir hatten 2002 eine Reform des Urhebervertragsrechts. Es ist durchaus richtig, sich nochmal genau anzuschauen, ob es sich bewährt hat oder nicht. Aber das sollten wir in Ruhe tun. Die aufgeheizte Urheberrechts-Debatte im Jahr 2012 wäre dafür nicht der richtige Zeitpunkt gewesen.

Experten sind sich einig: In der Praxis können Urheber ihr Recht auf eine angemessene Vergütung gegen Verwerter wie Verlage kaum durchsetzen. Fehlt es diesem Recht nicht die Verbindlichkeit?

Das ist der Punkt, an dem wir schauen müssen, ob sich das Urhebervertragsrecht von 2002 bewährt hat. Möglicherweise sind die Verfahren zu lang, in denen eine angemessene Vergütung zwischen Urhebern und Verwertern ausgehandelt wird. Ich möchte jetzt aber nicht von vornherein einen zwingenden Änderungsbedarf in der Sache behaupten. Das müsste erst geprüft werden.

Interview: Alexander Wragge

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